Das war ein Gaudi: Heißer Fladen auf B4

Das KuGäSe 2018 war mal eine etwas andere und vor allem mutige Art, sich auf dörfliche Gemeinschaft zurückzubesinnen, alte Traditionen in neuem Gewand fortzusetzen und das alles mit Spaß zu verbinden. Dass da trotzdem noch ein paar Leute zu Hause blieben, liegt wohl in den Genen des gemeinen homo marcransis. Der wartet erstmal, was die sagen, die hingegangen sind, um sich dann eventuell im nächsten Jahr als Teil der Gemeinschaft zu outen. Aber die Lücken im Kulkwitzer Bürgertum wurden durch Besucher aus der Kernstadt, aus Frankenheim, Kitzen, Räpitz und anderen Orten gefüllt.

Alles richtig gemacht! Vor allem die Entscheidung, das Fest mit einer Andacht zu beginnen, war quasi ein Segen. Der zog sich wie ein sonniger Faden durch das gesamte Wochenende. Musste er auch, denn Pfarrer Zemmrich hatte sich so überzeugend reingekniet, dass die Schäfchen in der Kirche vor Staunen beinahe das Amen vergessen und statt dessen Beifall geklatscht hätten.

Gänsehautstimmung in der Kulkwitzer Kirche. Zemmrichs Andacht ließ sogar gestandene Atheisten zeitweise die Luft anhalten. Gepaart mit einem Wortwitz, der selbst überzeugte Satiriker blass werden ließ, legte der Pfarrer nicht nur den Finger in so manche Wunde, sondern hatte auch die richtige Heilsalbe parat. Das ist wichtig in einer Zeit, in der wir immer weniger Zeit haben, weil wir immer mehr Zeit dafür aufwenden müssen, Zeit zu sparen, die wir aus Zeitgründen dann doch nicht haben.

Google sei Dank fand Pfarrer Zemmrich sogar eine Bibelstelle, in der das Wort KuGäSe vorkommt. Im 2. Buch Samuel hatten Sobi, Machir und Barsillai unter anderem Honig, Butter und … ja … Kuhkäse für David und seine Leute zur Nahrung gebracht; denn sie hatten gedacht: „Die Leute müssen in der Steppe hungrig, müde und durstig geworden sein.“. Da hatte der Pfarrer den Nagel auf den Kopf getroffen. Nach 36 Jahren ohne Heimatfest waren die Kulkwitzer hungrig nach Gemeinschaft, Feiern, Unterhaltung und Spaß.

Zwischen Gott und Paragrafen

Dem Thema angepasst war auch die anschließende Buchlesung. Richterin Birgit Riedel rezitierte satirische Juristerei aus dem Werk „Am achten Tag schuf Gott den Rechtsanwalt“. Besonders amüsant wurde die Lesung durch den Umstand, dass im Auditorium auch noch eine echte Anwältin nebst Töchterlein saß.

Letztere konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass sie der in den geweihten Mauern erbetene Segen am Folgetag in ganz besonderer Weise treffen sollte. Sie gewann das hoch dotierte Kuh-Bingo, was ein enttäuschter Atheist beim frustrierten Zerknüllen seines Loses als Bestätigung des vermeintlichen Bibelverses (Neid 2.18.) interpretieren wollte, wonach eine Kuh sowieso immer auf den größten Haufen scheißt. Wäre er vorher mal in die Kirche gegangen…

Mit den Cheerleaderinnen des KFV wurde der Fußballplatz zur Augenweide.

Der jetzt schon legendäre Samstag begann mit der offiziellen Gründung der Gärnitzer Jugendfeuerwehr, was naturgemäß auch von politischen Akteuren als Stelldichein genutzt wurde. Auf dem Sportplatz ging es inzwischen bunt zu. Zwischen den attraktiven Cheerleaderinnen des KFV tummelten sich hunderte Kinder bei perfekt organisierten Fußballturnieren und vergaßen dabei zeitweise sogar ihre Smartphones. FIFA 2018 in echt und ohne Konsole … eine tolle Erfahrung.

Dass die meisten Eltern ihre Kinder unmittelbar nach den Turnieren eilig an den Festständen vorbei zerrten und nach Hause trieben, war verständlich. Man muss den steinreichen Vereinen und Händlern, die sich schon am kostenlosen Eintritt für ein solches Event dumm und dämlich verdienen, nicht auch noch Geld in den Rachen werfen. Der homo marcransis eben.

Allerdings sollen einige der Kinder auf ihrer hastigen Deportation dann doch noch einmal kurz innegehalten haben. An der Wiese nämlich. Dort stand die Hauptdarstellerin Erika von der Ellernweide, eine zweijährige Kuh aus dem Stall des Seebenischer Landwirts Erik Munkelt.

Nachdem Erika ihre anfängliche Scheu abgelegt hatte, wollte sie Heike Helbig nicht mehr von der Seite weichen. Bei diesem Dirndl kein Wunder.

Und sie hatte offenbar sogar sowas wie einen pädagogischen Auftrag. Das Tier war der Fleisch gewordene Beweis dafür, dass Kühe nicht lila sind. Und wer in diesen Zeiten Zeit hatte, konnte seinen Kindern sogar noch kurz erklären, dass die Milch nicht in Tetra-Packs gepflückt wird, sondern aus den vier Hähnen zwischen den Hinterläufen rauskommt. Alles Bio – und jetzt ab nach Hause H-Milch trinken.

Erika und ihr Reizdarm

Punkt 14:30 Uhr wurde Erika dann in die Arena geführt. Offenbar war ihr aber das bunte Treiben auf einen ihrer vier Mägen geschlagen, was wohl auch zu einem Reizdarm-Syndrom führte. Keine drei Minuten dauerte es, bis sie den Schwanz hob. Ihr Anus kreiste zu diesem Zeitpunkt genau über dem Feld B 4. Ein kurzes „Klatsch!“ und das Kuh-Bingo war entschieden. Selten wurde in der Menschheitsgeschichte das Kacken eines Geschöpfes von so viel Jubel begleitet. Man guckt ja da auch nicht jeden Tag zu.

Erika ließ ihren Anus über Feld B4 kreisen und setzte dann zielsicher einen Fladen ab. Er brachte der jungen Gewinnerin 295 Euro ein.

Der heilige Fladen, sozusagen am Freitag schon gesegnet, wurde am Abend dann übrigens noch versteigert. Das lustige Bietergefecht während des Sommernachtsballs beim Groitzscher entschied ein renommierter Handwerker aus Frankenheim für sich. Dessen Obsession ist es sonst, anderen Leuten aufs Dach zu steigen und sich solche Fladen bestenfalls von oben anzuschauen. Jetzt hatte er endlich mal einen selbst in der Hand und kann sich in seinem Wohnzimmerschrank noch lange an der Trophäe erfreuen.

Obwohl zu verschiedenen Anlässen schon öfter zelebriert, hat das LO-Ziehen nichts von seiner Attraktivität eingebüßt und war letztendlich doch der heimliche Publikumsmagnet.

Die Kids von der Feuerwehr Gärnitz zogen den fast 6 Tonnen schweren Robur am schnellsten über die 50 Meter lange Strecke und holten sich den Wanderpokal.

Das Team „KFV I“ beim LO-Ziehen.

Zur gleichen Zeit schwelgte im Kulturraum der FFW Gärnitz die ältere Generation in Erinnerungen, die nicht nur von historischen Fotos, sondern auch von bewegten Bildern befeuert wurden.

In Filmen von Heimatfesten aus den 50er Jahren erkannten sich manche Besucher sogar selbst wieder, andere identifizierten Schulkameraden oder alte Lehrer und die jüngsten Gäste an der Kaffeetafel staunten nicht selten darüber, was ihre Omas mal für heiße Fackeln waren.

Volle Hütte bei der Reise in die Vergangenheit. „Die heiße Fackel da ist meine Oma!“

Nachdem am Sonntag der Frühschoppen beim Seebenischer Lindenfest zelebriert war, verlagerte sich das Treiben zurück zum Epizentrum auf den Gärnitzer Sportplatz.

War auch richtig so, denn wenn die Arena infolge der Berieselung mit Danziger Goldwasser schon das Bruttosozialprodukt eines Landes wie Nigeria oder Moldawien verschlingt, sollte sie wenigstens auch intensiv genutzt werden.

Kulkwitz verwinnt das Derby

Auch hier erwiesen sich die Kulkwitzer als anständige Gastgeber. Sowohl die zweite als auch die erste Herrenmannschaft ließen ihren Gästen den Vortritt.

Weil aber schon vorher alles in trockenen Tüchern war (die Erste erhält sogar die Klasse) und die KFV-Cheerlederinnen sowieso alle Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren die Ergebnisse eher zweitrangig. Auch verwonnene Spiele versteht man in Kulkwitz zünftig zu feiern.

Mut zum Weitermachen

Unterm Strich stand dann trotzdem das Gefühl des Erfolgs. Das KuGäSe 2018 war das würdige Präludium für eine neue Serie attraktiver Heimatfeste an den Ufern der Vernässungsfläche. Da werden sicher noch zahlreiche Fortsetzungen folgen, wenn sich die vielen Macher nicht von den wenigen Meckereren entmutigen lassen.

 

1 Kommentar

  1. Das war ein Superding!
    hat Spass gemacht.

    Danke noch mal an die Veranstalter besonders alle die welche die Arbeit erledigt haben!

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