Der aktuelle Wochenrückblick hält eine katastrophale Nachricht für die mit Bürgergeld besänftigte Basis unserer Demokratie bereit: In Kulkwitz hat eine Fabrik die Produktion aufgenommen, für deren Betrieb noch 250 Mitarbeiter gesucht werden! Wenn so kurz vor Weihnachten mit „arbeiten statt abbürgern“ gedroht wird, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen.
Nur knapp drei Jahre haben die Esten von Skeleton Technologies gebraucht, um in Markranstädt an den Start zu gehen.
Für deutsche Verhältnisse ist das ein Tempo, als würde man aus einem MAF heraus beobachten, wie das Hauptfeld eines Formel 1-Rennens an einem vorbei zieht.
Was da am Freitag offiziell eröffnet wurde, ist nicht mehr und nicht weniger als die größte Fabrik der Welt für die schnellsten Kondensatoren der Welt.

Maschinen, Menschen und Maloche auf 10.000 Quadratmetern. Wer hat bei der Life-Balance noch Lust auf work?
Dabei ist die Technologie ein alter Hut. Schon anno 1745 wurde der erste Kondensator entwickelt – vom Domdekan in einer westpolnischen Wojewodschaft. Und damit will die Truppe um Manager Taavi Madiberk 280 Jahre danach den Weltmarkt aufmischen?
Wird sie wohl, wenn sie genügend Mitarbeiter dafür findet. Aktuell beliefert Skeleton mit 170 Kollegen schon die amerikanische Autorennserie „Indy Car“ oder die Europäische Weltraumagentur ESA.

Superkondensatoren aus Markranstädt können in einer Sekunde aufgeladen werden – und das eine Million mal.
Aber weitere 250 Arbeitskräfte werden noch gebraucht, hat Deutschland-Chef Linus Froböse nachgezählt. Neben handwerklichen Fähigkeiten und physikalischem Verständnis sollte man allerdings auch etwas sprachliche Kreativität mitbringen, hat das MN-Team vor Ort festgestellt.
Offizielle Amtssprache beim Eröffnungsmeeting war zwar Englisch, aber selbst damit kam man mitunter nicht weit.
Oettinger-Deutsch
Wer auf der Suche nach dem Ausgang eine der Pfadfinderinnen fragte „Can you tell me how to get to the exit?“, konnte schon mal ein schulterzuckendes „Sorry, nix deutsch, only english“ ernten. Ein schönes Willkommen für die Vertreter germanischer Satire.

Redhead Kretschmer (2.v.r.) bekommt von Redhead Madiberk (2.v.l.) und dem estnischen Premier Michal (r.) eine Lehrstunde in Sachen Innovation. Bei der Automatisierung liegt Deutschland allerdings vor den Esten – darum sind sie hier.
Obersachse Michael Kretschmer versuchte es gar nicht erst und hielt seine Rede in entangeltem Sächsisch. Als er von einem „coolen Tag für Estland und Deutschland“ sprach, verlor die Simultanübersetzerin im Backoffice allerdings kurz die linguistische Übersicht.
Cool oder Guhl: Hauptsache kalt
Sind die sächsischen Beziehungen ins Baltikum wirklich so kalt oder meinte er vielleicht „Guhl“ und wollte damit Produktunterstützung für seine Haarpflege platzieren? Not Genaues knows man not.

Straßenbahnen, Rennwagen oder Weltraumsatelliten: Skeleton-Kondensatoren sind bereits in vielen Bereichen im Einsatz. Sogar beim Computer-Gaming.
Wieviel herzlicher und wärmer waren dagegen die Worte und Gesten der „Mayor of Markranstädt“, die auf Platz 4 in der Sendeliste stand.
Ihre englisch vorgetragenen Ausführungen hätte sogar Günther Oettinger verstanden. Außerdem hatte sie für den estnischen Premierminister und sein Gefolge ein besonderes Andenken mitgebracht: Zwei MAFs aus Holz.

Das staunte sogar die internationale Presse: Markranstädt hat schon vor über 100 Jahren Technik produziert, die ohne seltene Erden und chinesische Lieferketten auskam.
Die damit ins Baltikum getragene Botschaft: Sogar deren Originale fuhren schon vor über 100 Jahren ganz ohne seltene Erden und anfällige Elektronik aus China. Willkommen an der Wiege des Fortschritts, wellcum in Markrantown: Sehet und lernet!
Ganz klar: Die Großkopferten haben sich nach allen Regeln der Redekunst gegenseitig gelobt und hofiert. Aber die zwischen den Zeilen zu lesen gewohnte Ethnie der Satiriker hat trotzdem wegweisende Informationen mit nach Hause genommen.

Wellcum in markranstädt, a place where you can after the maloche take out your Anzug with Naddelstripes on the Effgaygay-Beach or can go in the office clothed with a Sleepontrain.
Am ehrlichsten war dabei wohl die Zustandsbeschreibung des estnischen Premierministers Kristen Michal über die aktuelle Situation in Germanien zwischen A wie Aachen und Z wie Zittau: „Früher hat Deutschland in Estland investiert, heute ist es umgekehrt.“ Diese Pointe lassen wir mal unkommentiert so stehen.





















4 Kommentare
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Vielleicht sollten wir das Jobcenter mit Befugnissen ähnlich der Einwanderungsbehörden in den USA ausstatten.
So werden schnell und zielgerichtet arbeitsfreie Menschen gefunden und dem Werk zugeführt.
Jobcenter – auch so ein sprachlicher Widerspruch in sich. Wenn Sie denen einen Arbeitsvertrag in englischer Sprache vorlegen, dürfen Sie volley wegtreten, weil „die Amtssprache bei uns Deutsch ist“. Drum heißt das offenbar auch „Jobcenter“.
Am längsten musste ich beim Sleepontrain überlegen. Habe ich mit Schlaf-an-zug die richtige Übersetzung gefunden oder habe ich damit nur meine Educationdistance unterstrichen?
Da lagen Sie schon richtig. Apropos: White Horse Education ist auch nur eine Umschreibung für Schimmelbildung.