Neues aus der vierten Etage (23)

Die Markranstädter Duma war am Donnerstag zusammengetreten. Wieder mal. Diesmal stand das Event unter dem Motto „schnell“. Manchem Abgeordneten ging’s allerdings mitunter etwas zu schnell, andere werden möglicherweise erst in den nächsten Tagen feststellen, dass sie bei der Geschwindigkeit nicht mithalten konnten.

Schon bei der Abstimmung zur Tagesordnung gab es die ersten Probleme. Weil sich Jens Schwertfeger (CDU) noch ein paar Notizen machte, hob er die Hand mit der grünen Karte nur kurz und schrieb dann weiter.

Das ging zu schnell für André Schwertner, den Mann am Zählwerk und so hatte er eine Stimme zu wenig unterm Strich. Als der Urheber identifiziert wurde, riet dieser, schneller zu zählen, worauf die Bürgermeisterin dafür warb, die Hände länger oben zu lassen. So unterschiedlich kann die Definition von „schnell“ interpretiert werden.

Schnell war auch die Diskussion um das Verfahren der Neuwahl des Aufsichtsrates der MBWV beendet. Fragen über Fragen, die im hinteren Teil des Ratssaales allerdings kaum zu verstehen waren, weil die Ratsleute dabei auf ihren Sitzen blieben und es dort keine Mikrofone gibt. Als die Bürgermeisterin auf dem Höhepunkt der Diskussion die Abgeordneten vor die Wahl stellte, zur besseren Verständlichkeit entweder den Weg zum Mikro in Kauf zu nehmen oder die Fragerei zu beenden, entschieden sich die Ratsleute ganz schnell für Letzteres. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!

Gut möglich, dass einigen – vor allem kleineren – Fraktionen erst lange hinterher aufgehen wird, dass sie hier möglicherweise etwas zu schnell zugestimmt haben. Die wenigen handfesten Infos, die dazu ausgereicht wurden, ließen zumindest erkennen, dass der Wahl fast schon sowas wie Absprachen vorausgehen müssen und da fallen die „Kleinen“ traditionell hinten runter. Was man nicht alles in Kauf nimmt, um nicht aufstehen zu müssen…

Hände hoch und fertig

Ganz schnell ging’s auch in Sachen Haushalt. Hier musste der Jahresabschluss für 2018 bestätigt werden. Die Verwaltung hatte die erklärenden Unterlagen schon auf rund 150 Seiten zusammengeschrumpft und den Räten kurz vor der Sitzung zukommen lassen, aber das reichte manchem Mandatsträger noch immer nicht. Sie wollten auch noch Zeit haben, das Pamphlet zu lesen, bevor sie darüber abstimmen.

Mit anderen Worten: Es ging wieder mal zu schnell. Also wurde noch eine kurze mündliche Zusammenfassung zelebriert, bevor dann auch dieses Werk mit ausnahmslos grünen Karten verabschiedet wurde. Überhaupt gab es an diesem Abend keine einzige Gegenstimme und nur eine Enthaltung. Friede, Freude, Eierkuchen.

Vielleicht haben sich die Ratsleute aber auch nur ein bisschen Pulver für den Sonderstadtrat aufgehoben, der den Anwesenden im KuK für den 3. März angedroht wurde.

Und so war die Sitzung trotz ihrer 18 Tagesordnungspunkte in einer Zeit vollendet, die man in Lallendorf durchaus als rekordverdächtig bezeichnen darf. Nach knapp anderthalb Stunden war zwar nicht alles gefragt, aber offenbar alles gesagt.

Antworten suchen die Bürger sowieso längst nicht mehr in alle vier Wochen stattfindenden kommunalen Sitzungen, bei denen sie ihre Fragen schriftlich einreichen müssen und die Meinungen zu pandemiebedingt per Umlaufverfahren auf den Weg gebrachten Beschlüssen hinter verschlossenen Türen gebildet werden.

Die Suche nach Antworten findet jetzt in wöchentlichem Rhythmus montags statt. Mit Ausnahme einer meinungsbildenden Diskussion um Teilnehmerzahlen hört man allerdings auch von dort wenig Zählbares. Als Kontrastprogramm zur bereits fertig vorgebildeten Montagsmeinung in den tragenden Staatsmedien ist das Schnappen frischer Luft aber zumindest eine gesundheitsfördernde Alternative.

12 Kommentare

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    • Lachlerche auf 16. Februar 2022 bei 22:50
    • Antworten

    Der Frankenheimer Schwerti ist schon ein schneller. Nicht lange quasseln, machen. Da können die Beamten im Präsidium naturgemäß nicht mithalten. Zuerst dachte ich an Beamtenmikado “ Wer zuerst wackelt, hat verloren“. Hübscher fand ich beim 2. Lesen die Parallele zur Fabel “ Vom Wettlauf von Hase und Igel“.
    So hat eine durchgepeitschte Sitzung ohne Anspruch darauf, dass der gemeine Markransis auch nur einen Funken versteht, worum es überhaupt geht, einen nachträglichen Sinn. Aus Frust, wurde Lust. Markranstädt, oho! Lallendorf, oho!

    1. Eine weise Anmerkung! In der Tat gab es allerhand Informationen, mit denen der gemeine homo marcransis so gar nichts anfangen konnte. Angefangen bei einem sehr zweifelhaften Wahlverfahren, das offensichtlich nur für Markranstädt gilt, bis hin zur Absage an Interimslösungen, von denen der Ureiwohner vorher noch nie was gehört hat. Aber wenn der Unterhaltungswert stimmt, ist das durchaus zu verschmerzen. Beim Karneval lachen die Leute oft auch einfach nur mit, obwohl sie es nicht verstanden haben. Wie Lenin schon schrieb: Karneval ist die Fortsetzung der Politik mit satirischen Mitteln.

    • Manfred auf 15. Februar 2022 bei 13:04
    • Antworten

    Tüpisch Kurfürstliche Duma. Die Erbfolge ist beachtlich.

    1. Stimmt, die stammen alle von Leuten ab, die schon in der DDR gelebt haben. Unerträglich ist das. Es müsste endlich mal aufgeräumt werden!

    • Biker auf 14. Februar 2022 bei 17:38
    • Antworten

    „Als Kontrastprogramm zur bereits fertig vorgebildeten Montagsmeinung in den tragenden Staatsmedien ist das Schnappen frischer Luft aber zumindest eine gesundheitsfördernde Alternative.“

    Dieser Satz fordert im Rahmen der allgemein medial vorgeschriebenen Meinungsäußerungen lobende Beachtung!

    1. Alles was wir tun, fordert lobende Beachtung. Leider kommen viele Leser dieser Forderung gar zu oft nicht nach.

    • Samoht auf 14. Februar 2022 bei 11:44
    • Antworten

    Hoffentlich werden aus der Sitzung ebenso Lehren gezogen wie aus der Geschichte. Wir wissen ja jetzt, wie die Sitzungen kurz gehalten werden können. Räumt die Mikrofone weg und stimmt einfach nur noch ab. Wenn man das dann auch noch mit dem erwähnten Umlaufverfahren macht, braucht man nicht einmal mehr Sitzungsgeld zu bezahlen und kann mit den so eingesparten Mitteln bauen. Irgendwas – Hauptsache keine Sozialwohnungen. Ein Bad vielleicht.

    1. Lehren aus der Geschichte ziehen – wie stellen Sie sich das vor? Kopfkino: Ein Abgeordneter fragt, wann nun endlich abgestimmt wird. Naddel schaut auf ihren legendären Zettel und sagt: „Nach meiner Kenntnis ist das … sofort … unverzüglich!“

  1. Heute erst schon gelesen diese SchnellschneckenrohrI.T.post von MN- und doch über Alles im Bilde. Eigenlich wie immer wenn der „Rat“ tagt: Es ist nichts passiert! (Ist ja auch Karnevalzeit). Nur mit dem: „Es ist nichts verpasst?“ hab ich da meine Probleme….

    1. Keine Angst: Sie verpassen nichts, wenn Sie die MN lesen.

  2. Großes Lob dem flinken Fotoreporter! ‚Ne Schnecke mit Kondenzstreifen und dabei das Tier so haarscharf auf dem Bild- das dürfte weltweit einmalig sein! Wenn das der Leipziger Zoodirektor sieht, wird er sicher ein lukratives Kaufangebot machen u. für die nächste Sommerolympiade in Leipzig eine Schneckenrennstrecke bauen lassen.
    Wieviele Runden hat sie denn geschafft in dieser Stadtratssitzung ? (Das wird der Zoodirektor siche wissen wollen?

    1. Treffen sich zwei Postboten, der eine hat ein Bein im Gips. „Bin auf einer Schnecke ausgerutscht“, sagt er. Darauf der Andere: „Musst halt aufpassen, wo du hin trittst.“ Erwidert der Erste: „Ging nicht – die kam von hinten!“ (muhaha)

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