Neujahrs-Erfolg: Tischler stiftet Glas für Kinder

Das erste Wochenende 2017 wurde mit für unsere Region verhältnismäßig reichlich Schnee eingeläutet. Auf diesem marschierten am Samstag über einhundert Interessierte wackeren bis rutschigen Fußes zum Neujahrsempfang des Bürgermeisters ins KuK. Ob trotz oder gerade weil der Gastgeber in seiner quasi nachbarschaftlich angesiedelten Kurpfalz fehlte, war nicht auszumachen Aber erlebenswert war die Veranstaltung allemal.

Die schönste Erkenntnis: Was den Nachwuchs an Bläsern angeht, muss es einem in Markranstädt nicht bange sein. Das Orchester Youth Brass des Gymnasiums spielte auf und unterhielt auch zwischendurch mit unterhaltsamen Rhythmen. Da freut man sich für die kommenden Generationen. Der Wunsch, „immer Luft in der Trompete“ zu haben, sorgte denn auch für ungeteilte Zustimmung.

Wie immer, wenn ein Bürgermeister nicht greifbar ist, musste auch diesmal improvisiert werden. Die legendäre Doppelspitze Lehmann-Kirschner hat aber scheinbar ausgedient. Obwohl Beiden allein wegen ihrer Parteizugehörigkeit christliche Wurzeln nachgesagt werden können, war die Offenbarung des Heiligen Jens wohl zu harter Stoff für seine haupt- und ehrenamtlichen Stellvertreter. So komplettierte also FWM-Fraktionschefin Kirsten Geppert das Triomphirat und verlas das Grußwort des erkrankten Propheten.

Wenngleich am Ende der Prophezeiung hoffnungsvolle bis versöhnliche Worte zu vernehmen waren, hielten sich die einleitend erzeugten Stimmungsbilder hartnäckig bis zum Ende. Der Versuch, zu Beginn finstere Wolken über Europa zu zeichnen, die man schlussendlich hier vor Ort vertreibt, war … na ja … Dem Wetterbericht für Markranstädt wird bei solchen Anlässen eben doch aufmerksamer gelauscht als der meteorologischen Situation rund um den gesamten Globus.

Das Markranster Dreigestirn

Immerhin durfte Geppert als Erste reden, was die mit mehr Herzblut und Authentizität geimpfte Neujahrsansprache der Ersten Beigeordneten Beate Lehmann normalerweise zu einem Co-Referat degradiert hätte. Wenn da nicht eben jenes Herzblut gewesen wäre, das auch geübte Selbstkritik an der Verwaltung wie ein versöhnliches Lied klingen ließ. So sei das bisherige Treiben um die neue Kita am Bad laut Lehmann „sicher kein Ruhmesblatt“ gewesen und in Sachen schnelles Internet habe die Stadt deutlichen Nachholbedarf, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Auch bei der Verteilung der Lorbeeren beließ es die Beigeordnete nicht bei den erwarteten Floskeln, sondern überraschte mit einer gerechtfertigten, aber dennoch so nicht erwarteten Laudatio auf das Bauamt. „Mitunter konnte man den Eindruck gewinnen, dass Markranstädt nur noch aus fehlenden Toiletten, fragwürdigen Kita-Standorten und überhöhten Kosten für Neubauten besteht.“, machte sie ihrer Enttäuschung über das Missverhältnis zwischen Kritik und Anerkennung im zurückliegenden Jahr Luft.

Es war nicht alles schlecht

Sie lobte den oft gescholtenen Fachbereich Bau für den in nur drei Wochen realisierten Kraftakt, einen Fördermittelantrag für den Bau des Rundweges um den See zu realisieren. Noch tiefer wird die satirisch Verneigung vor dem Hintergrund der im Hofstaat kursierenden Gerüchte, dass sich die Minister diese Maßnahme quasi ohne königliches Edikt selbst auferlegt haben.

Der Dritte im Bunde der Neujahrs-Troika, war Dr. Volker Kirschner. Der laut SPIEGEL auch im Dezember Braungebrannte ward zwar danach nicht mehr gesehen, durfte aber im Anschluss an Lehmanns Ausführrungen die Würdigung der auszuzeichnenden Ehrenamtler ankündigen. In Jeans übrigens – und nicht in weißen Hosen.

So selten wie bei Bombenattentaten ist häufig auch die Trefferquote bei Auszeichnungen und daher muss man einfach hervorheben, dass es diesmal wirklich die Richtigen getroffen hat. Dieter Rackwitz, Horst Schindler und Bernd Meißner waren die zu Recht fürs Ehrenamt Geehrten, deren Laudatien von Oliver Fritzsche (MDL CDU), Jens Radtke (SSV Kulkwitz) und Pfarrer Zemmrich (in Vertretung des Herrn) gehalten wurden.

Segen von unten und oben

Seinen Ausklang fand der Neujahrsempfang mit einer Versteigerung interessanter lokalhistorischer Artefakte zugunsten des Markranstädter Kinderfestes. Von den acht offerierten Exponaten kamen aus Zeitgründen nur vier unter den Hammer, aber deren Erlöse hatten zu diesem Zeitpunkt bereits alle Erwartungen übertroffen.

Am Anfang noch für sein Vorhaben belächelt, für keines der Objekte einen Zuschlag unter einer dreistelligen Summe erteilen zu wollen, sorgte der dritte Hammerschlag des Auktionators bereits beim ersten Exponat für Aufsehen. Ein historischer Pflasterstein aus den Tiefen der Leipziger Straße brachte sensationelle 205 Euro.

Auffällig: Die meisten Bieter waren Frauen, während deren Männer bescheiden bis demütig zurückhaltend daneben saßen und spätestens nach dem „…zum Zweiten“ auf ein höheres Gebot aus den benachbarten Stuhlreihen hofften. Deren Stoßgebete werden Pfarrer Zemmrich (der bei der Auktion übrigens sichtlich viel Spaß hatte) noch heute in den Ohren klingen. Diese Herren konnten auch gar nicht mitbieten, weil sie ihre rechte Hand ständig auf der rechten Arschtasche hatten, wo die Kreditkarte des Haushalts wohnt.

Offerte für Flaschenkinder

Auch bei der Flasche HAUSTRUNK der Markranstädter Brauerei (freilich leer), gestiftet von Tischlermeister Frank Michael aus der Schkeuditzer Straße, überbot sich das Publikum. Hier fiel der Hammer bei 100 Euro.

Als schlussendlich ein Trikot des Weltpokalsiegers Roter Stern Belgrad (gestiftet vom SSV Markranstädt) und eins von RB Leipzig (in Vertretung des Herrn … diesmal aber Mateschitz) ausschließlich im Dreikampf zwischen Amazonen ausgefochten wurde, war der Spaß fast schon auf dem Höhepunkt.

Auktion „rückwärts“

Aber dann kam laut Auktionator die „erste reziproke Versteigerung deutschlandweit“! Die seit Weggang der Sprecherin undesignierte Stadtsprecherin Heike Helbig hatte beim 20. Sächsischen Familientag an der Westufer-Promenade einen Werbebanner gerettet, ihn von Familienministerin Barbara Klepsch signieren und das Ganze bei Textil-Chirurgin Tina Spiske zu einer Tasche mit hohen Gebrauchseigenschaften umarbeiten lassen.

Der Auktionator zählte von 150 Euro langsam rückwärts, umspann diese Reliquie zwischendurch mit allerhand wertsteigernden Alleinstellungsmerkmalen und bekam schließlich bei 100 Euro seinen Zuschlag.

Sonderurkunde für Mann des Tages

Bemerkenswert: Es gibt allerhand kritische Zeitgeister, die diesen Neujahrsempfang nicht mit ihrer Anwesenheit ehrten. Aber auch von denen, die da waren, zog es so mancher vor, sich einem Bekenntnis zum Kinderfest durch Gespräche im Hintergrund zu entziehen.

Nicht so Lutz Gatter. Der ebenfalls streitbare Verfechter eines barrierefreien Markranstädt hätte für den 10 Kilo schweren Stein aus der Leipziger Straße beinahe den Zuschlag erhalten. Er hat das Bietergefecht selbstlos eröffnet, das Preisniveau der Auktion gestaltet und dadurch auch den Erlös für das Markranstädter Kinderfest mitbestimmt.

Dieser Mann bekommt in den nächsten Tagen eine Sonderurkunde der Markranstädter Nachtschichten, ebenso wie Dachdeckermeister Tilo Lehmann aus Frankenheim, der den Bann gebrochen und das erste Gebot des Tages abgegeben hatte.

Nicht anwesend, aber trotzdem da

Brisant: In genau jenem Moment, als Kirsten Geppert die Visionen ihres Bürgermeisters zur Stadtentwicklung verlas, strahlte der Beamer im „Random-Modus“ das Konterfei von Carina Radon auf die Leinwand im Background. Für Satiriker endgeil, von der Allgemeinheit aber offensichtlich kaum bemerkt. War aber nicht so. Die Erscheinung der Dahingegangenen war in den guten Gesprächen im Anschluss der Veranstaltung stark strapaziertes Thema.

directed by zufall

Wenn man der PR-Abteilung des Rathauses auch sonst wenig zuzutrauen scheint, ein Drehbuch à la Steven Spielberg im Zweifelsfall offenbar schon. Was den Kritikern wahrhaft augenscheinlich entging: Vorzugsweise waren normale Bürger zu sehen. Das MN-Team vor Ort konnte sich jedenfalls schon mit dem Random-Zufall anfreunden: Neues Jahr, neues Glück.

Einfach nur Spaß und große Herzen

Besonders sympathisch: Unsere Stadträte tun sich oftmals sehr schwer mit der Verabschiedung außerplanmäßiger Ausgaben. Bei der Auktion anlässlich des Neujahrsempfangs waren zumindest Kirsten Geppert (FWM) und Jens Schwertfeger (CDU) recht freizügig mit Handzeichen.

Und wie immer in der Geschichte, so steht auch hier hinter jedem erfolgreichem Mann eine starke Frau. Ehefrau Birgit hatte ihren höchstbietenden Gemahl Jens Schwertfeger sogar überboten und ihren Gatten damit zu Höchstleistungen getrieben.

Kinderfest kann durchstarten

Am Ende spülte die Auktion sage und schreibe 630 Euro in den Pott des traditionsreichen Markranstädter Kinderfestes. Noch bevor der Mann am Pult fünfstellige Startgebote für Neuwahlen aufrufen oder den verwaisten Thron des Markranstädter Rathauses unter den Hammer bringen konnte, musste die Auktion wegen der inzwischen fortgeschrittenen Zeit beendet werden.

 

7 Kommentare

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    • Bekannt auf 9. Januar 2017 bei 19:01
    • Antworten

    Nur der Vollständigkeit halber: Der von Euch hervorragend beschriebene Lutz Gatter bot vor allem im Duell mit einem anderen Frankenheimer um eine einzelne, zwar vom Inhalt befreite, aber wertvolle Bierflasche. Nun hat er ‚Flasche leer‘ in seinem Regal stehen und unterliegt jetzt ständig der Versuchung, diese mit heißer Luft zu füllen. Ob er Sie in seiner Großzügigkeit auf Antrag beispielsweise in der vierten Etage als Doping zur Verfügung stellt, solltet Ihr unbedingt bei der Übergabe Eurer Urkunde erfragen 🙂
    Ansonsten vielen Dank an den Auktionator, der mit seinem zugegeben etwas zierlichen Hämmerchen Neuland zugunsten des Kinderfestes betreten hat! Naja und für Eure bekannt satirische Darstellung der Geschehnisse gebührt Euch eh ein dickes Dankeschön. Und wenn Ihr dann auch Euer sechzigjähriges Jubiläum feiert … spätestens dann müßt Ihr aus den Untiefen Eures Kellers raus um für Euer Ehrenamt gebührend geehrt zu werden. Eins ist jetzt schon sicher … Die jetzige Doppelspitze ist dann auf alle Fälle schon Geschichte 😉

    1. Muss man da 60 sein? Das sind ja trübe Aussichten. Ist ja schlimmer als beim Nobelpreis. Im ärgsten Fall darf man dann einer Doppelspitze die Hand drücken und weiß gar nicht mehr warum. Da hats Herr Gatter besser. Gut gelagert, hat er dann in 60 Jahren gereifte Luft in der Flasche. Die kann er dann bei Sotheby’s zur Versteigerung geben und zugucken, wie sich Alfred Biolek beim Kochen einen dezenten Hub in der Lunge zergehen lässt. Das sind die wahren guten Aussichten, die uns das begonnene Jahr bietet 😉

    • Wolfram Friedel auf 9. Januar 2017 bei 9:35
    • Antworten

    Ein Wunder ist geschehen-obwohl ich nicht zum Neujahrsempfang war, habe ich das Gefühl mittendrin gewesen zu sein.
    Allein der Begriff „Markranster Dreigestirn“, vollbrachte ein Wunder. Dieser Begriff-jahrhundertelang gebraucht im In und Ausland, macht die Verstümmelung im Stadion zu dem was sie ist. Wir sprechen wieder vom Markranster Kinderfest, von der Markranster Feuerwehr und und …
    In der medizinischen Anwendung soll Radon das menschliche Immunsystem stimulieren und dadurch Krankheiten lindern. Weitere Zusammenhänge will ich nicht beleuchten. Danke-vielleicht korrigiert der Schöpfer, oder die Schöpferin den Begriff Markrans selbst.

    1. Sie haben sicher festgestellt, dass der Begriff „Markranstädter“ locker hingepasst hätte. Wir haben das angesichts einiger Diskussionen in den sozialen Netzwerken mal ganz bewusst so provoziert, weil es kaum zwei Schreibweisen dieser Einkürzung gibt, die sich annähernd gleichen.

      Da ist mal von Markransern die Rede, dann von Markranzern und schlussendlich auch von Markranstern. Zumindest letzteres entspringt wohl dem linguistischen Kulturgut in den Ortschaften, während man in der Kernstadt eher Markrans hört. Wenn man genau hinhört, fahren die Einwohner der Ortschaften nämlich nach Markranst und nicht nach Markrans oder Markranz.

      Nun die Fragen: Welche Version ist richtig. Gibt es überhaupt eine richtige Version und wer legt fest bzw. hat festgelegt, welche Variante die richtige ist? Wir harren der belastbaren Argumente und Beweise!

      1. Das ist schwierig mit den Versionen. Ich bin vor fast einem halben Jahrhundert von einem damals noch selbständigen Nest (heute Ortsteil) nach Markranst in die Schule gelaufen. Meine Mitschüler waren fast alle Markranser. Markranz hat kaum einer gesagt, es sei denn er hatte einen kleinen Sprachfehler wegen einer zu langen Zunge. Da wurde aus dem „s“ schon mal ein „zzz“.
        Und Beweise dafür – was ist schon richtig oder falsch? Jens oder Schensi. Wo anfangen, wo aufhören.

        1. Danke für die erhellenden Ausführungen. Da sind wir den vielen Wahrheiten wieder ein Stück näher gekommen. Wahrscheinlich fällt „Markranz“ schon mal raus aus der Reihe der Möglichkeiten. Hinter der Kippe hausen schließlich auch die Kulkser und nicht die Kulkzer. Obwohl…die Räptzer sind ja auch Räptzer oder wenigstens Räpzer und nicht Räpser, oder? Und die Göhrnzer schreiben sich auch mit Z. Spannende Fragen…

            • jabadu auf 10. Januar 2017 bei 15:25

            Ja, aus „Göhrenz“ kamen damals auch welche. Das waren Gährnzer und die kamen aus Gährnz. Noch schwieriger wird es jedochbei den „Questzern“. Da sind ja alle Buchstaben drinnen, die zur Disposition stehen. Wie einfach haben es da die „Döhlner“.

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