Ein Tag voller goldener Momente

Der 20. Sächsische Familientag ist Geschichte. Das Wetter war toll, das Programm noch toller und am tollsten waren die Gäste, die das Westufer zu Tausenden überrollten. Neben einigen medialen Randerscheinungen waren auch MDR und LVZ fast den ganzen Tag vor Ort. Damit sich das rechnet, müssen sie auch ordentlich was drucken oder senden. Das versetzt die Markranstädter Nachtschichten in die Lage, sich voll und ganz auf die satirischen Noten des Konzerts konzentrieren zu können.

Ein kurzer Rundgang durchs Getümmel zeigte, dass die Organisatoren weder Kosten noch Mühe gescheut hatten. Rund 70.000 Euro hatte der Freistaat zugeschossen, damit Markranstädt die finanzielle Schnappatmung erspart bleibt.

Klingt viel, ist aber nur wenig mehr als eine handelsübliche Abfindung für eine auf hoher See ausgesetzte Fachbereichsleiterin. Immerhin zeichnete die Stadt nicht nur für eine perfekte Organisation verantwortlich, sondern verzichtete auch auf Parkgebühren und ähnliche handaufhaltende Maßnahmen. Das gab schon mal Zusatzpunkte in Sachen Sympathie.

Bunt und bunter

Dass auch Stände aufgebaut waren, deren Betreiber man jetzt nicht unbedingt mit Familienförderung in Zusammenhang bringen würde, ist eine inzwischen auch auf anderen Festen akzeptierte Tatsache. Sparkasse, Stadtwerke … lediglich die Deutsche Vermögensberatung und Parteien fehlten. Aber zumindest wurde die Festwiese dadurch noch bunter.

Kurz nach 15 Uhr geschah auf eben dieser Wiese etwas, was zwar typisch für Wiesen ist, aber eher für die, auf denen Kühe weiden. König Stanis der Sorbe war eingetroffen und als wäre er ein warmer Fladen, wurde er unversehens so sehr umkreist, dass er kaum noch zu sehen war.

Die Sprache der Bilder

Es war aus sicherer Entfernung schlichtweg nicht möglich, hören zu können, was er dem Volke so zu sagen hatte. So musste die Konversation zwangsläufig eine Vermutung bleiben. Machen wir also den Versuch, das Gesagte anhand von Fotos ans Licht zu bringen.

stalker„Das ist kein Stalker, der da an deinem Frack hängt, Stanis. Das ist der Häuptling von diesem Dorf. Spiske heißt der. Merks dir: S-P-I-S-K-E.“

swinger„Auf dem Rückweg können wir noch einen Abstecher machen. Die haben hier einen Club, in dem man neuerdings unter freiem Himmel … na ja … lass dich überraschen.“

Weiter ging der Rundgang durchs familienfreundliche Dorf. Händeschütteln hier, Smalltalk da, posieren für die Kameras mit eingefrorenem Lächeln für lange Belichtungszeiten. Dazwischen auch Zeit für einen persönlichen Kabinetts-Plausch.

morgen„Da hinten soll ein FKK-Strand sein. Wenn deiner größer ist als … sagen wir mal … so … dann gehe ich nachher mit dir hin, okay?“

orgteam„Übrigens: Ich bin vom Org-Team und auch wichtig.“armlange„Mir egal, wie du heißt: Eine Armlänge Abstand bitte. Na los, leg einen Schritt zu!“

typ„Sorry, ich hab schon wieder den Namen von diesem Typen da vorne vergessen. Wie heißt euer Majestix nochmal? Spiesgeselle oder so?“

jungePass mal auf, mein Junge, ich schlage dir einen Deal vor. Ich lasse dich gewinnen und wenn du groß bist, wählst du CDU, okay?“ – „Aber Onkel, die Kurve hier ist eine Kopie deiner Umfrageergebnisse bis 2020. Guck mal, wo die aufhört.“

Im Anschluss ging es auf die Bühne, wo das jungfräuliche Goldene Buch der Stadt wartete. Zwar gab es dort ein Mikrofon, aber wir hatten unsere Zweifel, ob das, was aus den Lautsprechern kam, auch wirklich gesagt wurde. Ganz rechts stehen zwei Frauen, die das gesprochene Wort für Hörgeschädigte in Gebärdensprache übersetzten. Und was die da an Gesichtsausdrücken und Gesten zeigten, hatte auf das gebärdensprachlich ungeübte Auge manchmal eine ganz andere Wirkung als das „Friede, Freude, Eierkuchen“ von Stanis dem Sorben und seinem Hofstaat. Lassen wir also mal die Bilder wirken und machen uns Gedanken über das, was man da so zu sehen glaubt.

brieftascheMikrofon: „Tolles Wetter, tolle Stimmung…“ Gebärde: „Au haua haua ha … jetzt hat der den glatt gefragt, wann die nächsten Asylbewerber kommen.“

gebaerde3Mikrofon: Das übliche Blabla, dass der Freistaat hervorragend aufgestellt ist, um Familien eine attraktive Heimstatt bieten zu können und ja, das Wetter passt auch und überhaupt hat man sich ganz bewusst für Markranstädt entschieden … Gebärde: „Wir Sachsen sollten uns darauf einstellen, dass wir künftig noch mehr bittere Pillen schlucken müssen, die uns auf den Magen schlagen.“

gebaerde4Mikrofon: „Familie, das sind vor allem Kinder. Sachsen könnte da noch mehr gebrauchen. Wollen sie als Landesvater nicht noch einmal ein Zeichen setzen?“ Gebärde:

gebaerde5Mikrofon: „Je t’aime, oh, oui je t’aime! Moi non plus, oh, mon amour…“ Gebärde: „Aufhörn, aufhörn!“

gebaerde6Mikrofon: „Sag mal, warst du vorher am Bierstand? Du hast ja eine Standarte … so lang.“ Gebärde: „Na, jetzt untertreibt sie aber. Die Fahne reicht mindestens bis hierher.“

goldenbuchNach all dem Tamtam schritt man endlich zur Tat. Stanis der Sorbe durfte sich auf Seite eins in das Goldene Buch der Stadt eintragen. Ein solches „Libro d’oro“ ist traditionell ganz besonderen Ehrengästen vorbehalten. Ein König zählt ganz sicher dazu, eine Ministerin vielleicht auch noch, aber ein Landrat? Schon bildeten sich vor der Bühne Schlangen, weil jeder mal drankommen wollte. Nun ja, bevor das neue Goldene Buch zum Schmöker für den Plebs werden und sich auch der Pförtner des Stadtbads dort eintragen konnte, wurde die Autogrammstunde beendet.

 

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