Trennungsjahr nach Wahlsieg am Küchentisch, ein Baum als Bus und schwanzlose Menschen

Wenn es abgehalfterte Schlagerbarden oder geronte Mimen nicht mehr schaffen, durch eigene Leistungen ins Fernsehen zu kommen, dann gehen sie ins Dschungelcamp. Käfer fressen gegen das Vergessen. So viel zu den C-Promis. Aber was machen Politiker, um sich wenigstens vor der Wahl mal wieder in Erinnerung zu bringen? Genau, sie kandidieren in Markranstädt! Die Stadt am See ist nach wie vor das beste Podium, um die internationalen Strategiespiele der G7-Gipfeltreffen auf einer unbedeutenden Kleinkunstbühne nachzustellen. Im Lallendorfer Dschungel-Camp will ein Insasse jetzt sogar in seinen eigenen Big-Brother-Container einziehen.

Diese Nachricht war eine Blamage für die gesamte satirische Gemeinde, die nicht einmal auf der Suche nach einem frei erfundenen Aprilscherz auf sowas gekommen wäre: Nadine Stitterich kandidiert für ihren eigenen Stadtrat!

Ja, das geht. Es ist legal, doch ob es auch legitim ist, Kreuze einzusammeln und dann auf Leute zu übertragen, die der Wähler im Zweifelsfall nicht mal kennt, ist eine andere Frage. Das muss der Kreuzemacher aber selber wissen.

Demokratie im Heim

Ich finde den Plan jedenfalls genial und  wollte zu Hause gleich mal testen, ob sowas auch in der Realität funktioniert. Also habe ich mich nach dem Mittagessen bei meiner Familie offiziell darum beworben, den Tisch abräumen und das Geschirr abwaschen zu dürfen. Sowohl meine Frau als auch die beiden Kinder haben sofort zugestimmt, der Kurze hat sogar beide Hände gehoben.

Planspiel für die ganze Familie

Nach diesem überwältigenden Votum hatte ich allerdings sofort die bestehenden Hinderungsgründe geltend gemacht. Gleichzeitig Familienoberhaupt zu sein und den Haushalt zu erledigen, das geht laut § 3 (1) meiner Familienordnung (MFO) nicht.

Der Putsch am Esstisch

Also habe ich die auf mich entfallenen Stimmen zur Wahrnehmung der häuslichen Pflichten an meine Frau und die Kids übertragen. Doch statt eines Dankes erfuhr ich postwendend, dass just in diesem Moment unser Trennungsjahr begonnen hat.

Deshalb sitze ich jetzt in der Garage und habe Zeit, meine Erfahrungen für die Leser der Markranstädter Nachtschichten aufzuschreiben. Im Gegensatz zu einem Wähler hatte ich noch Glück: Nur 12 Monate muss ich jetzt in meiner kalten Garage ausharren, bis die Scheidung kommt. Aber es gilt halt auch in der Ehe: Hinterher ist man immer schlauer.

Viel Zeit zum Lesen

Die Zeit vertreibe ich mir mit der Lektüre unserer lokalen Leidmedien. Aber selbst wenn es dort um das Thema Sport geht, werde ich immer wieder mit der Politik konfrontiert.

Klar, dass beim Tod von Andy Brehme der Elfmeter vom WM-Finale 1990 erwähnt wird. Aber den Nachruf gleich als Schablone für Staatenlenker zu schneidern, wie die mit einem einzigen Schuss zu Popularität gelangen? Weiß ich nicht.

Belangloser Nachruf oder antisemitischer Hinweis darauf, wie der Nahost-Konflikt gelöst werden kann?

Belangloser Nachruf oder antisemitischer Hinweis darauf, wie der Nahost-Konflikt gelöst werden kann?

Zudem ist sowas traditionell Sache eines deutschen Kanzlers. Gut, der letzte Fall ist auch schon wieder eine Weile her, zuletzt anno ‘45 in einem Berliner Bunker. Heute ist das undenkbar. Mit einer deutschen Waffe aus heutiger Produktion würde ein Kanzler wahrscheinlich sogar dann eher einen seiner Koalitionspartner erlegen, wenn er den Lauf direkt in seinen eigenen Mund steckt. Also müssen heute 35 Jahre alte Elfmeter herhalten, zum Taurus nochmal.

Nicht zwischen den Zeilen, sondern im Bild versteckt, ist wohl auch die eigentliche Botschaft, die mit der folgenden Nachricht transportiert werden sollte. Demnach ist ein Transporter mit einem Linienbus zusammengestoßen.

Kerzengerade nach oben gewachsen: So sehen Linienbusse im Zeitalter des Klimawandels aus.

Kerzengerade nach oben gewachsen: So sehen Linienbusse im Zeitalter des Klimawandels aus.

Ich kann mir das nur so erklären: Weil Deutschland Vorreiter beim Klimaschutz ist und man die Gefühle der jungen ebenso wie der letzte Generation nicht durch die stereotype Darstellung mit schädlichem Dieselkraftstoff angetriebener Busse verletzen will, wurde für das öffentliche Verkehrsmittel ein pädagogisch wertvolleres Surrogat in Szene gesetzt. Der Baum als Linienbus: arbora linea vehiculum. Und schon ist ein neues Zeichen gesetzt für ein noch saubereres, CO2-freieres und toleranteres Deutschland.

Womit wir beim letzten Medien-Fundstück der Woche wären. Glaubt man den ebenso aktuellen wie repräsentativen Umfragen, halten rund 86 Prozent aller Teilnehmer an der deutschen Gesellschaft nichts bis gar nichts von der Genderei der Muttersprache in unserem Vaterland. Dass sie von den meinungsbildenden Lehrmedien trotzdem eisern durchgezogen wird, ist daher mit Demokratie nicht zu erklären.

Das Ende einer Marotte: Ohne Schwanz kein Gendern

Unerwartete Rückendeckung bekam die deutsche Presselandschaft jetzt allerdings vom Wissenschaftsmagazin Geo. Mehr noch: Im Rahmen ihrer Untersuchungen haben die Forschenden-Innen und -Innen*riche festgestellt, dass das Ziel der Genderei schon vor deren Einführung längst erreicht war. Zu lesen unter der Überschrift: Wie der Mensch seinen Schwanz verlor.

Schon die alten Gorillas sangen: "Ich hab mein' Schwanz in Heildelberg verloren". Aber wo hat der Mensch sein Hirn verloren?

Schon die alten Gorillas sangen: „Ich hab mein‘ Schwanz in Heildelberg verloren“. Aber wo hat der Mensch sein Hirn verloren?

Und ich hatte schon an den Kriegsberichten aus der Ukraine, dem Nahen Osten und anderen Krisengebieten zweifeln wollen, weil da bei den Opfern immer nur von Frauen, Kindern und Greisen die Rede ist. Jetzt stellt sich heraus, dass der einzige Artikel im Internet, in dem über Männer als Opfer sexueller Gewalt im Krieg geschrieben wurde, frei erfunden sein muss. Was gibt es an Gefangenen noch zu kastrieren, wenn sie schon seit Urzeiten nichts mehr haben, woran sich das Messer anzulegen lohnt?

Der nächste Freitag lacht

In diesem Sinne: Ihnen allen ein schönes Wochenende und wenn der Beginn der neuen Woche auch noch so grau daherkommen mag, denken Sie an das ultimative Wort zum Montag: Wenn morgen rum ist, ist übermorgen schon wieder Freitag.

11 Kommentare

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    • Wanderer auf 21. März 2024 bei 22:31
    • Antworten

    Das Kreuz ist nicht mein Problem. Die falsche Stelle auf dem Wahlzettel finde ich zielsicher. Viel geübt! Gibt aber tatsächlich ein paar Markranstädter, die ’s verdient haben oder hätten, das Kreuz auf dem Papier. Aber ob sie es danach noch tragen können angesichts gegenwärtiger Streitkultur? Es braucht Mut zu wählen und sich wählen zu lassen.

    • Simsalabim auf 19. März 2024 bei 16:24
    • Antworten

    Bei soviel Satire im „normalen“ Lallendorfer Alltag bleibt zu hoffen das sich die MN Schreiberlinge nicht bald überflüssig fühlen und in die Gastro oder Pflege überwandern…schließlich werden Fachkräfte überall gesucht.
    Apropro Fachkräfte: Ich bin dafür MN Vertreter in den Stadtrat zu wählen, „Die Partei“ macht es seit Jahren im EU Parlament vor, das können die MN Schreiberlinge bestimmt auch.

    1. Das hatten wir echt mal vor – zur letzten Stadtratswahl wollten wir für DIE PARTEI antreten. Hatten sogar Kandidaten in Fraktionsstärke an Bord. Aber dann folgte die Ernüchterung. Die Leute hätten aufs Rathaus gemusst und uns ihre Unterschriften widmen müssen. Die gleichen Leute, die sich aus Angst vor dem Rat des Kreises nicht einmal wagen, einen Kommentar abzuschicken (man könnte vielleicht ihre eMail-Adresse herausbekommen), müssten dann sogar ihre Anschrift im Rathaus lassen. So viel Mut haben in Markranstädt maximal zwölf Einwohner – der Rest sind Feiglinge, die hinter den Gardinen zuschauen, sich bestenfalls die Hände reiben oder schlimmstenfalls hinter vorgehaltenen Händen meckern. Man siehts ja an diesem Beitrag hier: Keine nennenswerten Reaktionen! Die Menschen in Markranstädt sind mit der Situation zufrieden. Also lasst uns alle Nadine Stitterich unterstützen!

    • Xt'Tapalatakettle auf 18. März 2024 bei 21:26
    • Antworten

    Nur weil man etwas darf, heißt es ja nicht, dass man es auch machen muss. Aber wenn Posten und mediale Präsenz wichtiger als Moral sind, dann geht man eben auch mal über Wege mit „Geschmäckle“. „Machen andere doch auch“ reicht da schon als Rechtfertigung.

    1. Jetzt übertreiben Sie aber. Mediale Präsenz … wegen läppischen 50 Fotos in einem Heft

        • Xt'Tapalatakettle auf 20. März 2024 bei 5:56
        • Antworten

        Sie müssen schon entschuldigen.
        Im Land der dichten Denker ist das mit der höheren Mathematik nicht so einfach.
        Schon gar nicht im fortgeschrittenen Alter.

        1. Und wenn dann noch die Ordner fehlen, in denen die zu lösenden Textaufgaben stehetn, wird’s ganz schwierig. Das verstehen wir.

    • George Daimler auf 18. März 2024 bei 8:37
    • Antworten

    Wusste gar nicht, dass auf einem Transparent bei den 89er Demos stand „Freie Wahlen + Trick 17“.
    Das Markranstädter Fotomodell sollte aufpassen, dass aus ihrem Trick 17 nicht ein „Trick 17 mit Selbstüberlistung“ wird. Denn es kommen ja immer mal wieder neue Wahlen.

    Bedenklich bei dieser Trickserei ist mir, deren rechtliche Absicherung. Gewählte Politiker machen Gesetze mit denen Wahl Trickserei möglich gemacht wird. Eine zweifelhafte Auffassung von Demokratie.
    Sollte mir jedoch jemand versichern, unser Fotomodell verbleibt bei erfolgreicher Wahl im Stadtrat und legt ihr jetziges Amt nieder, könnte ich mir vorstellen eventuell bei ihr ein Kreuz zu machen.
    Einen fairen Wahlsonntag wünsche ich.

    1. Vorsicht! Sie haben die Bundestagswahlen gerade als Trickserei bezeichnet. Oder wissen Sie etwa, wer die Überhang- und Ausgleichsmandate abfasst?

    • Wanderer auf 18. März 2024 bei 8:22
    • Antworten

    Heute zu verquer, da verlier ich die Richtung. Am Frühstückstisch sitze ich noch mit. Vielleicht nicht auf alles aufspringen beim Lesen? Mein
    „Rest“-Hirn schafft die Sprünge ohnehin nicht. Unklar wo die Schüsse landen. Bis Freitag werd‘ ich’s schaffen – auf meinem Weg.

    1. Sie brauchen keine Richtung, um Ihr Kreuz an der falschen Stelle zu setzen. Nur Mut!

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