Ja ist denn heut schon Weihnachten?

Wenn man der eigenen nostalgischen Erinnerung oder wenigstens den Erzählungen unserer Ahnen Glauben schenken darf, hat Weihnachten seit Menschengedenken immer irgendwas mit Schnee zu tun. Nicht umsonst kommt der alte Zausel in den einschlägigen Liedern stets im Schlitten angeheizt. Vor diesem Hintergrund und den frühsommerlichen Temperaturen jenseits des Wohnzimmerfensters muss die folgende Frage einfach erlaubt sein: Ja ist denn heut‘ schon Weihnachten?

So ein Kalender, das haben schon der alte Julius und der noch nicht ganz so alte Gregor gewusst, ist nicht statisch. Und er beruht nicht nur auf astronomischen Kenntnissen, sondern auf mathematischen Grundlagen. Mengenlehre, Algebra, Gleichungen und so weiter…

Gehen wir also das vor der Tür stehende Fest einmal mathematisch an. Weihnachten ist am 24. Dezember. Lassen Sie uns dieses Datum als y bezeichnen. Weil nun Weihnachten ohne Schnee nicht geht, ist die weiße Pracht unser x und da Schnee als feste Größe für Weihnachten vorausgesetzt werden muss, kann er keine Variable sein, sondern ist eine feste Größe. Also x=1.

Weihnachten (z) ist also, wenn am 24. 12. Schnee liegt, oder mathematisch ausgedrückt, Schnee plus 24. Dezember gleich Weihnachten. Noch mathematischer ausgedrückt: x+y=z.

Wenn x (also Schnee) eine feste Größe (also 1) ist und am 24. Dezember (y) trotzdem Null davon vor der Tür liegt, kann an der Gleichung etwas nicht stimmen, weil z damit nicht erreicht wird. Zwei Werte stehen dabei nicht in Frage: Niemand wird daran zweifeln, dass am 24. Dezember der 24. Dezember ist und wie wir einleitend festgestellt haben, besteht auch kein Zweifel am Vorhandenseinmüssen von Schnee zu Weihnachten.

Mithin gilt also: an x und z gibt’s nichts zu rütteln. Demnach ist die Gleichung nur gültig, wenn y eine Variable ist. Das wiederum bedeutet, dass Weihnachten nicht am 24. Dezember gefeiert werden muss, sondern nur dann, wenn x=1 ist, also Schnee liegt. Wir könnten demnach getrost noch etwas warten mit der Bescherung. Vielleicht schneits ja im März?

Sie werden sich jetzt sicher fragen, wo es das Zeug gibt, das einen Menschen auf solche Gedanken bringt und wieviel davon man sich einwerfen muss? Die Antwort ist einfach, wird die Jüngeren und Wessis allerdings tief erschüttern.

santaEs gab da nämlich mal eine Zeit (und die ist noch gar nicht so lange her), in der wurde Weihnachten ganz anders gefeiert. Nix mit LED’s an der Tanne und Santa Claus im Smartphone.

Da kam der Weihnachtsmann noch schwarz-weiß, es brannten richtig Kerzen am Baum und die hellsten davon waren wir! Jawollja, wir, die Generation vor Robäärrt und Carmen Geissen. Das war eine Zeit, die war echt mega-unglaublich. Da gab es in den Betrieben sogar noch Weihnachtsfeiern für die Kinder der Betriebsangehörigen. Glaub Ihr nicht, liebe Kinder?

Weihnachtsfeiern für Betriebskinder

Doch, doch! In einem dieser Betriebe sitzt Ihr fast jeden Tag drin. Wo Euer neues Schulschiff jetzt durch die Ozeane des Wissens pflügt, befand sich früher die Rothe & Benkmann KG und da habe ich, Euer Märchenonkel, 1969 noch eigenfüßig stramm gestanden vorm Weihnachtsmann.

So richtig mit zwei Zentimeter Kackstift in der Hose und gestottert habe ich auch beim Aufsingen meines Liedes. Aber ich habs zusammengekriegt, ohne heimlich auf meinen eBook-Reader zu illern.

Wollmütze statt Triola

Gut, ungerecht war er damals schon, der Weihnachtsmann. Der Rotzer vom Parteisekretär bekam eine Triola und ich nur eine Wollmütze. Aber die Triola hat dem nichts genützt, als wir dann alle zusammen zum O-Bus gegangen sind.

Meine Wollmütze allerdings hat mir gleich gute Dienste geleistet. Warum? Ihr ahnt es sicher schon: Damals lag zu Weihnachten noch Schnee. Da kannste auf einem Plasteklavier blasen bis du schwarz wirst, das Hirn wird davon nicht wärmer. Von einer Mütze schon.

eisenbahnDie Bescherung zu Hause verlief ähnlich. Es gab zu jener Zeit oft nur ein Geschenk. Gerade deshalb haben wir uns aber darüber gefreut und es ist uns auch bis heute in Erinnerung geblieben.

Basteln unter Drogen

Bei den Jungs war es oftmals ein Accessoire für die elektrische Eisenbahn, die sich unsere Väter schon Anfang Dezember für uns aufgebaut haben. Und so saßen wir dann alle gemeinsam während der Feiertage am Tisch und haben Wohnhäuser, Windmühlen. Kirchen oder Bahnhöfe zusammengeklebt. Womit? Mit Duosan natürlich oder mit Kittifix.

Die ganze Wohnung roch danach. Heute schnüffeln Teenager sowas aus Plastiktüten, um danach ein paar Stunden high zu sein. Und da fragt Ihr noch, warum wir vor 40 Jahren so fröhlich waren, obwohl wir nur ein Geschenk bekamen und das auch noch selber zusammenbauen mussten? Wir waren quasi bis zur Schädeldecke zugedröhnt mit Lösungsmitteln.

Schnüffeln für gute Laune

Aber zumindest wisst Ihr jetzt, wie man auf solche Gedanken mit mathematischen Gleichungen kommt. Euer Märchenonkel bastelt nämlich auch heute noch gerne während der Feiertage und er hat auch ein paar Tuben von den klebenden Halluzinaten über die Zeit gerettet.

kitifixAuf seiner Eisenbahnplatte wollte er in den letzten Tagen direkt neben Stadtbad und Fußballstadion eine Kita bauen. Nicht zu fassen, wieviel Klebstoff dabei draufgegangen ist. Schon beim Erdgeschoss haben ihn die Kleber-Dämpfe auf den Trip seines Lebens gebracht.

Auf Trip mit Marilyn und Einstein

Dabei traf er den Weihnachtsmann, der ihm Marilyn Monroe schenkte, dann hat er mit Elvis noch einmal den Standort diskutiert und kurz bevor der Bau fertig war, kam der Rote Baron angeflogen und hat das ganze Ding weggebombt. Albert Einstein hat ihn schließlich getröstet und gemeint, das wäre alles nur relativ.

Als er am nächsten Morgen aufgewacht ist, konnte er erleichtert feststellen, dass er in Wahrheit noch gar nicht angefangen hatte mit dem Bau. Die offene Leimtube lag ausgehärtet auf dem Fußboden, die Werkstatt roch nach Lösungsmitteln und sein Spiegelbild zeigte das Gesicht von Horst Tappert. Okay, jetzt ist erstmal Weihnachten. Geht auch ohne Schnee, denkt er, während sein Blick auf die Leimtube fällt.

Das Team der Markranstädter Nachtschichten wünscht allen Leserinnen und Lesern frohe und gesegnete Weihnachten. Bleiben Sie uns gewogen. Und wenn Ihnen auf Ihrem Weinachtsspaziergang draußen ein paar Frühblüher begegnen, sehen Sie es doch einfach als Botschaft. Auch die Natur nimmt nicht alles so tierisch ernst.

 

Wahl des „Markranstädter Unwort des Jahres 2015“ läuft!

Das „Wort des Jahres 2015“ heißt „Flüchtlinge“. Zumindest hat das die Gesellschaft für deutsche Sprache so ermittelt. Die Suche nach dem „Unwort des Jahres 2015“ ist allerdings noch nicht beendet. Sie wird traditionell von der Technischen Universität Darmstadt initiiert und läuft bis zum 31. Dezember. Aber alles andere als ein Begriff, der ebenfalls irgendwie mit der Flüchtlingsproblematik zu tun hat (beispielsweise Balkanroute oder so), wäre eine Überraschung. Spannender ist da schon das Finale zum „Markranstädter Unwort des Jahres 2015“.

In der Tat gab es einige Leserinnen und Leser, die sich nicht nur zu den vier vorgestellten Angeboten geäußert haben, sondern die heute startende Umfrage auch mit eigenen Vorschlägen bereicherten.

Im Kommentarbereich schrieb beispielsweise Bärbel, dass sie das Wort „Straßensperrung“ favorisiere, weil kein anderer Begriff im zurückliegenden Jahr so oft in den Pressemitteilungen der Stadtverwaltung vorgekommen sei.

Nun, wir haben nachzählen wollen, doch bereits mittendrin lag ein anderer Begriff uneinholbar vorn. Nicht von Straßensperrungen war das Jahr 2015 geprägt, sondern sogar von „Vollsperrungen“. Das Einverständnis unserer Leserin vorausgesetzt, haben wir diesen Begriff dann auch in die finale Abstimmung aufgenommen.

Kein Weg an „Transparenz“ vorbei

Gleich mehrfach wurde der Begriff „Transparenz“ für den Endausscheid gefordert. Allerdings auch in verschiedenen Abwandlungen. Während Babaline im Kommentarbereich für die naturbelassene Ur-Form aus dem Kampfjahr 2012 votierte, übersandte Leser R.S. per eMail gar eine fast schon wissenschaftliche Dissertation zum Thema „Intransparenz“.

Allein die Mühe und vor allem die künstlerische Ausdrucksform (man beachte die Formel!) waren es schon wert, den Begriff ebenfalls in die Liste aufzunehmen. Warum gerade Transparenz so hoch im Kurs steht, kann nur vermutet werden.

Weitere Vorschläge beschäftigten sich mit dem „Personalkarussell“ oder der „vierten Etage“. Ja, unserer Leserin L. aus der Kernstadt gefällt der Begriff und sie adelt die Markranstädter Nachtschichten: „Da ist Ihnen ein wirklich ironischer, aber treffender in niemanden verletzender Begriff eingefallen. Sogar mein Mann spricht, wenn wir uns über Kommunalpolitik oder den Stadtrat unterhalten, nur noch von der vierten Etage.“

physik

Die Einsendung unseres Lesers R.S. aus Markranstädt kommt fast schon einer wissenschaftlichen Dissertation gleich. Man beachte die künstlerische Aussage der Formel. Sehen Sie, was der Physiker damit sagen will?

Ein Leser aus dem ländlichen Raum (woher sonst?) schlägt das zuletzt auch medial vielfach beschworene „schnelle Glasfaser-Netz“ vor. Er fragt „Wie kann ein Netz schnell sein?“ und beantwortet sich die Frage gleich selbst: „Wahrscheinlich ist es so schnell, dass es schon wieder weg war, bevor es überhaupt bemerkt wurde.“

Das war schon eine tolle und vor allem überzeugende Argumentation eines Lesers, der sich die Markranstädter Nachtschichten wahrscheinlich noch mit einem analogen Modem reinziehen muss.

Liebe Leserinnen und Leser, das sind zusammen mit den vier Vorgaben weit mehr als fünf Vorschläge. Aber die hoch gesteckten Maßstäbe der Transparenz verpflichten uns, auch die vermeintlichen Außenseiter zuzulassen und zur Auswahl zu stellen. Nicht auszudenken, was die GRÜNEN auf ihrem nächsten Bundesparteitag anstellen würden, wenn hier auch nur ein Unwort-Vorschlag diskriminiert würde und dann noch herauskäme, dass es sich um eine Frau handelt, deren Großeltern in grauen Vorzeiten zudem noch eingewandert sind.

Geheime Wahl bis 31. Dezember

Rechts oben auf dieser Seite sehen Sie Ihre persönliche Wahlurne. Sie brauchen weder einen Wahlschein, noch müssen Sie beim BAMF registriert oder vom Tierschutzbund gechipt sein. Suchen Sie sich einfach Ihren Favoriten für das Markranstädter Unwort des Jahres 2015 aus, klicken Sie in den Kreis, der davor steht und schon haben Sie gewählt. Lediglich zielen sollen Sie können, denn wenn sie aus Versehen den falschen Kreis treffen, wars das. Die Software ist, wenn sie denn richtig funktioniert, so eingerichtet, dass jeder Leser nur einmal abstimmen kann.

Der Wahlvorgang endet am 31. Dezember. An dem Tag endet so allerhand, da kommt es auf so eine Abstimmung auch nicht mehr an.

 

Refugee-Monopoly: Wenn Du über Los kommst, kaufe ein Hotel

Es ist immer irgendwie blöd, wenn Gerüchte einer Entwicklung vorauseilen und sich dann auch noch bestätigen. Das schafft Misstrauen. Sind die scheinbaren Vorgänge um ein Hotel in der Stadt Markranstädt allein schon recht unglücklich, droht die inkontinente Krämerei des Landkreises die Zukunft der Immobilie nun gar zu einem Politikum werden zu lassen.

Die Hintergründe eines möglichen Hotelverkaufs – ganz gleich ob wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder privater Natur – sind eigentlich unerheblich. Auch die Frage, ob und mit wem Verhandlungen über den Eigentümerwechsel des Hotels in der Krakauer Straße geführt werden oder nicht, bewegt die Gemüter auf Lallendorfs Straßen wenig.

Bestenfalls „Die Welt“ hat sich unlängst mal für einen der jetzt in Rede stehenden Interessenten erwärmt und sich dabei mit dem Problem beschäftigt, dass ein Ex-Stasi-Offizier unter dem Deckmantel der Barmherzigkeit für Flüchtlinge sein Auskommen aus Steuergeldern generiert. Aber auch das lässt die Gemüter in Lallendorf bislang noch kalt. Lediglich was danach kommen soll, ist derzeit der Stoff, aus dem die Gespräche und Gerüchte gewebt sind. Das Hotel als Asylbewerberunterkunft. Aber der Reihe nach.

… 250 im Sinn

Die Stadt Markranstädt hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die ihr zugeteilten Asylbewerber dezentral unterzubringen und so deren Integration zu fördern. Das hat bislang auch ganz gut geklappt, wenngleich dies bei noch nicht einmal 45 Personen auch ein nicht gerade unlösbares Unterfangen war.

Nach letzten Angaben des Landkreises müsste sich Markranstädt jedoch auf die Ankunft von mindestens 210 weiteren Flüchtlingen vorbereiten und wer die Entwicklungen auf der Balkanroute verfolgt, wird leicht ausrechnen können, dass selbst diese Zahl nur ein marginaler Zwischenwert ist. Das ist wie im Matheunterricht: 250 geschrieben, 250 im Sinn, macht also… na ja, so ungefähr jedenfalls.

Der Schwarze Peter

Im Prinzip verhält es sich mit den Flüchtlingen wie mit dem Winterdienst. Beides ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die jedoch per Gesetz immer weiter nach unten delegiert wird. So, wie der Mieter als schwächstes Glied in der Kette auf dem Fußweg zum Schneeschieber greifen muss, hat die Kommune den Schwarzen Peter bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Und so, wie sich der Verkehrsminister in jedem Frühjahr für eisfreie Verkehrswege feiern lässt, erntet Mutti die Lorbeeren für ihr „Wir schaffen das!“ Wir, das sind in diesem Fall die Kommunen und Bürger.

Im Bemühen zur Lösung dieser Aufgabe hat die Stadt Markranstädt bereits allerhand Zwirn in die Nadeln gefädelt, um das vorne und hinten zu kurze Wams wenigstens an den wichtigsten Stellen zu stopfen. Darunter befindet sich sogar ein Flicken, der sowohl kommunale Gestaltungsmöglichkeiten als auch die Nutzung hier vorhandener wirtschaftlicher Ressourcen beinhaltet.

Eine Wiese in homöopathisch-zentrumsnaher Lage war dem Vernehmen nach in Abstimmung mit ihrem Eigentümer als Standort auserkoren und hätte einem in Markranstädt ansässigen Unternehmen sogar die Möglichkeit geboten, hier eine Art Musterprojekt errichten zu können. Aber bei der Behandlung dieses Vorschlags scheint man im Landratsamt das Posteingangsfach mit dem Schredder verwechselt zu haben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Jetzt könnte statt dessen das Hotel in der Krakauer Straße als zentrale Unterkunft herhalten.

Während einer Beratung der Bürgermeister seien diese erst jüngst darauf vorbereitet worden, dass Kommunen mit mehr als 5.000 Einwohnern solche Möglichkeiten vorzuhalten hätten. Nun also könnte die Stadt ein umgewidmetes Hotel verordnet bekommen, das für rund 90 Gäste zugelassen und in dem laut unterschiedlichen Quellen die Unterbringung von weitaus mehr Flüchtlingen vorgesehen sein soll.

Private Public Partnership?

Kann man ja machen. Blöd nur für die Stadt als Partner, dass sie von diesem Ansinnen wahrscheinlich auf dem gleichen Wege erfahren hat, wie ihre Bürger an den Ufern des Zschampert: Aus der Gerüchteküche. Inzwischen ist allerdings wohl auch eine offizielle Bestätigung im Rathaus eingetroffen. Demnach habe der Landkreis eine Interessenbekundung zur mehrjährigen Anmietung des Objekts als Gemeinschaftsunterkunft abgegeben.

Dass der Landkreis mit solchen Aktionen die Strategie der Stadt sowie vieler ehrenamtlich hier Wirkenden konterkarieren und damit aus dem „Wir schaffen das“ ein „Die haben das zu schaffen“ machen könnte, liegt angesichts solchen Treibens auf der Hand. Noch interessanter könnten die Hintergründe sein, mit denen sich demnächst sogar bislang Unbeteiligte herumzuschlagen haben, falls der Deal tatsächlich zustande kommt.

Wenn die Öffentliche Hand beim privaten Eigentümerwechsel eines Objektes sozusagen als Sicherheit eine mehrjährige Mietgarantie in Aussicht stellt – und sei es nur in Form einer Interessens- oder Absichtserklärung – darf man dann noch von freier Wirtschaft sprechen? Mit einer solchen Option in der Tasche wäre es wahrscheinlich jedem halbwegs integren Bürger möglich, der Bank die Entscheidung über eine Kreditvergabe zu erleichtern. Irgendwie hat der Vorgang ein Geschmäckle nach Peanuts aus der Schneider-Tüte, das noch für viel Aufregung am Snack-Näpfchen sorgen könnte.

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Nun will also scheinbar eintreten, was längst befürchtet wurde. Unternehmen sanieren sich mit Flüchtlingen auf Kosten des Steuerzahlers. Bekanntestes Beispiel für eine solche Strategie ist das Maritim-Hotel in Halle. Allerdings wurde dort nicht nur quasi über Nacht den Mitarbeitern gekündigt, sondern den eingemieteten Dienstleistungsbetrieben gleich mit.

Die Schatten einfacher Lösungen

Dass auf einem so vergifteten Nährboden gewünschte Blüten wie Akzeptanz und Integration bereits als Saat verdorren können, scheint vor dem finanziellen Hintergrund und Merkmalen wie Wachstum oder Aufschwung (wenn auch nur für Wenige) kaum zu interessieren.

Noch ist nichts entschieden in Sachen Hotel Gutenberg. Für Markranstädt bleibt zu hoffen, dass sich an der jetzigen Situation auch nichts ändert. Die Stadt wäre sonst angesichts eigener Alternativen und bestehender Unterbringungsmöglichkeiten eines großen Teils ihres individuellen Handlungs- und Gestaltungsspielraums beraubt. Aber die Hoffnung ist gering. Zu oft schon haben sich Gerüchte bewahrheitet und allein die Drohung, dass der Freistaat das Hotel mieten könne, wenn es der Landkreis nicht tut, charakterisiert die partnerschaftlichen Gefühle der Öffentlichen Hand untereinander. Am Ende siegt der Stärkere, auch wenn das Sprichwort dem Nachgebenden Klugheit unterstellt.

 

Glühwein mit Schuss

Die Kurve zeigt klar nach oben. Verirrten sich vor neun Jahren erstmal nur einige Neugierige, um zu sehen, was da auf dem Marktplatz so los ist, nahm die Besucherzahl in den Folgejahren stetig zu. Am Samstag, beim 9. Markranstädter Weihnachtsmarkt, waren schon vor der offiziellen Eröffnung kaum noch Pflastersteine zu sehen. Das Areal vorm Rathaus war proppevoll!

Punkt 14:30 Uhr ließ Pfarrer Zemmrich zur Andacht in die Kirche bitten. Kaum ein Platz blieb unbesetzt in St. Laurentius, hinten mussten einige Schäfchen sogar stehen. Und was der Pfarrer ihnen allen mit auf dem Weg gab für die Adventszeit, waren genau die richtigen Gedanken vor dem Sturz in den Markttrubel.

Einfach mal drüber nachdenken, was und wem wir zu glauben bereit sind – das war Zemmrichs Kernbotschaft. Wenn jemand sagt, wir müssen in den Krieg ziehen, dann sind wir manchmal ebenso schnell bereit, das zu glauben wie den Werbebotschaften, was wir zum Leben angeblich alles so unverzichtbar bräuchten. Die Verantwortlichen hinter diesen Worten sind aber ebenso schwer „anzufassen“ wie Jener, der uns eben nicht vorschreibt, was wir kaufen oder ob und gegen wen wir in den Krieg ziehen sollen.

Und so schrieb Zemmrich den Andächtigen auch nicht vor, was sie von seinen Worten halten sollen, sondern entließ sie mit Gedanken darüber, warum wir gar zu oft und gar zu gern jenen Geistern Glauben schenken wollen, die nichts Gutes verheißen und Jenem, der Gutes will, mangels körperlicher Präsenz eher Bedeutungslosigkeit unterstellen.

Die Andacht und das Co-Referat

Zemmrichs Vergleiche zur realen Situation in diesen Tagen hatten eine Brisanz, die zumindest das heidnische Ohr in ähnlicher Form und Deutlichkeit zuletzt bei den Friedensgebeten anno ’89 in deutschen Kirchen gehört hat. Da tut sich was unter den Dächern unserer Gotteshäuser. Was unser Pfarrer sagte, hatte jedenfalls mehr Inhalt als das Extrakt aller so genannter Expertenrunden in den Polit-Talkshows des Fernsehens in der letzten Woche zusammen.

Keine leichte Aufgabe für Beate Lehmann, die Worte des Pfarrers in ihrer Eröffnungsansprache auf dem Marktplatz anschließend noch zu toppen. Die 1. Beigeordnete hatte wieder einmal den Bürgermeister zu vertreten, trat dabei aber nicht in Konkurrenz zum Pfarrer, sondern beließ es bei einem kurzen Abriss zur Entwicklung des Markranstädter Weihnachtsmarktes.

Angesichts der positiven Tendenzen und der Beliebtheit dieses Events hat das auch völlig gereicht. Die Menschenmassen vor der Bühne trugen Beweiskraft genug für die Aussage, dass sich der Markranstädter Weihnachtsmarkt als fester Programmpunkt im Adventskalender der Stadt etabliert hat.

Urbi et orbi am Zschampert

Während sich oben auf der Bühne Kindergartengruppen, Vereine und Darsteller sprichwörtlich die Klinke in die Hand gaben, tingelte man unten auf dem Marktpflaster von Stand zu Stand und verklappte becherweise Glühwein in den durstigen Kehlen. Überall formierten sich Grüppchen, es wurde gelacht, gesungen und schlussendlich zu den Rhythmen der Stammtischler sogar getanzt.

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Urbi et markransis: Genauso wie in Rom, wird auch in in Markranstädt die Weihnachtsansprache vom Stellvertreter gehalten.

Ja, die Kritik, dass es ruhig ein paar Buden mehr hätten sein können, kann man gelten lassen. Allerdings sind damit nicht Stände gemeint, an denen man original erzgebirgische Volkskunst aus China kaufen kann, die es auf dem Markranstädter Weihnachtsmarkt zum Glück sowieso nicht gibt und auch nicht geben sollte.

Kräppelchen statt Begrüßungsgeld

Aber angesichts der Schlangen vor so manchem Versorgungsstand fühlte man sich ab und zu doch in der Zeit um 25 Jahre zurückversetzt. Erst an der Theke wurde dann nach einer Viertelstunde klar, dass es nur Kräppelchen gab und kein Begrüßungsgeld.

Trotzdem: So richtig Kritik gab es selbst daran nicht. Immerhin hat man auch beim Anstehen in der Schlange noch Leute getroffen, die man lange nicht gesehen hat und mit denen man sich deshalb kurzweilig unterhalten konnte. Entschleunigung gehört einfach dazu, wenn man sich in der besinnlichen Adventszeit etwas besinnen will. Wer schnell bedient und mit Eindrücken vollgestopft werden möchte, muss halt ins Nova Eventis fahren.

Viele warme Gedanken…

Als es zu später Stunde auf dem Marktplatz richtig kalt wurde, erfreute dann auch so manch unter Glühwein gelockerte Zunge das Ohr des aufmerksamen Satirikers. So meinte beispielsweise ein Besucher zu seiner frierenden Frau, sie könne sich doch im Bürgerrathaus ein wenig aufwärmen. „Da oben steht ein Büro leer, das die meiste Zeit sinnlos beheizt wird.“ Augenblicklich war allen Umherstehenden ob dieser pointierten Lagebeschreibung wieder warm.

Bild Dir Deine Meinung

Viel mehr muss man zum 9. Markranstädter Weihnachtsmarkt nicht sagen. Der Rest ist garantiert in den sozialen Netzwerken und einschlägigen Medien zu erfahren. In Anbetracht vier (!!!) offizieller Fotografen (sogar gleich zwei davon aus dem Rathaus) konnte der MN-Knipser seine Kamera gleich wieder ins Auto verfrachten und sich ohne fotografischen Ballast ins Gewühl stürzen.

MN-Fotograf ohne Mut

Sowieso hat der Fotobeauftragte der Markranstädter Nachtschichten viel zu viele Skrupel. Während richtige Paparazzi nicht einmal davor zurückschrecken, inmitten einer Andacht in der Kirche auf den Auslöser zu drücken (und damit ausgerechnet jene Institution zu inszenieren, die man beispielsweise in Fragen des Themas „Asylbewerber“ konsequent ignoriert), hat es dem MN-Fotoversager angeblich die Pietät verboten, allein schon seine leere Fototasche mit in die Kirche zu nehmen. Sowas von mutlos … den kann man eigentlich nur noch entlassen.

 

Das große Schweigen am Freitag

Freitag nach eins macht jeder seins. Diese Weisheit ist so alt, dass man sie nicht einmal mehr auf der Bartwickelmaschine in New York findet. Zeit für neue Innovationen. Die Telekom, bekannt für ein breit gefächertes Portfolio neuer (meist unnützer) Strategien, hat heute ein neues Zeitalter eingeläutet: „Freitag ab zehn darf jeder geh’n!“ Nur für Markranstädt gilt das nicht. Aus technischen Gründen.

Wer zwischen Saarbrücken und Görlitz gegen 10 Uhr gerade ein Festnetz-Gespräch geführt hat, hörte plötzlich nur noch ein monotones Rauschen. Funkstille in der Bundesrepublik. Normalerweise sind das keine guten Vorzeichen.

Das Abschalten wichtiger Medien gilt in der modernen Kriegsführung als erste und wichtigste Maßnahme, wenn es um einen Putsch, eine Revolution oder einen Terroranschlag geht. Kommunikation unterbinden, Fernseh- und Radiosender besetzen, Energieversorgung unter Kontrolle bringen – das sind die drei obersten Punkte auf der Agenda des Militärs bei der Besetzung eines Landes.

Ausgabe arabischer Parteibücher

Deutschland im Ausnahmezustand. Steckte etwa der IS dahinter? Um die Kanzlerin mit der Antwort nicht zu verunsichern, ließ der Innenminister im Regierungsviertel vorsichtshalber die für solche Notfälle bereitliegenden Burkas verteilen. Claudia Roth holte für ihre Getreuen sogar schon die Parteibücher in arabischer Sprache aus dem Tresor, die eigentlich erst für die Zeit nach den nächsten Bundestagswahlen vorgesehen waren.

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(Alle Abbildungen: Screenshots)

Das gemeine deutsche Volk erfuhr dagegen erst mal gar nichts von den Hintergründen. Wie auch – ohne Telefon? Kein Wunder also, dass offiziell zunächst niemand in ganz Deutschland einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen hat. Inoffiziell allerdings auch nicht, was wohl daran lag, dass gar niemand etwas zu dem Vorfall von sich gab. Nicht mal die Telekom selber. Zeitweise war nicht einmal deren Internet-Präsenz zu erreichen, von der Störungs-Hotline und anderen Serviceangeboten ganz zu schweigen.

So begann also die Gerüchteküche zu brodeln. Da das Internet noch funktionierte, konnte man zumindest twittern und diese psychotherapeutische Form des Dampfablassens wurde reichlich genutzt. Allerdings nicht nur in kritischer Hinsicht.

Zum Schweigen verurteilt

Man konnte an den Tweets ganz klar die soziale Struktur in diesem unserem Lande ablesen. Leute, die sonst nichts zu tun haben, beschwerten sich bitter über das soziale Abseits, in das sie nun durch die Beschneidung ihrer kommunikativen Möglichkeiten abgeschoben wurden.

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Menschen mit Migrationshintergrund dagegen twitterten gar nicht. Die Wenigsten von ihnen werden überhaupt mitbekommen haben, dass da was im Argen liegt, denn im Gegensatz zu den ewiggestrigen Ureinwohnern dieses Landes sind sie flächendeckend mit mobilen Kommunikationsmitteln ausgestattet und verfügen zudem noch über die Gabe, sich von Angesicht zu Angesicht analog zu verständigen. Kommunikativer Oralverkehr sozusagen.

Die dritte Gruppe im Netz war die Klasse der werktätigen Bevölkerungsteilnehmer*innen. Denen kam der Blackout der Telekom an einem Freitag gerade recht. So twitterte @MissRhapsody beispielsweise: „jemand hat die telekom kaputt gemacht. endlich ruhe im büro.“

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In den meisten Rathäusern und öffentlichen Verwaltungen hatte der Ausfall des Telefonnetzes derweil keinerlei Auswirkungen auf den Tagesablauf.

Lediglich in einer Gemeindeverwaltung in der Sächsischen Schweiz soll eine Sekretärin einen Schock erlitten haben, als das Netz gegen 12 Uhr wieder funktionierte und sie durch das schrille Klingeln des Telefons urplötzlich aus dem Tiefschlaf gerissen wurde.

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Dass auch die Einwohner Markranstädts kaum etwas von der Störung mitbekommen haben, hat allerdings rein technische Ursachen. Betroffen waren lediglich so genannte Voice-over-IP-Anschlüsse. Dazu muss man über einen DSL-Anschluss verfügen und sowas gibt es auf dem Globus von Markranstädt nur in ausgewählten Regionen.

Markranstädt uneinnehmbar!

Das allerdings sollte endlich mal als Bestätigung für den Weitblick und die visionäre Kraft unserer kommunalpolitischen Akteure gewertet werden, die sich der regionalen Breitbanderschließung seit Jahren erfolgreich entziehen. Das heutige Beispiel hat immerhin gezeigt, dass Markranstädt gegen die Auswirkungen der Maßnahmen moderner Kriegsführung gewappnet ist.

Weder Terroristen noch Putschisten, paramilitärische Milizen oder Rebellen haben bei uns die Möglichkeit, die Kommunikation zu kontrollieren und sich so an die Macht zu bringen. Markranstädt ist sicher – und das allein ist in diesen Zeiten, in denen uns sogar Antworten verunsichern könnten, eine beruhigende Botschaft. Da kann die Welt noch viel von uns lernen.

 

Eine gesegnete interreligiöse Hauptgeschäftszeit

Während sich Teile des christlichen Abendlandes der Einfachheit halber an Flüchtlinge klammern, um den Grund für den drohenden Niedergang unserer Werte bildhaft werden zu lassen, haben ganz andere Verdächtige längst Fakten geschaffen. Fakten, die scheinbar niemand sehen möchte. Zu gern ist man selbst Opfer dieses neuzeitlichen Ketzertums, dessen Rädelsführer hinter dem Altar der amerikanischen Wirtschaft sitzen. Auch in Markranstädt ist das bisweilen nicht viel anders.

Unsere beiden Pfarrer – ja, auch eine katholische Gemeinde gibt es in Lallendorf noch – haben ein schweres Los in diesen Zeiten. Einerseits hätten sie allen Grund zu frohlocken, da die Schäflein sich besonders jetzt, in Anbetracht von Burkas und Minaretten, der Werte unseres christlichen Abendlandes zu erinnern scheinen. Andererseits tut man das in Deutschland meist eher nur akustisch.

Mit dem Hirn siehts da schon anders aus. Gar zu oft sind es hohle Phrasen, die da aus den leeren Hallen der Köpfe in die leeren Hallen unserer Gotteshäuser dringen. Man kann eigentlich nur raten, wieviele Menschen am 31. Oktober den Reformationstag begangen haben und wer andererseits wegen eines Ereignisses unterwegs war, das Halloween genannt wird.

Reformationshalloween

Ebenso kann man nur darüber rätseln, wievielen Halloweenern, die den amerikanischen Ungeist des Kitsch über dem christlichen Abendland gleich kübelweise in sich verklappen, die eigentliche Bedeutung des Begriffes tatsächtlich bewusst ist?

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Vom Papa geschnitzt, weil der mal Angst davor hatte.

Halloween avanciert zum Staatsfeiertag, dem nahezu alles geopfert wird. Dabei ist der Begriff nur die Einkürzung von All Hallows‘ Eve, also der Abend vor Allerheiligen. Aber was würde wohl passieren, wenn die Kindergärtnerin beim Elternabend vorschlägt, dass Kürbisse für das Hochfest aller Heiligen unserer Kirche geschnitzt werden?

Da würden sich wohl nicht nur atheistische Eltern plötzlich der Säkularisation in diesem unserem Abendlande erinnern und die Kindergärtnerin am nächsten Tag beim Verwaltungsamt antanzen lassen. Von wegen Vermischung von Kirche und Staat und so.

Wellen-Deins-Tee

Ein anderer aus Amerika eingeschleppter Virus ist da religiös schon wesentlich unverfänglicher: der Valentinstag. Mittlerweile klingt er auch schon wie ein ebenso romantisches als auch aromatisches Entspannungsgetränk: Wellen-Deins-Tee spricht selbst der Markranstädter Sachse die Erfindung der Floristen-, Goldschmiede- und Süßigkeitenbranchen aus, mit der die christlich-humanistischen Grundwerte des Abendlandes systematisch unterwandert werden und den Grad der gegenseitigen Zuneigung an der Höhe des Konsums messen lässt. Alle elf Minuten…

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Fetter Lapislazuli am Arm und Gucchi in der Hand: Liebesbeweis im 21. Jahrhundert.

Dass sich auch Thanksgiving noch nicht endgültig und vernichtend gegen unser abendländisches Erntedankfest durchsetzen konnte, hat lediglich biologische Ursachen.

Das Thanksgiving der Amis wird Ende November gefeiert. Da werden in unseren Breiten schon die ersten Bratäpfel in den Ofen geschoben und aus den Lautsprechern in den Einkaufszentren erklingen längst die Xmas-Rhythmen der Jingle Bells von Santa Claus.

 

Aber spätestens wenn dank TTIP der erste winterfeste US-Gen-Mais auf den abendländlischen Feldern noch im Dezember am Stengel erblüht, wird das Erntedankfest im Oktober Geschichte sein. Und es ist nicht der Islam, der dieses Opfer fordert.

Erst kürzlich war wieder Martinstag. Und wie jedes Jahr seit 2013 geisterte wieder ein Schriftstück durch die sozialen Netzwerke, das seinen Ursprung dem Vernehmen nach im Schädel des damaligen NRW-Landesvorsitzenden der LINKEN hat.

Sonne-Mond-und-Sterne-Fest

Mit der Begründung, das Feiern des Sankt-Martins-Festes in Schulen und Kindergärten könnte von Angehörigen des muslimischen Kulturkreises als diskriminierend empfunden werden, forderte er, das Gedenken an den Heiligen Martin in Sonne-Mond-und-Sterne-Fest umzubenennen und die St. Martins Geschichte künftig nicht mehr in den Mittelpunkt zu stellen.

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Traditioneller Opfer-Umzug am St. Martinstag. Niemand will Sonne, Mond und Sterne essen.

Seither sind sich selbst die eingefleischtesten Atheisten im Abendland nicht zu blöd, diesen Unsinn zum Anlass zu nehmen, sich zu St. Martin zu bekennen und in den sozialen Netzwerken anzukündigen, weiterhin beim St. Martins-Umzug mitzulaufen und nicht bei der Sonne-Mond-und-Sterne-Demo eines linken Spinners.

Das Problem: Die meisten dieser virtuellen Schreihälse haben weder je an einem Martinsumzug teilgenommen, noch haben sie das künftig vor. Es geht ihnen ums Prinzip und nicht um christlichen Glauben oder christliche Werte. Sonst wäre denen längst aufgefallen, dass die jedes Jahr als „neueste Provokation unserer Regierung“ aufgewärmte Meldung schon drei Jahre alt ist und nur von einem opportunistischen Oppositionellen eines abgenutzten Bundeslandes erfunden wurde.

Nun kommt also wieder Weihnachten auf uns zu. Bestrebungen, dieses Fest umzubenennen, gab es in der Vergangenheit bereits zur Genüge. Allerdings wurde das weder von Muslimen noch anderen Religionen gefordert. Es war ostdeutscher Einfallsreichtum, der den Weihnachtsengel zur Jahresendflügelpuppe degradierte und es war reichsdeutscher Geistesverfall, Christbaumkugeln mit Hakenkreuzen zu versehen.

Weihnachtsmann*in ohne Sack

Die Grünen haben erst jüngst damit begonnen, der/dem Weihnachtsmann*in gendergerecht den Sack abzuschneiden und sicher wird es der Deutschen oder der Commerzbank vorbehalten sein, Weihnachten ab 2016 als „Fest der Kaufkraft“ oder zumindest als „interreligiöse Hauptgeschäftszeit“ in den Kalendern zwischen Elbe und Rhein zu manifestieren.

Natürlich haben wir uns trotzdem längst von den alten Traditionen verabschiedet. Oft sogar, ohne es zu merken. Der Weihnachtsmann heißt jetzt Santa Claus, die Geburt Christi wird als Xmas bezeichnet, die Weihnachtsglöckchen bimmeln als Jingle Bells und die deutschen Häuser und Gärten flimmern im Lichterschein so hell, dass die Bescherung bei den Energieunternehmen ab erstem Advent fast schon im Stunden-Rhythmus zelebriert wird. Amerika lässt grüßen.

Aber auch der deutsche Weihnachtsmann hat für die Amis was im Gepäck. Um den Absatz in Übersee zu erhöhen, haben sich Lauschaer Glasbläser vor ein paar Jahren eine ganz besondere Story einfallen lassen. Sie verbreiteten zwischen Rio Grande und Rocky Mountains die Mär, dass es in Old Germany eine uralte Tradition sei, an den Christbaum eine gläserne Gurke zu hängen.

Wer sie am Weihnachtsmorgen als Erster entdeckt, habe damit das Recht, auch zuerst sein Geschenk auszupacken. Obwohl man inzwischen nahezu die gesamte Gemüseproduktion in Lauscha auf Gurken umgestellt hat, kommt man seither mit deren Herstellung kaum noch nach.

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Aus der LPG Gemüseproduktion Lauscha: Die traditionelle Weihnachtsgurke unserer Urahnen. (Foto: Richard Huber)

Lügen haben in der Regel kurze Beine, aber die der wirtschaftlichen Notlüge mit der Gurke sind trotzdem noch so lang, dass sie es mit einem einzigen Schritt über den großen Teich zurück nach Deutschland geschafft hat. Weil der Hype aus dem Ami-Land kommt, hängen jetzt auch immer mehr Deutsche eine dieser Gurken an den Weihnachtsbaum. So, wie es schon unsere Urahnen getan haben sollen.

Dass diese also schon Gurken an ihre Wohnzimmertannen flochten, als es in Deutschland weder Weihnachtsbäume noch diese erst viel später kultivierte Art der Kürbisgewächse gab, ist dabei völlig wurscht. Es ist eine Tradition aus dem christlichen Abendland und die muss verteidigt werden! Mit allen Mitteln. Vor allem mit viel Licht und Kitsch.

Je lauter die Jingles bellen, umso mehr ist Weihnachten und je mehr Lichter brennen, umso mächtiger ist der totale Advent. Markranstädt, die europäische Energiestadt am See, geht da mit ebenso gutem Beispiel wie kraftvollen Schritten voran. Sage und schreibe 400 Lichter sollen es sein, die allein unsere (Zitat Pressemitteilung, die inzwischen auf allen Kanälen korrigiert wurde) „elf Meter und zwei Tonnen schwere Fichte“ zieren.

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„Elf Meter und zwei Tonnen schwer“ … dafür aber vierhundert Lampen und sechzig Kugeln hell: Markranstädter Fichte ohne Gurke. Gleich daneben das Haus der Familie Chriswold.

Bei so viel Licht ist es nicht ausgeschlossen, dass einige Vogelarten verwirrt mit dem Nestbau beginnen und Frühlingslieder zwitschern. Na gut, die ersten Supermärkte sind ja ohnehin schon dabei, ihre Deko auf Ostern zu trimmen.

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Ein Licht kann genug sein, um den Geist zu erleuchten.

Es war mal ein Kranz mit einer Kerze, als alles begann. Da saß man noch friedlich am Tisch, unterhielt sich miteinander und gedachte der Maßstäbe, die wir heute mit dem Stromzähler aus unserem Gewissen bombardieren. Alles ist festlich erleuchtet, nur der Geist nicht. Und im Januar geht’s wieder auf die Straße mit der Forderung, Kohlekraftwerke abzuschalten und Atommeiler stillzulegen.

In diesem Abendland gibt es Entwicklungen, da fragt man sich, was es da zu Weihnachten noch Abendländisches zu verteidigen gibt? Außer vielleicht… na ja … den Kranz mit der Kerze. Das wäre zumindest mal ein guter Anfang.