Es klingt wie eine ornithologische Sensation. Hat da im stillen Verschlag ein gewiefter Geflügelzüchter einen Pfau mit einem Star gekreuzt in damit ein radschlagendes Federvieh mit Vogelzugverhalten erschaffen? MN-Volkskorrespondent Yak Eknil hat seine Feder in postkarnevalistischen Weihrauch getunkt und eine Aufklärungsschrift verfasst.

Vor rund 18.000 Zuschauern tummelten sich am vergangenen Wochenende in der Hannoverschen ZAG-Arena neben Seebenischer Pfauen auch badische Kolibris, hessische Lamas, bayerische Eskimos oder westfälische Fressmonster.
Doch keine Angst, das waren alles nur Verkleidungen. Unter den Kostümen verbargen sich Tänzerinnen und Tänzer, die zur 52. Deutschen Meisterschaft im Karnevalistischen Tanzsport antraten.
Best of 20.000!
Nach Angaben des Präsidenten des Bundes Deutscher Karneval fanden ab September 2024 deutschlandweit 34 Qualifikationsturniere statt, bei denen rund 20.000 in 500 Vereinen organisierte Aktive versuchten, sich für einen Auftritt bei diesen Deutschen Meisterschaften zu qualifizieren.
Die feuchten Augen des Uli Hoeneß
Darunter sind Vereine, wie die KK Buchnesia aus Nürnberg oder die Besenbinder aus Röttenbach, die es im Gegenzug zu manch anderen regelmäßig mit Ihrem Gardetanz schaffen, zu Fastnacht in Franken die komplette Bayerische Landesregierung sprachlos zu machen.

Jugend-Schautanzgruppe: Die Seebenischer Pfauen überzeugten die Jury mit dem Stück: „Eure Majestät, der Federdieb“.
Auch dabei war die Tanzsportgarde Harsewinkel, die als Deutschlands erfolgreichster Verein bei Deutschen Meisterschaften ausgezeichnet wurde. Bei den 39. Deutschen Meisterschaften bekommt selbst Uli Hoeneß große Augen. Und mittendrin der Kultur- und Faschingsverein aus Seebenisch.
Der lange Weg zum Olymp
Die Hochphase der Saison begann vor 3 Wochen. Da setzten sich die Seebenischer bei der Sächsischen Meisterschaft im Karnevalistischen Tanzsport unter anderem gegen Markranstädt, Pegau, Eilenburg, Delitzsch und Dresden als erfolgreichster Verein Sachsens durch. Die Tänzerinnen und Tänzer holten in Neukieritzsch vier sächsische Meisterkronen, zwei Silbermedaillen und drei Trizemeistertitel.

Das waren die Tickets für eine weite Reise, denn schon eine Woche später ging es in das rund 520 km entfernte Düren. Dort fanden die Norddeutschen Meisterschaften statt. Die letzte Hürde zur Deutschen Meisterschaft meisterten die Jugendgarde mit einem 5. Platz, der Jugendschautanz mit einem 4. Platz und das Tanzpaar Ella Helene Cziommer und Ben Seiffert ebenfalls mit einem 4. Platz.
Und so traten die dadurch qualifizierten Seebenischer Star-Eleven am vergangenen Wochenende gegen die Besten der Besten bei den Deutschen Meisterschaften im Karnevalistischen Tanzsport an. Der ist – kein Scherz – inzwischen zu einer anerkannten Sportart gereift und wird als Leistungssport eingestuft!
Die Rhythmusschaffenden trainieren zweimal, manchmal auch dreimal in der Woche sowohl in Kulkwitz als auch in Räpitz, um sich auf die Turniere vorzubereiten. Und dann kommt es auf ein paar Minuten an, in denen der perfekte Tanz vorgeführt werden soll. Jeder noch so kleine Fehler, egal ob beim Tanz oder am Kostüm, wird von der 7-köpfigen Jury gnadenlos mit Punktabzug bestraft.
Es wird in verschiedenen Kategorien und Alterklassen getanzt. Der Gardetanz ist dabei die klassische Form des karnevalistischen Tanzsports. Diese Stilrichtung umfasst die Disziplinen Tanzmariechen, Tanzpaare, weibliche Garden und männliche oder gemischte Garden. Da kommen allerhand Kids zusammen. Deswegen reisen dann Vereine, wie Buchnesia, Röttenbach oder Harsewinkel mit dem großen Doppelstockbus zum Turnier. Okay, der KFV Seebenisch kam auch nicht gerade mit einem Kremser dahergeschwommen, aber in einer humorbefreiten Gegend wie Markranstädt ist es umso schwerer, dafür Sponsoren zu finden.

Angesichts der hohen Anforderungen kann man sich ausmalen, wie groß der Schock war, als pünktlich zum Saisonhöhepunkt eines der 9 Gardemädels krankheitsbedingt ausfiel.
Das ist vergleichbar mit der Katastrophe, wenn Manuel Neuer mitten im WM-Finale wegen eines Ermüdungsbruchs im Reklamier-Arm gegen Pius Paschke ausgewechselt werden muss.
Erfolgreiche Zwangsrotation in der Startaufstellung
Aber nicht so beim KFV. Nachdem der erste Schock verdaut und die letzten Tränen getrocknet waren, stellte das Trainerteam in den letzten Minuten vor dem Auftritt auf der großen Bühne die Abfolgen um.
Und das Ergebnis ließ sogar den Dom in Köln vor Ehrfurcht wackeln: Im karnevalistischen Tanzsport kommt das fünftbeste Juniorentanzpaar Deutschlands aus Seebenisch!

Ella und Ben zählen seit dem vergangenen Wochenende zu den fünf besten karnevalistischen Tanzpaaren Deutschlands!
Auch die Garde hat gezeigt, wo in der Bundesrepublik der karnevalistische Hammer hängt. Von der ganzen Umstellung war auf der Bühne nichts mehr zu sehen. Die acht Mädels setzten alles perfekt um und konnten einen hervorragenden 7. Platz erreichen.
Super-Bingo in der ZAG-Arena Hannover vor 18000 Zuschauern
Und weil die 11 im Karneval nicht nur am 11. 11. um 11:11 Uhr die wichtigste Rolle spielt, hat sich der Verein beim Schautanz gar nicht erst um die lächerliche Goldmedaille bemüht, sondern legte mit dem 11. Platz eine karnevalistische Punktlandung ohnegleichen hin!
In diesem Sinne: KFV Helau!
10 Kommentare
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Was für ein großartiges Ergebnis!!!
Herzlichen Glückwunsch aus Markranstädt!
Es gibt da in Markranstädt eine grüne Oase mit vielen Tieren. Vielleicht würde da beim Sommerfest ein Schwarmn preisgekrönter Pfauen auch ganz gut reinpassen?
Die Weltstadt „Bad Seebenisch“ wird so bekannt, tolle Leistung von den Kids und natürlich von den Trainern/Trainerinnen, herzlichen Glückwunsch. Team mit Zusammenhalt ist ein riesiges Glück und besonders wichtig für unsere Kinder und Jugendlichen, ebenso prima, wenn die Eltern diesen Sport unterstützen. Toi toi toi für kommende Auftritte in der Heimat und auswärts.
In der Heimat wohl eher nicht mehr, die ist gastronomisch entlaubt.
Das klingt nach einem Fulltime-Job für die Kids. Ohne Zeit zum Kiffen und Daddeln könnte aus ihnen tatsächlich was werden. Respekt!
Gekifft wird hinterher – bei der Siegesfeier.
Chapeau! Für die erfolgreichen Tanzmäuse, ihre Mutti‘s (& Vati‘s) und Ehrenamtlichen Trainer! Das wäre doch allemal einen Empfang vorm Rathaus wert! Sonst gibt‘s in der „Humorbefreiten Stadt“ ja nicht‘s zu Feiern!
Natürlich mit Foto, gelle?
Herzlichen Glückwunsch, das ist wirklich eine großartige Leistung.
Bleibt zu hoffen, daß die Unterstützung, angesichts der Erfolge ,die der Verein im Laufe seines Bestehens genommen hat, nun etwas größer wird.
Ein großer Dank an alle Tänzerinnen und Tänzer, den Trainerteams und Allen die dazu beitragen, diese Erfolge und ihren Weg dorthin möglich zu machen.
Ein Dank natürlich auch dem MN-Volkskorrespondenten für diesen schönen Beitrag.
Apropos Unterstützung: Auch die KFV-ler suchen (wie fast jeder Verein) dringend Räumlichkeiten. In diesem Falle zur Lagerung ihrer Requisiten. Haben Sie vielleicht noch ein Plätzchen frei im Keller?