EU hat große Pläne mit Seebad Kulkwitz

Während in Kulkwitz, dem Land der drei Seen, gespenstische Stille herrscht, was die perspektivische Entwicklung des neuen Fischerdorfes angeht, hat die Natur Nägel mit Köpfen gemacht. Ganz nebenbei hat sie damit hervorragende Bedingungen für den künftigen Wohlstand des Ortes geschaffen. Klein-Mecklenburg steht am Beginn einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Blüte. Nun will sich die EU darum kümmern, dass aus dem Gebiet zwischen Reet-Feldern und Marschland eine prosperierende Metropole wird. Der Landmann wird zum Seemann.

 

Kulkwitz, das Land der drei Ortschaften mit drei Seen. Da ist einmal der idyllische Lago Radona, wenige hundert Meter weiter der Gebeine-Teich unterhalb des Friedhofes, der von den internationalen Touristik-Ketten bereits als „Lake Funeral“ beworben wird und ihm gegenüber noch die Kulkwitzer Lachen, der „Lake lol“. Zusammen bergen alle drei Gewässer nicht nur enormes touristisches Potenzial, sondern stellen auch die wirtschaftliche Zukunft der maritimen Ortschaften dar.

Die Planungen dazu sind bereits in Sack und Tüten. Noch liegen sie in einem Brüsseler Tresor der zuständigen Kommission, doch bald schon wird man damit Stück für Stück an die Öffentlichkeit gehen. Ein Faksimile des brisanten Papiers wurde den Markranstädter Nachtschichten gestern im Austausch gegen die Planungsunterlagen des neuen Kindergartens am JBZ zugespielt.

Projekt „Fischerdorf 3000“

Demnach wurde mit der Umsetzung des Vorhabens „Seebad Kulkwitz“ bereits begonnen. Kernprojekt ist der größte der drei Seen, der Lago Radona. Er bildet sozusagen das Zentrum der Fischersiedlung Seebenisch-Gärnitz-Kulkwitz. Tausende Vögel unterschiedlichster Arten haben sich bereits hier angesiedelt und schufen kurzfristig das erste Problem. Sie alle kacken in das Gewässer und verunreinigen es damit.

wasserspiele

Schon heute erheitern lustige Wasserspiele an der Radonau, einem Abfluss des größten der drei Seen, das Auge des Touristen.

In der Stadtverwaltung befürchtete man schon, dass die Vernässungsfläche zur Kloake wird, da hatte die KLW den rettenden Einfall. Erfahren in globalen wie kommunalen Finanzgeschäften, gelang es den Leipziger Wasserdealern, ein finanztechnisches Konstrukt zu errichten, mit dem man die Seebenischer Bürger an den Kosten beteiligen kann. „Wir bieten den Bürgerinnen und Bürgern damit die einmalige Gelegenheit, sich aktiv in die Gestaltung ihrer Zukunft einzubringen.“, heißt es in einer KLW-Pressemitteilung.

hallig

Die Bodenpreise auf der Seebenischer Hallig steigen ins Unermessliche. Während das Westufer des Kulki für läppische Hunderttausende unter den Hammer kommt, geht es hier bald um Millionen.

Dahinter verbirgt sich nicht nur ein neues Abwassermanagement für den Ort, sondern auch gleich eins für die Verwertung der Vogelkacke am Grund des Sees. Vogeldung ist die beliebteste und zugleich teuerste Zutat für Gartenerde auf dem Weltmarkt. Ein Kormoran frisst pro Tag rund 500 g Fisch. Macht nach Abzug des energetischen Potenzials und des Wassers rund 300 Gramm Dung pro Tag und Tier. Da kommt praktisch bares Geld aus dem gefiederten Hinterteil eines solchen Vogels.

Ähnlich verhält es sich mit dem Nahrungsgewicht bei Gänsen und Schwänen. Blässhühner und Enten fressen etwas weniger. „Bei dreitausend Vögeln, die derzeit an diesem See lagern, macht das rund eine Tonne Kacke pro Tag.“, weiß Professor Theo Moccafix vom Fäkalornithologischen Institut Darmstadt. Fünf Kilogramm reiner Guano kosten im Baumarkt rund zehn Euro. „Macht 2000 Euro pro Tag und damit rund 0,72 Millionen Euro pro Jahr!“, frohlockt der Wissenschaftler und prophezeit Seebenisch eine Zukunft, wie sie einst Halle mit den Salzsiedern oder München mit den Fußballern hatte.

DLRG

Baywatch in Seebenisch. Mit EU-Fördermitteln errichtet und kurz vor der Fertigstellung: Neuer DLRG-Rettungsturm im Lago Radona.

Seit sich die Seen in Kulkwitz ausgebreitet haben, kehren auch längst ausgestorben geglaubte Wirtschaftszweige zurück. So haben findige Gärtner am Ufer des Lago Radona mit der traditionellen Marschlandgewinnung begonnen. Da sich der Tidenhub des Sees in Grenzen hält und die Stärke von Ebbe und Flut bestenfalls durch die digital arbeitende Pumpe (1 = geht, 0 = geht nicht) beeinflusst werden, trotzen die Kleingärtner den Naturgewalten das Land schrittweise durch die geschickte Ablagerung von rottefähigem Kompostmaterial ab. Ein Trick, auf den nicht einmal die LMBV bei der Verwaltung ihrer Tümpel im Leipziger Neuseenland gekommen ist.

marschland

Marschlandgewinnung auf sächsisch: Dem Lago Radona wird in mühevoller Kleinarbeit nach alter nordischer Handwerkskunst wertvoller Boden aus Kompost abgetrotzt.

Derweil geht es am Lake Funeral zwischen Friedhof und ehemaliger Müllkippe beschaulicher zu. Hier ist der sanfte Tourismus eingekehrt. In stillen Abendstunden kann man bei Sonnenuntergang die Seelen der Toten ausgelassen im Wasser planschen hören, wirbt ein Touristik-Flyer. Es könnten natürlich ebenso gut zu ausgewachsenen Wels-Bestien mutierte Stichlinge sein, die sich zu viel von dem Zeug aus der Müllkippe eingeworfen haben. Aber der PR-Trick mit dem nach Gärnitz umgezogenen Ungeheuer von Loch Ness soll erst später kommen, wenn die Touristenströme mal ausbleiben. Angesichts des Müll-Steilufers an der Südseite träumen Tattoo- und Piercingstudios jedoch bereits von neuen Märkten.

Wenn die Chemie stimmt…

Als Hoffnung verheißender Heiland erweist sich dabei das Dossier eines führenden Chemie-Labors. Darin heißt es, dass man den Finger nur zehn Sekunden ins Wasser halten müsse und er anschließend makellos verchromt sei. Allerdings warnen die Chemiker davor, die zehn Sekunden zu überschreiten. „Dann kann es passieren, dass man gar nichts mehr aus dem Wasser zieht oder nur einen skelettierten Knochen.“ Der Gärnitzer Stinkefinger – nicht nur eine bloße Marketing-Idee für Souvenierhändler und Franchise-Unternehmen.

funeral

Der Gebeine-Teich, international als „Lake Funeral“ bekannt, birgt Potenzial für die Beauty-Branche.

Gegenüber, am Lake lol, werden inzwischen die ersten Landwirte umgeschult. Fallmanager Job Destroyer (32) von der Arbeitsagentur ist überzeugt: „Es muss in die Köpfe der Menschen, dass hier künftig nicht mehr der Landmann, sondern der Seemann gefragt ist.“ So greifen die einst so stolzen Erntekapitäne auf Mähdreschern jetzt zur Sichel und lernen, Reet zu ernten. Kulkwitz wird in den kommenden Jahren sein Gesicht verändern. Kleine Fischerhäuschen mit Schilf-Dächern, gedörrter Fisch auf der Wäscheleine, in jedem Hof ein Räucherofen und jede Menge Ferienwohnungen. Der Boom ist jetzt schon spürbar.

Dort, wo einst die „Villa Renate“ neben dem Sportplatz thronte, entsteht gegenwärtig ein supermodernes Kassenhäuschen für das neue Erlebnisbad. Der SSV Kulkwitz wird nach dem Baustopp für den neuen Fußballplatz in SchwimmSportVerein umfirmieren müssen.

ssv

Letzte Aufnahmen kurz vor der Flutung, weil man erst feststellen wollte, woher das Wasser kommt: Neues Schwimmstadion des SSV Kulkwitz.

Der plötzliche und völlig unvorhersehbare Wassereinbruch während der Drainagearbeiten hat das kommunale Bauamt zum Umdenken gezwungen. Da sich die avisierte Suche nach der Herkunft des Wassers angesichts der Tatsache, dass man die offensichtlichsten Quellen erbarmungslos ausschließt, als sehr langwierig erweisen könnte, dürfte das neue Schwimmstadion bis zum Ende der Suche vollständig geflutet sein.

Hier eröffnet sich dann auch eine energiepolitische Perspektive für die erst gestern wieder mit dem „European Energy Award“ ausgezeichnete Stadt Markranstädt. Da man sich hier zuletzt gegen den weiteren Ausbau der Windenergie stellte, muss nun ein anderes Konzept her, um die Lorbeeren zu rechtfertigen. Da kommt eine Wasserkraftanlage in der Kleingartensparte gerade richtig. Das natürliche Gefälle des unterirdischen Zulaufs zum Freizeit- und Erlebnisbad des SSV könnte mittels Turbinen genutzt werden, um die Ortschaft in Zukunft energieautark aufzustellen.

lachen

Die Natur bietet am Lake lol einen geradezu unermesslichen Reichtum an Reet. Jetzt fehlt es nur noch an geschickten Erntehelfern.

Kulkwitz – Gärnitz – Seebenisch: Eine kleine Fischerortschaft im Herzen Mitteleuropas, von der man in den kommenden Jahren noch viel hören wird.

 

4 Kommentare

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    • Manfred Stubenhocker auf 11. November 2014 bei 17:58
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    Danke, danke, danke!!! Tränen gelacht und das am 11. 11. Könnt Ihr sowas nicht auch mal über Großlehna machen oder meinetwegen auch Frankenheim oder Markranstädt? Einfach großartig und köstlich!

    1. Oha … haben wir in diesen abgelegenen Winkeln etwa auch Leser? Mal kurz nachgeschaut: drei Abonnenten in Großlehna und vier in Frankenheim/Lindenaundorf. Das ist gerade so die Grenze, an der es zu rechtfertigen ist, die Namen dieser Ortschaften zu erwähnen. Es sei denn, dass da jemand mal eine Schranke zerlegt oder sowas. Ober für solch warme Worte wie die Ihren wollen wir uns gern mal erwärmen. Hätten Sie vielleicht eine Idee, worüber es sich zu philosophieren lohnt?

    • Burkhard Schmidt auf 11. November 2014 bei 12:38
    • Antworten

    Euer Beitrag ist einfach Spitze ! Danke !( Nun aber nach oben hüpfen!!!)

    1. Danke für die Lorbeeren. Kurz gehüpft – nach oben sogar, aber da war zu viel frische Luft und auch das Sonnenlicht vertragen wir nicht mehr 😉

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