Humanoides Wettrüsten

Das war mal ein erfolgreicher Sport-Tag! Ab 17 Uhr wurde in Leipzig zurückdemonstriert und die Medien haben Demonstranten mit Demonstranten vergolten. Die No-Legida hat gegen die Legida mit 35.000 : 2.000 gewonnen! Damit ist das seltsame Treiben auf Deutschlands Straßen ein für allemal beendet und alle Sorgen oder Fragen sind wie weggefegt. So einfach geht das. Jogi Löw wurde Welttrainer des Jahres, Manuel Neuer Vize-Weltfußballer und im Biathlon gabs keinen neuen Doping-Fall, weil kein Wettkampf stattfand.  (Foto: MN/ag)

Die Mehrheitsverhältnisse waren am gestrigen Abend zwar geklärt, trotzdem gab es zahllose Fernsehsendungen mit Erklärungsversuchen.

Die für Satiriker beste Sendung war „Fakt ist …“ vom MDR. Da hatten sie neben Frank Richter, der am 20. Januar im Markranstädter KuK zu Gast sein wird, auch den sächsischen Innenminister eingeladen.

Als Quotenpolitiker, wollte man erst meinen. Nach seinem völlig farblosen Auftritt, der eher von unsicherer Körpersprache und unverbindlichem Gefloskel geprägt war, das auch nach mehrmaligem Nachhaken des Moderators nicht verbindlicher wurde, konnte man als einfacher Bürger schon Angst bekommen. Angst davor, was passiert, wenn wirklich mal was passiert und wir einen verbindlichen Innenminister brauchen

Interessant war auch „Hart aber fair“ in der ARD. Hier machte ausgerechnet eine junge Muslime die beste Figur und stellte nicht nur die politischen Akteure in den Schatten, sondern zeichnete ein glaubwürdiges Bild von der friedlichen, intergrierten Seite des Islam.

Ihre Kernbotschaft: Redet mit uns! Trotzdem: Hart mag sie gewesen sein, die Sendung, aber nicht fair. Waren sich zu Beginn alle Teilnehmer inklusive Moderator einig, dass es lächerlich sei, mit vergleichenden Teilnehmerzahlen der Demos zu operieren, wurden eben diese am Ende der Sendung visuell wirksam eingeblendet. Und da hatten es dann auch die Zuschauer begriffen: Ja wirklich, es ist lächerlich.

Die daraus entstandene Botschaft ist ebenso klar wie verheerend: Eine deutliche No-Legida-Mehrheit hat gesprochen und die Minderheit Pegida in die Schranken gewiesen. Das jedoch erfüllt gerade die augenscheinlichen Pegida-Forderungen. Die Minderheit hat sich der Mehrheit zu beugen. Was für 5,47 Prozent der Demonstranten in Leipzig gilt, sollte dann wohl auch für 0,48 Prozent der Muslime gelten. Was für ein Irrsinn!

Hier fallen den politischen und medialen Akteuren ihre eigenen plumpen Argumente auf die Füße. Mit Teilnehmerzahlen erreicht man nichts. Die humanoide Aufrüstungsspirale hat sich spätestens bei 80 Millionen Bundesbürgern heiß gelaufen.

Ab da muss man auf dem internationalen Transfermarkt tätig werden und Teilnehmer aus dem nahen Tschechien oder Polen mit Bus-Konvois herein holen. Das wird lustig. Und teuer, was durch die Maut nur bedingt wieder ausgeglichen werden kann. Auch eine Generalamnestie wäre denkbar, um schließlich die letzten menschlichen Ressourcen der Demokratie ins Feld führen zu können.

Trotzdem gaben der gestrige Abend und sein Ende Anlass zur Hoffnung. Es ist eine Kehrtwende spürbar. Sogar der MDR-Moderator räumte ein, dass Journalisten tendenziös berichtet hatten und dadurch ein Vertrauensverlust entstanden sei. Und das hat er nicht etwa bei den Markranstädter Nachtschichten abgelesen, sondern freimütig geäußert.

Auch die Politik signalisierte Gesprächsbereitschaft und macht jetzt einen Unterschied zwischen den Demonstranten und ihren Anführern. Die kommenden Tage werden spannend. Auch in sportlicher Hinsicht. Wer bekommt die besten Haltungsnoten bei der Kehrtwende mit doppeltem Salto rückwärts? Dabei wird es nicht nur auf Technik und künstlerische Aussage ankommen, sondern vor allem auf Glaubwürdigkeit.

 

1 Kommentar

  1. Apropos lustig: ich hatte mich gestern unter die Masse begeben, Demo hin Gegen-Demo her. Immerhin, seit Jahren haben ja wir ‚89er befürchtet, da latscht keiner mehr auf den Ring! Die Leute sind zu sehr mit sich beschäftigt, Protest ist out und hat sowieso keinen Zweck, egal wie sehr man sich über das Geldverbrennen, Bankenretten, Ämterschurigelei, Arbeitslosigkeit, Quotenfrauen- oder Rechtschreibreform-Unnötigkeiten ärgert. Und zur Wahl gehen, damit auf keinen Fall die eine Partei meine Stimme einstreicht, obwohl fast jeder sagt: s‘ist wie früher auch – letztlich egal… Nee, nee, gestern waren ‚ne Menge Leute da, liefen brav die Umleitung über’n Ring Richtung Neues Rathaus, statt durch die Gottschedstraße. Wer mit Gehbehinderung unterwegs war wie meine Nebenfrau, der hatte Pech. Richtung Waldplatz wurde es so arg, dass jede Schlippe, die der Einheimische kennt, schwer von Polizei abgeriegelt war „…zu ihrer eigenen Sicherheit“. Dafür war an diesen gordischen Menschenknoten richtig ‚was los mit Musik und Tanz – nicht ganz unähnlich den Samba-Tänzen anderswo. Klar, ist ja Karnevalszeit. Aber ich will das keinesfalls runterziehen. 90% Prozent der Menschen waren junge Leute, höchstens zehn ‚Mittelalter‘. Was auffiel, viel Organisation, irre viel Polizei. Und zugegeben, ich habe aufgegeben, denn noch 19 Uhr stand alles ohne eine Aussicht, dass sich in der nächsten Stunde nur 500 Meter vorm Waldplatz was bewegt. Da habe ich lieber Radio und TV vertraut, um mich aktuell zu informieren. Und es fiel mir auf, egal, welche Seite sich äußert – wer sich im Ton vergreift, muss mit dem Echo rechnen! ag

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