Einfach nur hymnische Momente

Der Pfingstmontag musste verdaut werden wie ein Opernbesuch in Bayreuth. Leipzig hat mal wieder musikalisch Zeichen setzen wollen und irgendwie hat das sogar geklappt. RB hat eine neue Hymne, die Gruppe Silly eine neue Fangemeinde und die LVB verstießen gegen das Grundgesetz, weil nur rb-beschalte Menschen umsonst Straßenbahn fahren durften. Das muss man erst mal sacken lassen.

Sie traten in den falschen Uniformen auf, die Mitglieder von Silly. Statt RB-Trikots trugen sie Hemden von Dynamo Dresden, Leibchen von Union Berlin oder Shirts von Hansa Rostock. Das geht ja gar nicht aus Sicht der Roten Bullen und ist vergleichbar mit einem Fahrkartenkontrolleur, der in Post-Uniform Tomatensaft an Lufthansa-Passagiere ausschenkt.

Da konnte sie im Gleichschritt unverzüglich wieder von der Bühne treten, die Silly-Familie. Zugleich zeigt diese Tatsache aber auch, dass es weder um Musik noch Gesang oder sonstwie um Kunst ging, sondern um eine Art paramilitärische Vergatterung mit Gottesdienst-Charakter. Was da zum Besten gegeben werden sollte, war zweitrangig gegenüber dem, was man an Textilien trug.

Wie Blei in den Rahmen gegossen, erfüllt auch die neue Hymne des Brause-Vereins all diese Merkmale. Sebastian Krumbiegel präsentierte eine sehr, seeeehr getragene Weise, bei deren Abgesang man förmlich zu sehen glaubt, wie sich ein Promi-Team aus ehemaligen Politbüromitgliedern mit dem Aktionsradius eines Bierdeckels wieder und wieder den Angriffswellen des Gegners beugt.

Eine schier nicht enden wollende Sakral-Operette ist da entstanden, die nicht nur das Zeug zur Hymne hat, sondern auch als letzter Gruß beim Abschied von verdienstvollen Funktionären taugt. Okay, Siegerhymnen klingen meist etwas zackiger. Wenn Ferrari beispielsweise gewonnen hat und die italienische Hymne erklingt, dann zuckt’s automatisch im Fuß und folglich auch im Gaspedal.

Die neue RB-Weise hat als Tempoangabe dagegen eher ein Larghissimo oder wenigstens ein Grave verordnet bekommen. Der Vorteil: Man braucht bei der Darbietung kein Metronom. Es reicht, wenn man sich beim Takt nach dem Minutenzeiger der Stadionuhr richtet. Auch in gesanglicher Hinsicht ist das musikalische Meisterwerk eine Herausforderung, selbst für gregorianische Chöre. Man darf gespannt sein, wie es von einer Fangemeinde interpretiert wird, deren Mitglieder zumindest mehrheitlich noch in Besitz ihrer Hoden sind.

Außerordentlich variantenreich, mit viel überraschendem Witz versehen und wirklich inspiriert in Verse gegossen, präsentiert sich nicht zuletzt auch der Text des gewaltigen Poems.

In seinen 24 Zeilen kommt 12 mal der Begriff „RB“ vor. In Waldorf-Schulen wird sowas schon ganz gerne mal als „lernfreundlicher Text“ bezeichnet. Male grünen Rasen und tanze den Namen von Ralf Rangnick dazu.

Und mittendrin die entscheidenden Zeilen:

Für Stil bekannt nicht nur in diesem Land
Natürlich außer Konkurrenz
Wegen Intelligenz
Wir woll`n uns nicht loben

Sie wollen sich nicht loben. Nein, wirklich nicht. Die Anspielung auf konkurrenzlosen Stil und ebensolche Intelligenz ist wahrscheinlich nur der intellektuellen Unterforderung beim Schmieden der Verse zuzuschreiben. Sozusagen rein zufällig aus der Feder gehuscht und auf die Schnelle nicht mehr wegzuradieren.

rbstad

Wie dem auch sei: Die Roten Bullen haben ihre neue Hymne. Nicht auszuschließen, dass sie auch die im Markranstädter Stadtpark heimische Vogelwelt demnächst vom Nestbau im Lautsprecher abhalten wird.

Jetzt wirds hymnisch

Da wird’s doch Zeit, dass wir uns auch mal eine eigene Hymne gönnen, oder nicht? Immerhin befindet sich in unserem Stadion am Bad der Uterus der Roten Bullen, auch wenn der über das Stadium akuten Kindbettfiebers nie hinausgekommen ist.

Also hier mal ein erster Versuch. Zur Erklärung: Texte von Hymnen sind in der Regel austauschbar.

Unser einstiges „Auferstanden aus Ruinen“ passt beispielsweise haargenau zur Melodie unseres heutigen „Einigkeit und Recht und Freiheit“ und umgekehrt ist das natürlich auch der Fall. Probieren Sie es ruhig mal, Sie müssen es ja nicht gleich lauthals versuchen und erst recht nicht im Büro.

Jedenfalls passt unser Textvorschlag zu beiden Hymnen.

Ode an das Leder

Prall gefüllt und rund, aus Leder,
stellt man sich einen Fußball vor.
Und in Markranstädt holt jeder
Gegner ihn aus seinem Tor.

Prall gefüllt und rund, aus Leder,
so war früher, ganz genau,
jeder kleine Zentimeter
der Mutterkuh des SSV.

Prall gefüllt und rund, aus Leder,
war’n die Bullen, die sie warf
und die heute wirklich jeder
in allen Höh’n besingen darf.

Prall gefüllt und rund, aus Leder,
war die Börse dann recht fett,
nach der Geburt der Torejäger,
dieser Bullen, ach so red.

Prall gefüllt und rund, aus Leder,
war’s Euter einst der Mutterkuh.
Aber heute weiß ein jeder:
Ein leerer Beutel macht nicht „Muh“!

Lang gesogen, leer und faltig,
baumelt nun am Stadiontor,
was früher einmal so gewaltig
prall gefüllt aus Leder war.

Na ja, so ungefähr jedenfalls könnte es klingen. Mit einer finanziellen Motivationsspritze aus Österreich wäre sicher mehr dabei rumgekommen. Irgendein rhetorisch sinnstiftendes SSV, SSV, SSV, SSV, SSV, SSV, genau, genau, genau! Oder sowas in der Art eben.

Kunst ist Waffe und je teurer, desto schießt sie … wenn man die richtige Uniform trägt.

 

Mürkrünstüdtür Nüchtschüchtün sünd wüdür ünlün

Dumm gelaufen. Obwohl die Markranstädter Nachtschichten nie auch nur ein falsches üy über Recep Tayyip Erdoğan geschrieben haben, waren wir allein in den letzten 7 Tagen über 1900 mal Ziel von Internet-Angriffen. Hat natürlich nichts, aber auch gar nichts mit dem osmanischen Führer zu tun. Eher damit, dass in den letzten 14 Tagen bei uns eh niemand so richtig Lust auf Satire verspürte. Also hatte unser Techniker ausreichend Zeit, ein ordentliches XXL-Kondom über den Server zu ziehen. Sicher ist sicher!

Jetzt können sie uns alle mal, die Cyber-Krieger da draußen im WorldWideWeb. Auch der Osmanen-Adolf übrigens. Ein Mondo „extra stark“ von Kaspersky, die Pille danach von Norton, eine Sterilisation mit dem Skalpell von McAfee und hier oder da etwas natürliche Zurückhaltung; das sollte genügen im Kampf gegen die Cyber-Krieger, die übrigens nicht nur aus dem Ausland kommen.

Allein die Sache mit der Juristerei und das ständige antisatirische Geseier von dieser Atatürk-Kopie aus Istanbul gehen einem so langsam auf die Nerven.

Satire ist zur Zeit nur noch schwer machbar. Keiner weiß zwar, was Satire darf, aber jeder will wissen, was sie nicht darf. Seit Böhmermanns Schmäh-Gedicht werden die Karten neu gemischt.

Neuerdings beschäftigen sich deutsche Gerichte sogar mit Klagen von Türken, die sich nicht nur ärgern, wenn man Gedichte wie Böhmermann schreibt, sondern man solche nicht ausdrücklich schlecht findet. Wehrkraftzersetzung, Hören von Feindsendern, Sympathisieren mit Bolschewiken … all das bedient die Satire und dafür droht dem deutschen Humorjudentum jetzt verschärfte Lagerhaft in Anatolien.

Was DER kann, können wir auch

Übertrieben? Fragen Sie mal Springer-Chef Mathias Döpfner, der deshalb von Erdogan vor den Kadi gezerrt wurde. Weil er Böhmermanns Gedicht gut findet. Okay, der Döpfner arbeitet bei Springer, die haben Geld und können sich wehren. Bei Satirikern aus einer Kleinstadt bei Priesteblich sieht das anders aus. Da geht’s bei Nacht und Nebel gleich mal mit einem Sondertransport ab nach Bürgün-Bülsün.

Auch Kinder wurden verklagt

Der klagefreudige türkische Reichskanzler, nur eine Marginalie: Laut „Stern“ hat der streitbare osmanische Führer bislang über 1.800 Journalisten, Karikaturisten, Ärzte und sogar Kinder verklagt. Da wird bald niemand mehr aufmucken, auch oder gerade in Deutschland nicht. Und wenn sich das bis Nordkorea rumgesprochen hat, darf selbst Donald Trump das dortige Regime bald nicht mal mehr als Regime bezeichnen. Auch nicht satirisch als Demokratie!

Und Hitler darf eigentlich auch nur noch als Bestie bezeichnet werden, weil kein Rechtsanwalt mehr mit der Aufrechterhaltung seiner Reputationen Geld verdienen kann. So schön ist das mit dem Rechtsstaat und dem Paragraphen zur Majestätsbeleidigung.

 

Deshalb an dieser Stelle für alle Schülerinnen und Schüler schon mal ein paar Sätze zum Auswendiglernen. Ihr werdet sie später mal brauchen.

„Unser Präsident Recep Tayyip Erdoğan wurde am 26. Februar 1954 in Istanbul geboren. Sein Vater war Seemann. Er besuchte die Grundschule nahe der Piale-Pascha-Moschee … „ Okay, den Rest werden Euch sicher Eure Großeltern erzählen können. Sollten die mal ein paar Namen oder Daten durcheinander bringen, dann liegt es entweder am Alter oder daran, dass sich Geschichte auch in Sachen Pressefreiheit manchmal wiederholt.

Gut, also Böhmermanns Behauptung, dass der Oberhirte vom Bosporus die ihm anvertrauten Geißlein zwecks koitaler Erleichterung penetriert, ist grenzwertig. Sicher: Auch Goethe hätte sich schwer getan, auf „Minderheiten unterdrücken“ einen anderen Reim als „Ziegen ficken“ zu finden. Allein ob er überhaupt Sex haben kann, der türkische Reichskanzler, ist fraglich. Wie soll sich der arme Mann auf einen geilen Ziegenarsch konzentrieren können, wenn ihm die deutsche Kanzlerin seit Wochen permanent mit ihrem Kinn an der Prostata reizt?

Nö, das Ding mit den Ziegen war wirklich hart an der Grenze. Warum hat er das überhaupt gesagt, der Böhmermann? An dieser Stelle wäre Satire gar nicht erforderlich gewesen. Die nackte Wahrheit hätte gereicht. Zum Beispiel die, dass normaler Geschlechtsverkehr allein schon deshalb nicht notwendig ist, weil junge Kurdinnen in türkischen Polizeistationen traditionell mit Gummiknüppeln entjungfert werden. Ja gut, sie sind meist noch so jung, dass sie noch nicht wissen, wie man sich dazu bewegt. Aber dieses Defizit lässt sich mit ein paar gezielten Stromstößen ganz schnell überwinden. Da zucken die manchmal noch, wenn schon längst alles vorbei ist.

Nein, wir wollen noch eine Weile online bleiben und schreiben nichts über diesen Erdoğan und auch nichts über diese europäische Made in seinem Arsch. Es heißt ja nicht umsonst Markranstädter Nachtschichten und nicht Istanbuler Beobachter oder Anatolischer Stürmer. Und gerade das erfüllt uns in diesen Tagen mit einem Anflug von Stolz. Jawollja, Stolz!

In Lallendorf mussten in den letzten Jahren schon allerhand Leute, Vereine, Organisationen oder Parteien für teilweise primitivste Satire sprichwörtlich ihren Arsch hinhalten. Sie alle haben sich artig durch den Kakao ziehen lassen. Nicht nur weil sie wussten, dass der süße Nachgeschmack länger wirkt als die Verheißung auf den Endsieg nach einem sinnlosen juristischen Gemetzel.

Nein, weil sie wussten und wissen, dass auch sowas zur Meinungsbildung beitragen kann, dass man nicht nur selber Pillen verteilen darf ohne ab und zu selber mal was zu schlucken und weil auch das zur Demokratie gehört.

Die letzten Wochen waren dunkel. Sehr dunkel für Satire. Und es wird noch eine ganze Weile dunkel bleiben, weil man sich jetzt erst mal selbst neu ordnen muss. Der Wille der Protagonisten – egal ob sie Merkel oder Erdoğan heißen – ist deutlich lesbar. Am liebsten wäre es ihnen wohl, wenn jeder Leidartikel mit den Worten beginnt: „Im Zuge der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des XII. Parteitages und der Hauptaufgabe in ihrer Einheit von Presse- und Meinungspolitik…“

Geschichte wiederholt sich

Nein, hatten wir schon. Aber wenn es eben nochmal sein muss, dann werden wir in diesen Krieg um Presse- und Meinungsfreiheit ziehen, wie in einen Gottesdienst. Notfalls werden wir den Kampf von Moskau oder London aus führen, wenn wir Deutschland verlassen müssen, weil wir per Ahnentafel keinen Satirikernachweis erbringen können und von der Bundeskulturkammer mit Online-Verbot belegt werden.

Das war viel Frust jetzt und Sie werden sich bestimmt fragen, was das alles mit Markranstädt zu tun hat. Ja, auch wenn es unglaublich klingt, aber Markranstädt ist Deutschland und wenn in Berlin aus Angst gefurzt wird, kommt in einem Kaff wie Lallendorf blanker Durchfall an. Auch das ist eine Lehre der Geschichte.

GEZ und Ziegen f*cken

Eigentlich ist ja die Satire eine rein deutsche Erfindung und da kann sich auch unsere Angie nicht rausreden. Auch wir Markranstädter bezahlen GEZ-Gebühren, ganz gleich, ob wir Fernsehen schauen oder nicht.

Wir stehen unter Generalverdacht, weil wir einen Fernseher besitzen, mit dem wir theoretisch öffentlich-rechtliches Fernsehen anschauen könnten, egal ob wir es tun oder nicht. Genauso verhält es sich mit Herrn Erdoğan. Auch er wird bestimmt keine Ziege f…erführen, aber er hat ein Gerät, mit dem er es theoretisch könnte. Sowohl in Deutschland als auch in der Türkei verdienen sie Millionen mit dieser Definition: die Rechtsanwälte und die Führer.

Allein deshalb ist es egal, ob man Schnitzel oder Döner kotzt. Es ist Zeit, der antisatirischen Hetze auf diesem Planeten mit einem Zentralrat der Humoristen zu antworten. Sowas funktioniert immer. Sind Sie dabei?

 

Neue Schranke mit Angst-Erektion

Das Vergnügen ist zwar nicht gerade schrankenlos, aber allemal grenzenlos. Die Frankenheimer Schranke steht wieder. Doch was muss das Auge des Betrachters da wahrnehmen?

Gut, also der Reihe nach: Erstmal die Uhr neu aufziehen, auf gestern Mittag um 13 Uhr stellen und ab damit in die rechte Spalte. Da tickt sie wieder.

Also, das mit 13 Uhr stimmt nicht ganz, aber um ein paar Minuten geht es hier nicht. Fakt ist, dass der Eintopf noch auf dem Teller dampfte, als die Telefone zu klingeln begannen, die Handys SMS-Eingänge meldeten und eMails eingingen. Die Kernbotschaft: Da bauen welche die Schranke in der Priesteblicher Straße wieder auf.

Kurzer Anruf bei einer Kollegin, ob sie am Abend auf dem Weg in die MN-Katakomben mal schnell ein Foto schießen kann.

Die Antwort war deutlich: „Ihr spinnt wohl! Ich gucke mal von weitem nach, ob es stimmt und dann komme ich rein. Wir haben doch inzwischen genug Fotos von dem Ding. Von A wie Aufbau bis Z wie Zerstörung. Da nehmen wir eins aus dem Archiv.“

A wie Aufbau bis Z wie Zerstörung

Als sie dann in den frühen Abendstunden eintraf, hatte sie dann doch ein Foto dabei. Die Begründung war einleuchtend. „So eins haben wir noch nicht.“, meinte unsere Edel-Feder grinsend.

Und in der Tat, wenige Sekunden später standen vier Satiriker mit heruntergeklappten Kinnladen um einen Monitor und haben Bauklötze gestaunt.

Da wurde Stadt und Bauamt immer vorgeworfen, keine Visionen zu haben, nicht mal mutige, neue Wege zu beschreiten und dann diese geniale Konstruktion zur Vermeidung weiterer Zerstörung. Chapeau!

Die Schranke wurde dank einer ingenieurtechnisch ausgeklügelten Lösung einfach geöffnet gelassen und schon kann sie niemand mehr durchbrechen.

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Schade, ein solches Schildchen fehlt noch, um das satirische Glück vollkommen zu machen.

Doch das ist nicht der einzige Vorteil dieser Konstruktion. Im Prinzip hat man damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Die Känguruh-Siedlung im Schatten der Windmühle hat seit gestern ihren eigenen Blitzableiter, was sich auch positiv auf die Prämien der Gebäudeversicherungen auswirken dürfte. Endlich mal ruhig schlafen, trotz tosendem Verkehrslärm draußen.

Damit verleiht die mutige Idee der gewagten Investition auch die die Voraussetzungen, in die Liste nachhaltiger Projekte der öffentlichen Daseinsfürsorge der Stadt Markranstädt aufgenommen zu werden.

Ein unmoralisches Angebot?

Böse Zungen behaupten schon, dass mit diesem finanztechnischen Seitfallzieher die Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der Schranke und des Durchfahrtverbotes stark macht, mundtot gemacht werden soll. Öffentliches Schweigegeld zugunsten der Versicherungsprämie KfW-geschädigter Häuslebauer sozusagen.

Bleiben wir bei den MN-Zitaten. Die Nachtschichten-Tippse meinte beim Anblick des Fotos: „Erinnert mich an meinen Ex. Der hat auch mit einer Erektion geprahlt, wenn ich im Negligee in der Schlafzimmertür stand und als es dann zur Sache ging, erwies sich das Phänomen als eine Art Duldungsstarre.“

Erektion oder Duldungsstarre

In dieser Haltung wird die neue Schranke unsere Lebensuhr jedenfalls vor eine große Herausforderung stellen. Wir haben sie vorsorglich schon mal mit den Daten des ewigen Kalenders gefüttert.

 

Jugend träumt, Alter rechnet

„Markranstädt wird älter und hat viel mehr junge Leute“ – das meldete die Presse vor wenigen Tagen und bezog sich dabei auf die „regionalisierte Bevölkerungs-Vorausberechnung für Sachsen bis zum Jahre 2030“. Absolut lesenswert (einfach mal draufklicken). Abgesehen von der gewagten mathematischen Theorie enthält das Papier so viel Brisanz, dass man gar nicht mehr darüber nachdenken mag, was die sächsischen Statistiker so über unser Sex-Leben wissen.

Die mit dieser Statistik beschäftigten Mathematiker haben nichts dem Zufall überlassen. Sogar einen Jugendquotienten haben sie ermittelt, die Erben des Adam Ries. Der liegt bei gegenwärtig 26,9. Was die Einheit angeht, wird der Bürger allerdings im Dunkeln gelassen. Es können also ebenso 26,9 Jugendliche sein wie Jahre, Prozent oder erfolgreiche Jugendweihen.

Interessanter, weil von einem wesentlich höheren Phantasie-Faktor begleitet, sind die Prognosen, die direkt in den Markranstädter Schlafzimmern ermittelt wurden. In den kommenden Jahren kommt Leben zwischen Bettdecke und Laken, jawollja!

Wie das gehen soll? Keine Ahnung, aber die Wissenschaftler werden das schon wissen. Möglicherweise werden in den kommenden Jahren entweder die Kopfschmerzen der Frauen weniger oder die Potenz der bislang scheinbar trägen Männer wird steigen.

schwanger

Immer häufiger fragen sich junge Frauen auch in Markranstädt nicht mehr was es wird, sondern wieviel. Mehr als 1,7 Kinder sind aber statistisch nicht drin.

Zur Zeit legt jede Markranstädterin in ihrem Leben 1,56 Kinder, so das Papier. Okay, das ist jetzt wirklich ein rein statistischer Wert, ansonsten würden ja die Schulen unserer Stadt eher einer Ausstellung altertümlicher Exponate griechischer Archäologie gleichen. Torsen-Einmarsch im Klassenzimmer.

Nein, die gebärfähigen Frauen in Markranstädt sind gut vernetzt. Wirft die eine Markranstädterin beispielsweise kein Kind, sagt sie eine andere eben: „Gut, dann lege ich zwei.“ So kommen die krummen Zahlen zustande.

Aber jetzt kommts! In den kommenden Jahren soll die Geburtenziffer auf 1,6 bis 1,7 steigen. Die wissen also schon heute, was in unseren Schlafzimmern morgen so los ist. Wahnsinn! Wie kommt man auf sowas?

Sex aus demografischer Angst

Eigentlich gibt es nur eine Erklärung dafür. Weil man davon ausgeht, dass wir Markranstädterinnen und Markranstädter angesichts der demografischen Entwicklung Angst haben, dass dereinst mangels eigenen Nachwuchses zugereiste Moslems unsere Kiste auf den Friedhof schleppen müssen, werden wir uns in den kommenden Jahren öfter mal zum Sex zwingen. Eigentlich logisch.

rechner

Viele Paare kennen die berühmt-berüchtigte Rechen-Methode noch vor einem völlig anderen Hintergrund. Die Zeiten haben sich aber geändert. Heute findet sie nicht mehr zur Verhütung Anwendung, sondern beim wissenschaftlichen Zeugungsvorgang.

Auch logisch ist die gesellschaftsmathematische These, dass die Geburtenziffer nach Erreichen der 1,7 Kinder wieder abfällt. Klar, anfangs sind die Kleinen niedlich. Stolz werden sie überall rumgezeigt und in all der Aufregung glaubt vielleicht sogar manch junger Vater, dass sich das mit den dunklen Hautfarbe im Lauf der Zeit noch gibt.

Aber irgendwann beginnen sie zu nerven, die Kleinen. Sie brauchen Geld für Koks, streiten sich mit dem Alten um die Spielkonsole oder laufen bei „Frauentausch“ ständig vor dem Flachbildschirm rum und stehen so der Karriere ihrer Eltern permanent im Wege.

 

Frauentausch – auch das ist übrigens ein Auslaufmodell. In Markranstädt gibt’s für Frauen laut dieser Studie nicht mal was, das man eintauschen könnte. Auf 100 Frauen kommen hier aktuell nur 94,5 männliche Bevölkerungsteilnehmer. Das kann man so oder so sehen. Entweder statistisch, oder denen fehlt zu 100 Prozent wirklich was. Angesichts der Geburtenrate fällt es nicht schwer, die fehlenden Teile zu lokalisieren.

98-1

Stadtpark Markranstädt: So sieht Sex im Freien mit 94,5 Prozent Mann aus. Immerhin werden 111 von ihnen einmal zwischen 18 und 30 Jahre alt sein.

Die hier dargestellte Mathematik ist zwar wirklich in alle Richtungen interpretierbar, aber die dem letzten Satz zugrunde liegende Formel … also … die hat schon was. Im Jahr 2030 kämen demnach auf 100 Frauen in Lallendorf 98,1 Männer. Und jetzt Achtung: 111 von diesen 98,1 Testosteronbomben sind zwischen 18 und 30 Jahre alt.

Die Formel für diese gewagte Rechenoperation ist derweil nicht unbekannt. Sie war das grundlegende Handwerkszeug der Planungskommission des SED-Politbüros und wurde uns allabendlich in der Aktuellen Kamera nahegebracht. Allerdings nur im Hinblick auf hochwertige Konsumgüter oder Erträge des Braunkohlekombinates. Mit Humankapital kannten wir diese Steigerungsformen damals nicht. 111 aus 98 – allein das Telelotto wäre eine internationale Erfolgsgeschichte geworden und wahrlich: Wir hätten den Westen überholt, ohne ihn je eingeholt zu haben.

Nun, was aber bleibt uns in Markranstädt, um die Urheber dieses Zahlenwerkes eines großen Irrtums zu überführen? Klar, wir müssen diesen Mathematikern beweisen, dass wir hier auch für 2,3 oder mehr Kinder gut sind. Vielleicht werden sie in ihrer puren Verzweiflung irgendwann sogar von selbst darauf kommen, dass der wahre Reiz der Mathematik darin liegt, morgens die Wurzel aus einer Unbekannten zu ziehen?

 

Herzlich willkommen, Bürger!

Das müsste es dann mit der Kälte gewesen sein. Die Temperaturen werden angenehmer, Bäume blühen und Grün schiebt sich aus den Zweigen. Jetzt nahen die Feiertage vom 1. Mai über Christi Himmelfahrt bis Pfingsten. Das ist die Zeit der Einladungen zu Partys im Garten, Männertags-Feten auf dem Kremser oder Pfingstbier in der Kellerbar. Blöd nur, wenn dann niemand kommt. Liegt es vielleicht an der Form der Einladung?

Kann immerhin sein, denn Einladung ist nicht gleich Einladung. Ganz gleich ob man sie persönlich mit einem Händedruck ausspricht, telefonisch oder schriftlich: Es kommt darauf an, was man dem Gast bietet.

Der Super-Gau ist natürlich meist eine Einladung von der Schwiegermutter. Die kann eigentlich schreiben was sie will, es wird nie reichen, das Maß persönlicher Überwindung wenigstens zum Aufbruch ins Ungewisse auch nur annähernd zu rechtfertigen.

Einladung von der „anderen“ Mutti

Außer Kaffee, Kuchen und ein paar klugen Ratschlägen ist da eh nicht viel zu erwarten. Man sollte nur den Streuselkuchen aufessen und den Kaffee austrinken. Es gab da Zeiten … wir wissen ja nicht, was Not ist.

Da ist eine Einladung zur Gartenparty des befreundeten Paares schon wesentlich interessanter. Allein schon das Fahrgestell der Frau. Da könnte man glatt vergessen, dass die Thüringer vom Grill eher wie eine Brandenburgerin am Kiosk riecht.

Thüringer oder Brandenburger?

Fazit: Es kommt nicht nur darauf an, was man seinen Gästen bietet, sondern dass die auch wissen, was ihnen geboten wird. Genau dazu ist eine Einladung da. Neugierig machen, Spannung erzeugen, ein guter Gastgeber sein.

Ebeneezer Scrooge

Lediglich wenn man Chef ist, braucht man sich darum keine Gedanken zu machen. Da reicht gegenüber der Sekretärin eine kurze Bemerkung über Ort und Zeit und noch am gleichen Abend tritt die gesamte Belegschaft an. Oft sogar mitsamt eigenen und geborgten Kindern, um schon mal den Boden für die kommenden Gespräche über eine bitter notwendige Gehaltserhöhung zu bereiten.

 

Andererseits gibt es tatsächlich Einladungen, die sozusagen pro forma ausgesprochen werden, jedoch nie und nimmer mit dem ernsthaften Wunsch verbunden sein können, dass da auch jemand erscheint. Es sind jene Dokumente, die lediglich einer vorgeschriebenen Form und Frist entsprechen müssen, um juristischen Vorschriften Genüge zu tun.

Zwei Musterexemplare hängen derzeit im Schaukasten vorm Bürgerrathaus aus. Nicht als schlechtes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte, sondern in der Tat als Ausdruck unserer demokratischen „people welcome“-Kultur.

Was Sie jetzt lesen, ist die Tagesordnung der 18. Sitzung des Technischen Ausschusses, die am vergangenen Montag stattfand.

ausschuss

Die Tagesordnung zur Sitzung des Verwaltungsausschusses, die am Tag darauf über die Bühne ging, kann man sich schenken. Sie ist auf Punkt und Komma mit der des Technischen Ausschusses identisch. Wer es unserem hochseriösen Organ journalistischer Qualitätspresse trotz allem nicht zu glauben bereit ist, kann einfach hier klicken und vergleichen.

Wer fühlt sich da nicht eingeladen und neugierig gemacht? Wer würde da nicht schon beim Abendessen unterm Tisch mit den Füßen trommeln, weil er es vor Spannung nicht mehr aushält? Nein, diese Fragen sind ausnahmsweise wirklich nicht satirischer Natur.

Oder ist es etwa nicht spannend zu erleben, ob es im Zeitalter des Telefons und elektronischer Kommunikationswege wirklich auch nur einen Ortsvorsteher gibt, der bis zur Ausschusssitzung wartet, um endlich nach Markranstädt fahren zu können und  dort seine Anfragen los wird?

Ja gut, ob man als Bürger unbedingt dabei sein muss, wenn der Häuptling eines abgelegenen Kaffs über Kaulquappen im Löschteich klagt, sei dahingestellt. Aber es könnte ja auch sein, dass sich da jemand durch die Feuerwehrsirene sexuell belästigt fühlt und da kann so eine Sitzung richtig unterhaltsam werden. Also – Spannung ist schon da, man muss sie nur lesen wollen. Allein mit dem phantasielosen Studium einer solchen Tagesordnung wird das nichts mit Transparenz oder Demokratie. Es liegt einzig und allein an uns, den Eingeladenen.

Und sollte der Einladung letzte Woche wider Erwarten doch jemand gefolgt und hinterher enttäuscht gewesen sein, dem sei hiermit Trost gegeben. Es werden noch viele Sitzungen folgen und mit ihnen auch viele Einladungen. Hier schon mal vorab die Tagesordnungen bis Juni 2023, damit Ihnen die Wahl etwas leichter fällt:

1.1. Eröffnung
1.2. Feststellen der Beschlussfähigkeit
1.3. Benennung der Protokollanten
1.4. Zustimmung zur Tagesordnung
2. Protokollkontrolle öffentlicher Teil
3. Anfragen der Ortsvorsteher
4. Wichtige Mitteilungen und Aktuelles

Ihre Schwiegermutter

 

Sicherheitslücken im Markranstädter Nahverkehr

Die schwere Panne am Flughafen Köln-Bonn hat neue Diskussionen um die Sicherheit im Personenverkehr entfacht. Auch in Markranstädt waren die ÖPNV-Passagiere gegenüber den Verkehrsbetrieben bislang eher gutgläubig. Ein Test der Markranstädter Nachtschichten enthüllte jetzt aber eklatante Lücken im Sicherheitssystem. Kann man noch ohne Terror-Angst mit dem Bus fahren?

Deutschlands Personenverkehrsdrehscheiben gleichen heute Steuerzentralen interstellarer Raumschiffe. Technik, wohin das Auge reicht.

Lasergesteuerte Körperscanner, vollelektronische Leibesvisitationsanlagen, EDV mit Spezialfiltern zur Rasterfahndung, Lesegeräte zur Auswertung biometrischer Fotos … und alles für die Sicherheit der Passagiere.

Freitag, 22. April 2016, 11:28 Uhr: Der speziell für Undercover-Aktionen ausgebildete MN-Mitarbeiter 008 (Name geändert) befindet sich am Abfertigungsbereich der Bushaltestelle in der Schkeuditzer Straße.

In einer Aktentasche hat er hochbrisantes Material deponiert, das jeder Anti-Terroreinheit eiskalte Schauer über den Rücken jagen würde.

Wird es unserem Mitarbeiter gelingen, die Konstruktionspläne für eine Eisbombe unentdeckt an Bord des Busses der Linie 65 zu schmuggeln? Noch sind wir zuversichtlich, dass er enttarnt wird und für mindestens drei Jahre in Abschiebehaft kommt, der nervende Saupreuße, der.

Aber es kommt anders. Ohne überhaupt angehalten oder wenigstens in einer anderen adäquaten Form belästigt zu werden, steigt unser Mann in den Bus, grüßt sogar noch den Piloten, sucht sich dann in aller Ruhe einen freien Platz aus und kann so mit dem terroristischen Material unbehelligt bis nach Leipzig fahren.

Von Sicherheitspersonal oder wenigstens einer Stewardess ist weit und breit nichts zu sehen.

plan

Ob nach dem Funktionsprinzip von Schöller oder Langnese: Die Wirkung von Eisbomben ist verheerend.

 

Für den Rückweg setzen wir noch einen drauf. Irgendwie müssen wir 008 schließlich los werden. Wir verzichten auf die Aktentasche. Der Mann trägt das brisante Dokument nunmehr deutlich sichtbar in der Hand. Und weil uns das noch nicht reicht, verkleiden wir ihn als Muslima. In Ermangelung einer Burka rollen wir den Kerl in einen alten Teppich und schieben ihn so vor den Busfahrer.

Der zuckt noch nicht mal zusammen. Und so steigt unser Mann samt Baupläne für eine Zwei-Kilo-Eisbombe wenig später in der Schulstraße wieder aus und ist zutiefst erschüttert über die gravierenden Lücken im Sicherheitssystem unserer Nahverkehrsbetriebe.

Wir konfrontieren die Kommunale Linienbus GmbH (KLG) mit den Ergebnissen unserer Recherchen. Dort wollte man zunächst nicht mit uns sprechen, erklärte sich dann aber auf schriftliche Anfrage zu einer Stellungnahme bereit. Darin heißt es unter anderem: „…Wir nehmen Ihre Hinweise sehr ernst. Auf Ihre Frage, wie die KLG darauf reagieren wird, können wir auf diesem Wege allerdings keine Stellung nehmen, weil die Antwort große Teile unserer Passagierinnen und Passagiere verunsichern würde…“