„Markranstädt leuchtet“, heißt es am Donnerstagabend mal wieder. Wobei sich das im Licht erstrahlende Ensemble lediglich auf den Ratssaal im KuK bezieht, wo die 13. Sitzung des Stadtrats zelebriert wird. Allerdings verheißt das fälschlicherweise als Tagesordnung deklarierte Nachtprogramm einige spektakuläre Entwicklungen, die Erwartungen nähren, wonach die Hoffnungsfunken noch heller als die Saalbeleuchtung erstrahlen könnten.
Da sage noch einer, die Öffentliche Hand würde langsam arbeiten.
Keine dreieinhalb Jahre nach dem Rücktritt der ehemaligen Ersten Beigeordneten steht am Donnerstag in Markranstädt bereits die Neuwahl eines Nachfolgers auf der Agenda!
Das ist ein geradezu leuchtendes Beispiel für effiziente Kommunalpolitik, an dem sich andere Kommunen eine dicke Scheibe abschneiden können. Eine Person einfach mal so ersetzen, das kann schließlich jeder. Aber diesen Akt mit einer besenreinen Ertüchtigung des Rathauses zu verbinden und das alles in so kurzer Zeit, das hat Eindruck hinterlassen.
Guter Sex braucht langes Vorspiel
Zur Genesis: Nachdem Beate Lehmann im März 2022 ihren Rückzug bekanntgegeben hatte, wurde nur ein halbes Jahr später bereits mit der Suche nach einer Zukunftslösung begonnen. Das Problem: Die Wahl eines Beigeordneten obliegt dem Stadtrat und der war mit der hohen Verantwortung einfach überfordert.
Die Stadtverordneten hatten im November 2022 einfach eine Person gewählt, die sie wollten und nicht die Bürgermeisterin. Also, so geht’s ja nun wirklich nicht, wie man in Deutschland spätestens seit der Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten weiß.

Alles Käse oder was? Der Ex-Beigeordnete des Landrats verabschiedete die Ex-Beigeordnete der Stadt. Das war erst im Sommer 2022. Schon am Donnerstag soll ein Nachfolger für Beate Lehmann gewählt werden.
Warum die Bürgermeisterin ihre eigene Sprecherin als Beigeordnete ablehnt, ist bis heute Gegenstand zahlloser Verschwörungstheorien, die bis hin zur politischen Säuberung des Rathauses reichen.
Gewogen und als zu leicht befunden
Alles Fake-News, wie sich herausstellte. Denn weil Stitterich für ihre Ablehnung zumindest „schwerwiegende Gründe“ ins Feld führte, kann es nicht an Helbigs Parteibuch gelegen haben. Das bringt kaum 20 Gramm auf die Küchenwaage und ist damit nicht mal halb so schwerwiegend wie eine erfolglose Abmahnung.
Neue Schöpfung im Eilverfahren
Jedenfalls hat es in diesem über drei Jahre laufenden Eilverfahren am längsten gedauert, einen Kandidaten für das Amt des Beigeordneten zu modellieren. Einen, den der Stadtrat wählen müssen will und der zugleich auch ins Beuteschema der Bürgermeisterin passen sollen muss.
Ein Ex-Kandidat für das Amt des Beigeordneten, der nicht nur die Vorauswahl, sondern kurz darauf auch seinen Job verlor, ließ sich dafür gegenüber den Markranstädter Nachtschichten zu folgender Laudatio inspirieren: „Die Stellenbeschreibung wurde gleich so optimiert, dass nur ein einziger Bewerber durchkommen kann: Es gibt in Markranstädt nicht so wahnsinnig viele Juristen, die vertiefte Erfahrungen in der Umsetzung von Bauprojekten haben. Also, den oder keinen.“
Lob und Anerkennung
Voll tiefer Bewunderung für die reife kommunalpolitische Leistung jubelt er: „Russische Wahlbeobachter hätten ihre Freude daran.“
Wie auch immer und was die Meckerer auch zu meckern haben: Der Stadtrat hat tatsächlich die Wahl. Der Eine oder keiner. Immernoch demokratischer als gar keiner.
Zwar hört man aus diversen Kreisen der Duma schon wieder Kritiken, dass sich die Zarin nicht an das vorher vereinbarte Prozedere gehalten habe, aber auch dieser neuerliche Putschversuch wird wohl ins Leere laufen. Denn offenbar hat der Verwaltungsausschuss des Stadtrates die Bürgermeisterin höchstselbst für diese Vorgehensweise legitimiert.

Es ist schon eine Weile her, dass der Stuhlkreis im KuK mal solche Lücken aufwies. Wenn es aber um die Nachfolge des Beigeordneten geht, wird gewöhnlich alles ranbefohlen, was sonst durch Abwesenheit glänzt. Dabei geht es nur um einen Stellvertreter.
Wörtlich heißt es in der Erläuterung des Rathauses: „… schlugen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses vor, nur einen Kandidaten in den Stadtrat zur Wahl zu stellen, dem die Bürgermeisterin ihr Einvernehmen erteilt. Einwände wurden nicht vorgebracht.“
„Für den Wahlvorschlag des Politbüros stimmten …“
Damit wäre wohl auch dieser Drops gelutscht und die Wahl so spannend wie einst der Urnengang zur Bestätigung der Kandidaten der Nationalen Front. Egal wie Wahlsieger Bastian Beck heißt, die Wahlsiegerin heißt Nadine Stitterich. So einfach geht erfolgreiche Kommunalpolitik.
Aber das ist nicht die einzige richtungsweisende Botschaft, die sich aus der Tagesordnung entnehmen lässt. Offenbar gibt es jetzt auch einen Strategiewechsel in der Sitzungskultur. Noch vor wenigen Wochen hätte man den Punkt zur Neuwahl des Beigeordneten ganz am Ende der Tagesordnung vermutet.
Also gegen Mitternacht, wenn Stadträte und Publikum nach umfangreichen Unterhaltungseinlagen zum Waldumbau am Kulkwitzer See, den Folgen von Starkregenereignissen in der Kernstadt oder der Rolle der Bedeutung von Flächennutzungsplänen so eingeschläfert wurden, dass sie beim Schlag der Geisterstunde nicht mal mehr in der Lage waren, die Situation im Heimatmuseum oder den Zustand der Feuerwehr zu hinterfragen.
Diesmal ohne Sandmännchen
Das ist diesmal anders. Der Reigen der elf Beschlussvorlagen wird mit der Wahl des Beigeordneten bereits unter Tagesordnungspunkt 6 eröffnet! Zu einem Zeitpunkt also, da die frisch gewetzten Gedanken noch scharf sind und der verbale Heldenmut kampfeslustiger Volksvertreter noch nicht durch bereits gescheiterte Anträge zu kleinlauten Trotzhandlungen verkümmert ist.
Vice Head of Gouverness
Für’s Volk geht es eigentlich nur um den Unterhaltungswert. Ob am Ende schwarzer oder weißer Rauch aus dem KuK aufsteigt, ist nur noch für die Buchmacher interessant. Der gemeine homo marcransis hat sich schon lange damit abgefunden, dass ein Beigeordneter auch nichts anderes als der Papst ist: Ein Stellvertreter eben, mehr nicht.

Der Urnengang im November 2022 scheiterte am fragwürdigen Demokratierverständnis im Stadtrat. Die Mehrheit war der Meinung, dass sie einfach so wählen könnte. Am Ende war klar, dass nur gewählt werden kann, wen die Bürgermeisterin wählt.
Wobei unser neuer Vice Head of Gouverness (VHG) auch noch ein regelrechtes Schnäppchen ist. Mit einem jährlichen Haushaltsposten von nur rund 112.600 Euro würde sich sein Kollege im Vatikan ganz sicher nicht begnügen. Und im Gegensatz zum Beigeordneten in Rom könnten für unseren neuen Stellvertreter auf Erden sogar die Dienstreisen günstiger werden. Bei so viel göttlicher Zuneigung darf er sicher auch mal ins Mamamobil gleich hinterm Rosenkranz steigen.
Was geschieht wirklich?
Einziger Wehrmachtstropfen: Bis hierher ist das alles nur frei erfundene Satire. Die ist bekanntlich erstunken und erlogen. Wahr wird sie immer erst hinterher. Wer sich also nicht von erlogenen Fake-News, satirischen Wunschträumen oder den Interpretationen noch so wissend scheinender Dritter in die Irre führen lassen möchte, sollte sich am Donnerstag ab 18.30 Uhr im KuK einen unterhaltsamen Abend gönnen. Der Eintritt ist frei, es gibt laktosefreies Wasser und viel erleuchtendes Licht.





















10 Kommentare
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Laktosefreies Wasser soll übrigens sehr gut sein, um bislang blockierte Synapsen im Gehirn freizuspülen!
Wie man nachlesen kann, hat’s bei uns noch nie gewirkt. Im Ratssaal aber schon, wie das Verhältnis von 15 Promille gegen 31,8 Prozent Stammwürze zeigt.
Fast drei Jahre keinen Urlaub, weil keine Vertretung. Da heißt esl bald – ab in den Urlaub (Süden) Frau Bürgermeisterin.
Nach dem Donnerstag wird es wohl endlich auch mal wieder ein paar Zeilen in der LVZ über Markranstädt geben, positive oder negative, man weiß es noch nicht.
Was soll sie im Süden wollen? In Kulkwitz wartet auch nur Ärger auf sie (siehe Sportplatz).
Wenigstens wird vom neuen Stellvertreter auf Markranstädts Erden nur erwartet, dass er die Glaubensgrundsätze seiner Herrin vertritt. Bei der römischen Alternative würde ich mir ansonsten große Sorgen um die Unversehrtheit der Azubis machen. Man steckt eben nicht drin.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre.
Hätten Bürgermeisterin und Stadtrat nur einen Bruchteil ihrer in das Drama investierten Kraft aufgewendet, um Frau Lehmann zu halten, würde die Stadt heute ganz anders dastehen. Allerdings wären wir da heute auch von einer Eingemeindung nach Leipzig weiter entfernt als jetzt und das scheint mir mit jedem Tag mehr der wahre Hintergrund zu sein. Habemus mamam.
Glauben Sie wirklich, dass sich die Pleite-Stadt Leipzig den Unterhalt eines nur zweieinhalb Monate im Jahr geöffneten Stadtbades oder die Betriebskosten für einen Fahrstuhl der Deutschen Bahn ans Bein binden will?
Es gab schon einmal ein 1. Beigeordnetenkandidatin mit hoher Wählergunst der Bürgermeisterin hoch angesehen war. Sie wollte damals mit Zuckerbrot und Peitsche durchs Rathaus fegen.
Mittlerweile ist das Vögelchen dem Rathausnest entflogen.
Manch einer sieht jetzt eine 2.0 Variante, nur in Männlichen.
Egal, wie es am Donnerstag ausgeht, es bleibt spannend, wie lange der Höhenflug anhält.
Aus der Geschichte lernen, heißt siegen lernen. Will heißen: So lange er es nicht wie seinerzeit Werner Lamberz macht und den Höhenflug im Hubschrauber genießen will, hat er vielleicht eine Chance. Muss ja nur eine Legislatur durchhalten und einmal wiedergewählt werden, dann kann er sich zur Ruhe setzen und sich dienstags in die externe Planungsgruppe im Rosenkranz einbringen 🙂 🙂 🙂