Die Könige fallen, jetzt helfe uns Gott

Ein Gespenst geht um in Markranstädt – das Gespenst der Flüchtlingsproblematik. Nachdem jetzt selbst den optimistischsten Gutmenschen immer klarer wird, dass die gesamte Elite selbsternannter Experten und vor allem das gesamte politisch verantwortliche Spektrum versagt hat, ergeht man sich nun in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Zu Lösungen führt das nicht. Eher noch schneller und vor allem direkter in die Katastrophe.

Die Ereignisse von Köln, aber inzwischen auch vielen anderen Städten (Leipzig) haben die Ohnmacht der Exekutive offen gezeigt. Da ist Vertrauen verloren gegangen. Und jetzt wrid auch noch mit dem verbliebenen Vertrauen gegenüber der Legislative gezündelt. Auch hier bei uns. Zwischen dem Landkreis und der Stadt hat sich ein reger Meinungsaustausch entsponnen, der sämtliche Eigenschaften lösungsorientierter Strategie vermissen lässt und lediglich auf persönliche oder bestenfalls amtliche Eitelkeiten abstellt.

Da wird von nicht nachvollziehbaren Behauptungen, nicht erhaltenen Informationen, schlechtem Erinnerungsvermögen und anderen Vorgängen gesprochen, man schreibt sich gegenseitig seitenweise Briefe, strapaziert die Presse und mit ihr die Geduld der Leser und lässt dabei auch noch genügend Spielraum für persönliche Fehlinterpretationen der Nutzer sozialer Netzwerke.

Seit einigen Monaten schon steht die Kanzlerin vor dem politischen Schafott, seit Wochen der Ministerpräsident, seit vorgestern der Landrat und spätestens seit heute der Bürgermeister. Ein jeder von ihnen windet sich verzweifelt, um seinen Hals zu retten. Das gemeine Volk am Fuße der Hinrichtungsstätte fordert, je nach persönlichem Gusto und tagesaktueller Lage, mal den Vollzug für den einen, mal für den anderen Delinquenten. Genauso breit gefächert wie die illustre Runde der üblichen Verdächtigen ist auch das Spektrum der Vorwürfe gegen die Angeklagten.

Dabei gibt es eigentlich nur einen einzigen Anklagepunkt, der wirklich von Bedeutung ist: Alle Verdächtigen hatten nicht den Mut, die Endlichkeit unseres Grundgesetzes einzugestehen und rechtzeitig gegenzusteuern. Wenn die Wanne voll ist, kann auch kein Paragraf dafür sorgen, dass noch mehr Wasser hinein passt.

Halb voll oder halb leer?

Zugegeben, die deutsche Wanne ist noch längst nicht voll, gleich gar nicht die europäische. Aber sie hat Löcher und was jetzt passiert, ist der Versuch, die Emaille des Beckens in dessen gefülltem Zustand zu sanieren. Das ist weder technisch noch gesellschaftlich möglich und ausschließlich der grenzenlosen Arroganz und stinkenden Faulheit unserer politischen Verantwortungsträger zu verdanken. Die hatten wie so oft darauf vertraut, den Sanierungsbedarf mit populistischen Duchhalteparolen unter den Teppich kehren zu können. Und wer den Finger auf die Wunde legte, wurde als Nazi, Rassist oder Ewiggestriger gebrandmarkt. Hat auch geklappt. Bis zu dem Punkt, als der Wasserstand das Leck in der Wanne erreichte und sie nun nicht weiter gefüllt werden kann.

Daran trägt kein Flüchtling die Schuld, sondern der Betreiber der Badewanne. Und der hat jetzt nichts besseres zu tun, als dem Wasserversorger die Schuld zu geben, der wiederum dem Abwasserverband und der sucht seinerseits die Verantwortung beim Hersteller des Wasserhahns. Am Ende, man ahnt es sicher, steht eine Gebührenerhöhung für die Bewohner des Hauses.

Wer so handelt, hat bereits aufgegeben und versucht nur noch, irgendwie mit halbwegs heiler Haut davonzukommen. Eine Lösung – und das ist der schlimmste aller möglichen Zustände – ist nicht in Sicht. Sie turnen in Berlin herum, verstecken ihr völlig sinnentleertes Dasein hinter einer hektischen Betriebsamkeit und tun so, als ließen sich die klaftergroßen Löcher in unserer Wanne allein mit ihren populistischen Parolen zukleistern.

Was bleibt, ist ein scheinbar rechtsleerer Raum, der immer größer und zunehmend von Bürgern gefüllt wird, die den ständigen Ruf der Politik nach Einbringen, Mitgestalten und Zivilcourage jetzt einfach mal ernst nehmen. Allerorten formieren sich Bürgerwehren. Selbst Landeshauptstädte wie Düsseldorf und Gegenden wie Garmisch-Partenkirchen, die sonst das ganze Jahr über mit „Zuagroasten“ leben, haben inzwischen eine solche. Und auch in Markranstädt scheint der Weg dahin nicht mehr fern.

Wie schaffen wir das?

Zumindest sieht es hier schon mal so aus, als würde sich eine Bewegung formieren, die Fragen stellt und Antworten erwartet. Als der Bürgermeister letzten Donnerstag von der Ausschussitzung in Borna zurückkehrte, wurde er auf dem Marktplatz von einer rund 30-köpfigen Gruppe erwartet. Die hat inzwischen, mit reichlich rhetorischem Interpretationsspielraum, ihr Kommen für jeden Donnerstag angekündigt und es ist abzusehen, dass sich mehr und mehr Bürgerinnen sowie Bürger, die sich von den „Wir schaffen das“-Parolen nicht mitgenommen fühlen, künftig dort einfinden und zumindest fragen werden: „Wie schaffen wir das?“.

Aber es ist zu einfach, nur dem Bürgermeister oder der Stadtverwaltung die brennenden Fragen zu stellen. Allein schon deshalb, weil es egal ist, welche Antworten diese geben. Gehandelt wird nach den Maximen derer, die keine Antworten haben. Die Stadt ist nicht der Betreiber der Wanne, sondern das Loch darin. Ganz sicher wurden auch in Markranstädt Fehler gemacht. Möglich, dass da bei der Suche nach Unterkünften zu lange gezögert wurde. Kann man nicht beurteilen, weil man dazu nichts erfahren hat. Viel zu lange, ja geradezu ohrenbetäubend, wurde dort zum Thema Asylbewerber geschwiegen. Zwischen dem, der schweigt und dem, der angeschwiegen wird, besteht immer ein Misstrauen. Das rächt sich, wenn man dann mal einander braucht.

Weil geschwiegen wurde, wurde nicht informiert und weil nicht informiert wurde, sind die jetzt vorgebrachten Informationen für die Bürgerschaft nicht nachvollziehbar. Also im Zweifelsfall Schutzbehauptungen, denn wenn man jetzt damit an die Öffentlichkeit geht, muss man sich die Frage gefallen lassen, warum man das nicht schon vorher, also rechtzeitig, getan hat.

Da es aber auch um die Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises, des Freistaates und der Bundesregierung nicht viel besser bestellt ist (die haben nur die fähigeren Leute für noch längere Reden ohne was zu sagen und schaffen es damit regelmäßig sogar ins Fernsehen), ist das Vertrauen der Bürger gegenüber den politisch Handelnden jetzt im Keller.

Allein das Ansinnen, ein zum Ghetto umfunktioniertes Hotel mindestens acht Jahre als Lager betreiben zu wollen, zeigt deutlich, dass die Organisatoren unseres „Refugee welcome“ nicht nur für die Gegenwart, sondern sogar auf Jahre hinaus keine andere Lösung sehen oder sehen wollen. Noch während auf diese Weise Parallelgesellschaften errichtet werden, wollen uns deren Bauherren erzählen, dass solche nicht entstehen können. Zu solchen Populisten kann, ja darf man kein Vertrauen haben. Nicht in die, die uns ohne Konzept Glauben machen wollen, dass wir das schaffen. Nein, so schaffen wir das nicht. Ganz sicher nicht!

Lösungen statt Sprüche

Aber wer hat eine Lösung? Gibt es überhaupt eine? Die Tatsache, dass Exekutive und Legislative zunehmend die Kontrolle verlieren (aufgepasst: Kontrollverlust ist der Super-Gau bei der Erhaltung der Macht), lässt befürchten, dass sich Leute an die Hebel setzen, die mit deren Bedienung nicht vertraut sind. Dann müssen wir möglicherweise jeden Tag 6 Uhr an der Bordsteinkante zum Fahnenappell antreten und uns wegen Hörens von Feindsendern verantworten.

Unsere Angst davor ist, so scheint es, das einzig verbliebene Machtinstrument der in unserem Land agierenden Verantwortlichen. Und auf diesem Morast soll jetzt eine bunte Zukunft aufgebaut werden? Da will man eher den Skeptikern glauben, die das Entstehen potemkinscher Dörfer sehen, welche dann in einer Verwaltungsreform zu einer gigantischen Fata Morgana eingemeindet werden sollen. So sie dann noch existieren.

Hoffnungsschimmer

Aber es geht auch anders und das sollte Hoffnung geben. Eine kleine Bürgergruppe um unseren Pfarrer bemüht sich seit Monaten mit ungeheurem persönlichen Engagement und viel Aufwand, wenigstens einige Kastanien aus dem Feuer zu holen und vor Ort für eine vernünftige Gestaltung der Aufnahme, Betreuung und Integration von Flüchtlingen zu sorgen. Sie muss dabei sogar Hürden nehmen, die man in unserem Willkommensland eigentlich nicht für möglich halten würde.

Mit Sicherheit ist es besser, sich dort zu engagieren als mit Meckerei nichts zu ändern, fragwürdigen Parteien oder Initiativen mit noch fragwürdigeren Führern nachzulaufen und am Ende auch nur Parolen zu rufen. Hier kann man mitgestalten und sicher ist angesichts der angekündigten und steigenden Flüchtlingszahlen auch jede helfende Hand und jede gute Idee herzlich willkommen.

So lasset uns an dieser Stelle den Kreis der Betrachtungen schließen. Pfarrer ziehen in ihren Predigten gern die imaginäre Darstellung von Gleichnissen heran. Nun, auch die aktuelle Situation kann unter diesem Gesichtspunkt gesehen werden: Willkommen im christlichen Abendland. Die Könige fallen. Dem zweifelnden Hofstaat der Atheisten sei auf den Weg gegeben: Es ist immer noch besser, jemanden zu vertrauen, von dem man nicht genau weiß, ob das Sinn macht als jemandem, der sich des Vertrauens bereits als unwürdig erwiesen hat. Geben wir ihm also eine Chance.  Es helfe uns Gott.

 

 

3 Kommentare

    • Ulrich Naser auf 18. Januar 2016 bei 6:55
    • Antworten

    Die Wortgewandtheit beeindruckt erneut, doch ich suche in diesem Beitrag nach dem Inhalt.
    – Integrative Leistungen – ist sehr zu unterstützen (in Gemeindearbeit, Parteien etc.).
    – Spielplatzbetreuung – jede Initiative fängt klein an.
    – Steht still …, Hilfe, den Absatz verstehe ich nicht.
    – Drei Könige – empfehle Besuch im Dom zu Köln und im Internet „Thomaskirche Leipzig, Predigten, 06. Jan., Pfarrerin Taddiken, Matthäus 2,1-12.“

    • Ulrich Naser auf 17. Januar 2016 bei 18:34
    • Antworten

    Was fehlt mir, wenn ich zum zehnten Mal den Abschnitt „Hoffnungsschimmer“ durchlese und sich trotzdem kein Funke Hoffnung bei mir entzündet? Könnte es sein, dass die besagten Kastanien von den angeführten Personen nur in der Übertreibungen und Spott (Satire) aus dem Feuer geholt werden, aber in Wirklichkeit Integration (Sprach- Schulbildung u. Arbeit) sich an einer Kontingents-Flüchtlings-Familie erschöpfend abgearbeitet hat? Und wie muss der Verfasser des eigentlich guten Beitrags in Glaubensfragen belastet sein, wenn er den Pfarrer überhöhen muss und das Gleichnis „Drei Könige“ am 06. Jan. nicht sieht. Steckt da vielleicht Herodes-Verhalten drin?

    1. Mist, ertappt! Und auch noch an der Sollbruchstelle. Wie peinlich (rotwerd).

      Hilft alles nichts. Da kann auch ein Verweis auf die Geschichte nicht helfen, nach der Herodes bereits vier Jahre vor Christi Geburt gestorben ist. Es entlastet uns auch nicht, dass das Wort „Pfarrer“ in diesem Beitrag nur zweimal vorkam und der Unsere sogar nur einmal gemeint war. Schon die einmalige Ersterwähnung dieses Du-weißt-schon-wer muss schließlich wie eine Überhöhung klingen angesichts der Wahrnehmung integrativer Leistungen, die aus den weltlichen Tempeln zu uns strömt.

      Da kann man eigentlich froh sein, bei der Spielplatzbetreuung einer Kontingents-Flüchtlings-Familie sozusagen mit einem blauen Auge davonzukommen und sich die Integrationsarbeit nicht schon nach wenigen Minuten abgearbeitet hat.

      Zudem hat man auch noch gegen die Agenda des Herrn gehandelt, in der zu lesen ist: „Steht still und seht, wie Gott euch befreit.“ Und wir haben nicht gesehen, dass es unsere Volksvertreter sind, die danach handeln und nicht die Kirche. Also da bleibt nur, Asche auf unsere Häupter zu streuen und Sie um Vergebung zu bitten. Auch für den Hoffnungsschimmer. Nach dem langen Präludium dieses Beitrages wurde wohl eher die Verheißung eines Blitz gewordenen Urknalls erzeugt, vor dessen gleißendem Schein dieses kleine Licht der Realität in der Tat verblasst.

      Na ja, so ist das, wenn sich satirische Atheisten mit dem Glauben beschäftigen und so tun wollen als ob. Apropos: Diese drei Könige, das waren doch Ausländer, die von Tür zu Tür ziehen, Ladenhüter wie beispielsweise vertrocknete Kräuter oder seltene Erden verhökern wollen und in deren Gefolge ganze Scharen bettelnder Kinder durch die Straßen ziehen? In Köln sollen die Gaunerzinken an Haustüren gemalt haben. Schlimm sowas.

      [Satire: off]

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