Ähm … 13. August: Da war doch was?

Der 13. August ist, auch wenn es sich nicht um einen Freitag handelt, ein Datum mit gewissem Erinnerungswert. Wohl dem, der an einem 13. August geheiratet hat. Er oder sie hat zumindest gute Chancen, von Zeit zu Zeit nachhaltig an diesen Tag erinnert zu werden. Zum Beispiel heute, am 55. Jahrestag des Mauerbaus.

„Niemand hat hier die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ Das klingt in Markranstädter Ohren ungefähr so wie das geflügelte Zitat vom „Ich hatte gute Gespräche!“ Dabei ist so eine Mauer für Deutschland und Deutsche ungefähr sowas wie das Weltkulturerbe für die UNESCO.

Nicht immer muss eine Mauer gleich ein antifaschistischer Schutzwall sein. Ebenso wenig wie persönliche Unsicherheitsfaktoren immer in einen Klarstellungsbeschluss münden müssen. Aber selten hat ein über Nacht errichtetes Provisorium so lange gehalten wie die Berliner Mauer.

Und noch weniger hat ein solches Bauwerk eine so große Nachhaltigkeit entwickelt, dass sie sogar noch bis in die heutigen Tage anhält. Freilich: Der römische Limes hat fast zwei Jahrtausende überdauert. Aber seither ist auch kein neuer Limes errichtet worden.

Mit der Mauer verhält sich das anders. Die Evolution hat sie seit 1961 auch in Markranstädt unter vielfältigster Erscheinungsform immer wieder neu entstehen lassen. In der vierten Etage beispielsweise ist sie unsichtbar, geradezu virtuell; in der Zwenkauer Straße dagegen ist sie gleichsam fass- und erleb- wie unübersehbar in ihrem visionären Design.

zwenkauer

Komplettiert im gestalterisch vielfältigen Kontext zum Bürgerrathaus die architektonische Gesamtsprache der Lallendorfer Innenstadt: Lebensbejahende Grenzbebauung in der Zwenkauer Straße.

Ein in sowohl vertikal als auch horizontal eher nicht-arisch ausgeprägten Dimensionen erscheinendes Exponat ist seit einigen Tagen an der legendären Schranke in der Priesteblicher Straße zu bewundern. Hier hatte augenscheinlich ebenfalls niemand die Absicht, eine Mauer zu errichten. Auch nicht ein Mäuerchen. Wohl deshalb ist es auch nur ein Wall geworden. Kein antifaschistischer, sondern ein pro-landwirtschaftlicher Schutzwall. Ein Agro-Limes sozusagen.

Der Agro-Limes von Frankenheim

Es mögen gute 150 Quadratmeter landwirtschaftliche Nutzfläche sein, die durch die immer wieder neu angelegte Umgehungsstraße der berühmten Lindennaundorfer Schranke in Anspruch genommen werden. Verständlich, dass man sich als Eigentümer oder Pächter gegen diese neuzeitliche Form gesellschaftlich tolerierter Enteignung wehrt. Putin macht das ja in der Ukraine auch.

Da unser Bauer Lindemann aber keine Krim hat, mit der er bei der UNO nachhaltiges Interesse für seine Belange wecken kann, ist der Griff ins öffentlich-rechtliche Kiesbett, mit dem die unsichere Gasse vor kurzem ein Upgrade zum Highway erfuhr, absolut nachvollziehbar.

Zu kurz gedacht?

Im Gegensatz zu Walter Ulbricht, dessen 61-er Vision wenigstens 29 Jahre währte, ist die Frankenheimer Lösung allerdings zu kurz gedacht. Nicht nur, weil sich ein Umweg übers Feld angesichts des dauerhaft geöffneten Schlagbaums als verzichtbar erweist.

Nein, auch im Falle einer geschlossenen Schranke ist das Bauwerk im wahrsten Sinne des Begriffes zu kurz gedacht.

Die findigen Ingenieure für temporären Verkehrswegebau, von denen es in der kleinen Gemeinde nur so zu wimmeln scheint, haben in der Vergangenheit bereits hinreichend Flexibilität bewiesen, um solchen Unabwegbarkeiten erfolgreich begegnen zu können.

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Nicht nur längenmäßig lässt dieses Bauwerk an der Lindennaundorfer Schranke die wichtigsten Merkmale vermissen. Quer zur Straße hätte es wohl mehr Sinn gemacht, zumal jetzt einfach nur eine Verlängerung der Umgehungsstraße und damit der Verlust von noch mehr landwirtschaftlicher Nutzfläche droht.

Selbst Baumstämme in den Ausmaßen eines hartleibigen Stuhlgangs, also Telegrafenmasten und ähnlichen Gebilden, konnte man noch weitere Umgehungsstraßen der Umgehungsstraßen entgegensetzen.

Die nächste Wende kommt … bestimmt

Bleibt also für unseren innovativen Landwirt zu hoffen, dass die Schranke so lange wie möglich offen bleiben möge. Ansonsten droht eine stillschweigende Enteignung um weitere 150 Quadratmeter Acker bis hinter das Ende der jetzigen Mauer. Berlin lässt grüßen – sowohl Avus als auch Demarkationslinie.

Okay, pure Satire bis hier hin. Nur eben das Datum macht stutzig. Wir schreiben den 13. August…

 

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