Panama-Papers: Briefkästen auch in Markranstädt

Der Skandal um die Panama-Papers hat Markranstädt erreicht. In einem geheimen Papier, das den Markranstädter Nachtschichten zugespielt wurde, war zunächst von tausenden Briefkästen die Rede, dann von einem weit verzweigten Netzwerk in der Freihandelszone vor der Küste des Kulki und am Ende sogar von Briefkastenparteien.

Freitag, 24. April 2015: In der Redaktion der Markranstädter Nachtschichten klingelt das Telefon. Eine weibliche Stimme seiert irgendwas in ausländischer Sprache. Normalerweise wird da gleich wieder aufgelegt, weil hier niemand Viagra braucht. Da aber die MN-Tippse etwas Spanisch kann, werden die Markranstädter Nachtschichten in den folgenden Monaten Teil des größten Falls investigantiven Journalismus, der je durch die globale Presse rauschte: der Panama-Papers!

Ob wir Interesse daran hätten, die Panama-Papiere nach Fällen in und um Markranstädt zu durchforsten, fragte Silvia Silvana da Silva, eine Kollegin von den Nachtschichten Panama-City. Na, und ob wir das hätten! In der Folgezeit lagen alle MN-Server lahm, weil über 2 Terrabyte eMails, Urkunden und Belege nach Markranstädt transferiert wurden. Zeitweise brach in der DSL-Metropole am See das gesamte Internet zusammen.

Ein Jahr hat es gedauert, sich durch diesen schier undurchdringlichen Dschungel aus Daten, Überweisungen, Namen und falschen sowie richtigen Papieren durchzukämpfen. Scheinfirmen waren darunter, tausende zweckentfremdet genutzter Briefkästen und Namen, die man sonst nur im Zusammenhang mit Benefiz-Veranstaltungen hört oder liest.

Höchste Kreise involviert

Nach der Veröffentlichung der Auswertungsergebnisse der Markranstädter Nachtschichten gestern um 11:30 Uhr Ortszeit in New York, hat der Skandal um die Panama-Papers nun auch Markranstädt erreicht. Und nicht nur irgendwelche Leute hier, sondern die höchsten Kreise!

Auf einem den Markranstädter Nachtschichten zugespielten Foto ist deutlich zu erkennen, dass sogar die Parteien und Wählervereinigungen der Stadt sowie deren Fraktionsspitzen Briefkästen nutzen, um ihren politischen Geschäften ungehindert nachgehen zu können.

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Vermietet an Briefkastenparteien? Nordwand am Ostportal des Bürgerrathauses.

Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, werden diese Briefkästen auch noch von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt.

 

Da sind Netzwerke in großem Stil am Wirken, die das gesellschaftliche Leben in der Stadt am See tagtäglich unterwandern!

Gleich vier Briefkastenparteien sind am Eingang zum Bürgerrathaus präsent. „Damit nutzen sie die Reputation der öffentlichen Hand, um sich selbst im Glanze der Bürgernähe darstellen zu können. Sie sonnen sich im Lichte eines fremden Scheins und damit ist der Tatbestand einer Scheinfirma erfüllt“, meinte gestern ein führender türkischer Lokführer.

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Erlaubte das Anbringen von Briefkästen am Rathaus: Der Mann mit dem Panama-Hut.

Und wie das bei den von der Anwaltskanzlei „Mossack Fonseca“ betreuten Briefkastenfirmen so usus ist, kann man oft nur schwer recherchieren, wer hinter den Akteuren steckt. Die Spuren sind verwischt, führen oft in die Irre.

So wissen beispielsweise nur wenige Menschen, wer sich aktuell hinter dem Kürzel FWM verbirgt. Die Repräsentanten, so wird seit längerem gemunkelt, wechseln geradezu stündlich und sogar den Sprecher scheint man öfter mal aus einer benachbarten Fraktion eingeflogen zu haben, weil man den eigenen Leuten nicht vertraut.

Auch hinter dem Briefkastenschlitz mit der Aufschrift CDU ist allerhand in Bewegung. Dort scheinen die Tage des bisherigen Spitzenmanagers ebenfalls gezählt und man wird spätestens nach der Sommerpause einen neuen Namen ins Register eintragen lassen müssen. Bislang sind es, um im Panama-Jargon zu bleiben, allerdings wirklich nur bestenfalls Strohmänner, deren Namen da kolportiert werden.

Im Linken Briefkasten gibt es zwar an der Spitze klare Verhältnisse, doch ist es dort das restliche Personal, das hin und wieder mal wechselt. Dafür nutzt eben dieses auch mal andere Briefkästen, um beispielsweise seine Sicht zu Personalentscheidungen dem Bauamt auf direktem Dienstwege mitzuteilen.

Wozu der Briefkasten mit der Aufschrift SPD da ist, konnten die Markranstädter Nachtschichten allerdings trotz intensivster Recherchen nicht aufdecken. Aber da nicht einmal die Panama-Papers einen Hinweis darauf geben konnten, ist das sicher auch nicht so wichtig.

Natürlich sind die Briefkastengeschäfte in Markranstädt eine Nummer kleiner als die, die gegenwärtig weltweit durch die Medien ziehen. Deshalb haben sich die Markranstädter Nachtschichten mit dem Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) auch darauf geeinigt, in Bezug auf Markranstädt nicht von Panama-Papers, sondern von Panama-Pampers zu sprechen. Auch oder gerade weil das für kleinere Leute ist und wahrscheinlich auch, weil gerade da immer mal was durchsickert…

Hier nur Panama-Pampers

Fein raus ist in Markranstädt die FDP. Ebenso wie Uli Hoeneß, der im Falle des Auftauchens seines Namens in den Panama-Papieren für das gleiche Vergehen nicht noch einmal bestraft werden kann, gingen auch die Liberalen gestärkt aus einer Abstrafung hervor. Weil sie bei der letzten Stadtratswahl nicht einmal in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde kam, erhielt die FDP auch keinen Briefkasten am Rathaus. Einen nachhaltigeren Beweis für Aufrichtigkeit als einen leeren Fleck an der Briefkastenwand kann man in diesen Tagen gar nicht erbringen. Unbezahlbar!

Ganz klar also: Hoeneß wird Kanzler und die FDP gewinnt die nächste Stadtratswahl.

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Briefkästen in Markranstädt wohin das Auge reicht. Nicht immer verbergen sich Firmen dahinter. Was nichts anderes bedeutet, als dass sich in Lallendorf schon der gemeine Bürger mit fiesen Steuertricks beschäftigt.

Übrigens: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland übt sich derweil noch in Schadensbegrenzung bei der Berichterstattung über die Panama-Papers.

Oder einfach nur: Verbrecher

Logisch, sind doch die Medienwächter der Bundesrepublik mehrheitlich Vertreter jener Klientel, die jetzt vor dem ethischen Richtblock steht. So formuliert die ARD beispielsweise: „Sie [die Panama-Papiere] offenbaren die Namen von Politikern, Super-Reichen und Kriminellen.“

Man versucht also noch immer, dem Volk ins Unterbewusstsein zu pflanzen, dass es zwischen diesen Ethnien irgendwelche Unterschiede gibt. Noch schlimmer ist aber, dass man in der Aufzählung die Anwälte und Banker vergessen hat. Unverzeihliche Fahrlässigkeit oder bewusste Strategie für die Zeit nach dem Umsturz?

2 Kommentare

    • Heimatloser auf 5. April 2016 bei 19:22
    • Antworten

    Das muss organisiert sein. Ich habe solche Briefkästen auch schon in Sachsen-Anhalt gesehen. Ätsch, bei uns gibt es diese nun auch mit der Aufschrift AfD. Da habt ihr Sachsen aber noch Nachholbedarf. Endlich mal etwas, wo wir die Nase vorn haben.
    Herrlich. Weiter so!!!
    LG nach Sachsen

  1. Sehr guter Artikel! Ich bin aus dem Schmunzeln gar nicht wieder heraus gekommen. Und zusätzlich habe ich noch etwas dazugelernt, was den Umgang mit Briefkästen betrifft. Sehr schön und weiter so!

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