„Tempo 30“-Stadt wird Zentrum der Nobel-Flitzer

Selbst einige Stadträte zeigten sich irritiert, als sie dem Verkauf von Grundstücken im Gewerbegebiet „Ranstädter Mark“ an einen Investor zustimmen sollten, der den Begriff „Ratsschänke“ im Namen führt. Nach einer Großküche nun noch die passende Kneipe als Abnehmer dazu? Aber Geschäftsführer Ramon Hülsmann konnte die Sache aufklären. Mit seiner Ratsschänke Nordwalde kommt die Sportivo Leipzig GmbH nach Markranstädt und was das heißt, wissen vor allem Fans der Auto-Nobelmarken.

(Titelgrafik: Architekt Götz Seidel | Wiesbaden)

Back to the roots! Rund 100 Jahre nachdem der letzte MAF vom Band gelaufen ist, kommt die Krönung des Automobils wieder nach Markranstädt zurück. Gegenüber Möbel-Boss wächst bald ein Verkaufstempel der Superlative.

Auf rund 12.000 Quadratmetern Fläche entstehen Verkaufsräume, Show-Rooms und Hangars für die edelsten Nobelmarken dieser Welt: Lotus, Aston Martin, Alpha-Romeo … Und weil Sportivo Leipzig der größte Maserati-Händler Europas ist, fiel im Stadtrat dann auch mal wieder der Begriff von einer weiteren „Europa-Zentrale“.

Geschäftsführer Ramon Hülsmann nutzte die Gelegenheit, das Projekt in der vierten Etage etwas ausführlicher schmackhaft zu machen. Demnach gibt es auf den 2450 Quadratmetern Nutzfläche nicht nur Raum für Show und Verkauf, sondern auch für rund einhundert Oldtimer.

Potenzial zum Schmunzeln gab es für den Satiriker auch. Als der Vorentwurf für das geplante Bauensemble auf die Leinwand geleuchtet wurde, garnierte Hülsmann die Vision mit dem Hinweis, dass man „architektonisch mit Raffinessen gearbeitet“ habe.

Und in der Tat kann das im Zentrum des Blickes stehende Bauwerk eine gewisse genetische Parallele zur lebensbejahend schwarzen Strahlkraft des Bürgerrathauses nicht leugnen. Eine architektonische Liebeserklärung an den neuen Standort!?

Ansonsten jedoch wird es ziemlich bunt in der Ranstädter Mark. Gelb, schwarz, rot – jede Nobelmarke hat so ihre markante Hautfarbe. Damit die dort präsentiert werden können, muss aber erst mal gebaut werden. Die 340.000 Euro für den Grundstückserwerb dürften da den geringsten Anteil ausmachen.

Baustart soll, so Hülsmann, im Herbst sein. „Bevor der letzte Baum gepflanzt und die letzte Rabatte angelegt ist, haben wir bestimmt schon wieder Herbst“, gibt er einen Ausblick auf die Bauphase.

Aber er bestätigt auch, was der Satiriker so ausdrücken würde: Zumindest in Sachen Wirtschaftsförderung galoppiert der Amtsschimmel in Markranstädt schneller als anderswo. Und in dessen Fahrtwind fliegen auch auf dem Wege liegende Steine an den Rand. Man fühlt sich willkommen.

Für Ramon Hülsmann ist diese Gewerbeansiedlung übrigens ein Heimspiel. Nicht nur, weil er hier schon den einen oder anderen Verein unterstützt oder für kickende Kids einen Ballfangzaun spendiert hat. Dass er nicht schon immer in Göhrenz wohnt, merkt man lediglich daran, wie er die Silben betont. Er ist Markraaanstädter. Aber das wird sicher noch.

 

3 Kommentare

    • Ulrich Naser auf 7. Juli 2019 bei 13:25
    • Antworten

    Nehmen wir an, die 340.000,- € für das Grundstück in der Ranstädter Mark sind ordnungsgemäß im Haushalt der Stadt Markranstädt verbucht und stehen nun als Ausgaben für die Schulhauserweiterung zur Verfügung, dann ist doch fast alles gut? Allein der Radfaher, der sich im Showroom des neuen Autohauses den letzten Traum von Freiheit allein durch Berühren eines Maseratis erfüllen will, wird dieses Ziel unter Umständen nicht erreichen. Er kann, wenn es schlecht für ihn läuft, auch wegen der wenigen Radwege in Markranstädt, unter die Räder kommen. Wenn er Glück hat, waren des Räder eines Maserati.

    1. Nana, nicht so pessimistisch – erst mal. Der Fahrradklimatest sagt doch, der Fahrradverkehr in Markranstädt ist gut organisiert. Radwege enden spontan, Radfahrer werden auf den Gehweg verbannt. Dort fahren sie kreuz und quer in alle Richtungen, egal ob in oder gegen die Fahrtrichtung. Und vor den (wenigen) Handelseinrichtungen sind die Gehwege total verstellt. Es funktioniert doch weil sich keiner an die Regeln hält und weil keiner Regeln durchsetzt. Wenn die Ordnungshüter Regeln durchsetzen würden, würden die Verantwortlichen merken, dass nichts funktioniert. Aber ich glaube, das interessiert die auch nicht.
      Und unter die Räder kommen können Radfahrer und Fußgänger wirklich. Das Sächsische Verkehrsministerium hat ja entschieden, dass ab Januar 2020 auf Markranstädts Bundesstraßen wieder 50 gefahren werden darf. Da dürfen nicht nur die modernen Sportwagen rasen sonder auch alle LKW.

  1. Nun, das sind ja sehr gute Nachrichten. Investoren aus Holland und China und ein Markranstädter. Wenn einer Stadt wie Markranstädt so viel Gutes wieder fährt ist das Markranstädter Bier wert. Investoren das wäre doch was.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.