Abwöcheln mit Claus Narr jun.: Die Fahrt in den Himmel

Weil er inzwischen auch schon das Alter hat, in dem die Männlichkeit allein durch die innere Ausstrahlung der Persönlichkeit überzeugt und  man nicht besoffen durch die Gegend mäandern muss, hat sich Claus Narr jun. in diesem Jahr mal entspannt zurückgelehnt und sich das Treiben zu Himmelfahrt aus der Liegestuhl-Perspektive reingezogen.

Unter all den 365 Tagen im Jahr ist den Männern nur noch ein einziger geblieben, an dem auch sie mal zeigen dürfen, dass sie Gefühle haben. Zum Beispiel Durst.

Himmelfahrt ist der ehrlichste Tag im Jahr. Nur an diesem einen Donnerstag trifft wirklich zu, womit sich unsere Gesellschaft das ganze Jahr über ihr Feigenblatt vors gegenderte Geschlechtsteil hält.

Nie hört oder liest man von negativ besetzten Gendereien wie Raserinnen und Raser, Steuerhinterzieherinnen und Steuerhinterzieher, Hinterfrauen und Hintermänner oder mutmaßlichen Täterinnen und mutmaßlichen Tätern. Auch Naziinnen, Umweltverschmutzerinnen, Wildpinklerinnen, Antisemitinnen oder Hooliganinnen gibt es nicht im deutschen Wortschatz.

Am Männertag – und nur da – trifft das alles jedoch zu. Männer, Herren, Kerle, Trunkenbolde, Kotzer, Suffköppe, Biertrinker, Wanderer, Ausflügler und sogar Unter-dem-Pantoffel-Stecker: alles maskuline Akteure, für die man keine feminimösen Alternativen anbieten muss. Himmelfahrt ist reine Männersache.

Aber es ist halt nur ein Tag im Jahr und weil der so selten vorkommt, geschah dann auch, was geschehen musste: Die Markranstädter Männerwelt hat den Aufbruch ins Himmelreich schlichtweg verpennt. Der Männertags-Express fuhr ohne einen einzigen homo marcransis in jenes Reich, in dem Bier und Bratwürste fließen. Und das, obwohl der für 7:45 Uhr angekündigte 35 1097-1 sogar mit drei Minuten Verspätung durch den Markranstädter Bahnhof rauschte.

Seit sogar die Grünen erkannt haben, dass die NATO Atombomben für friedliche Zwecke einsetzt, ist selbst die mobile Verfeuerung fossiler Brennstoffe kein Aufreger mehr.

Der Männertags-Express im zeitgenössischen Ambiente des Markranstädter Bahnhofes.

Der Lokführer muss das wohl geahnt haben und unternahm nicht mal einen Bremsversuch. „Dass man den Bahnsteig nicht barrierefrei erreichen kann, ist kein Problem“, rief der Schaffner bei Tempo 120 noch aus dem Waggon. „Aber für den Rückweg ist ein behindertengerechter Abgang für unsere Passagiere unbedingt erforderlich“, begründete der Rotbemützte. Und tschüss…

Und so mussten sich die Markranstädter Männer auch an ihrem Festtag 2022 wieder zu Fuß auf den Weg machen.

The Walking Dad

Sofern sie sich auf dem Alten Friedhof oder anderen soziokulturellen Zentren der Stadt im Laufe des Tages nicht selbst die Kante gaben, konnten die Söhne der wackeren Helden bei deren Rückkehr am Abend live erkennen, warum die Serie „The Walking Dad“ als FSK 18 eingestuft wurde.

Und echt jetzt: Manchmal machen die Herrentags-Ausflügler auch noch Fotos, die noch in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass sich die gesamte Ethnie der Männer für diese Launen der Natur fremdschämt. Fast möchte man posten: „Wenn du das nächste mal ein Selfie schießt, nimm die Pistole!“

Himmelfahrt: Die wahre Bedeutung des Wortes

Aber jeder Tag hat auch mal sein Ende. Spätestens wenn sich die Wohnungstür nach mehreren vergeblichen Zielversuchen mit dem Schlüssel plötzlich wie von Geisterhand ganz von selbst öffnet und dahinter die Konturen der liebend Gattin allmählich Gestalt annehmen, weiß auch der letzte Heimkehrer, warum der Tag Himmelfahrt heißt. Die Herrin sei mit Euch!

2 Kommentare

    • Doppelrömer auf 30. Mai 2022 bei 7:57
    • Antworten

    Marcransis (am Abend) hin- dieses Ende fand nicht statt. Schade denkt man- Früher war das eben anders. Doch die Zeiten ändern sich- in Zeiten der alternden Gesellschaft findet nun eben auch das männliche Priveleg dennoch zusammen: Zum BETREUTEN TRINKEN! In Familie- natürlich ohne Kinder. Dafür ist die betreuende weibliche Betreuerin auch zum MÄNNERtag gern dabei. Oder?

  1. Wir waren in und mit Familie unterwegs im schönen Sachsen.
    Ich muss sagen, sicherlich hat sich das Bild in den letzten Jahr/zehnten gewandelt. Aber es gibt immer noch die Bollerwagen oder Fahrrad-Fraktion. Auch wenn diese z.T. gesitteter unterwegs ist, als früher. Der Trend geht eben hin zum „Familientag“ oder zum „wir unternehme was mit Freuden&Familien“. Ich finde es nicht schlecht.

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