Neues aus der vierten Etage (19) – der zweite Teil

Heute nun Teil 2 der Nachlese zum jüngsten Stadtrat. Das leicht aufgeheizte Klima im KuK war ja lediglich dem Spätsommer geschuldet. Glücklich schätzen konnte sich, wer trotzdem daran gedacht und sich statt Erfrischungsgetränke einen kräftigen Kaffee mitgebracht hat. Ein laaanger Abend warf drohend seine Schatten voraus.

Gleich zu Beginn erlaubte die Bürgermeisterin den Stadträten und Besuchern, ihre Masken fallen zu lassen.

So ändern sich die Zeiten: Vor Corona hätte so eine Aufforderung noch eingeschlagen wie eine Bombe, jetzt wünschte man sich, sie hätte die Hüllen gemeint.

Das hörbare Aufatmen im Publikum schien mitunter dem Umstand geschuldet, dass so manche dieser Masken ihren Träger schon durch die erste Welle begleitet hatte. Doch die Erleichterung über die unerwartete Entblößung des Antlitzes wich schon bald der Erkenntnis, dass die Gesichter noch immer die gleichen sind.

Wie man Beamte auf Trab bringt: Fitness im KuK

Ansonsten viel Fitness im Raum. Manch Stadtrat legte auf seinen Wegen vom Platz zum Mikrofon und retour mehr Meter zurück als sonst im ganzen Monat beim Bierholen aus dem Keller.

Auch Verwaltungskräfte blieben davon nicht verschont. Weil er nach jedem Beschluss zum Zählen der Stimmen aufstehen musste, hat Innenminister André Schwertner an diesem Abend mindestens 14 saubere Hock-Streck-Sprünge hingelegt. Lohn der Anstrengung: Waschbrett-Waden und Oberschenkel wie die Unterarme von Popeye.

Verschollen im Bärenklau: Suchtrupp rückt nicht aus

Bei der Bürgerfragestunde wurde die Hauptperson zunächst schmerzlich vermisst. Noch bevor ein Suchtrupp in die nächstgelegene Bärenklau-Plantage entsendet werden konnte, meldete sich aber schon sein Co-Referent zu Wort. Wenigstens auf den ist Verlass. Und er hat auch Größe. Diesmal brillierte Rüdiger Kunzemann nicht mit einer kritischen Frage, sondern erntete mit einer Danksagung seinerseits Anerkennung.

 

Die Erläuterungen der Ersten Beigeordneten, die ihm in einer Privat-Audienz erklärt hatte, wie man 27 Millionen Euro auf den Kopf haut, haben bei ihm sichtlich Eindruck hinterlassen.

Ganz ohne kritische Nachfrage wollte Kunzemann seinen Platz am Mikrofon dann allerdings doch nicht räumen. Wann denn nun, nachdem auch gerichtlich alles geklärt sei, endlich mal die Stadtmöbel auf der Piazza di Geppert aufgestellt werden, wollte er wissen.

Ich will nur hier sitzen

Die Bürgermeisterin blieb ihm eine ebenso detaillierte wie konkret belastbare Antwort nicht schuldig. Einen konkreten Termin gebe es noch nicht, aber sie werde ihn bekanntgeben, wenn es so weit sei. Was will man mehr? Setzen, der Nächste bitte!

Aber dessen Frage war nicht minder kritisch. Den Frankenheimer Jürgen Bentz – und nicht nur ihn – beschäftigen die 3 x 70.000 Euro, die der Freistaat zur Förderung des ländlichen Raums an die Kommunen gegeben hat. Andere Städte haben das Geld auf ihre Vereine verteilt, in Markranstädt ist der ländliche Raum lediglich auf die Stadthalle beschränkt. Über diese Definition kann man in der Tat mal nachdenken.

Ländliche Förderung zum Mieten

Bei den ersten beiden Tranchen war das Argument, dass die Investition von 140.000 Euronen in die Halle allen Vereinen zugute kommt, noch irgendwie vertretbar. Mit den diesjährigen 70.000 soll aber das Gestühl ersetzt werden.

Davon hat – hochgerechnet – maximal ein Verein wirklich was und selbst der muss dafür eine so satte Miete hinblättern, dass er sich das Gestühl nach zwei Veranstaltungen gefühlt selber kaufen könnte. Aber da auch die Stadträte bei diesem Thema ohrenbetäubend schweigen, verhallte Bentz‘ Frage wie der Schrei des Rufers in der Wüste.

 

Was gab es sonst noch so? Ach ja, die Vergnügungssteuer ist im Keller, informierte Kämmerin Silke Kohles-Kleinschmidt. Grund für den Ausfall dieser wichtigen Einnahmequelle ist wieder mal Corona. Weil die Kneipen geschlossen waren, oxidierten auch die Spielautomaten ungenutzt vor sich hin und nun haben wir den Salat.

Aber da haben die Zocker ihre Rechnung ohne das Rathaus gemacht. Dessen Insassen lassen sich nicht so einfach aushungern und so stand in unmittelbarer Nachbarschaft dieses Punktes die Anpassung der Hundesteuer auf der Tagesordnung.

Anpassung! Bei der Suche nach solchen Gleichnissen ist die Kanzlerin wesentlich kreativer. Sie hätte es wenigstens Negativsenkung genannt und uns auf diese Weise ehrlich verarscht.

Warum der Teufel stets auf den größten Haufen macht

Trotzdem dumm gelaufen für die Lallendorfer Herrchen. Ausgerechnet an diesem Abend hatte sich ein Hund von offenbar nilpferdgleicher Statur mitten auf dem Weg zum KuK einen solch kapitalen Jackpot aus der Falte gedrückt, dass ein barrierefreier Zutritt quasi unmöglich war und einem jeden Stadtrat den Abstimmungsarm instinktiv steif werden ließ. Also ab 1. Januar pro Fußhupe 33 Prozent mehr … nennen wir es „Anpassungsgebühr“.

Das wars auch schon im Großen und Ganzen. Der Stadtrat hatte zwar auch noch zur Kenntnis nehmen müssen, dass er Geld für den Kauf von Kassenautomaten für den Parkplatz an der Oststraße bereitgestellt hat, die gar nicht gekauft wurden, aber vor dem Hintergrund der anderen Pointen war dieser Gag von vornherein ein Rohrkrepierer. Auch Dank der Diskussionen um das Stadtbad gibt es diesmal fünf von sieben Sternen für das Event. Fazit: Noch ist Luft nach oben, aber sie wird immer dünner.

 

10 Kommentare

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    • Echter Markranster auf 15. September 2021 bei 19:12
    • Antworten

    Neben den Autofahren sind es die Hundehalter, die leicht zur Kasse gebeten werden können. Aber nur die, die brav ihre Hunde angemeldet haben und schon jahrelang pünklich ihre Steuern bezahlen. Die Steuerhinterzieher dagegen brauchen nicht mal in die Steuerparadiese abzuwandern und können ihre Hundehaufen straf- und steuerfrei auf den Markranster Grünanlagen und Fußwegen verteilen. Bekommen eigentlich die Reinigungskräfte, die regelmäßig entkoten müssen, von den Mehreinnahmen eine Zulage? Die sind bestimmt gefährdeter als mancher Bärenklau- Pflücker.

    1. Da gibts keine Reinigungskräfte, das machen alles die Passanten. Haben Sie heute schion mal auf Ihren Teppich geguckt?

    • Leser 2046782 auf 15. September 2021 bei 14:09
    • Antworten

    Ich schlage vor, dass die Tranche 2022 dazu verwendet wird das allen ländlichen Bewohnern eine Bemme mit Leberwurst spendiert wird. So können wir sicher sein, dass diesmal alle gestärkt aus der Aktion ins neue Jahr starten.

    1. Damit werden die Gefühle der ethischen Minderheiten der Vegetarier und Verganer verletzt. Hört denn das nie auf mit dieser Übermensch-Demagogie?

        • UJS auf 15. September 2021 bei 18:15
        • Antworten

        Da könnte man vermuten, der CvD hat einen Werbevertrag mit Ab ans Ufer abgeschlossen.

        1. Wegen der Hundesteuer? Sind das nicht Vegetarier dort?

    • Georg Deimler auf 15. September 2021 bei 9:54
    • Antworten

    Es gibt einen rechnerischen Fehler in diesem erstklassigen Artikel. Die Förderung für den ländlichen Raum wurde wie folgt verbraten.

    Für den Sportboden der Stadthalle wurde die Förderung aus 2018 und 2019 verwendet = 140 000,00 €, für den Schonbelag der Stadthalle wurde die Förderung aus 2020 = 70 000,00 € verwendet und für die Bestuhlung der Stadthalle wurde die zusätzliche Förderung aus 2021 = 70 000,00 € verbraten. Also 4x 70 000,00 € macht zusammen 280 000,00 €.
    Sollte jemand nicht damit einverstanden sein, kann mann eine Fuhre Mist in die Stadthalle bringen, damit wird diese garantiert zum ländlichen Raum.

    1. Gerechnet haben Sie richtig, aber die zuhilfe genommenen Werte sind (zumindest nach unserem durch gefährliches Halbwissen geprägten Kenntnisstand) nicht korrekt. Das ist die Krux bei Textaufgaben. Wir erinnern uns (POS 10. Klasse): „Das Kollektiv der LPG ‚Karl Liebknecht‘ hat in Vorbereitung des IX. Parteitages der SED beschlossen, die Kartoffelproduktion um 168 Prozent zu steigern. Bisher wurde auf dem 612 Hektar großen Schlag 72 Klafter Zuckerrüben geerntet. Wie alt ist der Vorsitzende?“

      Zur Erläuterung: Es gab tatsächlich nur 3 x 70.000 Euro zur Stärkung des ländlichen Raumes. Und zwar jeweils im Jahr 2018, 2019 und 2020. Nachzulesen hier: https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/219329. Offenbar ist die Stadt (Schuld ist sicher Corona) noch nicht dazugekommen, das Geld auszugeben. Ist ja auch nicht so einfach. Wenn Sie wissen wollen, wie es geht, fragen Sie mal Herrn Kunzemann, der ist jetzt up to date 😉

        • Georg Deimler auf 15. September 2021 bei 10:21
        • Antworten

        Der Link ist interessant, kannte ich schon. Nur gab es eine zusätzliche Pauschale in 2021 und dazu eine Gesetzesänderung siehe meinen Link:

        https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17768-Gesetz-ueber-die-Gewaehrung-pauschaler-Zuweisungen-zur-Staerkung-des-laendlichen-Raumes-im-Freistaat-Sachsen-in-den-Jahren-2#p1

        1. Das ist ein geradezu leuchtendes Beispiel dafür, was ungebildete Schreiberlinge von ihren Lesern noch lernen können. Nehmen Sie eine tiefe Verneigung zur Kenntnis und wir die Tatsache, dass schon 280 000 Euro in der Stadthalle versenkt wurden … zur Stärkung des ländlichen Raumes. Vielleicht gibt es 2022 eine weitere Tranche, die man dann wirklich an die Vereine ausschüttet, damit diese sich die Miete für das ländlich gestärkte Kulturzentrum leisten können?

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