(Diesmal nichts) Neues aus der vierten Etage (24)

Eine Beobachtung der donnerstäglichen Stadtratssitzung haben wir uns erfolgreich verkniffen. Nicht nur aus purem Eigennutz. Die Feedbacks auf unsere letzten Berichte aus dem KuK führten uns zu dem Schluss, das selbst die MN-Leser zunehmend das Interesse am Unterhaltungsprogramm des Ratssaal-Ensembles vermissen lassen. Wozu dann also das sichere Heim verlassen und sich auf einem Holzbrett den Steiß wund sitzen?

Es gab auf der Tagesordnung ohnehin nur zwei Punkte, die wenigstens ansatzweise humoristische Zerstreuung versprachen.

Nein, die Bürgerfragestunde zählte nicht dazu. Anliegen der Einwohnerschaft sind nach wie vor schriftlich einzureichen. Kann man so machen und ist irgendwo auch verständlich, aber damit fehlt schon mal eine Art satirischer Aperitiv.

Blumenmann wirft hin

Den Ersatz dafür bot Micha Unverricht aus der Loge der CDU. Der bekleidet bekanntlich die ehrenamtliche Funktion des stellvertretenden Bürgermeisters. Bislang jedenfalls. Am Donnerstag hat er hingeschmissen.

Okay, der Begriff „stellvertretender Bürgermeister“ war für die Funktion sowieso schon immer viel zu hoch gegriffen. Das Tätigkeitsfeld beschränkte sich traditionell eher auf das Austragen von floralen Geburtstagsgrüßen an betagte Senioren. Aber genau diesen Aufgabenbereich füllt die Bürgermeisterin seit ihrem Amtsantritt selbst aus.

Konzentration der Macht

Sie braucht keinen Blumenboy mehr und deshalb ist es gut möglich, dass die Stelle des floralen Dienstleisters nun komplett aus der Satzung gestrichen wird.

Aber sowas erfährt man in Lallendorf in der Regel schon bevor es beschlossen wird und muss sich dazu nicht extra stundenlang in die Spreaderzone des Ratssaales setzen.

Eine ähnliche Gewürzmischung versprach auch die Rückabwicklung eines Grundstücksverkaufs in der Ranstädter Mark. Hier war die Lallendorfer Kommunalpolitik offenbar mal schneller als die Satire erlaubt. In der Jahresvorschau 2022 der Markranstädter Nachtschichten eigentlich erst für den Monat November geplant, sollte in Sachen Protonentherapiezentrum offenbar nun bereits im März die Reißleine gezogen werden.

Protonen austherapiert?

Aber auch hier drohte nur eine halbschlierige Beschlussfassung. Bereits im Vorfeld traten aus mehreren undichten Stellen Geräusche aus, die lediglich nach Säbelrasseln klangen. Den Investor noch mal final unter Druck setzen, damit’s endlich los geht mit dem Bau des millionenschweren Zentrums, bevor dessen schon vor einem Jahrzehnt zu Papier gebrachte Technologie schon bei ihrer erstmaligen Inbetriebnahme unter Denkmalschutz gestellt wird. Wahrscheinlich hat aber schon die Drohung gereicht. Der Punkt wurde von der Tagesordnung abgesetzt.

Was statt dessen auf dem Gelände errichtet werden könnte, hat Google in Erfahrung gebracht. Der Internet-Riese präsentierte pünktlich zur bevorstehenden Stadtratssitzung eine segensreiche Alternative. Offenbar ist in der Ranstädter Mark ein riesiger Knast geplant. Das jedenfalls lässt eine Stellenausschreibung auf dem Internet-Portal kumunu.com ahnen, mit der am Standort Markranstädt händeringend nach Gefängniswärtern gesucht wird.

Und weil dort hinten eine streitbare Ethnie lebt, die vom Funkturm bis zur Großküche bereits sämtliche Investitionsversuche erfolgreich im Keim erstickt hat, fährt der Knast-Investor mit dem Totschlagargument der Schaffung von Arbeitsplätzen gleich von Beginn an große Geschütze auf. Statt 450-Euro-Jobs für die Therapie untherapierbarer Protonen winken jetzt Fulltime-Jobs für 35.000 Euro pro Jahr als Aufseher in der JVA „Seeblick“. Wer könnte dazu schon Nein sagen?

8 Kommentare

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  1. —tja-, nichts Neues also. Wie gewohnt könnte man meinen- braucht`s da auch noch immer die „Neue“ BM? Antwort: 2x abgeschafft- einmal richtig Geld gespart.

    1. Nicht immer auf der „Neuen“ rumhacken. Die macht nur, was die „Alten“ zulassen und das wird von Monat zu Monat mehr.

  2. Die schriftlich unzureichenden Bürgerfragen sind für mich nicht verständlich. Ich glaube nicht, dass es dem Virus geschuldet ist, auch nicht den mitunter eigenartigen Fragen bestimmter Teilnehmer. Vielmehr möchte man sicherstellen auf brisante Fragen vorbereitet zu sein. Nicht das unbewusst Aussagen gemacht werden, die nicht für den Bürger gedacht sind.

    1. Also unzureichend waren die Bürgerfragen schon, als sie noch mündlich gestellt werden konnten. Die einzige Veränderung besteht jetzt darin, dass der Riesenbärenklau neuerdings erst getrocknet und dann in Form eines Herbariums eingereicht werden muss. Das ist eine nachhaltige Lösung.

    • EddiKonstantin auf 12. März 2022 bei 9:23
    • Antworten

    Nach Visionen und konkreten Zukunftsplänen sieht es jedenfalls nicht aus, überall gar nichts oder nur Stückwerk! Wir haben es nach den emotionsgeladenen und nun sinnlosen Jahren nach der Bi bis 2012 nicht anders verdient.
    Dann werden die Stadtratssitzungen jetzt ohne MN Satire ungestört erst so richtig gemütlich!

    1. Wir bekommen das, was wir uns erwählt haben. Das ist Demokratie.

  3. Sehr geil, nur was ist mit „Aufseher“ da gemeint? Könnte auch ein SM-Studio werden. Na dann warten wir mal, wie die Geschichte, die man bis hierher bereits vorhersehen konnte, weiter geht.
    Vor lauter Blumenübergaben scheint die Bürgermeisterin leider weder zu anderen Terminen noch zur Beantwortung von Post oder lästigen Bürgerfragen zu kommen….,da heisst es wie an den Hotlines….BITTE WARTEN SIE…(bis Sie schwarz werden), aber vielleicht geht es dann ja schneller 😉 .

    1. Ja, die neue Telefonanlage im Rathaus ist endgeil. Vor allem, wenn man einen Mann anruft und der sich mit der Stimme eines Kastraten dafür entschuldigt, dass er grade nicht am Platz ist.

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