Zu viel Holz vor der Hütte?

Um die Sanierung des Kaiserlichen Postamts ranken sich allerlei Gerüchte. Die wurden zuletzt auch durch eine recht eigenwillig anmutende Öffentlichkeitsarbeit befeuert. Doch auch abseits der Pressearbeit wecken Planen und Abdeckungen die Neugier darüber, was wohl dahinter so passieren mag. Den Markranstädter Nachtschichten wurden nun Fotobeweise zugespielt, die belegen sollen, dass im Zuge der Bauarbeiten ein FFH-Gebiet unwiederbringlich zerstört wurde. Ein handfester Öko-Skandal?

Das Aufatmen war hörbar, als dem altehrwürdigen Kaiserlichen Postamt eine neue Zukunft als mondäne Wohnanlage verhießen wurde. Es hätte auch anders kommen können. Da war beispielsweise mal ein Puff im Gespräch.

So richtig mit Rotlicht, Puffmutter, gynäkologischer Untersuchungseinheit und Folterkeller. Wahrscheinlich auch mit Spielkasino, damit es Lobbyisten nicht mehr so weit haben wie jetzt zum Petersbogen oder in andere Leipziger Euro-Fitnesszentren.

Aber in Sachsen muss eine Stadt mindestens 50.000 Einwohner haben, damit man in ihren Gassen ein Bordell betreiben darf. Damit war der Plan vom Tisch und seither gibt es Gerangel um Parkplätze an den Rändern der westlichen Ausfallstraße Markranstädts. In der Kernstadt darf also nur gewohnt werden – und das neuerdings sogar möglichst teuer.

Um bis zu bürgerfreundlichen und transparenten 15 Prozent (!!!) sind die Mieten in den letzten zwei Jahren geklettert. Das Prädikat „Seeblick“ ziert dabei fast jede Wohnungsanzeige, selbst für Domizile im dritten Kellergeschoss.

Futterkörner gegen Neugier

Da soll nun das Kaiserliche Postamt Entlastung bringen. Als der LVZ-Redakteur vor einiger Zeit ein paar Fragen dazu hatte, wurden ihm die Antworten verwehrt. Ein paar Tage später standen sie allerdings, getarnt als Interview der MBWV mit sich selbst, dann doch im Stadtjournal.

Gut möglich, dass es sich dabei ähnlich der Strategie auf Hühnerhöfen um Futterkörner handelte, die das Federvieh davon abhalten sollte, hinter dem Stall rumzupicken. In Falle des Postamts machen ja Planen neugierig, die in ihren Dimensionen jedes US-Autokino an der Route 66 in den Schatten stellen.

Gunter Laber (50) wollte vor einem dreiviertel Jahr seiner Enkelin zeigen, wo er in den 80er Jahren nach dem Kinobesuch immer hingepinkelt hat.

Es war eine heute nicht mehr existierende Hauswand genau gegenüber Bäcker Wätzig. Sie musste nach der Wende wegen irreparabler Nässeschäden abgerissen werden.

Laber machte noch schnell ein Foto von diesem historischen Ort, dazu gleich noch ein paar Aufnahmen von den Nebengebäuden und verschwand wieder. Die Fotos lungerten seither unbeachtet auf irgendeiner Festplatte herum.

mitbaum

Als Labers Gunter vor ein paar Tagen wieder in die Straße kam, fiel ihm etwas auf, das er nicht zuordnen konnte. Irgendwas war hier anders, und das waren nicht nur die Gerüste und Planen.

Er fotografierte das Anwesen und verglich die Aufnahmen zu Hause mit den vor zehn Monaten geschossenen Bildern. Und da plötzlich fiel der Ehrenvorsitzende des Gesprächskreises „laktosefrei stillende Mütter“ von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN fast vom Küchenhocker!

Von der Außenwelt völlig unbeobachtet, ist hinter den Planen auf dem Eck-Balkon des Kaiserlichen Postamts ein von der EU als schützenswürdig eingestuftes Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet) zerstört worden!

ohnebaum

Ganz klar: Der Baum wurde gefällt, ein FFH-Gebiet unwiederbringlich zerstört.

Das alte Foto zeigt eindeutig eine friedlich vor sich hin gedeihende Birke, auf der sich infolge der räumlichen Nähe zur Eisenbahnlinie hier und da auch gern ein Zugvogel oder ein anderer gefiederter Freund niederließ. Deren Kot wiederum diente dem Gewächs als Dung und führte zu Wachstum und mehr Grün. Ein Stück Naturkreislauf mitten zwischen Beton und Lokführerstreik.

Dieses Idyll musste nun der schier grenzenlosen Wohnungs- und Profitgier weichen. Laber recherchierte und fand in den Bauunterlagen weder einen Antrag, noch eine Genehmigung zum Fällen des Baumes. Wer die Amtsmühlen kennt, der weiß, was der MBWV wegen illegaler Abholzung nun droht: Ersatzpflanzungen bis zum Horizont!

Nachdem das grüne Erscheinungsbild Markranstädts in letzter Zeit etwas an Farbe verloren hat und auch bei der Rettung des Stadtparks eher blasse Kindergesichter als grüne Bäume und Wiesen vor dem virtuellen Auge erscheinen, könnte man bei dieser Vision fast schon den Duft blühender Landschaften wahrnehmen.

 

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