Wahlkampf fürs Zwerchfell: So werden Wähler an die Urnen gelockt

In knapp einem halben Jahr finden wieder irgendwelche Wahlen statt. Für die Platzhirsche lokaler Satire erhält die ohnehin schon existenzbedrohende Konkurrenz damit Zuwachs von außen. Die Parteien übertreffen sich gegenseitig mit humorgeladenen Brüllern und stellen das seriöse Treiben der Qualitätssatire gnadenlos in finstersten Schatten. Auch in Lallendorf hat der Wahlkampf bereits begonnen. Und es scheint, als seien die Tage der Markranstädter Nachtschichten damit gezählt. Man kann mit den Profis aus der Politik einfach nicht mithalten, wenns um Spaß und gute Unterhaltung geht.

Haben auch Sie in den letzten Tagen in Ihrem Briefkasten die Fraktionszeitung der LINKEN mit dem Titel „links im landtag“ erhalten? Wie jetzt, schon entsorgt? Dann aber ab zur blauen Tonne und schnell wieder rausgeholt das Ding! Sie wissen offenbar nicht, was sie da ungelesen weggeworfen haben. Nur weils kostenlos ist, muss es ja nicht gleich umsonst sein.

Diese Zeitung (Auflage: 1,9 Millionen Exemplare) ist ein Meilenstein in der Geschichte sächsischer Satire. Allein die Kern-Pointe zieht sich über sechs Seiten. Vorbereitet wird sie schon auf Seite 3. Da gibt es die in jedes Horoskop passende Überschrift „Ohne Handeln bringt das viele Reden nichts“. Schön! Was genau damit gemeint ist, erfährt der Leser auf den Blättern 4, 5, 6, 7 und 8. Auf diesen fünf Seiten gibt es nämlich Statements von insgesamt 26 (in Worten: sechsundzwanzig) Sprechern der Landtagsfraktion!

Abgesehen von ihrem Vorsitzenden besteht die Fraktion mithin nur aus Sprechern. Das Spektrum reicht von der bildungspolitischen über den demokratiepolitischen bis hin zur familienpolitischen Sprecherin. Sogar eine … jetzt gut festhalten … „queerpolitische Sprecherin“ haben die und zudem gibt es Kombinationen wie jene, bei der die gebündelten sprecherischen Kompetenzen von Hochschul- und Drogenpolitik zusammenfließen. Sinnstiftend nennt man das wohl, wenn zwei so eng beieinander liegende Themen derart optimal verzahnt werden.

Was soll man da machen als Satiriker? Wenn eine 27 Mitglieder starke Fraktion 26 Sprecher hat und mit dem Slogan „Ohne Handeln bringt das viele Reden nichts“ wirbt, kann man diesen Spaß nur noch nach alter Guttenberg-Manier kopieren und einfügen. Besser machen kann man’s nicht. Der Olymp der Satire ist besetzt, das ist neidlos anzuerkennen. Wenden wir uns also den anderen Anbietern politischen Spaßes zu.

Geschlossene Gesellschaft?

Die Markranstädter CDU, in der Vergangenheit stets ein zuverlässiger Lieferant abwechslungsreicher Unterhaltungsbeiträge, hat laut Nachrichtenagentur Google jetzt dauerhaft geschlossen. Das zumindest erscheint auf dem Bildschirm, wenn man in der Suchmaske „CDU Markranstädt“ eingibt.

Die entziehen sich offenbar einfach ihrer Verantwortung und wollen uns das jetzt alleine schaffen lassen. Noch schnell ein paar Stolpersteine gewienert und dann tschüss. Dabei war gerade das Putzen der Messingwürfel im Fußweg so symbolträchtig. Allein die gebeugte Körperhaltung: Endlich mal auf Augenhöhe mit dem politischen Gegner.

Tja, arme SPD. Die muss es jetzt alleine richten, also ohne den großen Bruder an der rechten Seite. Vorbei die Zeit, da man im Fahrwasser der schwarzen Kogge durch die Wogen des Kulki schippern konnte.

SPD jetzt Halbwaise

Ein letztes Aufbäumen in dieser Hinsicht war eben jene Aktion mit den Stolpersteinen. Geradezu ein Geniestreich zielführender Öffentlichkeitsarbeit! Die Maloche mit Zahnbürste und Scheuerpulver auf dem Fußweg hat man generös der CDU überlassen. Aber pünktlich zum 9. November erhellte die Bürgerschaft dann ein Foto vom Ergebnis dieser Aktion.

Ein Blumenstrauß als Dankeschön für die Reinigungsfirma CDU?

Im Lichte der aufgehenden Sonne wie neu funkelnde Stolpersteine auf der Webseite der Markranstädter SPD. Bildhaft gesprochen, haben die Genossen den politischen Gegner in der Leipziger Straße auf die Knie gehen lassen und dafür sogar noch Punkte für den eigenen Wahlkampf eingefahren. Mir schwant etwas, sprach der Hahn, als er seine Küken sah.

Auch hier bleibt dem Satiriker lediglich die Aufgabe, sich von Scham erfüllt mit dem Gesicht zur Wand in die Ecke zu stellen und über sein plötzlich ach so sinnentleertes Dasein nachzudenken.

Freie Wähler: Zurück in die Zukunft?

Seine letzte Hoffnung ist der Freie Wähler. Aber gibt’s den überhaupt noch? Ein Blick in die Internet-Präsenz der FWM führt die Hand von der Computer-Maus automatisch in den Arzneischrank. Ohne Stimmungsaufheller ist das nicht zu deuten. Der letzte Eintrag datiert vom 7. Juni!

Jetzt wird der Deutschunterricht noch schwerer. Die Freien Wähler haben die neue Zeitform „kommende Vergangenheit“ (perspectiv historica) entdeckt. Der nächste Stammtisch wird am 20. März 2018 stattgefunden.

Okay … wenigstens ist es der 7. Juni 2018. Aber zumindest scheint es die Freien Wähler noch zu geben. Ihr nächster Stammtisch ist nämlich schon geplant. Laut aktueller Ankündigung im Netz wird er vor acht Monaten stattfinden, genauer gesagt am 20. März 2018. Wahrscheinlich steht das aktuelle Wahlprogramm unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“. Auch hier wird jegliches Bemühen außenstehender Satiriker bereits im Keime erstickt.

Blieben noch die GRÜNEN. In deren Leibchen will offenbar Tommy Penk für Markranstädt ins Rennen gehen. Für ihn ein steter Lernprozess, weil er als Kommunalpolitiker mit Markkleeberger Migrationshintergrund einfach noch gar nicht so weit integriert sein kann, dass er auch nur ansatzweise verstehen könnte, wie die Uhren und Menschen hier  im Zweistromland zwischen Zschampert und Floßgraben so ticken.

Grün ja grün sind alle meine Wähler

Eine werbewirksame Informationsveranstaltung genau zum Termin einer Stadtratssitzung durchzuführen und die kommunalen Spitzenpolitiker auch noch dabei begrüßen zu wollen, passt aber schon mal genau in die Lallendorfer Vorstellung von Humor. Einstand gelungen!

Da wird der zweite Schritt vor dem ersten ausgelobt. Bevor man zum Fahrrad-Klima fragt, sollte man das Klima der Kriminalität runterkühlen. Das nachhaltig gestörte Verhältnis einiger Mitmenschen zu fremdem Eigentum verhindert gar zu oft einen Ausritt auf dem Drahtesel.

Jetzt will er aber auch noch, dass die Markranstädter Fahrrad fahren und damit schießt er eindeutig übers Ziel hinaus. Fahrrad fahren ist ja ganz nett, aber womit? Hat dem Mann schon mal jemand gesagt, dass man in Markranstädt zwar mit dem Drahtesel losfahren kann, jedoch stets zu Fuß zurückkehren muss? Wenn das Fahrrad vor dem morgendlichen Start überhaupt noch im Ständer steht.

So ganz ohne finanzielle Unterstützung der durch Fahrraddiebstahl gebeutelten Versicherungsindustrie könnte das ein schwerer Wahlkampf für Penk werden. Ob die gute Interessensvertretung für jene Mitbürger, die irgendwie immer ein Fahrrad haben, letztendlich Wählerstimmen bringt, wird man sehen müssen. Wenn ja, dann spricht man in Markranstädt allerdings künftig von Fahrräder*innen. Vorerst aber heißt es für Satiriker auch hier: Fehlanzeige.

Vorfreude auf kommende Gags

Doch auch wenn die Zukunft in Sachen Humor ziemlich düster aussieht, gibt es in satirischer Hinsicht noch einiges zu beleuchten.

Sicher werden sich bald auch weitere Bewerber zeigen. So beispielsweise aus den Reihen der „Bürger für Markranstädt“ (BfM) oder der FDP, der AfD, der AOK, der ITB, des örtlichen Swingerclubs und anderer politischer Hilfsorganisationen.

So gibt es auch für uns weiterhin noch viel zu tun. Packen wir’s an, oder besser gesagt: Warten wir’s ab!

 

5 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

    • Wolfram Friedel auf 17. November 2018 bei 21:42
    • Antworten

    Vielleicht wäre ein Karnevalsverein besser zu wählen,als eine Partei. Der Verein in Lallendorf existiert zumindest länger, als alle anderen Parteien. Abgesehen von der CDU. Und der Schlüssel zum Erfolg liegt auf der Hand und ist gegeben. Das kurze Sommerloch ist schnell überwunden. Berlin hat doch vorgemacht, wie lange es ohne Regierung geht.Und damit sehe ich die Tage der Markranstädter Nachtschichten nicht gezählt.

      • Nachbar auf 21. November 2018 bei 17:33
      • Antworten

      sehe ich auch so, hier ist noch reichlich Stoff für die Nachtschichten und im Zweifel als neues Parteiblatt/ Plattform für die Lallendorfpartei Karnevalsverein 😉

    • Echter Markranster auf 17. November 2018 bei 16:52
    • Antworten

    Es wäre schön, wenn die gewählten Parteien und Vereinigungen ein Jahr vor der nächsten Wahl mal Bilanz ziehen würden, welche Versprechungen aus den letzten Wahlprogrammen erfüllt wurden. Man findet ja darüber keine Infos mehr auf deren Seiten. Motto: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern… Die Wähler schon!

    • jabadu auf 16. November 2018 bei 22:09
    • Antworten

    Der oberste Markranstädter „Freie Wähler“ hat es ja am 11.11. auf den Punkt gebracht als er sagte, „mensch, wie viele begeisterte Markranstädter die Karnevalisten auf die Beine bringen“. Ja, die schaffen das, weil sie mit den Markranstädtern reden und auch mal was zur aktuellen Lage in Lallendorf sagen. Die Füllen ganze Säle.
    Da sollten die Wahlwerber mal Karneval machen. Oder ist das schon Karneval, was die machen? Die Grenzen sind ja fliesend. Die einen haben`s droff. Die andern, naja.

      • Nachbar auf 21. November 2018 bei 17:28
      • Antworten

      Der Karnevalverein lädt ja auch alle frühzeitig und ernst gemeint ein, nicht nur ein paar einzeln Auserwählte zum „Alibitreff“, geschehen erst kürzlich im Reich der Fremdpartei ITB ( gelbes Hotel) 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.