Männertag am Zschampert, dem Markranstädter Tor zur Welt

Himmelfahrt steht vor der Tür und damit die Frage, wer diesmal mit wem und vor allem wohin loszieht. Meist reicht es ohnehin nur für eine Runde um den Kulki. Bei rund 9 Kilometern macht das am Ende des Tages einen Schnitt von satten 0,4 km/h. Dass sich die Männertagsprozessionen gern entlang von Gewässern bewegen, hat natürlich Gründe. MN-Korrespondent Zwenn Weiherlein hat deshalb mal eine völlig neue Route getestet. Es geht an die unberührten Ufergestade des Zschampert.

Der Affinität der männlichen Teilnehmer unserer Gesellschaft zum Wasser liegt ein in Jahrhunderten gereifter Schatz individueller Erfahrungswerte zugrunde.

Der ist inzwischen schon fest im genetischen Code verankert und lässt sich ebensowenig abschalten wie das Bedürfnis einer Frau, trotz Körbchengröße A einen BH zu tragen.

Vom Wasser haben wir’s gelernt…

Die Vorteile liegen auf der Hand: Wer sich an Ufergestaden aufhält, kann sich problemlos und ohne Spuren zu hinterlassen seines Blasendrucks entledigen.

Auch kann man hier Erbrochenes [sprich: Erbrocheehnes], dem griechischen Gott reziproker Verdauung, jederzeit ein persönliches Opfer darbringen, ohne Zwist mit dem Grundstückseigentümer heraufzubeschwören.

Wasserwandern im Zweistromland

Aber muss es immer nur der Kulki sein? Mitten im Zweistromland zwischen Floßgraben und Zschampert gelegen, bietet sich nämlich auch ein Ausflug entlang letztgenannten Fließgewässers an.

Sachsens „stiller Don“

Der Zschampert, einst ein mächtiger Strom, an dessen Furt im Schatten des schneebedeckten Bienitz-Gipfels die ersten Ahnen des homo marcransis siedelten, wird noch heute oft als „der stille Don Sachsens“ bezeichnet.

Mit der Gewalt der Natur hat sich der mächtige Zschampert einst seinen Weg durch das Markranstädter Land gebahnt. Ausgedehnte Uferlandschaften zeugen noch heute davon und laden als Geheimtipp zur Männertagstour ein.

Mit der Gewalt der Natur hat sich der mächtige Zschampert einst seinen Weg durch das Markranstädter Land gebahnt. Ausgedehnte Uferlandschaften zeugen noch heute davon und laden als Geheimtipp zur Männertagstour ein.

Im Gegensatz zum westlich verlaufenden Floßgraben, dem durch Braukohleabbau ebenfalls wichtige Organe amputiert wurden, findet man den Zschampert heute jedoch auf kaum einer Landkarte mehr. Aber es gibt ihn noch und er bietet in seinem Verlauf durch westsächisches Kulturland so manche Überraschung.

Vom einstigen Quellgebiet ist nahezu nichts mehr erhalten. Aber ähnlich der Elbe im Kalten Krieg hat das Gewässer heute noch eine wichtige Bedeutung als Grenzfluss zwischen Markranstädt und Leipzig. Sogar als Kreisgrenze nach Norden spielt der Strom eine wichtige strategische Rolle.

Bis dort hin ist auch noch alles in Ordnung. Südlich der Domholzschänke haben Pioniereinheiten nordsächsischer Siedler mit Hilfe immenser Fördermittel aus dem sächsischen Königshaus Michael des Roten jetzt allerdings eine Barriere errichtet, um den Fluss nach Nordsachsen umzuleiten.

Eine der wenigen noch tragfähigen Brücken Deutschlands führt die B 186 über den Zschampert hinweg.

Eine der wenigen noch tragfähigen Brücken Deutschlands führt die B 186 über den Zschampert hinweg.

An diesem Hindernis versucht der Zschampert zwar, ins alte Bett durchzusickern, was ihm aber nur eingeschränkt gelingt. Deshalb mäandert er nun weiter nach Westen und bildet an einer spektakulären Furt ein lästiges Hindernis für Radfahrer, die ohne Gummistiefel unterwegs sind.

Denkmalpflege? Diese Furt erinnert an den ersten Siedlungsort des homo marcransis.

Denkmalpflege? Diese Furt erinnert an den ersten Siedlungsort des homo marcransis.

Nachdem sich der gewaltige Strom noch an der Straße zwischen B186 und Domholzschänke sehen lässt, wird es dann aber spannend. Das Gewässer will sich einfach nicht durch das neue Brückenbauwerk, das mit erheblichem Sondervermögen errichtet wurde, unter der Bundesstraße hindurch pressen lassen. Es verschwindet im Wald.

Seit 2023 kann man von dieser Brücke aus auf dem Zschampert bis nach Hamburg schiffen.

Seit 2023 kann man von dieser Brücke aus auf dem Zschampert bis nach Hamburg schiffen.

Spätestens an diesem Flusskilometer stellt sich für Wassertouristen ebenso wie für Männertagsausflügler die Frage: Was machen die Nordsachsen mit unserem Zschampert?

Hier kommen wir zum eigentlichen Tatort, denn offenbar haben die Nordsachsen den Zschampert geklaut. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass damit die Schiffbarkeit des Flusses hergestellt wird.

"Ich habe fertig", will der Zschampert hier sagen.

„Ich habe fertig“, will der Zschampert hier sagen.

Denn mit seiner Mündung in die Luppe, von dort über die Weiße Elster, die Saale und Elbe gewährleistet der Zschampert den einzigen Schiffsweg und damit die direkte Anbindung der Metropolregion Markranstädt an die Nordsee. Der Zschampert ist für uns sozusagen das Tor zur Welt!

Insofern ist dieser Damm nur ein Provisorium und soll im nächsten Bauabschnitt wohl durch ein regelbares Verschlussbauwerk ersetzt werden, der Auwälder Schleuse.

Für den Start einer Männertagstour entlang des Stromes bietet sich übrigens Frankenheim an. Der hier still in der Landschaft vor sich hin gähnende Hoppeteich (hochdeutsch: Hopfenteich) verfügt nämlich bereits über eine schiffbare Verbindung zum Zschampert.

Heute Hopfenteich Frankenheim, morgen schon Stadthafen Markranstädt: Von hier aus geht's über den Zschampert in die weite Welt.

Heute Hopfenteich Frankenheim, morgen schon Stadthafen Markranstädt: Von hier aus geht’s über den Zschampert in die weite Welt.

Vielleicht nicht gerade mit dem Boot, aber wer nach hinreichend Biergenuss und ein paar Kurzen seine halbverdaute Bockwurst samt Kartoffelsalat dort hineingöpelt, kann den Weg des treibenden Mahls ganz entspannt bis zur Hamburger Elbmündung in die Nordsee verfolgen.

Das ist doch mal ein wesentlich abwechslungsreicherer Ausflugstipp als die immer gleiche langweilige Runde um den Kulki.

2 Kommentare

  1. Himmelfahrt wird ziemlich gefährlich und somit auch die Entledigung der Blase oder der Überdruck aus der Röhre. In den Ortsteilen der Stadt Markranstädt, wenn der Rufbus die alkoholbelastete Männerwelt nicht abholt, ist der Heimweg nicht zu finden durch den hohen Wildwuchs. Oder hat die Stadtverwaltung ein neues Geschäftsmodell entwickelt und es entsteht ein natürliches Graslabyrinth? Die Einstiegsstelle könnte an der Bushaltestelle Schachtecke eingerichtet werden, dort wurde ein wenig gemäht. Da kann aufgrund der Übersicht eine Vermisstenstelle eingerichtet werden, auch für die Zschampertschwimmer.
    So ziehen sich logische Ideen durch die Ortschaften. Auf geht’s.

    1. Danke für die „Entledigung der Blase“. Wie bekommen wir jetzt die Bilder der links und rechts mit Blasen gesäumten Wege wieder aus dem Kopf? Wenn so ein Teil auf der glänzenden Wasseroberfläche des Kulki treibt, bekommt der Begriff „Blasenspiegelung“ eine völlig neue, vor allem auch weniger furchteinflößende Bedeutung.

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