Strandspiele zwischen „Perlentauchen“ und „Flut rufen“

Bevor der Monsun richtig einsetzt und die Saison endgültig beendet, wollen wir einen letzten sommerlichen Blick auf den Strand am Kulki werfen. Was dort sowohl unter den Badegästen als auch deren Decken und Handtüchern passiert, ist selbst mit FSK 18-tauglichen Worten kaum zu beschreiben. Soda und Gomorrum!

Einige ewig gestrige Badegäste beklagten ein mangelndes Angebot an Aktivitäten. So wurde das Fehlen einer Wildwasserrutsche kritisiert, ebenso vermissten manche Besucher Attraktionen wie Flyboard oder Jetpack.

Nicht zuletzt konnte quasi in letzter Minute ein Mann gerettet werden, der auf der Suche nach der schwimmenden Kirche vier Stunden kreuz und quer durch den Kulki geschwommen war und sich dabei völlig verausgabt hatte.

Doch die Meckerer konnten schlussendlich mit einem einzigen Argument zum Schweigen gebracht werden. Einfach mal die Sache positiv sehen, wirbt der Seebetreiber. Mit Strand, Wasser und ein paar Paddelmöglichkeiten ist das Angebot an Aktivitäten weitaus breiter gefächert als beispielsweise das der Toiletten. Das leuchtete ein und sofort brach sich hektische Zufriedenheit unter den Badegästen Bahn.

Außerdem gilt nach wie vor die alte Bade-Weisheit „selbst ist der Mann“, was in heutiger Zeit natürlich auch die Frau und sogar den/die/das Diversen einschließt. Ein Blick auf den Weststrand zeigte denn auch alltäglich, was den Leuten dazu an Spielen so einfällt. Und die lassen sich in Sachen Kreativität wahrlich nicht lumpen.

Jackpot bei Sex mit 49

Da sind zum Beispiel Handwerksmeister Volker (49) und seine Sekretärin Kerstin (49) aus Frohburg, die unter einer großen Decke mit noch größerem Eifer dem Spiel „Sex mit 49“ nachgehen. Eine durchaus beliebte Strandbeschäftigung, die bisweilen einem gepflegten Workout im Fitness-Studio gleichkommen kann.

Beide unten bei Spiel 77

Nicht ganz so anstrengend ist die Aktivität, der nur wenige Meter weiter in einer grünen Lagune zwei Badegäste aus der reiferen Generation fröhnen. Was sie zelebrieren, nennt sich dann wohl Spiel 77. Die Besonderheit dieser Variante besteht in der Stellung. „Beide liegen unten“, verrät Karl-Friedrich P. (77) mit völlig entrücktem Lächeln.

Seine Partnerin Elfriede (77) blickt dabei verächtlich hinüber zu einem Teenager, der fünf Meter entfernt schwitzend auf sein Handy starrt, während die andere Hand in einer Art spastischer Lähmung ständig von unten gegen die über seinem Schoß liegende Decke zu boxen scheint.

Tele-Lotto ohne Super Sex

„Der spielt Tele-Lotto“, weiß die greise Seniorin. Bei dem früher als „5 gegen 1“ bekannten Spiel seien zwar die Gewinnchancen größer, „aber sowas wie ’Super Sex’ gibts da eben nicht und deshalb hat die arme Sau keine Chance auf den Jackpot“, sagt Elfriede mit schelmischer Schadenfreude.

Erst dachte der Strandvoigt, dass es in der Lagune Wühlmäuse gibt. Aber dann stellte sich heraus, dass hier nur ein Mann auf dem Bauch lag.

Erst dachte der Strandvoigt, dass es in der Lagune Wühlmäuse gibt. Aber dann stellte sich heraus, dass hier nur ein Mann auf dem Bauch lag.

Das Westufer des Kulkwitzer Sees entpuppte sich in diesem Sommer wieder einmal als wahres El Dorado für originelle Gesellschaftsspiele. Das Spektrum reicht von Herren-Klassikern wie „Mütze-Glatze“ oder das berühmte „Fleischpeitsche streichen“ über das eher feminin-maritime Finger-Geschicklichkeitsspiel „Die Flut rufen“ bis hin zum „Perlentauchen“ (wahlweise unter der Decke oder dem Rock), für das mindestens zwei Mitspieler benötigt werden.

Eine alleinstehende Dame versucht, einen ebenfalls als Single angereisten Badegast zu einem gemeinsamen Spiel zu animieren, indem sie ihm verheißt, dass sie im Falle seines Sieges senkrecht lächeln könne. Allerdings scheint dem IT-Experten jegliche Phantasie für solche Zerstreuung zu fehlen und er erklärt sich lediglich zu einem Doppelklick auf ihre Maus bereit. Daraufhin zeigt sie dem Mann einen Stinkefinger und lässt ihn wissen, dass sie damit jetzt in sich gehen werde.

Nicht alle Besucher des Kulki sind allerdings zum Spielen aufgelegt. Im Schatten eines Baumes hat ein Ehepaar sein Basislager aufgeschlagen, das offenbar nur gekommen ist, um hier den längst fälligen Herbst abzuwarten. Angestachelt von den Jubelrufen der anderen Badegäste, haben sich beim männlichen Teil des Paares allerdings einige noch nicht ganz verkümmerte Reste einstiger Instinkte zu regen begonnen.

Blaue Würfel ohne die Sex

Vorsichtig beginnt der Mann, sich über ihr Desinteresse an ihm zu beklagen. Dann öffnet er seine Hand und zeigt ihr mit verführerischem Lächeln einen blauen Würfel, den er zwecks Steigerung des Unterhaltungswertes für einen Spiele-Nachmittag am Ufer mitgebracht habe. „In deinem Alter sollte man keine schlafenden Hunde wecken“, entgegnet ihm seine Gattin abwinkend.

Außerdem sei das sexuelle Belästigung, lässt die Frau ihren Mann wissen. Der entgegnet schlagfertig, dass es sexuelle Belästigung inzwischen in fast jedem Unternehmen gebe und wenn seine Firma nicht bald nachziehe, werde er sowieso kündigen.

SM-Party für alle

Mit dieser Aussage hat er seine Frau offenbar an der richtigen Stelle erwischt. Blitze aus den Augen sendend, bindet sie mit einer Handbewegung ihr Haar nach hinten und greift dann in die Badetasche, um den Gürtel von ihrem abgelegten Rock zu lösen. Sekunden später erfüllt das Klatschen von Leder die Luft, begleitet von aufrichtigen Entschuldigungen des Besitzers der Trefferfläche. Der Tag am Strand endet als astreines Gesellschaftsspiel der Kategorie SM mit bis zu 150 Zuschauern, einer Spielleiterin und einem Verlierer.

Das alles gibt es am Westufer des Kulki jeden Tag bei Eintritt für lau. Wer sich da noch wegen fehlenden Toiletten, mangelnden Attraktionen oder geschlossener Gastronomie aufregt, sollte sich fragen, warum er eigentlich hierher kommt.

2 Kommentare

    • Bademeister auf 2. September 2022 bei 15:21
    • Antworten

    Ich könnte zum Thema diverse Fotos beitragen, Problem: das Einverständnis der Akteure ist schwerlich zu bekommen.

    • Ute Weigand-Münzel auf 25. August 2022 bei 10:29
    • Antworten

    Ein toller Abschluss eurer Sommerserie! Ich bewundere eure genaue Beobachtungsgabe! Klasse- weiter so!

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