Markranstädter Wochenschau: Das Schicksal der Propheten im eigenen Land

Weil große Ereignisse ihre Schatten voraus werfen, muss die Markranstädter Wochenschau diesmal ausnahmsweise mal schon am Mittwoch erscheinen. Und obwohl uns der Weg dabei in Provinznester wie Bad Dürrenberg oder gar Leipzig führt, sind auch dort irgendwie immer Markranstädter ganz vorn dabei. Es scheint, als würde die Bundesrepublik da draußen von Lallendorfer Propheten leben, die im eigenen Land oftmals kaum wahrgenommen werden. Drei Beispiele, die in dieser Woche Schule machen.

Am Freitag beginnt in Bad Dürrenberg die Landesgartenschau (Laga) Sachsen-Anhalt.

Allein dem Namen der Veranstaltung wird in manchen Kreisen mehr Schein als Sein nachgesagt. Hinter vorgehaltener Hand spricht man in der Markranstädter Nachbarstadt von der Gartenschau des Landes Brandenburg. Zumindest sollen von dort die meisten Impulse und Leistungen für den naturnahen Umbau des vorher nur natürlichen Kurparks gekommen sein. Selbst in Bad Dürrenberg ansässige Blumenfeen kamen demnach bei dem Event vor ihrer eigenen Haustür nicht zum Zuge.

Drei Markranstädter Firmen dagegen schon. So durfte die LAV jede Menge Erde in den Kurpark liefern. Keine Ahnung, worauf die Pflanzen dort bisher wuchsen, aber Erde braucht’s nun mal, damit neu angesiedelte Pflanzen im Gleichschritt Wurzeln schlagen können.

Wohnideen für die Zeit danach: So geht Sachsen

Weil gärtnerische Höchstleistungen bekanntlich auch im Friedhofswesen gefragt sind, gibt es bei der Laga zudem auch einen Schau-Gottesacker im Kurpark. Hier haben es mit der Gärtnerei Ifland und dem Steinmetzbetrieb Peschel gleich zwei Markranstädter Unternehmen auf die hart umkämpfte Liste der Aussteller geschafft. Die Geschichte dahinter hat allerdings was.

Erstmal war nur die Gärtnerei Ifland von Heike Riedig im Boot. Nachdem der Laga-Veranstalter ihrem Mann Sven eines der Grabmale vorgestellt hatte, die in eine florale Lebensgeschichte eingebunden werden sollten, wollte Riedig schon die Segel streichen. „Das Monument sah aus wie eine riesige Hängebrust, die sich auf den Friedhof ergießt. Das ging gar nicht“, erinnert er sich an den Moment der Präsentation.

Zwei Sachsen rocken die Gartenausstellung im Nachbarland Sachsen-Anhalt: Sven Riedig und Florian Peschel.

Zwei Sachsen rocken die Gartenausstellung im Nachbarland Sachsen-Anhalt: Sven Riedig und Florian Peschel.

Die Laga hatte dem wohl wenig entgegenzusetzen, zog die Reißleine und gestattete es der Gärtnerei Ifland daraufhin, einen anderen Steinmetz einzubinden.

Also stand Riedig kurz darauf in der Werkstatt von Florian Peschel und entwickelte mit ihm zwei letzte Ruhestätten, die dem Laga-Publikum nun als innovative Beispiele für Wohnideen „made in markranstädt“ im Leben danach dienen.

Und noch eine bemerkenswerte Parallele zwischen Bad Dürrenberg und seiner Nachbarstadt gibt es: Die 178 Tage Laga kosten rund 50 Millionen Euro und damit Stand heute so viel wie die Utopie einer Umgehungsstraße für Markranstädt. Die Moral von der Geschichte: Nehmet ortsansässige Unternehmer und lasset uns eine Allee voller Blumen pflanzen.

Nur jenseits von Markranstädt mehr Rudi als Völler

Ebenfalls nur im Ausland scheinen die Reputationen des Markranstädter WM-Schiedsrichters Rudi Glöckner auf fruchtbaren Boden zu fallen. In Leipzig-Grünau wird jetzt eine Schule nach ihm benannt. Allein in seiner Heimatstadt hebt das niemanden an. Hier setzt man bei der Namensverleihung seit jeher auf Kreativität und Vielfalt.

Wahrscheinlich nur in seiner Heimatstadt Markranstädt denkt man bei "Ruuudi" zuerst an Käthe Völler.

Wahrscheinlich nur in seiner Heimatstadt Markranstädt denkt man bei „Ruuudi“ zuerst an Käthe Völler.

In der Quasi-Geburtsstadt der weltberühmten Comic-Figuren Fix und Foxi erhalten Kindertagesstätten solch ebenso originelle wie einfallsreiche Bezeichnungen wie „Kita am Bad“ oder „Kita am See“, während das Kriterium bei der Vergabe von Schulnamen schon mal die Erfüllung der Frauenquote ist. Vom Ruhm, den ein weltbekannter Markranstädter Maler wie Kurt Schiering hinterließ, lässt man lieber junge Entwicklungsländer wie Chile profitieren, die ihm sogar ganze Ausstellungen widmen.

Da ist es nur folgerichtig, diese Linie auch im öffentlichen Verkehrsraum konsequent weiterzuverfolgen. Ob in der Birkenallee auch nur eine Birke wächst oder der Kranichweg je einen Kranich sah, ist unerheblich. Und ja: Der Eisvogelweg heißt wohl genau deshalb so, weil dort noch nie ein Eisvogel gesichtet wurde.

Rudi Glöckner hingegen war ein Markranstädter, wurde hier auch oft gesehen und deshalb wird sein Name in dieser Stadt wohl auch nie irgendwo auf einem Schild stehen. Wie heißt es gleich in der Sendung mit der Maus: Klingt komisch, ist aber so.

Bones hat fertig

Damit wären wir beim dritten Beispiel für Leistungen „made in markranstädt“ angelangt, die vor Ort mehr oder weniger unter dem Radar laufen. Aber wenn man auch das Sportcenter nie nach ihm benennen wird, droht Rüdiger Bones wenigstens ein würdiger Abschied von den Piranhas. Unter dem von seiner Frau kreierten Slogan „Ich habe fertig“ nimmt das Trainer-Urgestein am Samstag beim Spiel gegen Buxtehude offiziell seinen Hut.

Wieder ein Großer, der Großes für Markranstädt geleistet hat und nun die Bühne verlässt: Alles Gute, Rüdiger Bones.

Wieder ein Großer, der Großes für Markranstädt geleistet hat und nun die Bühne verlässt: Alles Gute, Rüdiger Bones.

Nach seinen ersten Trainerstationen an der Kinder- und Jugendsportschule beim Berliner TSC (ab 1988) und der BVG Berlin (ab 1994) kam Bones 2003 erstmals zu den Piranhas und führte das Team mehrmals in die Aufstiegsrelegation.

Die erfolgreichste Zeit des SC Markranstädt ist seitdem mit seinem Namen verbunden. Anno 2019 erinnerten sich die Piranhas seiner und klopften erneut bei ihm an. In den fünf darauf folgenden Jahren gelang es Bones, den Club trotz Mini-Kaders und bescheidener Mittel jeweils frühzeitig in sichere Tabellenregionen zu führen. Jetzt also sein Abschiedsspiel.

Gänsehaut für 5 Euro

Der Hinweis des Vereins auf den Kartenvorverkauf hat übrigens gute Gründe. Man rechnet angesichts der Überraschungen, die für die Verabschiedung des 65-jährigen „Mister Erfolg“ vorbereitet wurden, mit einer bis auf den letzten Platz gefüllten Hütte. Sogar die Aufwartung von Gästen mit Handball-Weltruf wird in der Markranstädter Gerüchteküche kolportiert. Allein das zu erwartende Gänsehaut-Feeling dürfte den aufgerufenen Vorverkaufspreis von 5 Euro damit locker bezahlt machen. In diesem Sinne: Allen ein denkwürdiges Wochenende.

6 Kommentare

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  1. Man kommt bissel aus dem Konzept mit der Zeit eurer Recherche, wenn man kein Bürgergeldempfänger ist. Hut ab vor den Trackern, die das „Schwarze Gold“ (Schei…) über die Landesgrenze gebracht haben. Vielleicht bekommt die Markranser Stadtchefin aus diesem leckeren Substrat einen Blumenstrauß auf ihren Schreibtisch. Wenn auch noch standhafte Gewerbetreibende das Nachbarland unterstützen, Hut ab. Die Namensgebungen ist eine andere Sache, zu viele hitzige Diskussionen und hick hack für zu lange treffende sinnvolle und würdige Entscheidungen.

    1. Man kommt bissel aus dem Konzept mit der Zeit eurer Recherche Von welchen Konzept reden Sie? Wir haben jedenfalls keins.

    • Bürgerin auf 18. April 2024 bei 14:56
    • Antworten

    Es ist eine vertane Gelegenheit, Markranstädt zu Ruhm und Ehre gelangen zu lassen. Bereits vor unendlich langer Zeit gab es Bemühungen das Stadion nach Rudi Glöckner zu benennen. Nun ehrt Leipzig diesen sehr bekannten, in Markranstädt beheimateten Schiedsrichter, der nicht mehr unter uns weilt, indem eine Schule nach ihm benannt wurde. Sehr schade und nicht sehr rühmlich

    1. So schlimm ist das nun auch wieder nicht, es gibt ja noch ausreichend Alternativen. In einer Stadt, in der des Führers Steigbügelhalter Ehrenbürger ist, würde sich doch für das aktuelle Projekt sowas wie „Adolf-Hitler-Bad“ anbieten, meinen Sie nicht?

    • Handballfreund auf 17. April 2024 bei 7:40
    • Antworten

    Wie wäre es, das Stadion am Stadtbad in Rudi-Glöckner-Stadion (hilfsweise „Arena“) um zu benennen? Würde doch gut passen!

    1. Das dürfte so ziemlich genau das einzige Beispiel sein, das dafür in der Tat nicht herhalten kann. Angeblich hätte sich seinerzeit, als die Taufe des Stadions auf dem Plan stand, Rudi Glöckners Witwe dagegen ausgesprochen. Dann wohl eher in Kulkwitz eine Dieter-Fischer-Arena oder in Räpitz die Wilfried-Hennicke-Kampfbahn.

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