So einen Mittwoch wie heute gibt es selten im Kalender. Ein Tag zwischen Trauer, Depression und Freude. Aschermittwoch für die Jecken, Beginn der Fastenzeit für die Gehorsamen und Valentinstag für die Verliebten. Aber wie begeht der homo markransis diesen Tag? Mit Trauermusik vielleicht, mit einer bis Ostern währenden Diät oder doch mit Blumen für die Liebste?
Wir haben uns auf die Markranstädter Straßen begeben und Passanten gefragt, was sie heute feiern oder betrauern werden. Asche für die gute Laune oder blühende Blumen für den Haussegen? Aus Gründen des Datenschutzes wurden alle Namen geändert.
„Mit Blumen brauche ich meiner Frau heute nicht zu kommen“, meint beispielsweise Herbert Hansen (53) aus Leipzig. Seine Gattin habe Gürtelrose und sei daher mit floraler Deko ausreichend versorgt. Aber er hat sich fest vorgenommen, sein Bier heute mal selbst aus dem Keller zu holen.
Ganz anders sieht es Manfred F. (38). Nur am Valentinstag an seine Frau zu denken, wäre ihm zu wenig. Wenn man seinen Partner wirklich liebt, sollte man es ihm jeden Tag zeigen.
Er selbst habe seine Frau beispielsweise schon fast ein halbes Jahr nicht mehr verprügelt. „Darüber freut sie sich mehr als über ein paar Rosen, die sowieso bald wieder verwelken.“
Ähnlich stellt sich die Situation im größten Hotel der Stadt dar. Es ist komplett ausgebucht. Auch Mahmud und Fatima M. (Alter unbekannt) sind extra von weit her angereist, um die für sie fremde Kultur des Feierns und Liebens kennenzulernen. Und sie haben es geschafft, die hierzulande gebräuchlichen Sitten mit den in ihrem eigenen Kulturkreis zelebrierten Ritualen zu verbinden.
So bekam Fatima am Morgen noch vor dem Aufwachen von ihrem Mann zwei Veilchen verpasst, die nun für die kommende Fastenzeit unter einem liebevoll verhüllenden Schleier gedeihen dürfen. Eine sicher gewagte Interpretation mittelalterlicher Folklore – nicht ganz neu, aber offenbar originell.
Wesentlich offener sehen Marcel-Kevin-Dustin-Jason (20) und seine Freundin Deborah-Chantall-Jaqueline (18) die Sache mit den Botschaften aus dem Schoße der Natur. Blumen allerdings müssten es nicht unbedingt sein. Die würden zu dieser Jahreszeit draußen gar nicht blühen.
„Es gibt viel geilere Sachen, die in holländischen Gewächshäusern gezüchtet werden“, meint der junge Mann und lässt seine Debby an einem liebevoll gedrehten Dübel ziehen. Schlagartig füllen sich die Augen des jungen Mädchens mit tiefer Dankbarkeit. Wahre Liebe kann so einfach sein.
Auf die Frage, warum der Fasching ausgerechnet am Aschermittwoch endet, brilliert Frührentner Julius B. (63) mit einer entwaffnenden Feststellung: „Weil da der Alkohol alle ist.“ Seine Frau zeigt auf die Nase ihres Mannes und meint: „Die ist übrigens echt. Wenns heute nicht vorbei wäre mit dem Karneval, könnte er damit zu Weihnachten als Rudolf das Rentier gehen!“
Was man als Reporter so erlebt…
Vom Valentinstag will auch der 51jährige Thomas B. nichts wissen. Sein Gesicht ist unter einem riesigen Verband verborgen, es riecht nach Wundsalbe und küssen ist damit sowieso nicht möglich. Am vergangenen Wochenende hatte er sich beim Fasching die Kante gegeben.
Auf dem Heimweg durch den Alten Friedhof griff er sich ein Eichhörnchen, steckte es sich in den Mund und zündete es an. Es war der Trip seines Lebens! Den Aschermittwoch könne er sich an keinem besseren Tag vorstellen.
Auf die heute beginnende Fastenzeit ist der gemeine homo markransis offenbar generell nicht gut zu sprechen. Die Einkaufswagen sind nach wie vor voll, aus den Taschen quellen Schweinshaxen, Majo, Pommes und andere analoge Stimulanzien.
Wir fragen, worauf der Markranstädter am ehesten verzichten würde. Else S. (58) zögert keine Sekunde: „Ganz klar, auf die GroKo.“ Dort habe ja sowieso niemand Lust auf das Fasten, wo sie sich doch grade eben wieder mal die Diäten erhöht hätten.
Nele H.-M. von G. (19) hat dagegen klare Vorstellungen vom Fasten. Man dürfe auch dabei nicht immer nur an sich selbst denken, meint die Soziologie-Studentin mit den vielen Rasta-Zöpfen.
Es komme vor allem darauf an, alle die mitzunehmen, die noch unschlüssig seien oder keine eigene Meinung dazu hätten. „Mein Hund beispielsweise bekommt bis Karfreitag kein Fleisch“, schließt sie ihre Argumentationskette.
Chefsekretärin Irma L. (53) winkt dagegen genervt ab. „Wissen sie, ich habe schon so viel versucht. Am Ende musste ich immer gleich fünf Diäten auf einmal machen. Von einer wird man ja nicht satt.“
Fazit: So bunt wie unsere Gesellschaft, sind in Markranstädt auch die Vorstellungen vom Ablauf des heutigen Beginns der Fastenzeit am Valentinsaschermittwoch gemischt.
Und wer das irgendwie verpasst hat, muss nicht traurig sein. Es folgen noch ganz viele Blumentage und es wird auch noch ausreichend Grund geben, dass uns der eine oder andere Bissen im Halse steckenbleibt.
2 Kommentare
Sehr schön gemacht und abgerundet. Wirklich satirisch Alles abgearbeitet, was derzeit ansteht! Nur mit dem gedrehten Dübel musste ich dreimal lesen, was ihr damit meint.
….mit reichlich Arbeit. 🙂