Die sechste Seite der Medaille

Es tun sich seltsame Dinge in Lallendorf. Nachdem das Desaster um den Frühlingsempfang der Bürgermeisterin über eine Woche lang Zeit hatte, in der Gerüchteküche sein volles Bouquet zu entfalten, hatte die Lokalgazette am Samstag den perfekten Aufmacher. Tenor: Spiske darf auf der Veranstaltung seiner Nachfolgerin nicht reden. Genauso wie ein Würfel, hat aber auch diese Medaille sechs Seiten. Schauen wir uns die Sache also mal aus der unwichtigsten aller Perspektiven an: der satirischen.

Was bisher geschah: Beim Neujahrsempfang, der wegen Corona diesmal zum Frühlingsempfang mutiert, ist es usus, verdiente Ehrenamtler auszuzeichnen.

Klingt hochtrabender als es ist. Einen Strauß Blumen gibt’s und einen als Urkunde getarnten Denkzettel. Ach ja – und eine Laudatio, die traditionell derjenige hält, der den Vorschlag der zu ehrenden Person eingebracht hat.

Blumen und ein Denkzettel

Diesmal trifft es unter anderem Volker Kirschner und Roland Vitz. Sie wurden von Ex-Bürgermeister Jens Spiske vorgeschlagen, der deshalb auch die Lobeshymnen auf beide Kandidaten singen müsste. Damit hat wiederum die First Lady offensichtlich ein Problem.

Also – nicht mit Jens Spiske. Natürlich nicht! Vielmehr damit, dass während so einer Laudatio die gefährliche Last tausender potenzieller Corona-Viren unter die Gäste gespreadet werden kann. Also ließ die Bürgermeisterin die Lobgesänge kurzerhand aus dem Programm streichen.

Preisverdächtige Ablehnung

Sowohl Jens Spiske als auch Volker Kirschner und – zugegeben – auch allerhand Markranstädter Bürgerkomparsen, scheinen hinter dieser Aktion allerdings einen anderen Braten zu wittern, weil die Corona-Ausrede in der Tat ziemlich dünnflüssig rüberkommt.

Als ob es bei einer Corona-Party mit mehreren hundert Gästen auf ein paar Worte mehr oder weniger ankäme.

Kirschner zog daraufhin jedenfalls Konsequenzen und sagte seine Teilnahme nach Reich-Ranicki-Manier ab.

Dieser vielfach als konsequent geadelte Rückzug erwies sich im Nachgang allerdings als Steilvorlage für Stitterich, die sich nun darauf beruft, dass Spiske auf ihrer Veranstaltung jetzt erst recht nichts zu sagen hat, da sein Kandidat eh nicht kommt.

Verbale Diät

Was bleibt, sind ein paar Worte für Roland Vitz (falls er kommt), die sie sicher auch selbst zu Papier bringen lassen kann. Ende des ersten Teils.

Empfang 2019: Ist klar, dass man bei einer so hohen Fleischdichte auf jedes überflüssige Wort verzichten muss, wenn das KuK nicht zum Hotspot werden soll.

Empfang 2019: Ist klar, dass man bei einer so hohen Fleischdichte auf jedes überflüssige Wort verzichten muss, wenn das KuK nicht zum Hotspot werden soll.

Es heißt ja immer, man solle aus der Geschichte lernen. Und die lehrt uns über den Umgang mit Amtsvorgängern ganz klare Maßstäbe.

Lehren aus der Geschichte

Was haben die großen Figuren der Weltgeschichte mit ihren Vorgängern gemacht? Breshnew mit Chruschtschow beispielsweise oder Honecker mit Ulbricht. Der Spitzbärtige durfte danach auch nie wieder reden, obwohl er bis zu seinem Tode noch Vorsitzender der SED war.

Mit Blick auf das, was andere mit ihren Vorgängern gemacht haben – zum Beispiel Lenin mit der Zarenfamilie, Pinochet mit Allende oder Augustus mit Julius Cäsar – kann Spiske noch froh sein, dass es für ihn nur beim Redeverbot bleibt. Mal abgesehen von seiner selbst gewählten Höchststrafe, dass er sich als Verbannungsort ausgerechnet Großlehna rausgesucht hat.

Neujahrsempfang 2019: Der letzte Auftritt vor dem auferlegten Schweigegelübde.

Neujahrsempfang 2019: Der letzte Auftritt vor dem auferlegten Schweigegelübde.

Konterrevolutionäre Kräfte unterstellen der Bürgermeisterin indes, dass sie die Folgen ihres Handelns unterschätzt. Hier müssen wir ganz klar einhaken. Sie weiß sehr wohl, was sie tut! Allerdings verstehen das die Wenigsten, weil nicht über den Tellerrand geschaut wird. Ein Blick auf andere Ereignisse offenbart, dass die Veranstaltung perfekt durchgeplant ist.

So hat die Feuerwehr, die ebenso traditionell wie erwartungsgemäß einen guten Teil der Gäste beim Empfang stellen wird, in den letzten Tagen 95 neue Helme bekommen. Nicht nur die Anzahl, sondern auch der Zeitpunkt lässt aufhorchen. Das nennt man strategische Weitsicht. Weil man nicht weiß, wie weit sich angesichts der Corona-Story und anderer im Umlauf befindlicher Argumente die Deckenbalken biegen werden, ist eine Helmpflicht nicht die schlechteste Idee, um wenigstens die Getreuen vor herabfallenden Trümmern zu schützen.

11 Kommentare

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    • Leimaschii auf 2. April 2022 bei 19:32
    • Antworten

    Etwas loben oder in den Himmel heben, wohl kaum. Siehe was die zwei Spezialisten mit unserem Bad gemacht haben. Die zwei sollten sich verabschieden und Ihre Lakaien mitnehmen. Schauen wir uns mal an was Sie hinterlassen haben. Eine Schande für die Stadt. Ich gehe davon aus das die Bürgermeisterin eine Menge Müll zu beräumen muss.

    1. Für den Müll haben wir die Kell.

    • Doppelrömer auf 27. März 2022 bei 17:54
    • Antworten

    Ja- da ist man den guten Ton-los! Man stelle sich vor: Wenn jemand in den Wald („auf zum KUK“) ruft und keiner ruft („kommt“) zurück… Markranstädt hat andere Rufer* verdient. Wer Missachtung sät wird die Konsequenzen zu tragen haben, ne bessere Steilvorlage gibt es nicht! Liebe Bürger- feiert Euren Frühjahrsempfang besser Standesgemäß und in Würde: Draußen mit echten Freunden und in der Natur!

    1. Im Kuhstall?

  1. Die Vergleiche sind köstlich, bieten aber noch viel mehr Potenzial. Ulbricht ist bekanntlich aus „gesundheitlichen Gründen“ kaltgestellt worden und auch Honecker wurden „gesundheitliche Gründe“ attestiert, als er Ende 89 abserviert wurde. Wenn man nun das Corona-Argument in Markranstädt nimmt, fiel die Rede vob Spiske ebenfalls „gesundheitlichen Gründen“ zum Opfer. Das ist eben die ganz große Politik – noch etwas ungewohnt für ein Dorf wie Markranstädt, aber wenn man im Konzert der G7 mitspielen will, gehts nicht anders als aus der Geschichte zu lernen und sich an den ganz großen Beispielen zu orientieren. Vielleicht demnächst auch mal an der „Päpstin“?.

    1. Die Päpstin im Buch hatte Eier. Sie meinen … div?

    • Ute Weigand-Münzel auf 27. März 2022 bei 10:17
    • Antworten

    Das ganze Theater ist einfach nur lachhaft und ein Grund zum Fremdschämen. Hat eine Bürgermeisterin so etwas nötig???

    1. Diese Bürgermeisterin ganz offensichtlich!
      Und jetzt stiehlt ihr auch noch die 1.Beigeordnete die Show bei „ Ihrem“ Frühlingsempfang.

    2. Was gibts da zu schämen, wenns lachhaft ist? Andere bezahlen Geld für Kabarett.

    • Tiefes C auf 26. März 2022 bei 21:28
    • Antworten

    Diese sexte Seite ist mir die liebste. Wieder toll! Lohnenswert für eure Fans und mich, für euch selbst wie immer für einen feuchten Händedruck.
    Dieses Affentheater haben die Ehrenamtler nicht verdient. Wozu die Aufregung gegenüber Herrn Spiske. Er hat grundsätzlich keine schmutzige Wäsche gewaschen, wusste sich stets achtungsvoll zu benehmen. Als die Großlehnaerin a.D. nach Ihrer Abwahl zu den Stadtratssitzungen aufschlug, im roten (sehr engen) Hosenanzug zum Neujahrsempfang bei ihrem Nachfolger nicht ganz unprovokativ erschien, zu spät kommend sich zu den Verhältnissen an ihrer Grundschule äußerte …- ihr wurde, so wie ich es zumindest von außen wahrnehmen konnte, jederzeit der zustehende Respekt zuteil. Schade, dass diese Wertmaßstäbe gegenüber des höchsten Amtes einer Stadt keine Fortsetzung gefunden haben. Wozu das neue „C“ alles herhalten muss. Markranstädt, die Stadt mit gutem Ton?

    1. Es kommt auf die Tonart an. Mit einem Konzert in C-Moll kann man ein Orchester auch zwei Stunden beschäftigen.

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