Lei(d)artikel und die Hoffnung auf Vettel

Freitag, 6. Oktober 2017: Haben Sie mitgezählt? Nein? Gut, dann sei es Ihnen hiermit ins Gedächtnis gerufen: In zehn der letzten elf Ausgaben der LVZ seit dem 24. September ging es im Leitartikel – mal mehr und mal weniger – um die AfD. Nur am 4. Oktober fehlten die drei Buchstaben mal. Wahrscheinlich ließ sich zwischen dem Attentat in Las Vegas und der blauen Partei in Deutschland keine halbwegs glaubhafte Assoziation herstellen.

Zwar wird immer auch gebetsmühlenartig betont, wie rechtspopulistisch die AfD ist, aber letztendlich ist die Wirkung dieser externen Öffentlichkeitsarbeit für die Partei genauso wie bei einem grottigen Hit. Egal ob „Schni-Schna-Schnappi“ oder „Bakerman is baking bread“: Man muss ihn nur oft genug spielen, dann stürmt er die Charts.

Bei so viel erwähnender Werbung fragt man sich, ob die der AfD dabei verliehenen rechtspopulistischen Attribute ernst gemeint sind oder nur Beiwerk, um eine unheilige Werbebotschaft gesellschaftskonform transportieren zu können.

Die Botschaft hör ich wohl…

Das paranoide Treiben erinnert an die medialen Strategien bei der Platzierung des Dschungel-Camps im Abendprogramm: Es wird gesendet bis die Quote stimmt und die C-Promis auch am letzten Kiosk in aller Munde sind.

Paranoia oder Quotenjagd?

Unmittelbar nach der Wahl war das Gestammel auf der Suche nach Gründen für den AfD-Erfolg (natürlich nur bei anderen und nicht bei sich selbst) noch irgendwie verständlich. Hat ja jeder gemacht. Aber mit der Zeit wurde die Sache dann zunehmend peinlich.

So mussten schon „Wolfgang Schäubles wichtige Fähigkeiten“ oder die „Macht der Ohnmacht der SPD“ als Sprungbrett für die Erwähnung der am Thema eigentlich unbeteiligten AfD herhalten.

Dass sich der Leitartikel zum Tag der Einheit nahezu exklusiv der AfD widmete, war dann eigentlich nicht mehr zu toppen. Und tatsächlich suchte man die berühmt gemachten drei Buchstaben im Leitartikel der folgenden Ausgabe vom 4. Oktober vergeblich.

Von Tillich bis Hamilton

Aber das Aufatmen währte nur kurz. Am 5. Oktober hat es die AfD wieder in den Leitartikel geschafft. Diesmal über den Heimat-Begriff von Frank-Walter Steinmeier. Der Mann ist aber von der SPD und weil gleich zwei Tage hintereinander ohne AfD im Leitartikel medial nicht mehr denkbar sind, wurde die urkundliche Ersterwähnung des Zitats bemüht und damit wenigstens die Urheberrechte der AfD freundlich hervorgehoben.

Heute nun muss Stanis der Sorbe als AfD-Sprungbrett beim Ausleben der LVZ-Paranoia herhalten. Und der Stoff, aus dem die Träume sind, ist noch längst nicht zu Ende gewebt. Selbst wenn in ein paar Wochen mit Lewis Hamilton wieder ein Farbiger auf dem Formel 1-Thron sitzt, darf man gespannt sein, was die stets um die AfD kreisenden Gedanken da alles gebären mögen.

Für den Leser ist es eigentlich nur schade, dass man die LVZ immer als Ganzes kaufen muss. Wie schön wäre es doch, wenn man nur den Lokalteil abonnieren und den Mantel oder wenigstens den Leitartikel sozusagen als Extra nur bei Bedarf dazu buchen könnte. Da hätte man zumindest nicht ständig das ungute Gefühl, dass man diese hysterische AfD-Paranoia auch noch finanziert.

Andererseits ist es auch ökologisch nicht sinnvoll, die Titelseite gleich im Briefkasten oder an der Tanke zu lassen und nicht zuletzt spielt auch die Neugier eine Rolle. Kann ja immerhin sein, dass auf der Welt mal was passiert, was nichts mit der AfD zu tun und trotzdem das Zeug zu einem Leitartikel hat. In den letzten zwei Wochen war das zwar nur einmal der Fall, aber so trüb muss die Welt ja nicht bleiben.

Pflege der Herbstdepressionen

Gibt’s da draußen wirklich nichts anderes? Muss ja nicht gleich ein Attentat sein. Vielleicht zur Abwechslung mal was Positives, was nicht immer sofort einen Angstkloß im Kehlkopf des Lesers wachsen lässt. Sex oder Essen. Irgendwas muss es da doch geben. Oder sollte es wirklich so sein, dass eine Oppositionspartei mit 23 Prozent über die Presselandschaft regiert und diese sich auch so willfährig regieren lässt? Dann aber wirklich gute Nacht Deutschland, Sachsen und auch Markranstädt.

 

1 Kommentar

    • Biker auf 11. Oktober 2017 bei 18:04
    • Antworten

    Bezugnehmend auf:“Für den Leser ist es eigentlich nur schade, dass man die LVZ immer als Ganzes kaufen muss. Wie schön wäre es doch, wenn man nur den Lokalteil abonnieren und den Mantel oder wenigstens den Leitartikel sozusagen als Extra nur bei Bedarf dazu buchen könnte. Da hätte man zumindest nicht ständig das ungute Gefühl, dass man diese hysterische AfD-Paranoia auch noch finanziert.“ möchte ich vollumfänglich zustimmen. Am „leerreichsten“ sind die Ergüsse von Frau Krombaki. Darauf beziehend habe ich mein Abo gekündigt und damit den Anteil an Magensäure zum Frühstück deutlich reduzieren können!

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