Stammtischler spendieren Erpelpullover, Tränen und ganz viel Herz

Ob die Markranstädter Stammtischler jetzt besser singen als Roberto Blanco, sei dahingestellt. Auf alle Fälle sind sie alle zusammen gefühlt halb so alt wie der „Ain büschen Spaß muss sain“-Barde mit Schweizer Wohnsitz. Und sie werden auch nie so alt werden, dass sie irgendwann in Baumärkten auftreten müssen, um dort den Verkauf von Fischfutter zu befeuern, das grade im Angebot ist. Die Stammtischler haben andere Bühnen, um ihre Fans zu unterhalten. So wie am kommenden Samstag im „Ast“, den die Sangesbrüder schon am letzten Wochenende gleich zweimal gerockt haben. Legendäre Sessions im Doppelpack.

Frank Stierke, dem James Last der Markranstädter Stammtischler, standen bei der Eröffnungsgala zum 20. Ensemble-Geburtstag mehrmals die Tränen in den Augen, während seine Kollegen an den Mikros mit Gänsehaut, dem berühmten Erpelpullover, zu kämpfen hatten.

Komplettiert von fantastisch aufgelegten Alleinunterhaltern, die mal als Koch und mal als bourleske Verwandlungskünstler für Beifallsstürme sorgten, einem Spielmannszug mit unter die Haut gehender Guggemusik und anderen Höhepunkten waren es vor allem die „Lieder zum Mitsingen“ der Stammtischler, die für heiße Stimmung in einem kochenden Saal sorgten.

Zweimal war der Saal im Ast am letzten Wochenende rappelvoll. Am Samstag gibts dort das große Finale der Geburtstagsparty.

Zweimal war der Saal im Ast am letzten Wochenende rappelvoll. Am Samstag gibts dort das große Finale der Geburtstagsparty.

Im Gegensatz zur Samstagsveranstaltung war das Publikum am Freitag etwas betagter und konnte deshalb aus eigener Erfahrung ganz anders über beispielsweise die Witze des köchelnden Conferenciers lachen.

Gänsehaut Inklusive: Guggemusik mit dem Spielmannszug Taucha.

Gänsehaut Inklusive: Guggemusik mit dem Spielmannszug Taucha, der sogar virtuose Rockmusik erklingen ließ.

„An die Wäsche einer Frau kommt man in unserem Alter nur noch an der Leine“, frötzelte er. Am Freitag lachte darüber die Lebenserfahrung, am Samstag das Mitleid mit den Alten. Obwohl sich auch unter dem jungen Publikum die eine oder andere Dame mit vergleichsweise unbeschlafenem Gesichtsausdruck befand.

Was so viel herzerfrischender Spaß und stilvolle Unterhaltung mit Menschen machen kann, zeigte allein ein Blick ins Publikum. Da war zum Beispiel der renommierte Markranstädter Bauunternehmer, der bei all dem Vergnügen seinen Namen vergaß und alles andere als ein Sauermann war. Euphorisch dirigierte er mit dem Bierglas den Volkschor des Publikums und zeigte sich dabei nicht nur musikalisch, sondern absolut textsicher.

Auch optisch machte der Spielmannszug was her.

Auch optisch machte der Spielmannszug was her.

Bleiben wir bei der Lallendorfer Unternehmer-Gilde und richten unseren Blick auf Mike Schärschmidt. Auch er hatte vor Rührung (mal wieder) mit den Tränen zu kämpfen und spendierte dem gesamten Gesangsensemble einen Betrag, der „für einen gemeinsamen Urlaub samt Ehefrauen auf Malle oder sonstwo reicht und auch noch genug übrig bleibt, dass ihr dort mal richtig eine Sau fliegen lassen könnt.“ Wie gesagt: Es war ein Abend ganz großer Emotionen.

Augen- und Ohrenschmaus für Fans des Bourlesque: Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos.

Augen- und Ohrenschmaus für Fans des Bourlesque: Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos.

Auch das Rathaus war vertreten, wenngleich eher inoffiziell. Will heißen: Dort kommt Kultur „made in Markranstädt“ nicht nur dann an, wenn man sie sich per Dienstauftrag reinziehen muss. Mandy Sörgel und ihre Chefin Heike Helbig waren jedenfalls privat da und von daher war es auch nicht schlimm, dass die Hierarchie an diesem Abend auf den Kopf gestellt wurde. Mit Sörgels Gala-Outfit im bordeauxroten Kleid konnte im Ast jedenfalls keine andere Dame mithalten.

Auch nicht Beigeordnete Beate Lehmann und ihre Ex-Chefin Carina Radon, die wohl eher zufällig im pinkfarbenen Partnerlook aufschlugen. Um Verwechslungen vorzubeugen, legte die Beigeordnete ihr Jäckchen später ab und gesellte sich in unschuldigem Weiß zu ihrem einstigen Pendant.

Dass es zwischen Beiden allerdings zu Wiedervereinigungsszenen kam, lag eindeutig am verbindenden Element der Musik. So tauschten sich die zwei Rathaus-Veteranen nicht nur intensiv miteinander aus (gemeinsame Erfahrungen aus früheren kommunalpolitischen Feldzügen mit- und gegeneinander?), sondern begaben sich schließlich sogar zu einem gemeinsamen Tänzchen aufs Parkett.

Mit der Gesamtsituation zufrieden: Zwei Kommunalpolit-Veteranen beim Begraben des Klappstuhls.

Mit der Gesamtsituation zufrieden: Zwei Kommunalpolit-Veteranen beim Begraben des Klappstuhls.

Was niemand – nicht einmal der Pfarrer am runden Tisch – geschafft hat, das haben die Stammtischler mit ihrer „Musik zum Mitsingen“ erreicht. Friedenstauben am Markranstädter Nachthimmel – sogar das wurde am Ende in Form eines Feuerwerks Wirklichkeit.

Vielleicht sollte man die Stammtischler mal in die Krisengebiete dieser Welt schicken? Die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit ihrer Stimmung auch dort für Frieden und Verbrüderung sorgen, scheint nach den bisherigen zwei Abenden im Ast jedenfalls größer als durch die Lieferung ausgedienter deutscher Stahlhelme.

Bevor es so weit ist und die Stammtischler in Altranstädt den Lallendorfer Friedensnobelpreis entgegennehmen, steht aber noch die Abschlussgala am Samstag im Ast auf dem Programm. Sollte man sich echt nicht entgehen lassen. Karten, falls es noch welche gibt, sind bei Jane Osse im Friseurgeschäft „Kopfsache“ erhältlich. Also dann: … bis Sonntag früh und singen bumsfallera.

6 Kommentare

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    • Doppelrömer auf 20. Juni 2022 bei 8:42
    • Antworten

    Ist das eine Freude das die nun doch schon betagteren Herren Stammtischler auch Wirtschaftsförderung im Ast mit sogar 3 Vorstellungen im „kleinen Rahmen“ und erlesenem Publikum mit der damit verbundenen Nähe fühlen durften. Markranstädter „Snu“-Nörgler (Minderheitenvertreter/innen) gibt es natürlich immer, braucht aber kein Mensch. Was für ein Glück das es mit der Exorbitanten Hallenkostenaufstellung für die Stadthalle nicht geklappt hat. Ein Hoch der Stammtischkultur! Extra DANKE an Frank Stierke!

  1. Gestern zur 3. Veranstaltung fehlten Mandy, Heike und Beate. Das schönste Kleid trug Frau Höhndorf vom Steigerweg.

    1. … ? … zu dieser Feststellung.

  2. Markranstädter Kulturgut.: in die Jahre gekommen doch immer auch Außendienst-Vertreter der Stadt (z. Bsp. beim Tag der Sachsen, ist besser als Baumarkt). Wer das nicht würdig anerkennt ist kein Marcransis. Glückwunsch Ihr Stammtischler für Euer Durchhaltevermögen. Übrigens: Die offizielle städtische Anerkennung (?) von 300 Euronen sollte erwähnt sein („…reicht für einen gemeinsamen Urlaub samt Ehefrauen auf Malle …“). Danke amtierende BMin, jede Ergänzung macht Freude. Ein gaaanz großes Dankeschön dem Markranstädter Unternehmer Jens Schärschmidt-KLASSE!

    • Schärschmidt Mike auf 17. Juni 2022 bei 6:46
    • Antworten

    Es war eine tolle Veranstaltung mit vielen Emotionen! Der Artikel ist Super und trifft den Nagel auf den Kopf!☝️

  3. Wir waren auch dabei und ich muss sagen, Ihr habt den Nagel auf den Kopf getroffen. Eins muss ich aber unbedingt noch anmerken: Nach zahlreichen Enttäuschungen in den letzten Jahren sind wir mit gemischten Gefühlen in den Ast gegangen. Zu meiner Überraschung war die Bedienung absolut auf Zack, hatte immer einen Überblick und war trotz des Stresss immer freundlich. Hoffentlich bleibt das so.

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