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Unter der Überschrift „Markranstädts Bürgermeister Spiske droht Ärger“ wurde die Lallendorfer Bürgerschaft in der zurückliegenden Woche von der Qualitätspresse aufgeschreckt. Danach folgte im gleichen Organ zwar noch ein Statement des Bürgermeisters, das aber für den gemeinen homo marcransis auch nicht mehr Licht ins Dunkel brachte. Wir haben uns den Fall mal zur Brust genommen und sind auf ein erstaunliches Gleichnis gestoßen.

Worum es geht, ist klar. Die Widmung des Gewerbegebietes „Ranstädter Mark“ bereitet den Anrainern Sorgen.

Obwohl schlussendlich rein juristisch wohl alles rechtens lief, hat der Vorgang aber wegen seiner Intransparenz ein Geschmäckle … und damit eine satirisch verwertbare Note im Abgang.

Zunächst die harten, für den Satiriker uninteressanten Fakten: In der Tat hat der Stadtrat anno 2014 wohl beschlossen, einen Teil des Gewerbegebietes als Mischgebiet auszuweisen.

Das zumindest hatten auch die Betroffenen mitbekommen. Was jedoch danach geschah, entzieht sich den Möglichkeiten einer sinnstiftenden Kenntnisnahme durch die normale Bevölkerung.

Vorwärts, wir müssen zurück!

Der Beschluss wurde in der Stadtratssitzung vom 2. März 2017 nämlich wieder aufgehoben. Allerdings auf eine Weise, durch die es dem durchschnittlichen homo marcransis nicht möglich war, auch nur ansatzweise nachvollziehen zu können, worum es eigentlich ging.

In der Beschlussvorlage hieß es lediglich: „Bebauungsplan Gewerbegebiet „Ranstädter Mark“ – 3. Änderung – Einleitung eines förmlichen Satzungsverfahrens nach § 2 BauGB“. Da denkt man sich als muttersprachlich halbwegs gebildeter Bürger doch nichts Böses dabei, zumal in der gleichen Sitzung sechs weitere Beschlüsse zur Ranstädter Mark gefasst wurden.

Codierte Beschlüsse

Der entscheidende Satz aber steht ganz unten in der Beschlussvorlage. Da ist zu lesen: „Die Beschlüsse 856/060504, 2011/BV/0257 und 2014/BV/0616 werden aufgehoben“.

Hätten Sie gedacht, dass damit der einstige Beschluss zur Widmung als Mischgebiet betroffen ist oder gar, dass Sie davon betroffen sein könnten und es daher Sinn macht, sich die in amtsdeutscher Fremdsprache abgefasste „ortsübliche Bekanntmachung“ des Aufstellungsbeschlusses gemäß § 2 Absatz 1 des Baugesetzbuches übersetzen zu lassen und sich reinzuziehen?

Diese Tatsache konnte der gemeine Bürger anhand des Beschlusstextes 2014/BV/0616 wird aufgehoben bislang nicht deuten.

So ist Kommunalpolitik! Aber so war höhere Politik schon immer. Vor fast genau 382 Jahren fand vor den Toren Markranstädts eine legendäre Schlacht statt. Protestanten kämpften gegen die Katholiken. Der Grund war der gleiche, der auch heute den Unmut des Volkes befeuert. Die Katholiken predigten lateinisch und fassten auch ihre Gesetze in dieser Sprache ab. Das Volk wusste gar zu oft nicht einmal ansatzweise, wovon die Pfaffen überhaupt sprachen.

Nur so war auch die ungehemmte Blüte der Inquisition möglich. Der Pfaffe fragte die nackt auf der Streckbank hingebrezelte Bäuerin auf lateinisch, ob sie dem Teufel einen geblasen habe. Weil er dabei grinste, dachte die Bäuerin, dass es gleich was zu Essen gibt und nickte.

Der Pfaffe wars zufrieden, brachte die Frau auf den Marktplatz und hielt ihr ein Streichholz an den Zwickel. Es machte „wuff“, sie bekam die Wuschmauser und ging in Flammen auf. So einfach ist Machtausübung, wenn niemand die Mächtigen versteht.

Jawollja, die Bürger hatten die Möglichkeit, sich über die Aufhebung des Beschlusses 2014/BV0616 zu informieren. Aber woher sollten sie wissen, dass das wichtig war? Man kann schließlich nicht jede Zahl hinterfragen, die einem vor die Nase gelegt wird. Am Ende verbirgt sich sogar hinter dem Datum auf der Tagesordnung der Code zum Erlass einer nächtlichen Ausgangssperre in Markranstädt?

Der ganze Ärger und die Irritationen wären vermeidbar gewesen, wenn die Beschlüsse nicht als codierte Zahlenfolgen präsentiert würden, sondern in einer verständlichen Form. Zugegeben – ganz so verständlich, wie sich der Beschwerdeführer zu äußern pflegt, muss man es auch wieder nicht unbedingt tun.

Wer sich in dessen Postverteiler weiß, wird eher noch erstaunt sein, dass es ihm gelang, die anklagende Schrift auf nur 49 Seiten zu beschränken. Möglicherweise sind die Vertreter der Qualitätspresse aber nur beim Zählen der Blätter schon vor Erreichen der Anlagen in Morpheus‘ Arme gesunken?

Aber das nur nebenbei. Ganz sicher hätte das beschlussfassende Organ hier (ebenso wie in zahllosen anderen Fällen) mit etwas mehr erläuternder Transparenz nicht nur für mehr Aufklärung und besseren Informationsfluss sorgen, sondern die Bürger damit auch von dem latenten Gefühl befreien können, dass sie gar nichts verstehen sollen.

Zumindest in diesem Punkt ist Hoffnung in Sicht. Das städtische Parlament hat auf seiner November-Sitzung Besserung gelobt.

 

2 Kommentare

    • jabadu auf 17. Dezember 2018 bei 23:47
    • Antworten

    Wie sagt man so schön – Unwissenheit schützt Bürger nicht vor Strafe. Aber ist Bürger unwissend, wenn Stadt ihn halbherzig oder gar nicht informiert.
    Ja, ihr habt recht. „Woher sollten sie wissen, dass das wichtig war?“ In der amtlichen Bekanntmachung (Markranstädt Informativ, Ausgabe 2017-03) steht hinter der Zahl 2017/BV/452 nicht, dass eben der besagte Beschluss von 2014 aufgehoben wird.
    Dort wo so massive Interessen der Bürger berührt werden, sollte die Stadtverwaltung schon mal die Inhalte der Beschlüsse veröffentlichen und nicht nur den Tagesordnungspunkt der Sitzung des Stadtrates.
    Geschludert oder weggelassen. Zumindest hat Stadt diesen Teil des Beschlusses nicht öffentlich bekanntgegeben.
    Geschludert oder weggelassen. Zumindest hat Stadt diesen Teil des Beschlusses nicht öffentlich bekanntgegeben.

    • Heiko Küster auf 17. Dezember 2018 bei 5:36
    • Antworten

    Der Geist ist machtlos wo die Macht geistlos ist!!!

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