So ein Frühling kann tierisch aufs Gemüt schlagen

Seit heute ist der Winter auch kalendarisch vorüber. Spätestens beim Blick aus dem Fenster wird klar: Der Herbst ist da! Lediglich die Biologie erzählt uns vom Frühling. Überall in der Natur regen sich die Triebe. Wie schön wär’s jetzt, wenn man ihnen mal einfach so nachgeben könnte. Mitten auf der Leipziger Straße, im Stadtpark oder auf dem Marktplatz einfach mal Katze oder Kater sein und dem Leben seinen Lauf lassen.

Das geflügelte Zitat „Tiere dürfen das!“ bezieht sich längst nicht nur auf das, was bei Vögeln erlaubt ist. Auch Hund, Katze und anderes Getier darf sich nach Herzenslust ausleben. Gut … vielleicht mit Ausnahmen.

Unser Wellensittich beispielsweise lebt allein. Aber auch wenn er es gar nicht anders kennt, scheint er doch zumindest zu fühlen, dass da was nach draußen will. Im Laufe der Jahre hat er sich deshalb autodidaktisch das Masturbieren beigebracht. Auf der Dusche sitzend! Eine Piep-Show im wahrsten Sinne des Wortes.

Dreh auf Mensch, es kommt!

Seit der letzten Saison schafft er es sogar zu kommen, ohne dabei runterzufallen. Aber so ganz gesund kann der Charakter dieses Vogels trotzdem nicht sein. Wer masturbiert schon beim Anblick seines eigenen Spiegelbildes? Da müssen sich wahrscheinlich schon im Brutkasten traumatisierende Szenen abgespielt haben, wenn man beim Anblick seines Selfies spitz wird.

Mit den Vögeln ist das nicht nur im Frühling so eine Sache. Beim Eichelhäher sorgt oft allein schon der Name für Unbehagen.

Na gut, zumindest missbraucht er dabei nur sich selbst. Nachbars Spitz (der Name sagts schon) hat auch keine Dame, käme aber trotzdem nie auf die Idee, sich vor den Spiegel zu stellen und vorm eigenen Konterfei einen abzuhecheln. Er bedient sich ersatzweise der Stiefeletten seiner Herrin als Phantom. Das erklärt wahrscheinlich auch die Herkunft des alten Begriffs, den unsere Eltern früher statt Schuhcreme verwendeten.

Die Schildkröten im Terrarium haben es da schon einfacher. Sie sind zu zweit. Leider jedoch zwei Männchen. Die Frage, ob sie heterosexuell sind oder ob sich der passive Partner wenigstens vorstellen könnte, ab und zu mal ins bisexuelle Lager zu switchen, wird durch die Glaswände der Heimstatt obsolet.

Wer grad Lust hat, schiebt den anderen so lange durch die Gegend, bis er in einer Ecke klemmt und nicht mehr weg kann. Da störts auch nicht, wenn von draußen jemand zuguckt. Der Sex ist das Ziel!

Alle drei Beispiele verdeutlichen aber den wichtigsten Aspekt geschlechtlicher Betätigung. Sex ist Egoismus pur! Und weil diese Erkenntnis nach und nach aus den Markranstädter Schlafzimmern verschwunden ist, macht Sex auch keinen Spaß mehr. Nicht mal im Frühling. Der Fun-Faktor ist harter Arbeit gewichen.

Es geht einzig und allein nur noch darum, dem Partner genauso viel Genuss zu bereiten, wie man für sich selbst davon erwartet. Unsere Physiklehrer würden postum in Jubel-Arien ausbrechen angesichts unserer Testreihen mit der Anwendung sämtlicher Winkelfunktionen, der Berechnung wirkender Vektorkräfte und Berücksichtigung der Stoßimpulse.

Nicht zuletzt werden Gliedmaßen gegen alle biologischen Funktionen verbogen und die daraus hervorgehenden Schmerzensschreie des Partners als akustische Ekstase interpretiert.

Dass man bei diesem Ansinnen auch den Ungenuss potenziert, wird spätestens bei der finalen Entschuldigung „Sorry Schatz, ich konnte wirklich nicht länger“ deutlich. Das schlechte Gewissen ist sogar im Bett unser steter Begleiter geworden. Und so hält ein anschließender Frühlingsspaziergang durch die heimische Gartenwelt nicht nur manche Überraschung bereit, sondern auch eine gehörige Portion Neid.

Katzen mögen süß sein, eigensinnig oder sympathisch, aber vor allem sind sie eines: selbstbewusst! Was da neulich in Nachbars Garten geschah, ist unter Menschen geradezu undenkbar. Lassen Sie uns das hier dargestellte Szenario ruhig einmal detailliert interpretieren.

Da ist also ein Kater, der übrigens auch im richtigen Leben Boris heißt und dem der Frühling übel mitspielt. Boris steht sozusagen unter hormonellem Druck und findet in Minka ein willfähriges Ventil zu dessen Abbau.

Im Gegensatz zu humanoiden Testosteronbolzen muss man als Kater nicht erst mit schmeichelnden Komplimenten zu Werke gehen („Du siehst bezaubernd aus“) oder die Angebetete gar erst zu einem sündhaft teuren und vor allem zeitraubenden Candlelight-Dinner einladen.

Nein, da beide Wesen wissen, was sie wollen, geht’s gleich ans Werk. Muss es auch, denn die Konkurrenz ist groß. Und die guckt nicht etwa weg, wie das der degenerierte homo sapiens tut, sondern die gesellt sich schamlos dazu und wartet geduldig ab, bis sie an der Reihe ist oder Boris einen Fehler macht.

Mal abgesehen davon, dass wir Menschen in einer solchen Situation wahrscheinlich gar nicht können könnten, kommt hier auch noch der gesellschaftspolitische Aspekt hinzu. Schauen Sie sich das Foto mal genau an und gehen Sie in sich. Wie würden Sie sich verhalten?

Angesichts des lauernden schwarzen Katers würde uns als Mensch sicher ein schlechtes Gewissen überkommen. Nicht gegenüber dem wartenden Beobachter, auch wenn der möglicherweise über einen Migrationshintergrund verfügen könnte.

Nein, eher aus Angst vor der anderen Katze, die sich nun auch noch dazu gesellt (ganz rechts). Was will die hier? Boris ist das egal. Der macht einfach weiter…tack, tack, tack.

Aber als Mensch würde man doch jetzt denken, dass die Neue bei den GRÜNEN sein könnte und einem im nächsten Augenblick ein Integrationsprogramm vor die Nase hält, aufgrund dessen man jetzt Platz zu machen hat. Weil sie es unerträglich findet, wie man in unserer Gesellschaft mit den Gefühlen der Mitbewerber aus anderen Kulturkreisen umgeht. Gleiches Recht für alle.

Solche Gedanken gibt es nur bei Menschen. Drum können wir auch so lange, weil uns derartiges Kopfkino lange, sehr lange, geradezu ewig vom erlösenden Moment der finalen Entspannung abhalten kann.

Obwohl, so ganz fremd ist der menschlichen Rasse der Drang zur Beobachtung erotischer Motive nicht. Auch hier in Markranstädt frönt man diesen Instinkten mitunter ganz öffentlich. Ist ja nichts dabei. Eigentlich.

Will kommen am Kulki: Wellensittich-Schwarm mit Tretboot statt Vogelstange und Smartphone statt Spiegel.

Und eigentlich ist es ja auch egal, ob man beim Betrachten des eigenen Selfies spitz wird oder das Smartphone versehentlich andersrum gehalten hat. Womit wir wieder bei unserem Wellensittich und seinem Spiegel wären oder unser Kommen mit Gedanken an die grüne Katze hinauszögern.

Einfach mal genießen.

Nein, wir sollten uns mal wieder der Natur erinnern. Es ist Frühling, die Gefühle erwachen und ebenso die Triebe. Gucken wir also nicht zu, sondern zwingen uns selbst mal wieder zu Sex. Ganz normal ohne Schmeicheleien oder ein teures Abendessen vorher. Einfach ausziehen und loslegen. Wenn man Sex nicht so wichtig nimmt, kann sogar der Frühling eine richtig schöne Jahreszeit sein. Genießen wir sie!

 

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