Der „D-Day“ in Markranstädt

Der Samstag war ein Probelauf für das, was auf Markranstädt wartet, wenn dem SSV der Aufstieg gelingen sollte. Nach dem Schlusspfiff der Sicherheitspartie RB II gegen Lok Leipzig dürfte zumindest eins klar sein: Akzeptanz unter der Bürgerschaft ist kein Selbstläufer. Da muss der SSV langsam mal was tun, wenn er wirklich aufsteigen will.

Einen offiziellen Polizeibericht gibt es hier: LIZ/ RB II gegen Lok

Schon lange vor dem Anpfiff glänzte der Markranstädter Marktplatz wie eine Kristallstraße. Radeberger, Köstritzer, Sternburger – die Reste der letzten Stufe des Vorglühens (weils im Stadion keinen Alkohol gibt) zierten das Pflaster. Derweil belagerten nicht nur Fußballfans die Stadtmauern Lallendorfs. Inklusive Ordner, Stewards, DRK, Feuerwehr und natürlich Polizei waren weit über 500 Kräfte im Einsatz.

Die sorgten unter anderem nicht nur für die Durchsetzung des Parkverbots in der Weststraße, sondern sperrten sie quasi gleich voll und nahmen die Beschilderung zum Anlass, völlig unbeteiligte Passanten nach dem Ziel ihres Wegs zu befragen.

Da wurde auch schon mal ein Mütterchen vorm Rad geholt, das eigentlich nur nach Hause wollte und nun einem orange gewesteten Halbwüchsigen Rede und Antwort stehen musste, der mit Röntgenaugen die Form ihres Dederonbeutels musterte, wohl in der Hoffnung, die Umrisse eines Sturmgewehrs zu entdecken. Derweil fuhr hinter seinem Rücken ein mit johlenden Landsleuten des Kontrolleurs vollbesetzter Opel Kadett völlig unkontrolliert in die Sicherheitszone. Satire pur!

Zur gleichen Zeit am Stadioneingang: Eine deeskalierend wirkende Frauenstimme fordert über Lautsprecher: „Bitte unterlassen sie das Werfen von Flaschen. Es sind Kinder im Publikum! Sie machen sich strafbar!“ Die Antwort bestand aus präpubertärem Gejohle und mannigfaltigem Klirren zerberstender Flaschen. Allerdings fragt man sich als ferner Beobachter schon, wie strafbar oder zumindest verantwortungslos sich Eltern verhalten, die fünjährige Kids mitnehmen, wenns nirgendwo anders hingeht als in den Krieg.

Denn Krieg war das Ziel, wenn man auf das Gebrüll und das Verhalten einer Vielzahl dieser Fans achtete. Da sollten die einen Bullen geschlachtet werden, während die anderen mit vollen Getränkebechern beworfen wurden. Es gab ja die Roten und die Uniformierten. Gegnerische Trainer wurden mit gossenhaftem Vokabular für weibliche Geschlechtsteile begrüßt und auch sonst brach sich ungenutztes Testosteron mannigfaltig Bahn.

Fünfzig Minuten vor dem Anpfiff gabs dann doch noch Satire aus dem Leben. Das Stadion war schon ganz ordentlich gefüllt, als der Lok-Block plötzlich in Bewegung geriet. Mit Beifall wurde eine versprengte Guerilla-Einheit begrüßt, die den Zaun in geübter NVA-Manier wie eine Eskaladierwand zu nehmen gedachte.

Partisananangriff aus dem Stadtpark

Außenstehende Beobachter hätten zunächst durchaus denken können, dass es sich um ein feindliches Regiment Alliierter handelt, dessen Spähtrupp man bei der Überwindung des Zaunes behilflich war, um sie dann auf den eigenen Traversen in Ruhe foltern zu können. Doch selbst wenn einige der über den Zaun gereckten Gesichter später gnadenlos ins Stadionvorfeld zurückgeboxt wurden, handelte es sich nur um eine Maßnahme zur Umgehung der Einlasskontrolle.

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Der Klügere gab nach.

Weil die Hände dabei die Zäune nicht losließen, gaben die Zaunsfelder schließlich nach. Sekunden später war das Schlachtfeld verlassen und eine Polizeieinheit musste die trennende Aufgabe der zerstörten Zaunsfelder übernehmen. Lebende Einzäunung: In Anlage GSE der Steuererklärung kann man sowas absetzen.

Auch der Salzburger Brausegott kann sowas steuerlich geltend machen. Den Polizeigroßeinsatz am Samstag in Markranstädt haben jedenfalls wir alle bezahlt. Mit unseren Steuergeldern. Selbst die Oma auf dem Fahrrad wird in den nächsten Tagen aus dem Staunen nicht herauskommen.

In jenem Augenblick, als Eddi Kontroletti mit der orangen Weste nichts in ihrem Dederonbeutel fand, hat sich der Staat in ihrer rechten Schürzentasche bedient.

Spaß für keine 3.000  –  Kosten für alle…

Wie eingangs erwähnt: Akzeptanz ist damit in der Bevölkerung nicht zu gewinnen. Gleich gar nicht, wenn ein Geschwader hirnloser Existenzen am Abend vorher auf dem alten Friedhof von der Polizei völlig unbehelligt versucht, die verblichenen Seelen in einer nächtlichen Orgie mit lautstarkem Gegröhle, Gejaule und Geschimpfe zu erwecken und dabei die Stadt nicht zur Ruhe kommen lässt.

… aber dann auch gleiches Recht für alle

Wenns um Fußball geht, kommt auf 6 Zuschauer ein Polizist (so jedenfalls am Samstag). Da darf es im Alltag wohl nicht zu viel erwartet sein, dass wenigstens auf 1000 Bürger ein Uniformierter kommt.

Alles in allem muss der „Probelauf Stadion am Bad in der Regionalliga“ als gelungen bezeichnet werden. Fragt man aber, ob Anrainer und Bürger sowas alle 14 Tage wollen, dürfte die Antwort schon verhaltener ausfallen. Jedenfalls waren am Samstag auf Hälsen der Menschen, die nicht ins Stadion einkehrten und lieber spazieren gingen, viele schüttelnde Köpfe zu sehen.

Ach ja: Fußball gespielt wurde auch im Stadion am Bad. Das Ergebnis: siehe Fotos.

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Ein Anblick, an den man sich langsam gewöhnen muss, wenn es in höhere Regionen gehen soll. Und je höher die Liga, desto drastischer das Bild.

 

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