Wenn die Woche bereits mit einem Feiertag beginnt, was ist dann von ihrem Rest noch zu erwarten? Das hat sich auch Markranstädts Hofkasper Claus Narr gefragt, als er seinen traditionellen Wochenrückblick in die Tasten hämmern und ihm dazu einfach nichts einfallen wollte. Zum Glück gibt es aber noch Leser, die mit offenen Augen durch die Stadt laufen. Was sie dabei gefunden haben, sind Puzzleteile, die sich erst unter der satirischen Lupe zu einer plausiblen Geschichte mit dramatischen Inhalten zusammenfügen lassen.
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche. Während es die Menschen woanders zum traditionellen Osterspaziergang in die Natur zog, pilgerte der homo marcransis am Ostermontag im geschlossenen Familienverband in die Nähe des Hirzelplatzes.
Auch dort gab es die Folgen eines Naturereignisses zu bewundern. Der ewige Kreis des Werdens und Vergehens hatte sich für einen Fuchs ausgerechnet beim Transit zum Wasserturm geschlossen.
Pilgern zum Verwesungsort
Schon breitete sich in der Albertstraße quetschender Enge und niedriger Häuser dumpfen Gemächern die Frage aus, welchen Tierbestatter, Jäger oder Metzger man an einem Feiertag anrufen könne? Doch offenbar einte alle in Frage kommenden Entsorger die feste christliche Überzeugung, dass die Prophezeiung der österlichen Wiederauferstehung gerade an einem Tag wie diesem auch einem Fuchs zuteil wird und ein proaktives Handeln demnach nicht erforderlich sei.
Und so sprach sich die Kunde vom Dahingeschiedenen auf dem Fußweg auch im Rest der Stadt schnell herum. Sieh, wie behend sich die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt, selbst von des Rodelberg fernen Pfaden blinken uns farbige Kleider an.
Familienandacht am Kadaver
Ja, sogar die in den Kitas für ihr mutiges Eintreten gegen jedwede Form traumatisierender Ereignisse gefürchteten Mütter scheuten sich nicht, ihre Kinder unter dem Deckmantel der Befriedigung eigener Sensationsgier zur Andacht an den Kadaver zu führen. Auf welchem Wege schließlich auch die Polizei erfuhr, dass sich da eine vom Staat nicht kontrollierbare Pilgerstätte zu entwickeln drohte, ist noch nicht geklärt.
Letztendlich ist das aber auch nicht wichtig, weil die Einsatzkräfte dem verwesenden Leichnam außer einer fußballerischen Kapitulationserklärung nichts entgegenzusetzen hatten. Der Kadaver wurde nach einem gekonnten Dribbling per Außenrist an einen Baum geflankt und dort mit Absperrband markiert. Mit dem Hinweis, dass der Leichnam abgeholt werde, war der Einsatz der Uniformierten schon kurz danach erfolgreich beendet.
Wunderheilung nachgewiesen
Die sterbliche Hülle des Fuchses indes konnte noch den gesamten Ostermontag über bis in die späten Abendstunden als Lehrobjekt für die Veranschaulichung der verschiedenen Phasen des Verwesungsprozesses dienen. Ein wahres Fest für jede außerschulische Arbeitsgemeinschaft „Junge Pathologen“ und die Geburt einer abendländischen Pilgerstätte zugleich. Und tatsächlich soll sich im Laufe des Tages so manches Wunder zugetragen haben. So berichtet ein blinder Passant, dass er einen Taubstummen gesehen habe, der nach regloser Betrachtung des Fuchses plötzlich wieder gehen konnte.
Sorgen wegen Infektionsgefahr
Derweil machten sich andere Menschen allerdings Sorgen über den Grund, der dem Fuchs so unvermittelt alle Lebensgeister entweichen ließ. Von Fuchsbandwurm war die Rede und von Tollwut, sogar H5N1 wurde für das Hinscheiden des Tieres verantwortlich gemacht. Schließlich soll sich laut Medienberichten zuletzt ein Mensch sogar bei einer Kuh mit Vogelgrippe angesteckt haben.
Angesichts dieser latenten Infektionsgefahr hat sich wohl bei so manchem Passanten in der Albertstraße schon von weitem das Gefieder gesträubt. Und so wurden im Laufe des Tages nicht nur Zweifel an der mangelhaften Ausdehnung der abgesperrten Fläche immer lauter, sondern schließlich sogar die weiträumige Evakuierung des gesamten Wohngebietes rund um den Wasserturm gefordert.
Des Rätsels Lösung lag am Abend in der Mailbox der Markranstädter Nachtschichten. Zwei Leserfotos vom Alten Friedhof haben die Puzzleteile zu einem aussagekräftigen Bild geformt.
Dort hatten in jeder Osternacht seit Gründonnerstag einige mit dem SKHT-Virus (Schleichender Klinischer Hirntod) infizierte Personen die bevorstehende Cannabis-Freigabe mit Feuerwerken gefeiert, gegen die jeder Jahreswechsel in New York wie eine Urnenbeisetzung wirkt.
Das wurde Gevatter Reineke zum Verhängnis. Nicht dass er sich angesichts der Knallerei etwa zu Tode erschreckt hätte. Nein, vielmehr hatten die infizierten Untoten für ihre Feier ausgerechnet das Revier des Fuchses annektiert und als der am Morgen des Ostermontag an den verbrannten Abschussrampen, dampfenden Urinpfützen oder herumliegenden Kanülen geschnüffelt hatte, muss er sich wohl einen solchen SKHT-Virus eingefangen haben. Die Inkubationszeit beträgt offenbar nur wenige Minuten und so konnte sich das Tier gerade noch bis zur Albertstraße schleppen, bevor die letzten Lebensgeister es verließen.
Ende gut, alles gut
Man könnte jetzt traurig sein, aber für den Fuchs war es ein schnelles und damit zugleich gutes Ende. Ein Blick auf den Alten Friedhof (meist reicht sogar schon die akustische Wahrnehmung) zeigt, wie lange hingegen infizierte Menschen leiden müssen, bevor ihnen Erlösung zuteil wird.
Dass auch hier die Polizei und andere, vorwiegend mit ruhendem Verkehr ausgelastete Ordnungskräfte überfordert sind und nicht einmal mit Absperrband auftrumpfen können, ist aber nicht weiter schlimm. Es handelt sich schließlich um die letzte Generation, das Ende ist also nah – so oder so.
7 Kommentare
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Zur Causa „plötzlicher Fuchstod“ gibt es neue Erkenntnisse aus dem Veterinäramt Leipziger Land, denn der Kadaver des plötzlich hingeschiedenen Rotpelz wurde natürlich obduziert: Das auffälligste Fundstück an der österlichen Fuchsleiche war eine Scheibe aufgeweichtes Knäckebrot, die im Schnäuzchen des Dahingeschiedenen noch gefunden werden konnte, daraus ergab sich eine unter den Hand dahergemunkelte Interpretation, die dem Ableben des klugen Tieres eine besondere tragische Wendung geben könnte: Reinicke ist ja als eines der schlaueren Vertreter der lokalen Fauna bekannt und um Ostern rum kann sich ja auch in der Tierwelt ein gewisser missionarischer Eifer breitmachen. Der Fuchs stellte fest, daß das allgemeine Intelligenzniveau auf dem Alten Friedhof in der Osternacht gewiß durch Hinzugabe einer Scheibe Knäckebrot zu verdoppeln wäre. Als er nun mit seinem Schwedengebäck dort ankam, fiel ihm auf, daß eine Packung Toastbrot sicher geeignet wäre, überhaupt dort Intelligenz anzusiedeln, also machte er sich auf dem Weg zu Netto. Da Füchse kein Bewußtsein für Feiertage und Ladenschlußzeiten haben, mußte er feststellen, daß Netto am Ostermontag geschlossen hatte. Seine Mission war gescheitert und der Frust und die Verzweiflung darüber, daß menschliche Dummheit niemals vergehen wird, brachte ihn dazu, vor lauter Heulkrämpfen neben dem Wasserturm an seinem Knäckebrot zu ersticken…..
Die Geschichte klingt so plausibel, dass sie schon wieder echt wirkt. Sie hatten sich dabei aber kein Knäckebrot eingeworfen, gelle? Das muss was anderes gewesen sein.
Ach was, da ist wirklich am Spielplatz ein Kadaver liegen gelassen worden. Wo bleibt der sofortige Einsatz des „Freund und Helfers“. Geht gar nicht. Die Knallidioten beziehen sicher Bürgergeld und sind nicht aufzuhalten, dauernd rumzuknallen. Hoffentlich bleiben die Störche, die in Seebenisch fleißig ihr Nest bauen, am Ort. Die Ordnungskräfte trinken wohl erstmal Kaffee, um dann die Massnahmen zu besprechen, die Knöllchenkasse zu füllen. Ansonsten hat der Brillenträger diese wohl abgesetzt, um nicht andere Ungereimtheiten zu prüfen und zu melden. Schnell reagiert er nicht würdevoll am Ärztehaus, wenn eine gehbehinderte Person am direkten Straßenrand abgeholt wird, weil der Parkplatz von Dauerparkern Patienten keine Parkmöglichkeiten einräumt. Fröhliches sonniges Wochenende an die Redaktion, bleibt weiter so am „Ball“.
Auflösung kam im letzten Stadtrat: Lallendorf hat aktuell keine Security. Wir lösen das hier mit friedlichen Mitteln. Entweder mit Montessori-Waldorf-Strategie oder dem bewährten Aussitzen.
Wenn sich ein Mensch bei einer Kuh mit Vogelgrippe ansteckt, stellt sich mir nur eine Frage: Je t’aime – wer mit wem?
Sie saßen sich den ganzen Abend gegenüber. Am nächsten Morgen hatte er Tripper am Zeh und sie Fußpilz in der Mumu.
Das ist mutig von Ihnen! Nachdem Tierpfleger Jörg Gräser im Leipziger Zoo geächtet wurde, weil er für Kinder sichtbar einen Zebrakopf verfüttert hatte, zeigen Sie hier von jeder Pietät befreit die Leiche eines Fuchses. Passen Sie auf, dass Sie jetzt von den Medienwächtern nicht auch strafversetzt werden und wir dann plötzlich nach den „Sibirischen Nachtschichten“ oder , schlimmer noch, den „Brandenburger Nachtschichten“ googeln müssen.