Markranstädt ächzt unter ungewöhnlichem Tsuwarmie

Markranstädt ächzt unter der Hitzewelle. Die Grünanlagen sehen aus wie Testflächen für Glyphosat, die Quecksilbersäule bekommt Höhenangst und die Platanen der Stadt haben sich schamlos bis aufs nackte Holz entblößt. Sogar die Schneehöhe auf dem Gipfel des Bienitz liegt seit Tagen konstant bei null Millimetern. Aber die Folgen sind noch weitaus dramatischer als zunächst sichtbar.

Markranstädt, wegen des einzigartigen Dialektes seiner Einwohner oft auch Lallendorf genannt, ist in diesen Tagen nicht wiederzuerkennen.

Die Stadt verändert unter der sengenden Hitze nicht nur äußerlich ihr Gesicht. Weil beispielsweise das kostbare Wasser immer knapper wird, müssen Jugendliche auf dem Alten Friedhof jetzt schon vormittags zu Bier greifen.

In Lallendorf wird auch nicht mehr gelallt. Als das Thermometer gestern bei 34 Grad ankam, war in den Straßen der Stadt nur noch Schwitzerdeutsch zu hören.

Auch die motorischen Bewegungsabläufe der Einwohner pendelten sich auf dem Niveau der Eidgenossen ein. Überhaupt scheint in diesen Tagen alles ein wenig verkehrt zu sein.

Scharenweise laufen die Markranstädter in die Meri-Sauna, um dort wenigstens etwas Abkühlung zu finden. „Am Kulki hält man’s ja nicht mehr aus“, meint eine rüstige Seniorin, die bereits seit drei Stunden geduldig in der Warteschlange steht.

Sie hat Glück. Vor ihr steht ein Kind mit unübersehbaren Folgen einer Bewegungsintoleranz. Es spendet ihr genug Schatten, um es auch noch eine halbe Stunde länger aushalten zu können.

Die sengende Hitze schlägt auch aufs Gemüt. Tatsächlich hoffen manche Menschen, dass es heutzutage noch Hitzefrei gibt.

Als die Sekretärin mit diesem Anliegen gegen 13 Uhr beim Bürgermeister aufschlägt und ihn dezent darauf hinweist „Es ist heiß draußen!“, soll der nur geantwortet haben: „Gut, soll reinkommen!“

Bei der Polizei stehen die Telefone derweil nicht mehr still. „Ständig rufen hier Leute an und bitten darum, beschattet zu werden“, klagt der örtliche ABV und erzählt von einem besonders schlimmen Fall.

Ein Kraftfahrer wollte bei Aldi nur mal kurz einkaufen, hatte Hund und Ehefrau im Auto zurückgelassen. Nur durch das beherzte Eingreifen engagierter Tierschützer konnte der niedliche Vierbeiner gerettet werden. „Die Hitze macht aus Menschen wahre Monster!“

Bei Alois B. (77) reicht die Rente nicht, um die Energierechnung bezahlen zu können. Aber der findige Senior hat eine Lösung gefunden. Statt eines stromfressenden Ventilators lässt er sich von Frau Edelgard (71) Luft zublasen. „Gar nicht so einfach mit den Dritten“, lächelt die Dame. „Mein Mann hat mich deshalb zu einem Blow-Job-Kurs geschickt. Der hat übrigens 200 Euro gekostet, da musste ich schon erst mal ganz schön schlucken.“

Auf der Suche nach Ursachen für die Hitzewelle ist man im Meteorologischen Institut für Temperaturgynäkologie Großlehna jetzt übrigens auf einen erstaunlichen Zusammenhang gestoßen.

Demnach sei das Wetterphänomen nicht nur von Menschenhand gemacht, sondern namentlich von unseren Eltern und Großeltern. Sprecherin Sahara Sonnenbrand nennt die klimatische Anomalie „Tsuwarmie“.

Man sollte in diesen Tagen sämtliche schweißtreibenden Aktivitäten vermeiden.

Axel Schweiß (39), Leiter des Instituts, erkennt eine direkte Korrelation zwischen real existierender Lebendmasse und den gegenwärtigen Temperaturen.

Seine Theorie klingt logisch: „Früher haben die Alten zu den Kindern immer gesagt: ‚Iss den Teller leer, dann wird das Wetter schön!‘ Tja – und was haben wir heute? Kinder mit Übergewicht und Klimaerwärmung.“

 

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