Kapitulation vor kopulierenden Koalitionen

Die Meldung hat eingeschlagen wie eine Bombe. „Merkel bleibt“ titelt das in Berlin erscheinende Leitmedium „Eulenspiegel“. Da waren unsere investigativen Fragen an die beiden Markranstädter Kandidaten zur Bundestagswahl allerdings schon raus. Sie haben sie trotzdem beantwortet und die MN-Leser dürfen sich schon mal auf einen Hochgenuss politischer Realsatire freuen, mit dem wir den homo marcransis am Wochenende zu erfreuen gedenken. Leider scheint das der einzige Höhepunkt in den Kampfwochen um den Endsieg in der Schlacht um Berlin zu sein.

Man muss ja diesmal mit allem rechnen. Sogar mit der SPD. Also … über der 5-Prozent-Hürde natürlich. Und wie immer spielen die Medien fleißig mit.

Die scheint gar nicht zu interessieren, ob eine Partei gewinnt und wenn ja, welche. Überall geht’s nur noch um die Koalitionsfrage. Je t’aime – wer mit wem? Ganz unterschwellig wird ins Hirn des Wählers damit schon ein Wahlergebnis gepflanzt. Egal welche Partei wir wählen, am Ende kommt eine Koalition bei rum.

Da wird so viel über Reformen geseiert: Wahlalter mit 12, Stimmvollmachten für Demenzbetreuer in Altersheimen, Verteilung ungültiger Stimmen auf Grüne und FDP und so weiter. Aber an das, was angesichts der Entwicklung am ehrlichsten wäre, daran wagt sich niemand. Warum lassen sie uns nicht gleich eine Koalition wählen, wenn am Ende sowieso eine Koalition rauskommt?

Bunte Hunde

Da steht dann halt auf dem Wahlzettel alles von Rot-Rot über Rot-Gelb-Grün bis Schwarz-Blau-Gelb-Rot-Grün und für die Diversen halt auch in Abstufungen wie Orange-Rosa-Pink-Lila. Die Kombinationen sind begrenzt, die Wahlzettel werden kleiner, das spart Papier.

Auch müssten wir nicht wochenlang die feisten Gesichter ertragen, die uns von den Laternenpfählen droben blutleer anstarren. Nicht mal in der Kirche erfüllen sich in derart Gleichnisse gehüllte Verheißungen.

Statt dessen hätten wir dann bunte Plakate wohin das Augenlicht reicht.

Okay, das hatten wir ja erst kürzlich und es hat auch nur nichts gebracht. Die regenbogenfarbenen Strumpfbänder waren unseren Fußballern bei der EM wichtiger als das sportliche Ziel. Das haben wir nun davon. Allerdings war das nicht der einzige Grund für das klägliche Scheitern der Fritz-Walter-Enkel.

Die wissen nämlich gar nicht mehr, für wen sie spielen. Nix Nationalmannschaft, weil darin der Begriff National vorkommt. Seit ein paar Jahren sind wir deshalb nur noch Die Mannschaft. Wessen auch immer. Und sowas hat Folgen.

Mannschaft ohne Nation

Das Spiel der Deutschen gegen die Ungarn war bezeichnend. Nach dem 2:2 waren die Magyaren raus und Die Mannschaft weiter. Aber während die erfolgreiche Die Mannschaft schnurstracks in die Kabine ging und Selfies mit ihren regenbogenfarbenen Strumpfhaltern in die Welt schickte, sind die ausgeschiedenen Ungarn vor ihre Fankurve gelaufen und haben mit der Hand auf dem Herzen, ohne Aufforderung und ohne Orchester, gemeinsam die Nationalhymne intoniert. Kehr’n wir als Sieeeger heim, schnedderedeng!

Die Ungarn wussten, für wen sie verloren haben. Für wen Die Mannschaft weitergekommen ist, steht weder auf deren Bus noch auf den Strumpfhaltern. Wahrscheinlich war’s für den Regenbogen.

Genauso wie mit Die Mannschaft könnte es sich mit Das Volk verhalten. Für welches Gebilde wählt das eigentlich den Bundestag?

Volk ohne Nation

Für die hier lebenden Indianervölker, wegen denen sich Kinder zum Fasching nicht mehr verkleiden dürfen? Für den Berliner Unternehmer, der sein Eiscafé „Eiskimo“ nannte, sich damit den Zorn der in Brandenburg siedelnden Inuit zuzog und deshalb nochmal 20.000 Euro für die Umbenennung seines Ladens in die Hand nehmen musste? Für den Neger, der jahrzehntelang ohne es zu wissen durch die Mohrenstraße gelaufen ist und erst durch einen Weißen / eine Weißin erfuhr, wie erniedrigt er sich dadurch fühlt?

Gut möglich, dass sich das auch dadurch nicht ändern würde, wenn wir statt Parteien gleich Koalitionen wählen. Wenn die eh alle so gleich ticken, dass sie miteinander ins Bett gehen, ist das – biologisch gesehen – Inzest.

Politischer Inzest, hätte der alte Darwin gesagt. Da wäre der Tag dann nicht mehr fern, an dem gewählte Koalitionen miteinander koalieren. Eigentlich ist das wie ewiger Durchfall, kein Ende in Sicht.

Der Unterschied, der uns die Wahl wirklich zur Qual werden lässt, liegt nicht in dem, was die Parteien sagen, sondern allein darin, was sie nicht sagen. Oder haben Sie schon mal von einer Partei gehört, die sich für die Rechte unterdrückter Rufnummern einsetzt? Na also!

10 Kommentare

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    • Bernd Hollwitz auf 10. September 2021 bei 12:32
    • Antworten

    Ich schließe mich euren Auffassungen vollinhaltlich an. Sehr schöner Beitrag, Daumen hoch!

    1. Dann sind wir ja schon zwei 🙂

    • Bekannt auf 9. September 2021 bei 17:45
    • Antworten

    Kurz und knapp:
    Super Beitrag und eine gelungene Zeichnung noch dazu!

    1. Ja, vor allem ist diese Karikatur bis zur Wahl immer wieder recyclebar.

  1. Liebe Markranster, lasst euch durch den Beitrag nicht davon abhalten, Wählen zu gehen. Das Recht, nach eigener Meinung das Kreuz zu setzen haben wir uns 89 hart erkämpft. Eine Empfehlung habe ich leider nicht für euch. Vielleicht: eene meene muuh…

    1. Das Recht, das Kreuz nach eigener Meinung zu setzen, hatten wir auch zu DDR-Zeiten schon. Nur war da die Auswahl schon vorgegeben. Der Unterschied: Damals wussten wir vorher schon, dass wir eine Nationale Front bekommen. Heute formiert diese sich hinterher. Welche der Errungsneschaften ist unterm Strich besser?

    • Baar Bier auf 9. September 2021 bei 10:34
    • Antworten

    Das ist die beste Idee ever!! Gleich die Koalitionär*Innen wählen. Danke dafür.
    Auch noch danke für das Aufgreifen des Unsinns mit „Der Mannschaft“-voll aus dem Herzen (meinem) gesprochen.
    Werde mir den tollen Beitrag speichern.

    1. Sehr anständig, dass Sie uns das wenigstens mitteilen. Die anderen Leser speichern sich das stets ohne zu fragen ab. Allerdings auch nur, um es später mal gegen uns verwenden zu können …

    • Ute Weigand-Münzel auf 9. September 2021 bei 10:13
    • Antworten

    Ihr habt ja wieder mal soooo Recht. Es ist ein Skandal, was in Deutschland gerade so abläuft.
    Da freut man sich schon ein Loch in den Bauch, wenn unser sächsischer Kultusminister an den Schulen diese Sprachvergewaltigung- das Gendern- verbietet. Es gibt noch Hoffnung!!

    1. Freuen Sie sich mal nicht zu früh. Statt Gendersternchen, Genderpause, Unter- oder Schrägstrich sollen völlig neue, geschlechtsfreie Substantive zum Einsatz kommen. Sie sind dann wahrscheinlich eine Lehrende, die mit ihren Schülenden zu den Direktorierenden gerufen wird, weil sich die Hinterbänkelnden mit der Umstellung unserer Elternsprache so schwer tun. Interessant wirds im Fach Geschichte. Der Nazi … die Naziin??? Nein, es gibt keine Hoffnung!

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