Marshmallows waren die verräterische Kultur, die den Aprilscherz der Markranstädter Nachtschichten enttarnten. Wäre es bei den Erdnüssen allein geblieben, wer weiß? Jedenfalls hatte Landwirt Jürgen Michels am Samstag ganz schön zu tun am Telefon, um gemeinsam mit Freunden zu lachen und auch manch Rat suchenden Trittbrettfahrer aufzuklären. Da bleibt uns an dieser Stelle nur ein herzlicher, satirischer Dank dafür, dass er diesen Spaß mitgemacht hat. Und vielen Dank auch an die anderen Leidtragenden!
Schon am frühen Morgen des 1. April, der übrigens zugleich Geburtstag der Markranstädter Nachtschichten ist, kamen die ersten Anrufe und eMails an.
Grundtenor: „Bis das mit den Marshmallows losging, war die Geschichte sogar glaubhaft.“ oder auch „Wenn ich jemandem zutraue, dass er es schafft, bei uns hier tatsächlich Erdnüsse anzubauen, dann Jürgen Michels.“
Der 56jährige Landwirt aus Schkölen bleibt dann aber doch lieber bei Gerste, Weizen, Raps, Zuckerrüben und Soja. Obwohl – rein technisch würde das Equipment unter dem Dach der Maschinenhalle im Schkölener Weidenweg wahrscheinlich auch den Anbau von Erdnüssen zulassen.
Eine alte Faustregel früherer Bauern sagt: Ein Pferd = ein Hektar. Daran hält sich Michels auch heute noch, wenngleich er keine Ackergäule hat und gleich gar nicht einen Stall für solche.
Doch allein Michels fünf Schlepper bringen zusammen 1250 PS auf den Boden, was bei einer Ackerfläche von 1050 Hektar eben rund ein Pferd pro Hektar ausmacht.
Allerdings sind es auf dem Schkölener Hof offiziell sogar 1,4 PS pro zehntausend Quadratmeter, denn im Teleskoplader, im Mähdrescher und manch anderem selbstfahrenden Gerät tuckern ebenfalls leistungsstarke Aggregate.
Es gab früher auch noch eine andere, weniger ernst gemeinte Faustregel. Zu DDR-Zeiten war das, als der Boden nach sozialistischen Maßstäben auf der Erde Fuß fassen sollte. Im Gleichschritt selbstverständlich und in Kolonnen, unter Führung der LPG. Da sagte man an den Stammtischen gern: Ein Hektar = hundert Bauern. Auch wenn das nur eher ein gefühlter Wert war, hatte die Rechnung damals wohl ihre Berechtigung.
Heute müssen vier Mitarbeiter plus Michels selbst ausreichen, um die 1050 Hektar zu bewirtschaften. Das macht nicht nur die Technik möglich, sondern auch Michels Team. Auf das ist er besonders stolz.
Manpower made in markranstädt
Eine Frau und drei Männer, allesamt aus der Region und nicht nur mit Herzblut dabei, sondern auch mit Erfahrung und Kompetenz. Entsprechend angenehm ist auch das Betriebsklima. Wenn der Chef bei so einem Aprilscherz mitmacht, sagt das eigentlich schon alles.
Ab Ende Juni werden Jürgen Michels und sein Team die diesjährige Ernte einfahren. Nachdem er den Hof 1991 errichtet hat, rollten im Jahr darauf schon die ersten Hänger mit Wintergerste durchs Dorf. Und schon damals waren vor allem die fahrerischen Künste der Traktoristen gefragt.
„Unsere Schläge liegen bis zu acht Kilometer vom Betrieb entfernt.“ klärt Michels auf, „Vor allem wenn dann innerhalb der Ortslagen auf den meist schmalen Straßen links und rechts Autos geparkt sind und von vorn vielleicht noch ein Bus kommt, geht manchmal gar nichts mehr.“
Mit zwei je 16 Tonnen schweren Anhängern an der Zugmaschine rückwärts durchs Dorf zu rangieren und dabei nichts zu beschädigen, ist einfach nicht möglich.
Aber es lässt sich meist mit ein paar freundlichen Worten regeln, dass Autos während der Erntezeit nicht unbedingt auf der Straße abgestellt werden. Vor allem auf dem Dorf sind gute nachbarschaftliche Beziehungen und Verständnis eben noch immer das A und O.
Das weiß sogar Oskar. Der Hovawart-Rüde bewacht nicht nur den Hof, sondern weiß auch, wie man bei den Leuten im Dorf um den einen oder anderen Snack bettelt. Inzwischen hat er sich seine Nachbarn schon so gut erzogen, dass sich manche von ihnen sogar Sorgen machen, wenn der Hund mal an einem Tag nicht vorbei schaut.
Oskar ist es übrigens von Anfang an egal gewesen, ob sein Herrchen am 1. April Erdnüsse pflanzt oder am 20. April Zuckerrüben sät (auch so eine alte Faustregel).
Fürs Herrchen gibts Erdnüsse und Oskar bekommt das Fleisch
Er hat lieber ein ordentliches Stück Fleisch im Napf und selbst wenn nächstes Jahr zum 1. April die Tofu-Ernte ausgerufen werden sollte, wird er sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen.
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