Hoher Besuch bei der MAF-Familie – oder: „Rangnick? Nie gehört!“

Die bisherigen automobilaffinen Besucher mit österreichischem Migrationshintergrund hatten weit weniger Sympathiepunkte gesammelt. Der eine ist vor ungefähr 85 Jahren mit seinem Mercedes-Cabriolet einfach durchgefahren worden, der andere war nur auf der Suche nach einer Fußballmannschaft hier gestrandet. Ganz anders der Dritte im Bunde, der zwar kein Österreicher ist, aber die Fußball-Nationalmannschaft der Alpenrepublik trainiert. Am Sonntag hat Ralf Rangnick der MAF-Produktionsstätte inkognito eine Stippvisite abgestattet und ist sogar zwei Stunden geblieben. Und nein: Es ging nicht um geheime Verhandlungen, in denen der SSV Markranstädt sein Spielrecht diesmal für ein paar vergoldete Mozartkugeln an einen Wiener Sachertorten-Bäcker abtreten sollte.

Am Tag des offenen Denkmals hatte der Markranstädter Oldtimerverein hohen Besuch. Wie aus dem Nichts stand plötzlich Ralf Rangnick in den ehrwürdigen MAF-Hallen.

Dass der Fußball-Lehrer aus dem Autoland Baden-Württemberg ein Herz für Oldies hat, ahnt die Fachwelt spätestens seit dessen Verpflichtung als österreichischer Nationaltrainer. Wollte sich Rangnick etwa, um Ikonen wie Hans Krankl oder Toni Polster zurück ins Team zu locken, nach passenden Dienstfahrzeugen für seine Stars umschauen? Heilig’s Blechle.

Ralf Rangnick (2.v.l.) hatte sich rund zwei Stunden Zeit genommen und hat die Führung durch die Hallen mit großem Interesse aufgenommen.

Ralf Rangnick (2.v.l.) hatte sich rund zwei Stunden Zeit genommen und hat die Führung durch die Hallen mit großem Interesse aufgenommen.

Rangnicks Liebe für antike Schnäppchen ist bekannt. Immerhin müsste der von ihm einst für RB Leipzig verpflichtete Kevin Kampl, mit knapp 32 Lenzen der älteste Heurige in der Brause-BSG, auch schon ein Sonderkennzeichen tragen. Aber all das war’s nicht, was den Trainer nach Markranstädt lockte.

Es war der Tipp eines Mitglieds des Oldtimervereins, dem Rangnick in den Kreißsaal der MAFs folgte. Ganz einfach mal so – in der Freizeit.

Sowohl was fürs Familienalbum als auch die Annalen des Oldtimer-Vereins: Ralf Rangnick mit Kerstin Schroth-Geier und Fred Schroth.

Sowohl was fürs Familienalbum als auch die Annalen des Oldtimer-Vereins: Ralf Rangnick mit Kerstin Schroth-Geier und Fred Schroth. (Fotos: Oldtimer-Verein Markranstädt / Kerstin Schroth-Geier)

Und das war das eigentlich Sensationelle an dem Besuch: Ein völlig authentischer Star-Gast, der ganz privat, aus wirklich reinem Interesse und demzufolge ohne Kameras und Schreiberlinge im Tross, einfach mal einen Ausflug an einen historischen Ort unternahm.

Eisenbahn-Romantik zwischen Oldtimern und Skatern

Obwohl sich Rangnick (Baujahr 1958) schlagartig in die drei Jahre jüngere Französin Renault Floride (Baujahr 1961) verliebte und schließlich sogar herzhaft mit einem roten Trabant-Cabrio flirtete, nahm sich der Fußball-Lehrer anschließend sogar die Zeit, sich durch die anderen Teile des Areals führen zu lassen.

„Ich war überrascht, wie sehr ihn die Gotthard-Bahn der Modelleisenbahner fasziniert hat“, gab Uwe Brabnik, Chef des Oldtimervereins, hinterher gegenüber den MN zu Protokoll. Offenbar ging es der Jugend in Baden-Württemberg seinerzeit nicht anders als uns hier in der Zone.

Hier im Osten hielt sich bislang hartnäckig das Gerücht, dass die Laune damals zu Weihnachten nur deshalb so gut war, weil wir beim Basteln an der Eisenbahn ständig am Schnüffeln von Kittifix oder Duosan Rapid waren. Seit Sonntag wissen wir: Die im Westen waren auch nur auf dem Trip, allerdings mit Uhu oder Pattex. Jedenfalls hatte Ralf Rangnick auch eine Eisenbahn und die in Markranstädt geweckten romantischen Erinnerungen wollten ihn gar nicht mehr davonziehen lassen.

Eine seltene Erfahrung lauerte auf den Trainer in der Skater-Halle. Dort wurde er Zeuge der beeindruckenden Skating-Vorführung eines Jugendlichen. Allerdings wusste dieser nicht mal, für wen er da seine Kunststücke eigentlich präsentierte. „Rangnick? Nie gehört!“ Was bei den Beweihräucherungs-Shows im Sport- oder Doppelpass-Studio als Peinlichkeit hoch drei gelten würde, war an diesem Sonntag aber ein Ritterschlag für den Fußball-Lehrer: Es hätte gut und gerne auch ein Eisverkäufer oder Klempner gewesen sein können, so authentisch, sympathisch und bodenständig kam der Star-Trainer rüber. Das war mal was, woran es sich zu erinnern lohnt.

6 Kommentare

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    • Spaßvogel auf 13. September 2022 bei 10:34
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    Da war am Wochenende was los im Städtchen. Rangnick bei den MAF`s, August der Starke im Schloss Altranstädt, ein echter Müllersohn an der Mühle Frankenheim … Das bekommt nur der mit, der die MN liest oder seinen A… selbst vom Sofa erhebt.
    Für das nächste tolle Wochenende laufen schon wieder die Vorbereitungen bei einem Verein. Dann geht es wieder tierisch zur Sache. Unglaublich, was bei uns alles ehrenamtlich alles auf die Beine gestellt wird.

    1. Und das ganz ohne Zutun der Großen, die sich sonst gerne ihrer europäischen Marktführerschaft rühmen, wie Mingzhi, Moped, Födisch & Co.

    • EddiKonstantin auf 13. September 2022 bei 9:12
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    Einfach tolle Geschichte!

    1. Und sowas von aus dem Leben, gelle? Bisher kamen die Österreicher immer nach Deutschland, um hier was zu bewegen. Jetzt richtet es ein Deutscher in Österreich. I ward narrisch!

    • Tilo Lehmann auf 13. September 2022 bei 8:03
    • Antworten

    Toll! Geschichte wird zur Historie und Tradition- ein gelebtes Autentisches, denn: Wo ist RBL entstanden? Und nun ist Herr Rangnick ein Markranstädter! Die letzte eingetragene Person im „Goldenen Buch“ der Stadt M. streichen- dafür neuer Eintrag von Herrn Rangnick! Der weis wenigstens auch später noch wo Markranstädt ist, was da alles so Besonderes ist! Übrigens: Verdächtig guter Job der MN. Denn: Woher weis das Infoblatt vom rein privaten Besuch so ganz ohne Schreiberlinge und Kamera? Klasse- sogar mit Bildern!

    1. Oin büschen Schbass muss sain…

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