Mutti, Vati, Hund: Gebühren sparen mit Tierheim statt Kita?

Die Erhöhung der Kita-Gebühren in Markranstädt hat nicht überall für Unmut gesorgt. Gewollt kinderlose TeilnehmerInnen unserer Gesellschaft sehen sich endlich im längst fälligen finanziellen Vorteil, ungewollt Kinderlose haben jetzt ein tröstendes Argument mehr und für Kita-Beschäftigte gelten gar gleich beide Argumente. Aber was ist mit den Kindern? Brauchen wir die noch?

Früher hieß es, ein Mann müsse ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen. Lange her. Die Kosten machen diesen Luxus kaum noch erschwinglich.

Einsparpotenzial bietet sich kaum. Die Grundstückspreise für Häuser explodieren und Kinder-Light als verbrauchsarme Sparmodelle, die sich zudem mit nur 12 m2 Grundfläche begnügen, befinden sich in den Gen-Labors noch im Teststadium.

Haus und Kind fallen also aus. Statt die ersparten Mittel wenigstens in die Bäume zu stecken, scheint unsere Gesellschaft eher auf den Hund zu kommen. Aber der Reihe nach.

Laut Statistischem Bundesamt kostet ein Kind in der Transit-Phase zwischen Austritt aus dem Uterus und Eintritt in die Volljährigkeit rund 130.000 Euro. Andere Expertisen gehen von bis zu 240.000 Euro und mehr aus. Nehmen wir für unsere Betrachtungen aber ruhig mal die öffentlich-rechtliche Billigvariante mit gebrauchten Windeln aus dem Sozialkaufhaus und Baby-Brei von der Tafel.

Purer Aberglaube

Ein altes Sprichwort sagt, dass Kinder die Altersversorgung der Eltern seien. Dieser Unfug ist einzig der Beweis, dass es schon früher Satiriker gab. Würde ja heißen, je mehr Kinder man in die Welt setzt, desto besser geht es einem später mal. Muhaha …

Die Fleisch gewordene Altersversorgung ist rein mathematisch betrachtet purer Aberglaube. Lediglich im Wettbewerb mit den Nachbarn lohnt sich das. Mannche wollen eben auch irgendwas haben, das sie zur Schule schicken können.

Bei zwei Kindern hat man schon mal mehr als eine Viertelmillion Euro in die Brut gepumpt, bevor die eine Lehre anfangen kann. Wenn sie das überhaupt will. Steckt man diese Scheine statt dessen unters Kopfkissen und geht von durchschnittlich 15 erlebbaren Rentenjahren aus, hat ein kinderloses Paar im Alter rund 1.444,- Euro mehr zur Verfügung. Pro Monat!

Hinzu kommt, dass man auch nicht gezwungen werden kann, das aus dem Rest mühsam ersparte Erbe vorfristig aufzuteilen und sich somit in einem Akt elterlichen Gehorsams selbst in die Altersarmut zu stürzen.

Keine Zeit wegen gesparter Zeit

Und von wegen, die Kinder pflegen einen später mal. Heutzutage, da ständig neue Innovationen erfunden werden, durch die wir schneller leben und immer noch mehr Zeit sparen können, hat gar niemand mehr die Zeit, sich um die Alten zu kümmern. Niemand außer den Pflegerinnen im Seniorenheim.

Da ist es schon verständlich, dass immer mehr Paare den Zeitpunkt der Fortpflanzung chemisch so weit nach hinten schieben, bis das Saatgut sein Verfallsdatum überschritten hat.

Und wenns dann mit Glyphosat-Spritzen und synthetischen Brunft-Hormonen doch noch klappt, den unter jahrzehntelanger Verhütung geschimmelten Leib zu überlisten, avanciert die Entbindungsstation unversehens zum Greis-Saal.

In unserer Gesellschaft werden immer mehr immer weniger Kinder entbunden. Die Geburtenrate hat allerdings auch Auswirkungen auf den Tod. Der heute im fertilen Saft stehenden Generation muss klar sein, dass ihre Kisten dereinst von osteuropäischen Billiglohnkräften oder nordafrikanischen Zuwanderern über die Friedhöfe zu den anonymen Gruben geschleppt werden müssen.

Zwischen Erbe und Gegenwart

Auch vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass man nicht allein altern will. Irgendwann steht selbst die DAX-Managerin in Nadelstreifen hinter dem Küchenfenster ihres weißen Wohnwürfels und schaut sehnsüchtig auf das bunte Glück der vierköpfigen Nachbarfamilie.

Obwohl sie sich mit ihren 52 Jahren noch nicht reif genug glaubt, Verantwortung für ein Kind übernehmen zu können, keimt in ihr plötzlich der tiefe Wunsch, auch irgendwas zur Schule schicken zu können.

Natürlich ohne vorher Kacke abwischen, stundenlang bei Ärzten rumsitzen oder sich anderweitig Sorgen machen zu müssen. Leider kann man das aus betriebswirtschaftlichen Gründen auch nicht auf eine Nanny übertragen. Die kostet mehr als die VW-Aktie derzeit an Dividende abwirft.

Betriebswirtschaftlich unrentabel

Also wird sie ihrem Mann immer dann, wenn der grade mal wieder von einer mehrwöchigen Dienstreise aus Thailand zurück ist, so lange auf die Nerven fallen, bis er sich wenigstens auf einen vierbeinigen Kompromiss einlässt.

Die 17-jährige Jule (rechts) hat Pflegestufe III und wird von Sohn Leonardo aufopferungsvoll mit Franzbranntwein gegen Dekubitus eingerieben.  Ihr Herrchen ist derweil im Pflegeheim.

Was dann folgt, ist von der Entwicklung eines humanoiden Gen-Trägers kaum zu unterscheiden. Es beginnt schon bei der Wahl des Namens, der natürlich den Charakter des Wesens prägen soll.

So hört der Chihuahua nach stundenlanger Diskussion und Androhung verschiedenster Scheidungsszenarien schließlich auf Pluto oder der Bernhardiner wird als Idefix in den Kreis der Familie aufgenommen. Der Schäferhund unserer DAX-Frau heißt übrigens Juno-Malte.

Sofort nach der Taufe geht’s ab in den Zoohandel zur Einkleidung. Da gibts ein Halsband von Lacoste, ein Hundehöschen zur Wahrung seiner sexuellen Würde und das neue Handy „Bello 2.0“ mit GPS, Halsband-Halterung sowie Laptop zur Online-Ortung sowohl des Tieres als auch seiner Haufen. Es folgen Tierarzt, Hundefriseur, Pfotenpediküre und schlussendlich auch die Hundeschule.

Besonders zeitraubend und teuer war die Umstellung seines Stoffwechsels auf vegane Nahrung. Aber das hat wenigstens funktioniert, auch wenn das Tier jetzt blind ist und kein Fell mehr hat. Kläglich gescheitert ist hingegen der Versuch, ihm das Sprechen beizubringen und auch die Sache mit der antiautoritären Erziehung hat nicht wirklich geklappt. Dafür hat der Hund jetzt ADHS. Wenigstens da verhält er sich wie ein normales Kind.

Ach so: Der Tierpsychologe kommt auch noch dazu. Juno-Malte bekam im Winter Depressionen. Nach acht Doppelstunden auf der Animal-Couch und ebenso vielen Schecks über jeweils 800 Euro stellte der Hundeflüsterer dann die Diagnose: Differenzen in der Selbstwahrnehmung der Rasse-Identität.

Ein Kumpel von Juno-Malte, der seine Kindheit überlebt hat. Bis hierher hat er allerdings fast genauso viel gekostet wie seine humanoiden Alternativen.

Einem Schäferhund im Winter ausgerechnet eine Pudelmütze überzuziehen, fühle sich für das Tier so an, als würde die Herrin ihren Mann auf der Leipziger Straße in halterlosen Nylons hinter sich her ziehen. Macht 6.400 Euro! Zumindest geht’s aber seitdem nicht nur dem Hund, sondern auch dem Mann besser.

In der Betriebskostenabrechnung für den Vierbeiner kommt dann am Jahresende das böse Erwachen. Neben all den genannten Leistungen finden sich in der Aufstellung dann plötzlich auch noch Begriffe wie Hundesteuer, Hundehaftpflicht, Lehrgänge zum Erlangen des Sachkundenachweises zur Hundeführung, Urlaubsbetreuung, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, Spielzeug und so weiter.

Und ihren Job hat die erfolgreiche Prokuristin überdies verloren. Dreimal in der Woche fehlen und dann noch selbstbewusst einen Krankenschein vom Tierarzt vorzulegen, war dem Herrn Vice-President of Business-Content zu viel und die Delegierung ins Headquarter of Facility-Management mit gleichzeitiger Beförderung zur Assistance of Roomcleaning hatte sie abgelehnt.

Armut mit Spaßfaktor

Was damit zum Ausdruck gebracht werden soll: Nicht nur Kinder sind heute Ursachen für Minuswachstum auf dem Konto. Auch Abwasserverbände, Hinzuziehung bei Straßenbaumaßnahmen, GEZ und sogar das eigene Auto sind wichtige Faktoren beim finanziellen Niedergang. Und ja: Auch der Hund schützt vor der Pleite nicht!

Es macht also keinen Sinn, sich ordentlichen Sex nur aus Angst vor Altersarmut zu verkneifen. Was man da spart, nehmen einem andere sowieso wieder weg. Da lieber ein bisschen Spaß haben beim Armwerden und dafür auch wissen, wer später mal die Kiste trägt.

Und wenn die Erziehung dann noch darin mündet, dass die Leibesfrucht nicht auf den Gedanken kommt, auch den Urhebern ihrer ererbten Armut die letzte Ehre zu erweisen, kann man sogar mit einem zufriedenen Lächeln abtreten.

 

3 Kommentare

    • BärbelR auf 13. November 2017 bei 1:54
    • Antworten

    Ich hatte eigentlich gedacht, dass so ein Ereignis wie die Übergabe des Rathausschlüssels an di eNärrinnen und Narren am 11. 11. einberichtenswertes Erignis für Betreiber eines Satireblogs ist. Liege ich da falsch?

    1. Grundsätzlich nicht. Aber wir möchten uns auch nicht immer wiederholen und stellen Ihnen anheim, sich auch die Kommentare hier öfter mal durchzulesen. Solche Fragen gab es schon häufiger, wenngleich in Bezug auf andere Ereignisse oder Vereine. Also um es kurz zu machen: Wir widmen uns grundsätzlich auch gern all dem, was die Vereine der Stadt so auf die Beine stellen. Aber irgendwoher muss dann für uns auch die Motivation kommen, dass der Aufwand Sinn macht. Wir haben bislang weder von unseren Lesern (auch nicht von Ihnen) oder den Veranstaltern ein Signal bekommen, dass es gewünscht ist, das Treiben um den 11. 11. zu betrachten. Irgendwann anno 2013 oder 2014 (mal ins Archiv schauen), hatten wir es getan, aber das Feedback war gleich null.

      Wenn wir eine entsprechende Botschaft erhalten (siehe beispielsweise Heimatverein Räpitz, Heimatverein Frankenheim, KFV Seebenisch, SG Räpitz oder Posaunenchor Markranstädt), nehmen wir uns solcher Themen natürlich gern an.

      Kleiner Trost für Sie: Das Event der Schlüsselübergabe auf dem Marktplatz ist auch ohne Zutun externer Satiriker lustig genug. Wer will, kann ja hingehen. Es ist ohnehin nachhaltiger, das live zu erleben als hinterher darüber zu lesen, was Dritten dazu so einfällt. Wir hätten da zum Beispiel schreiben müssen, dass der Rathausschlüssel zwischenzeitlich verschwunden war und nur nach Androhung juristischer Konsequenzen wieder aufgetaucht sein soll. Wer will sowas schon lesen?

        • BärbelR auf 14. November 2017 bei 13:13
        • Antworten

        Klingt einleuchtend. Danke! Macht trotzdem weiter so, ich lese das gerne und den Tag mit einem Lächeln zu beginnen oder zu beenden, ist unbezahlbar.

        LG Barbara

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