Parteitag der Kürbisschänder und Hohlfratzen

Es ist einer der wenigen Anlässe, die hierzulande von Christen und amerikanisierten Primaten gleichzeitig gefeiert werden: Der Abend vor Allerheiligen. Oder wie die Amis einst sagten: All Hollows Eve. Weil sich das aber mit Bubble Gum im Mund schlecht aussprechen lässt, ist daraus später mal Halloween geworden und kam dann mit amputierten religiösen Wurzeln von Übersee zurück. Doch selbst noch so erz-atheistische Kürbisse taugen im christlichen Abendland längst nicht mehr für chilligen Fun. Der ultimative Kick muss her.

Und so wird Halloween in diesem Jahr wohl auch in Markranstädt daherkommen wie ein Parteitag der vereinigten Horror- und Killerclowns. Ein Phänomen, das übrigens ebenso aus Amerika zu uns geschwappt ist, wie die grausam entstellten Kürbisse, gechlorte Goldbroiler oder nichtssagende Fernsehduelle vor Wahlen. Und das ganz ohne TTIP.

Diese Horror-Clowns sind wohl die außergerichtliche Rache dafür, dass wir ihnen Dieselmotoren geschickt haben, von denen jeder einzelne den Schadstoffausstoß des Kraftwerks Lippendorf in den Schatten stellt. Bei sowas ist sie nachtragend, die Ethnie aus Übersee, die uns zwei Siege gekostet und ganz nebenbei auch noch mehrere Millionen Indianer auf dem Gewissen hat.

No Horror in East Germany

Aber sie haben sich gewaltig verrechnet, die Amis. Horror-Clowns sind zumindest im Osten der Bundesrepublik keine neue Erscheinung. Im Gegenteil, wir sind damit aufgewachsen! Und genau da liegt auch die Antwort auf die Frage, warum wir Sachsen so unerschrocken sind.

Wir haben keine Angst vor Horror-Clowns. Wir haben mit ihnen gelebt, sie waren unsere Freunde. Und deshalb sagen wir heute auch angstfrei unsere Meinung, was den von Ernie und Bert geprägten Flachpfeifen in den benutzen Bundesländern manchmal wie Mut vorkommt oder der Einfachheit halber schon gern mal als rechtspopulistisch abgetan wird.

Desensibilisierung gegen Angst

Wenn man schon als Kleinkind mit der Grimasse von Walter Ulbricht oder Hermann Axen konfrontiert wird, ist man für das Leben gestählt. Da erschrickt man nicht mal mehr vor Angela Merkel, Petra Pau, Renate Künast oder Anton Hofreiter.

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Er lächelt auch noch, während er nach unschuldigen Kinderherzen greift.

Wie würde wohl die heutige Bob-der-Baumeister-Generation reagieren, wenn beispielsweise unser Jugendidol Ji?í Vrštala als Clown Ferdinand in furchteinflößendem Schwarz-Weiß aus der Bildröhre grinst? Ja, wir hatten schon unseren Lieblings-Horror-Clown, als die Amis noch nicht mal wussten, wie Halloween geschrieben wird!

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Clown Ferdinand auf Horror-Trip: „Wen erschrecken wir jetzt?“ (Fotos: Cottbus Tourist, CC by SA 3.0)

Noch ein Beispiel gefällig? Vergleichen Sie mal Dr. Best aus der Westwerbung mit unserem Ost-Weihnachtsmann. Man könnte glauben, dass wir eingeschüchtert werden und als gebrochene Individuen unser Dasein als ewige Ja-Sager fristen sollten.

Kann sein, dass sich im Angesicht dieser Maske tatsächlich mal die eine oder andere Respekt-Flatulenz in die rundgestrickte Strumpfhose flüchtete, aber genau diese Generation stand 25 Jahre später in Leipzig auf dem Ring und hat im Märchenland aufgeräumt. Angst ist anders.

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Der allererste Horror-Clown kam schon am 8. Oktober 1958 erstmals in die Kinderzimmer der Sowjetzone. Schauen Sie sich ruhig mal genau an, womit die Seelen der Markranstädter Kinder gegen amerikanischen Kitsch immunisiert wurden. Das ist kein behinderter Teletubbie und auch nicht die Nachgeburt der Mörderpuppe Chuck, sondern das erste Sandmännchen.

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Damit sind wir aufgewachsen! Mehr noch: Wir sind nicht einmal in Ohnmacht gefallen, sondern mussten extra noch mit Schlafsand – einer analogen Form des heutigen Marihuana – betäubt werden, um in den Schlaf zu sinken.

Horror-Clowns haben uns durch die gesamte Kindheit und Jugend begleitet. Die böse Hexe, der blutrünstige Wolf, Egon Krenz … die Liste ist schier endlos. Auch der Kasper sah furchtbar aus. So schlimm, dass man dem gefräßigen Krokodil an seiner Seite fast schon den Titel „Miss Lacoste“ verliehen hätte. Okay, das kann auch daran gelegen haben, dass unsere Eltern diese Puppen meist selbst gebastelt hatten und dabei mitunter auch an die Grenzen ihrer künstlerischen Ausdruckskraft gestoßen sein mögen.

Aber wir litten weder unter ADHS noch unter irgendwelchen Angststörungen. Respekt hatten wir, ja. Aber keine Angst. Die wollen uns jetzt die Amis in enger Kooperation mit den unter Absatzproblemen ächzenden europäischen Medien machen.

Nicht weil Presse und Fernsehen das Phänomen der Horror-Clowns erwähnen, sondern weil sie es derart auswringen, dass sie den Hype darum geradezu befeuern und um Trittbrettfahrer betteln. Im Grunde genommen hat sie der gleiche Virus befallen wie die Horror-Clowns.

Von denen wird es heute Abend genug geben. Auch bei uns in Markranstädt. Aber ob es die Medien nun gut finden oder nicht: Erschrecken wird darüber niemand. Zumindest nicht hier und nicht darüber.

Eher schon über die Tatsache, dass da manche Leute Halloween feiern ohne zu wissen, wem am Hochfest Allerheiligen gedacht wird oder warum … oder dass es Allerheiligen überhaupt gibt.

Das zumindest haben die Amis geschafft und dafür muss man ihnen allen Respekt zollen: Binnen einer Generation ist es ihnen seit 1990 gelungen, auch die rechts der Elbe lebenden germanischen Stämme zu amerikanisieren und sie nach allen Regeln der Kunst um den Verstand zu versorgen.

Ganz ohne Amigida oder andere Gegenwehr gegen die Amerikanisierung des christlich-allerheiligen Abendlandes. Eindrucksvoller als mit ausgehöhlten Kürbissen kann man diese Selbsterniedrigung eines Volkes wirklich nicht symbolisieren.

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Und täglich grüßt das Murmeltier…

In der Nacht vom Samstag zum Sonntag geht wieder das große Uhrenstellen los. Es könnte allerdings das letzte Mal sein, dass wir die Chronometer um eine Stunde verstellen. „Zeit ist Geld und Geld haben wir nicht“, sagt die vom internationalen Finanzkapital gesteuerte EU-Kommission. Sie will nun Zeit sparen und damit auch Geld. In einem ersten Schritt sollen die Uhren im nächsten Sommer nur noch 43 Minuten vor- und im Herbst 47 Minuten zurückgedreht werden. Die Küchenuhr wird zum Ventilator und das viel beschworene Wachstum hat mehr Zeit zu wachsen.

Warum wir uns die Zeit so diktieren lassen, wie es unseren Diktatoren gerade gefällt, hat einen Grund, den der europäische Prolet längst vergessen hat. Es geht nur darum, dass der Dussel länger arbeiten kann. Das könnte er freilich zu jeder Zeit, aber nicht zu jeder Zeit gibt es Tageslicht. Und weil die Arbeitskraft schon ohne Mindestlohn stets viel zu teuer war und deshalb heute noch teurer ist, muss man bei der Energie sparen.

So lange die Sonne scheint, braucht man den Arbeitsplatz nicht zu beleuchten, was die Nebenkosten dämpft. Also wird der Tag so verschoben, dass es im Winter früher hell wird und im Sommer abends länger hell bleibt. So einfach ist das. Bloß gut, dass die Zeitverschiebung generell zentral gesteuert wird. Nicht auszumalen, wenn das jeder Bürgermeister für seine Kommune selbst festlegen könnte.

Reise in die Vergangenheit

Möglicherweise würden wir Markranstädter uns bald schon in einer Art Zeitschleife wiederfinden und jeden Tag den 3. Oktober 2015 feiern, damit wir dem im Cabrio durch die Leipziger Straße fahrenden Bürgermeister zuwinken können. Und täglich grüßt das Murmeltier.

Auch unser Amen in der Kirche würde in dieser Situation viel inbrünstiger über die Lippen kommen, hätte doch die Formel „in Ewigkeit“ nun die ihr gebührende Dimension in unserer Gefühlswelt.

Und was könnte man mit dem Wissen von heute in der Vergangenheit nicht alles anstellen? Von verbessern gar nicht erst zu reden. Da reicht ein Besuch beim Buchmacher. „Ich wette zwanzig Mäuse darauf, dass morgen die Grundmauern der geplanten Toilette am Parkplatz Oststraße durch den Fahrtwind des Baggers zum Einsturz gebracht werden.“ Anschließend kann man sich zur Ruhe setzen, selbst dann, wenn die Zeit danach einfach weiterläuft.

Ach, wenn es doch nur wirklich so einfach wäre mit dem Zurückdrehen der Zeit. Wir könnten so lange an der Uhr leiern, bis der Sprit wieder eine D-Mark kostet oder die Krankenkasse die Brille bezahlt. Man könnte sich dann auch noch mal in Ruhe überlegen, ob man dem einen oder anderen ruhebedürftigen Zeitgeist ein Grundstück am Westufer verkauft.

Aber warum schauen wir eigentlich immer nur zurück? Ein mutiger Blick nach vorn ist doch viel interessanter. Markranstädt anno … sagen wir … 2023.

Soeben hat die vor drei Jahren gewählte Bürgermeisterin eine Wahlanfechtungsklage erfolgreich abgewehrt und ihr Amt antreten können. Ihr erster öffentlicher Auftritt ist eine Einweihungsfeier (was sonst?), nachdem das Sportcenter in den letzten fünf Jahren sinnstiftend zur Schwimmhalle umsaniert worden war.

Aber es warten schwere Aufgaben auf das neue Stadtoberhaupt. Die Gondoliere im Lagunendorf Kulkwitz streiken, weil die EU, die inzwischen nur noch aus Rumänien und Sachsen besteht, deren „Berechtigungsscheine zum Führen beidhändig bedienter Einruder-Wasserfahrzeuge für den maritimen Personenverkehr in touristisch erschlossenen Binnengewässern“ nicht anerkennen will.

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Die sportliche Schlagzeile dieses 30. Oktober 2023 schreibt die dritte Mannschaft der SG Räpitz, die im Abstiegskampf der 2. Fußball-Kreisklasse das Nachbarschaftsduell gegen die Erste von Aufsteiger SSV Markranstädt mit 2:0 für sich entscheidet. Auswärts! Einzige Zuschauer im Stadion am Bad sind Mitglieder eines Rollatorengeschwaders aus der gegenüberliegenden Seniorenresidenz, die vor Jahren als umstrittene Kita am Bad für Unterhaltung im Bürgertum sorgte.

In der Stadthalle ist großer Bahnhof. Die Markranstädter Nachtschichten haben anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens zu einem Festbankett geladen. Am Eingang kommt es zu tumultartigen Szenen, weil sein persönlicher Sekretär Anton Hofreiter vergessen hat, Bundespräsident Abdul Al-Ahadal (GRÜNE) akkreditieren zu lassen.

Verärgert verlässt das Staatsoberhaupt den Schauplatz und fährt zurück zum Flughafen Priesteblich. Der ist vor zwei Jahren mit Mitteln eines griechischen Finanzkonsortiums aus der Investruine einer einst vorgesehenen Umgehungsstraße entstanden.

In der vierten Etage bahnt sich ein historischer Moment an. Ein inzwischen 82jähriger Einwohner stellt seine 5000. Bürgerfrage zum längst überfälligen Bau einer Toilette am Westufer des Kulkwitzer Sees. Die Dokumente, die er der Bürgermeisterin dazu überreichen wollte, liegen auf einer Euro-Palette unten vorm Eingang, weil der Fahrstuhl vor zwei Jahren endgültig seinen Geist aufgegeben hat.

Zurück in die Gegenwart

Gern hätte er die Unterlagen auch per E-Mail an die Verwaltung geschickt, aber die hat seit 2016 ein technisches Problem mit dem Datenempfang von ausgerechnet seiner Adresse, das trotz aller Bemühungen bis heute nicht behoben werden konnte. Außerdem soll mit dem Beginn des Breitbandausbaus erst noch begonnen werden.

Mal ehrlich, liebe Leserinnen und Leser, wollen Sie das wirklich erleben? Okay: Also zurück in die Gegenwart. Wenn Sie in der Nacht von Samstag zu Sonntag Ihre Uhren verstellen wollen, dann sollten Sie genau wissen, was Sie tun. Bei fehlerhafter Tatausübung können Ihnen drastische Strafen drohen. Also Hände weg von der Gas- und von der Wasseruhr! Das kann richtig teuer werden.

Zeit, die nie vergeht

An Ihrem Wecker oder Ihrer Küchenuhr können Sie sich hingegen nach Belieben austoben. Stellen Sie das Teil ruhig mal fünfeinhalb Stunden vor. Das verlängert den Sonntag und verleiht Ihrem Leben mehr Inhalt. Ach so, für die Krümelkacker, die immer alles genau machen wollen: Wissen Sie eigentlich, wohin Sie die Zeiger an Ihrem Zeitmesser drehen müssen? Wir hätten da drei Vorschläge:

  • eine Stunde länger schlafen (Uhr zurückdrehen)
  • eine Stunde weniger schlafen (Uhr vorstellen)
  • googeln, in welche Richtung die Uhr verstellt werden muss

Viel Spaß bei der Lösung des Rätsels!

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Monatsschmerzen (Ausgabe: 10 / 2016)

Der Monat Oktober hatte wieder einige schöne Fundstücke im Gepäck, die das satirische Herz erfreuten. Wir bleiben jedoch in Markranstädt, auch wenn die überregionalen Medien wieder mal mit einzigartigen journalistischen Leistungen brillierten. So erfuhren die Reporter zwar, dass die Zahl der „Reichsbürger“ in Deutschland nicht annähernd bekannt sei, verbreiteten aber mit geradezu wahrsagerischem Selbstbewusstsein die Kunde, dass „…sie überwiegend in den Reihen der Pegida zu finden sind.“ Schätzen Sie mal, wünsch Dir was oder hat der Sandmann Konkurrenz bekommen?

Keinen Traumsand hat dagegen ein findiger Kopf aus Markranstädt nötig. Er selbst verfügt über Ideenreichtum, Kreativität und unternehmerischen Mut; sein Träger über das nötige handwerkliche Geschick.

Das Produkt dieser Eigenschaften heißt „Ökobomber grün“ und es gab ihn letzte Woche für lediglich fünf Euro kurzzeitig in der Modellbau-Rubrik bei Ebay zu kaufen.

Der Hersteller selbst bewarb dieses ingenieurtechnische Wunderwerk mit den Worten: „Verkaufe hier ein unglaubliches Teil aus menschlichem Geschick hergestellt…“

Es handele sich, so der Entwickler dieser technologischen Innovation, um einen Ökobomber aus eigener Fertigung, der seine Farbe wechselt Er sei top in Schuss und fliege super.

Leider ist das junge Start-up aus Markranstädt in Sachen Marketing wohl noch etwas wacklig aufgestellt. Die wichtigsten Merkmale, die das moderne Luftfahrzeug aufweist, wurden bei der Werbung glatt vergessen.

So beispielsweise die Tatsache, dass es sich um einen Nurflügler handelt, der ressourcenschonend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurde und zudem recyclebar ist.

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Den Bausatz für den Nurflügler „Ökobomber“ gibt es in jedem Stadtpark. Aber auf die Idee muss man erstmal kommen.

Aber das hätte wohl auch nichts genützt. Ebay hat das Angebot inzwischen gelöscht. Möglicherweise wegen eklatanten Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.

In Insiderkreisen wird gemunkelt, dass der IS gleich drei Staffeln dieser gefährlichen Ökobomber bestellt habe und bei den Ebay-Servern deshalb sämtliche Lampen rot zu flackern begannen.

Wie dem auch sei: Der „Ökobomber grün“ ist eindeutig das Markranstädter Fundstück des Monats Oktober. Herzlichen Glückwunsch dem Erfinder! Vor allem für die satirische Komponente der Produktpräsentation zollen ihm die Markranstädter Nachtschichten größten Respekt!

Für das Markranstädter Stadtjournal, das unter dem Dach des Amtsblatts „Markranstädt informativ“ erscheint, reichte es diesmal nur zu Platz zwei. Das kommt zwar geradezu einer Demütigung des Teams aus Borna gleich, aber diesmal haben sie sich wirklich nicht viel Mühe gegeben, satirisch zu überzeugen.

Martinsbeutel ohne Flügel

Wie auch? Zu viele vorgefertigte Pressetexte vom djd (diesen Dienst gibt’s kostenlos) und irgendwelchen Verbänden (die gibt’s auch kostenlos) als Prosa-Rahmen für Inserate. Da sind die Quellen für satirisch verwertbare Fehlformulierungen von vornherein eingeschränkt.

Trotzdem gab es ein Highlight. Einen Beitrag über Entenbraten hatten wir lange nicht. Dass es diesen Gaumenschmauß am Sonntag nach dem Martinstag gibt, ist allerdings schon eher ungewöhnlich für einen Tag, an dem traditionell eher die Martinsgans auf den Tisch kommt.

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Vegane Ente?

Aber egal ob Ente oder Gans – Hauptsache das Vieh hat Flügel und möglichst viel Brust. Wie die Versicherungsverkäuferin, die am Abend noch einen Termin bei Herrn Tittmann hatte und zu ihrer Kollegin sagte: „Ich muss heute abend was mit Brust anziehen.“ Darauf entgegnet die: „Ein Huhn?“

Auf die Füllung kommts an

Denn es gibt wenig, was auf das Produktfoto und den avisierten Vogel zugleich zutrifft, mit dem der Beitrag über das leckere Entenbuffet visualisiert wurde. Hier gibt’s weder Flügel noch Brust oder knusprige Haut. Nicht mal Schnabel.

Scheint eine ziemlich windige Sache zu sein, dieser gefiederte Freund, der da auf dem Teller liegt und in die Form eines Windbeutels gepresst wurde. Aber keine Angst, am Ende erfolgt die Aufklärung. Das Hauptgericht wird mit dem Nachtisch beworben.

Bliebe auf Platz drei noch das Top-Fundstück aus der E-Mail-Box der Markranstädter Nachtschichten. Nein, es handelt sich ausnahmsweise nicht um die Priesteblicher Straße in Frankenheim. Es geht um eine andere Trasse. Eine Allee gar.

In Seebenisch ist ja seit jeher verkehrte Welt gegenüber Frankenheim. Im Norden Markranstädts gibt’s einen halbwegs ausgebauten Feldweg ohne Schlaglöcher, den niemand befahren darf. In Seebenisch dagegen wurde einst einem mittelalterlichen Pfad, der nicht einmal die Merkmale eines besseren Feldweges aufweist, das Prädikat „Allee“ zugesprochen.

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Während der Abgeordnete Jens Schwertfeger die Straße seiner Heimat Frankenheim immer mal wieder auf den Tisch des Stadtrats bringt, scheinen die beiden Seebenischer Volksvertreter in diesem Gremium entweder heimatlos oder mit ihrer Allee ganz zufrieden zu sein. Und so wird die via desaster zwischen Seebenisch und Schkeitbar in der vierten Etage nie zum Thema, während man sich Scheingefechten mit Vernässungsflächen oder Fußgängerüberwegen hingibt, deren Verantwortlichkeiten gleichfalls nicht innerhalb der Stadtgrenzen zu suchen sind.

An ihrer engsten Stelle mag die Schkeitbarer Allee nicht mal so breit sein wie eine Fahrspur der Priesteblicher Straße. Um hier zumindest optisch Abhilfe zu schaffen, wurde in der vergangenen Woche der Bewuchs an den Rändern des Pfades entfernt und diese begradigt. Jetzt sieht die Bonsai-Allee zwar breiter aus, birgt aber zusätzliche Gefahren. Statt dem Gegenverkehr halbwegs sicher auf festen Untergrund mit Grasnarbe ausweichen zu können, gibt es jetzt Schlitterpartien im Schlamm.

Natürlich nicht für kleine Fahrräder und auch nicht für Firmenfahrzeuge, die nur zwischen Seebenisch und Markranstädt unterwegs sind. Und deshalb wird der Zustand auch noch lange so bleiben. Trotzdem ein herzliches Dankeschön unserem Leser, der neben den Informationen auch gleich noch die Fotos geschossen hat.

 

Musikladen Markranstädt: Der mit dem Volk tanzt

Vor einigen Wochen fand in der Stadthalle die Second DanceNight statt. Nach dem Einsturz der geplanten Toilette am Kulki, der ausgetrockneten Vernässungsfläche in Seebenisch, der Talfahrt des SSV und dem Krankenstand im Rathaus hat dieses Event für die ersten positiven Schlagzeilen seit langem gesorgt. Volle Bude, beste Stimmung und zufriedene Veranstalter. Aber wer sind die eigentlich?

Nach der First DanceNight anno 2015 hat die Musikladen Markranstädt GbR das Zepter übernommen. Schon mal irgendwo gehört? Nicht schlimm. Die vier Köpfe, die hinter dieser Firmierung ihr Haupt gen Musikhimmel recken, sind jedenfalls in Lallendorf nicht unbekannt: Frank Stierke sowie Verena und Jürgen Wackwitz aus der Kernstadt und sozusagen für die Dorfquote Wolfgang Schmid aus Schkölen.

Diese Mannschaftsaufstellung macht neugierig und Satirikern ist diese Eigenschaft sowieso in die Wiege gelegt. Also auf in den Musikladen, der sich – und das ist besonders sympathisch – ebenso wie die Markranstädter Nachtschichten in einem Keller eingerichtet hat.

Quietschende Holztüren, rußende Fackeln, Spinnweben … aber kein Bier. Statt dessen Apfelsaft und andere weiche Drogen. So saßen die vier Macher im Schein eines niederbrennenden Talglichts um einen grob gehobelten Tisch und harrten der Fragen.

Lassen Sie uns mal beim „Auslöser“ dieses Interviews beginnen. Dass die Second DanceNight am 24. September ein voller Erfolg werden würde, konnte niemand voraus sehen. Was für Zeug muss man sich einwerfen, um auf so eine Idee zu kommen und ein solches Risiko einzugehen?

Wolfgang Schmid: Sie sehen es ja: Apfelsaft. Leider reicht das nicht ganz. (greift unter den Tisch und zaubert eine Flasche auf die Platte) Wir strecken den mit Rum. Wenn wir dann noch eine dicke Havanna kreisen lassen, können wir kein Risiko mehr erkennen. Bei uns geht’s also nur vorwärts.

Beim Begriff „Musikladen“ fällt einem zunächst Manfred Sexauer ein. Den wollten sie sicher nicht kopieren. Wann und mit welchem Ziel wurde die Musikladen GbR gegründet?

Verena Wackwitz: Sexauer? Na, zumindest nicht den letzten Teil des Namens. Was die erste Silbe angeht: Mit Leidenschaft und Liebe kann man viel bewegen und Spaß haben. Genau das ist unser Credo und das überträgt sich auf die Gäste. Man hat’s ja auch an der Stimmung in der Stadthalle erkannt. Zumindest war das mein Eindruck.

Wolfgang Schmid: Warum sagst du das so vorsichtig? Dein Eindruck war richtig!

Wenn man sich heute mal in der Stadthalle umschaut, fallen die Plakate früherer Veranstaltungen ins Auge. Darunter eins mit Helene Fischer, die damals noch am Beginn ihrer Karriere stand. Haben sie sowas wie einen Riecher für Künstler, aus denen später mal Stars werden?

Frank Stierke: Ein glückliches Händchen braucht man in dieser Branche immer und dazu einen guten Geschmack. Aber das ist kein Problem: Wir haben ja selbst Künstler unter uns. Jeder … irgendwie … ist bei uns künstlerisch angehaucht. Schon die Idee zur Second DanceNight war ein Kunstwerk. Sie müssten mal den ersten Entwurf sehen. Der sieht aus wie die Gedankenskizze zum impressionistischen Umbau des Wasserturms.

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Angesichts der eindrucksvollen Saal-Deko blieb so mancher Besucher erstmal im Eingang stehen und staunte ehrfurcvhtsvoll.

Die zweite Tanznacht wurde von mehreren hundert Gästen besucht, kurz davor gabs auch zum Open Air in Seebenisch volles Haus. Ein Markt für musikalische Events scheint also vorhanden. Trotzdem ist in den letzten Jahren viel auf der Strecke geblieben. Keine Irische Nacht mehr am Bad, die Große Raupe gestorben… Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass solche Veranstaltungen nicht mehr gegen den Unterhaltungswert kaputter Schranken, ausgetrockneter Vernässungsflächen oder umstrittener Kita-Neubauten anstinken können. Ist das so oder woran liegts wirklich?

Jürgen Wackwitz: Ohne Moos nichts los. Auch wir können sowas nur Dank unserer Sponsoren stemmen. Wenn die nicht wären, müssten die Gäste tiefer in die Tasche greifen und sie wissen ja: Hosen, mit denen man zum Tanz geht, haben gewöhnlich Löcher in den Taschen. Übrigens hat uns auch die unbürokratische Zusammenarbeit mit der Stadt und der MBWV sehr geholfen, das sollte mal gesagt werden.

Gemessen am Aufwand, den die Organisation und Durchführung einer solchen DanceNight erfordert, scheint der Markranstädter Musikladen personell ein bissl dünne aufgestellt. Fast könnte man glauben, dass da sogar das Sekretariat vom Bürgermeister zahlenmäßig besser besetzt ist. Also mal Butter bei die Fische: Das haben sie doch unmöglich alles alleine gestemmt?

Wolfgang Schmid: Dünne aufgestellt? Wir bringen zusammen 382 Kilo auf die Waage, die meisten davon wahrscheinlich ich selber. Also Vorsicht! Und wer hat schon vier Gesellschafter im Boot; darunter eine Buchhalterin, einen Bauunternehmer, einen Anwalt und einen Rentner, der in Sachen Fitness sogar so manchem Studenten was vormacht – nicht nur am Stammtisch.

Außerdem: Weil wir so nette Leute sind und es gut meinen, laufen wir auch meist in offene Arme, wenn wir wirklich mal ein paar Mann mehr brauchen.

Lassen sie uns nochmal auf die Sponsoren zu sprechen kommen. Ohne die kann man heute fast nichts mehr bewerkstelligen, doch trotz angeblich guter Wirtschaftslage in Deutschland sind die meisten von ihnen ziemlich hartleibig geworden, wenn’s um finanzielle Unterstützung geht. Wie ist das, wenn da plötzlich auch noch ein Musikladen anklopft?

Frank Stierke: (lacht) Ja, da gibt es fast nichts, was man nicht erlebt hat. Aber wir gehen ja nicht dahin, um einen G 8-Gipfel auszustatten. Auch kleinere Beträge sind willkommen. Viele ortsansässige Unternehmen haben wirklich regelrecht auf uns gewartet. Na ja, andere wiederum lernen uns erst noch kennen. Aber selbst Pfannenberg in Hamburg hat uns erhört und unterstützt. Sie sehen: Die Vernetzung reicht bei uns bis zum Fischernetz.

Die gastronomische Versorgung hat nahezu reibungslos funktioniert. Das war ja richtig beeindruckend, was da so an Kellnern und anderem Personal rumgeflitzt ist. Wieviele Servicekräfte waren denn da im Einsatz?

Verena Wackwitz: Manche sagen mehr, manche weniger. Leute wie sie wollen doch immer fette Zahlen für ihre Schlagzeilen, nicht wahr? Okay, also ich habe an diesem Abend 66 Beine addiert, die für die Gäste unterwegs waren. Es war nicht einfach, die zu zählen, weil jedes einzelne davon in der Regel als rotierender Kreis durch den Saal propellert ist. Die waren echt gut drauf und wir haben viel Lob über sie gehört.

Vor allem mit der Bar konnte das Catering-Team beim Publikum punkten. Das Teil sah ja aus wie ein Cockpit aus dem Foyer des Hilton. Wie kommt man an sowas?

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Die Bar war das Glanzstück im Saal. So ein Geschoss hat die ehrwürdige Stadthalle noch nicht gesehen. Die Radeberger schicken dafür sogar eigens ein Team für den Auf- und Abbau.

Wolfgang Schmid: Ja, das war ganz einfach so, dass…

Frank Stierke: … Wolfgang, schenk bitte noch mal Apfelsaft nach, ich weiß wie’s wirklich war. Also Beziehungen sind nach wie vor das halbe Leben und was diese Bar angeht, die haben wir unserem gastronomischen Partner, dem „Goldenen Hirsch“ aus Dölzig, zu verdanken. Diese Anlage ist wirklich ein tolles Geschoss, da kommt extra ein Team von der Brauerei zum Auf- und Abbau. Meister Röhrich würde sagen: Da kann nich jeder mid üm!

Als GbR ist ihnen der Griff in die Taschen der Bürger verwehrt. Von wegen: „Oh, wir haben uns verkalkuliert. Lassen wir mal den Stadtrat einer überplanmäßigen Auszahlung zustimmen“. Geht so eine DanceNight für einen Veranstalter auf, der auf Gedeih und Verderb wirtschaftlich kalkulieren muss und das ganze Risiko trägt?

Jürgen Wackwitz: Das Thema „Risiko“ hatten wir doch schon, oder? Wolfgang, schenk ihm auch mal was ein, der Mann wird vergesslich. (kurze Gesprächspause … gluck-gluck) Also, gute Kontakte braucht man und eine gehörige Portion Optimismus. Manche halten uns sicher für verrückt. Das hat aber auch Vorteile. Vielleicht haben wir den einen oder anderen Euro von unseren Sponsoren auch aus Mitleid bekommen? (grinst)

Herr Wackwitz, mit ihrer Antwort können sie in die Politik gehen. Wir sind hier aber nicht in der vierten Etage und ich habe schon ganz andere Kaliber ausgequetscht. Also nochmal: Hat sich das Event gerechnet?

Jürgen Wackwitz: Bis jetzt ja. Aber es kommen noch ein paar Rechnungen, da kann aus der schwarzen noch eine rosa Null werden.

Das Markranstädter Publikum ist, abgesehen von ein paar satirischen Momenten auf einer seltsamen Internet-Präsenz, in den letzten Jahren nicht gerade verwöhnt mit kulturellen Unterhaltungsprogrammen. Was sagen sie zur Stimmung im Saal und welche Feedbacks gab es von den Gästen?

Frank Stierke: Die Stimmung war hervorragend, das …

Wolfgang Schmid: … Frank, die Bockwürste platzen. Stell bitte mal den Herd ab, ich weiß, wie’s wirklich war. Also wie Frank schon sagen wollte: Die Stimmung war wirklich großartig und auch die Feedbacks haben uns überwältigt. Einer hat sogar seine Schuhe durchgetanzt. Der hat sich im wahrsten Sinne auf die Socken machen müssen, um zu Hause andere anzuziehen. Zum Glück wohnt er in der Nähe der Stadthalle. Ich denke, der Begriff „fußläufig“ trifft’s in diesem Fall wirklich. Aber Ihre Frage kommt dem Kern unseres Anliegens nahe. Wir wollten ja eine Veränderung. Sozusagen eine Alternative zwischen Sport und Karneval. Ein Event für Jung und Alt. Toll, wie das angenommen wurde.

Das klingt nach mehr. Kommt da noch was oder bleibt es erstmal bei einer DanceNight pro Jahr?

Verena Wackwitz: Keine Angst, in Rente gehen wir noch lange nicht. Die DanceNight ist ein Event von Markranstädtern für Markranstädter und es wird sie auch im nächsten Jahr wieder geben. Es soll ein Highlight bleiben und deshalb sind weitere Veranstaltungen zwischendurch nicht geplant.

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Live-Musik für Auge und Ohr.

Nach Adam Ries und der englischen Sprache käme nach der First DanceNight und der Second DanceNight dann die Third DanceNight. Da ist dieses hässliche th drin, das man in der Schule nur mit Zahnspange aussprechen konnte und dabei trotzdem auf die Bank gespuckt hat. Sie wissen schon, wie sich sowas in Markranstädt anhört? Tssfhörd Dänsneid oder bestenfalls Dirty DanceNight. Nicht gerade werbewirksam…

Verena Wackwitz: … oder gerade? Na ja, egal wie – wir werden uns da in der Tat was einfallen lassen müssen. Hätten sie einen Vorschlag?

DanceNight 3.0?

Frank Stierke: Klingt gut. Noch einen Schuss Rum? Vielleicht kommt da noch besseres…

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Der Hauch von Nichts eines Models bei der Modenschau. Ab nächstes Jahr zwingend vorgeschrieben als Abendrobe weiblicher Gäste.

Nein, weiter im Text! Dann wäre noch das Problem mit den Künstlern, die man auf die Bühne holen könnte. Achim Mentzel ist tot und für eine Helene Fischer müsste man heutzutage wahrscheinlich ein Grundstück am Westufer versilbern. Womit kann man Markranstädt heutzutage hinter dem Ofen vorlocken?

Wolfgang Schmid: Sie haben Herbert Roth vergessen und wenn wir mal richtig nachdenken, fallen uns sicher noch weitere Stars ein, wegen deren Ableben wir keine DanceNight mehr veranstalten können. Also konzentrieren wir uns auf einen guten Mix aus DJ’s und Live-Bands mit einer attraktiven Musikauswahl. Nicht alles ist dabei immer jedermanns Geschmack, aber mit Rock, HipHop, Schlager und Pop liegt man immer in der Spur. Die Tanzfläche war jedenfalls stets gut gefüllt.

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Die Bude war rappelvoll bei der Second DanceNight.

In den Kulturhäusern der näheren Umgebung setzt man inzwischen vermehrt auf Comedians und Kabarett. In Weißenfels musste Elsterglanz zuletzt nach drei ausverkauften Auftritten in Folge sogar zwei Zusatzveranstaltungen geben, obwohl das Publikum dort durch Olaf Schubert, Heinz Becker oder die Academixer schon hinreichend versorgt schien. Das schreit doch geradezu nach einer Option für Markranstädt, oder könnte es doch sein, dass das hiesige Bürgertum durch den Alltag an den Ufern des Zschampert kabarettistisch übersättigt ist?

Frank Stierke: Kann sein. Wenn ich so die Markranstädter Nachtschichten lese, könnte sich dieser Eindruck sogar verfestigen. Sehen wir es mal so: Leben und leben lassen. Ihr bringt die Leute zum Lachen und wir sorgen dafür, dass sie das Tanzbein schwingen und in Bewegung bleiben.

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Das war ein gutes Schlusswort. Wenn jetzt endlich mal jemand wirklich einen Schuss Rum in meinen Apfelsaft gießen würde, könnten wir als Freunde auseinandergehen. … Na also, es geht doch!

Vielen Dank und recht viel Erfolg für die Tssfhörd Dänsneid am 23. September 2017!!! (Titelbild: Markranstädter Nachtschichten, Fotos: Marc Opre)

 

 

Rote Pause in Markranstädt

Wenn es darum geht, seine Daseinsberechtigung nachzuweisen, ist der Mensch erfinderisch. Da wird so manch sinnentleerte Existenz mit hektischer Betriebsamkeit erfüllt, um sich gesellschaftlich unentbehrlich zu machen. Tage der … oder des … sind da besonders beliebt. Früher waren es noch Lehrer oder Bergleute, die geehrt wurden. Im 21. Jahrhundert aber gibt es sogar den Tag der Jogginghose. Und für heute hat die WHO den Weltmenopausetag ausgerufen. Ein Hilfeschrei an Satiriker, der auch Markranstädt erreicht hat.

Wie hoffnungsschwanger war doch früher so ein Blick in den FDGB-Kalender. Wenn da am 10. Juli zu lesen war, dass Erich mühsam gestorben ist, war die Welt wenigstens für einen Moment wieder in Ordnung.

Heute dagegen fragt man sich rund um den Globus, was eine Menopause ist und warum die ausgerechnet am 18. Oktober gefeiert wird.

Eine Pause ist das, was morgens halb zehn in Deutschland zelebriert wird. Den Medien zufolge mit Knoppers. Meno aber kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Monat. Wir feiern demnach einmal im Jahr eine Pause pro Monat? Da stimmt doch was nicht! Also nochmal: Wer oder was ist Menopause?

Regel da aufnehmen, wo sie beginnt

Laut Wikipedia soll es sich dabei wieder mal um ein Privileg von Frauen handeln. So wie beim Frauentag, am Mittwoch in der Sauna, sämtlichen Modekatalogen, der Werbung für glutenfreies Botox oder Shopping bei Douglas. Aber auch hier ist Glasnost in Sicht. Schon soll sich eine radikale Gruppierung der Pegida endlich dafür einsetzen, dass auch Männern eine Menopause zusteht.

Meno kommt von Monat, Monat von Mond und der Mond ist schließlich für uns alle da. Sicher sollte man die Menopause für Männer anders nennen. Andropause zum Beispiel. Und die sollte schlussendlich auch ohne Begleiterscheinungen ablaufen wie eklige Schweißausbrüche oder nervige Stimmungsschwankungen. Männer haben ohnehin permanent Scheiß-Stimmung, vor allem in letzter Zeit, wo Schalke immer verliert.

Andropause mit Schalke 04

Männer haben auch ihre Menopause, davon ist die Wissenschaft inzwischen überzeugt. Aber Männer reden nicht gerne über ihre Leiden. Sie leiden lieber – siehe Schnupfen oder Halsbeschwerden. Deshalb machen da auch Selbsthilfegruppen oder Gesprächskreise wenig Sinn. Man muss sie leiden lassen – mit Schalke oder mit sich selbst.

Für uns Frauen gibt es dagegen viele Hilfsangebote. Die reichen von Hormonpflaster über Schleimhaut-Surrogat bis zum Schamhaar-Toupet. Lange Zeit war die Menopause mangels saugfähigen Hygieneangebots für die fertile Dame das alleinig erstrebenswerte Ziel der Durchschnitts-Markranstädterin.

Und genau jetzt, da sich die gefühlte Mehrheit der Lallendorfer Menopausistinnen mit den Begleiterscheinungen dieser Lebensphase abgefunden hat, setzen sie uns eine Drogerie vor die Nase. So richtig mit Always, Clearasil, Haarwachs, Tampons und dem ganzen Zeug, das wir nicht mehr brauchen.

Keine Lobby für Cellulite

Wo sind die Grünen, die sich sonst immer an die Seite der Diskriminierten stellen? Wo ist unsere Claudia Roth, die solche Entwicklungen stets „unerträglich“ findet, wo Katrin Göring-Eckardt, die hinter solchen Aktionen zielsicher die hässliche Fratze des Patriarchats entlarvt? Und wo ist der Aufschrei von Anton Hofreiter, dem Liebling aller Frauen, die keine Kinder mehr von so einem kriegen können?

Feiertag ohne Feier

Ja, es wird wohl seine Gründe haben, warum die Markranstädterinnen ihren heutigen Weltmenopausetag nicht feiern wollen und lieber auf den Tag der NVA warten oder den Tag des Lehrers. Wenn es nicht der Weltmenopausetag wäre, müsste man konstatieren, dass der Anlass dafür glatt in die Hose gegangen ist.

 

Eine Viertelmillion zufällige Klicks

Dem Schmalz-Satiriker Atze Schröder wurden 250.000 Euro Strafe angedroht, wenn er seine Witze über Fritz Wepper nicht unterlässt. Eine Viertelmillion kostet auch das Pferd, „Potzblitz“, das in Shindys neuem Musikvideo einen Auftritt hat und die mit ebenfalls 250.000 Euro dotierte Stelle eines Assistenzarztes will seit Jahren niemand haben. Mit dieser Zahl befinden sich die Markranstädter Nachtschichten seit Samstag 23:36 Uhr in bester Gesellschaft: Da wurde im MN-Bunker der 250000. Klick registriert. Zum Mitmeißeln: Eine Viertelmillion!

Wenn freitags in den Nachtstunden irgendwo eine Sirene losheult, geht in einem Marktanstädter Keller immer das Licht aus und man hört nur flüsterndes „Pssst! Nicht dass die wegen uns ausrücken!“ Ja, es geht mitunter hoch her im konspirativen Produktionszentrum der Markranstädter Nachtschichten.

Allein ein Blick auf den Tisch lässt ahnen, welch gigantisches Pensum da Freitag für Freitag bewältigt wird.

Vier Frauen und drei Männer um einen verwüsteten Tisch: Die Tagesordnung des Stadtrats liegt irgendwo zwischen Bierflaschen, Pornoheften, USB-Sticks und sinnlosen Notizen zu noch sinnloseren Fotos; es wird gelacht, geprostet und begrapscht was das Zeug hält und trotzdem kommt am Ende (meist) was raus. Sogar bei der Planung der neuen Kita ist man hier im Keller schon weiter als im Rathaus.

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Samstag, 23:36 Uhr: Der 250 000. Klick und sicher war auch der eine oder andere von Ihnen dabei. Vielen Dank! Aber wofür eigentlich? Bei Lesen für lau könnten Sie wenigstens ab und zu mal ein paar Dankesworte hinterlassen. Davon gibts einfach noch zu wenig.

Nun also ist das völlig überflüssige Organ bei einer Viertelmillion Klicks angekommen und zählt damit zu Markranstädts meistbesuchten Internet-Präsenzen. Bei einem Angebot für lau sind Klicks sozusagen Motivation und Motor – kurzum: Der Ersatz für den Abo-Preis.

Ein Fall fürs Heimatmuseum

Eine Viertelmillion: Damit stehen die Markranstädter Nachtschichten kurz vor der heimatgeschichtlichen Aufnahme in die „Hall Of Fame“ im Alten Ratsgut. Mehr noch: Der satirische Jungbrunnen ist zum Wirtschaftsfaktor geworden! Jeden Freitag verzeichnen die lokalen Einkaufsmärkte neue Rekordumsätze an Kellerbier, ohne je die Ursache herausgefunden zu haben. Jetzt wissen sie’s.

Auch der Grappa-Absatz ist übrigens gestiegen. Diese Information ist allerdings nur für den Fall gedacht, dass Sie uns schon immer mal eine Freude machen wollten und nicht wissen, wie Sie Ihr kostenloses Abo sonst noch abgelten können. Es sei denn, Sie sind ein klinischer Fall und Reichtum ist bei Ihnen chronisch. Dann geben wir Ihnen auf Anfrage natürlich sehr gern eine Kontonummer. Es ist ja nicht so, dass die Besitzer von Servern oder die Versicherer von Vermögenshaftpflicht ebenso aus purer Nächstenliebe agieren wie die Markranstädter Nachtschichten.

Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Institutionen, die sich allerdings eher dem Genre der Realsatire verschrieben haben, ist der Krankenstand bei den Markranstädter Nachtschichten genauso marginal wie die Fluktuation. Bestenfalls hat jemand mal einen Kater, was ihn/sie jedoch nicht daran hindert, sein/ihr Hirn weiterhin totalen Unfug entbinden zu lassen.

Gebündelte Kompetenzen in Satire

Jaaa, okay … das Argument mit Personalführung und Mitarbeitermotivation ist etwas weit hergeholt. Personalrat sind wir alle und Chef auch. Also reden wir zwangsläufig miteinander. Ein gestörtes Verhältnis gibt’s bestenfalls dann, wenn jemand die letzte leere Flasche in den Kasten stellt und keinen Nachschub holt. Auch haben wir das Glück, dass wir keine Fachbereichsleiter haben, deren Fernbleiben irgendwann als Indikator für Führungsschwäche herhalten muss.

Es läuft alles wie am Schnürchen. Bei den Markranstädter Nachtschichten agieren hoch motivierte und kompetente Mitarbeiter. Man schätzt Selbständigkeit, konstruktive Kritik und Kreativität. Diese Fähigkeiten gilt es zu fördern und wieder in den Arbeitsalltag einfließen zu lassen. Wir zelebrieren einen kommunikativen Führungsstil. Arbeitsfreude und ein gutes Betriebsklima führen zu Bestleistungen und damit zu einer kreativen, zukunftsorientierten Entwicklung.

Wenn man dieses Credo so liest, könnte man fast meinen, dass man das schon irgendwo mal gelesen hat. Und wenn schon. Es zeigt, dass es so funktionieren kann. Eine Viertelmillion Klicks sind wie die Hundehaufen in der Marienstraße: Eine Viertelmillion Fliegen können nicht irren!

Allerdings, und jetzt kommt der Haken beim Jubel, müssen wir unsererseits in einigen Fällen etwas kürzer treten. Saat auf unfruchtbaren Boden zu werfen, lähmt auf Dauer des Bauern Arm. Aus diesem Grunde wurde vor längerer Zeit bereits die Rubrik „Veranstaltungen“ entfernt, in Kürze auch der Menü-Punkt „Kirche“ und Vereins- bzw. ehrenamtliche Aktivitäten können leider auch nur dann noch Berücksichtigung finden, wenn uns dazu Informationen zugehen. So viel zu der einen oder anderen E-Mail mit der Frage, warum wir uns des einen oder anderen Themas in letzter Zeit nicht angenommen haben.

Fliegen und Hacker

Doch zurück nun zum Anlass des Jubels: Nachdem vor ziemlich genau einem Jahr bereits die 100.000 gefeiert wurde und Klick Nummer 200.000 gerade mal rund drei Monate zurückliegt, wollen wir es Ihnen ersparen, schon wieder im Archiv rumzukramen und die Highlights erneut aufzuwärmen. Uns reichts, dass es uns gibt und die Höhepunkte nachlesen können Sie im Archiv schließlich selbst.

Die Zahl von einer Viertelmillion täuscht sowieso. Da sind nahezu 9.000 Hackerversuche darunter, die schließlich auch mitgezählt werden. Und nicht nur das. Unser IT-Nerd (ein richtiges Original mit Linksscheitel und Hornbrille) kann sogar feststellen, wo die wohnen! Die Leipziger Stadtteile Connewitz und Volkmarsdorf sind demnach die Hochburgen, doch knapp dahinter kommt schon Markranstädt bzw. seine Ortschaften.

Muss man sich eigentlich geehrt fühlen, wenn sogar Freaks aus Milwaukee (und das gleich mehrfach) versuchen, illegal in die Markranstädter Nachtschichten einzusteigen? Nee, muss man nicht. Wer so doof ist, all das hacken zu wollen, was ohnehin jeder lesen kann, den will man weder als Freund noch als Bewunderer haben. Und gleich gar nicht als Feind. Von sowas angegriffen zu werden … so müsste sich Usain Bolt fühlen, wenn er im 100-Meter-Lauf von Wolfgang Schäuble herausgefordert wird.

Greifen wir also die nächste Viertelmillion an und danach noch eine und dann … sind wir Millionäre! Allerdings nur, wenn es uns gelingt, bis dahin das ganze Leergut wegzubringen und beim Tanz zwischen den Schützengräben in der Stadt zu überleben.

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