Ungewöhnlicher Beifang beim Blitzermarathon

Der Blitzermarathon in der vergangenen Woche hat Wirkung gezeigt. Überall in Europa sind PKW im Schneckentempo unterwegs, vor den Kirchen stauen sich Trucks, deren Fahrer vor den Beichtstühlen Schlange stehen und kleine Kinder überholen mit ihren Rollern auf Radwegen neuerdings sogar Porsche und Lamborghinis. Die Veranstalter dieses Events schwimmen derweil im Geld. In Markranstädt allerdings hatte das Landratsamt ungewöhnlichen Beifang im Netz.

Gertrude F. (94) ist nicht mehr so gut zu Fuß und stieg vor ein paar Jahren deshalb auf einen Rollator um. Ihre Enkel haben sich dabei nicht lumpen lassen und der rüstigen Seniorin einen wirklich schnittigen Boliden aus dem Sanitätshaus geholt.

Ein edles Teil mit allen Extras, wie beispielsweise einem höhenverstellbaren Cockpit, lila Gebissablage auf der Konsole und stufenlos verstellbarer Lenkeinheit.

Sogar an integrierte Halterungen für Dederonbeutel wurde gedacht und natürlich ist das Gefährt tiefer gelegt und mit Pirelli-Slicks ausgestattet, die für die zulässige Höchstgeschwindigkeit ausgelegt sind und eine stabile Kurvenlage ermöglichen.

Nie im Leben wäre Gertrude F. auf die Idee gekommen, das Mobil „auszufahren“, wie ihre Enkel die Beschleunigung auf Höchstgeschwindigkeit nennen. Zumindest nicht freiwillig. Am 16. April allerdings, dem Tag des Blitzermarathons, gab es beim Mittagessen im Seniorenheim Sauerkraut.

Mit frisiertem Antriebsaggregat

Das hat Gertrude schon damals nicht vertragen, als sie sich noch im Alter von 18 Jahren nach dem Tanz aus dem Volkshaus abschleppen ließ. Neben völlig ungefährlichen, gleichwohl kaum überhörbaren Flatulenzen in Luftform kam da öfter auch mal etwas Land mit. Das geschah mit zunehmendem Alter immer öfter und ist nicht nur für eine Dame sehr unangenehm.

Gerdas Verdauungsspaziergang führte sie wie jeden Tag auf den Radweg zwischen Markranstädt und Großlehna, als die noch im Transit begriffene Mahlzeit, befeuert durch die Wirkung des Sauerkrauts, kraftvoll den Weg des geringsten Widerstands suchte. Die Dame wendete ihren Rollator auf der Stelle und beschleunigte ihn unter Aufbietung all ihrer Kräfte auf 32 km/h.

Dass es in der Schkeuditzer Straße kurz blitzte, nahm sie dabei gar nicht wahr. Erst heute, zu ihrem 95. Geburtstag, erfuhr sie von ihrem Vergehen, als sie ein liebevoll gefalteter Brief aus dem Landratsamt erreichte. Glücklich stand sie vom Mittagstisch auf, ging damit zur Toilette und seufzte zufrieden: „Dreilagig! Wenn ich da noch an DDR-Zeiten denke…“

 

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