Wahlk(r)ampf in Markranstädt: Wer hat eigentlich Tante Enso erfunden?

Die bevorstehende Wahl hatte Deutschland auch in dieser Woche fest im Würgegriff. Bei Olaf Scholz ist der Puls zwischenzeitlich sogar auf 12 geklettert, Nancy Faeser droht nach einem neuerlichen Autounfall in München wieder mit der ganzen Härte eines impotenten Gesetzes und auch sonst läuft die aktive Sterbehilfe für das Land auf Hochtouren. Nur in Markranstädt nicht. Hier bietet der Wahlkampf mal wieder Realsatire vom Feinsten.

Da hat’s doch wieder mal gepasst mit dem Blick in die Glaskugel. Zugleich wurde die These bestätigt, dass Satire zwar immer frei erfunden ist, aber nur wenig später stets wahr wird.

Zu den Geplänkeln rund um die bevorstehende Bundestagswahl hatte der Markranstädter Obernarr im Kaffeesatz gelesen, dass das gesamte Spektrum von Anschlägen über Denunziationen bis hin zur Prüfung von Doktorarbeiten droht. Diese Vision hatte er am 6. Februar.

Ich sehe, also bin ich

Und heute, neun Tage später?

Thema Anschlag: Das Attentat von München ist gerade mal zwei Tage her.

Thema Denunziation: Kanzler Scholz wird Rassismus vorgeworfen, weil er, offenbar aufgeputscht durch eine Valium-Tablette, einen Neger mit einem Feigenblatt verwechselt haben soll.

Thema Doktorarbeit: Robert Habeck ist von sich aus in die Offensive gegangen, weil jemand pünktlich vor der Wahl seine Dissertation zerpflückt hat.

Läuft!

Die Glaskugel der Markranstädter Nachtschichten vom 6. Februar 2025.

Für die Medienwelt hat das allerdings katastrophale Folgen. Wie lange noch wird sich Dieter Nuhr seinen Stab von Autoren für immer neue Gags leisten können, wenn es dem Kabarett aus dem Bundestag gelingt, das deutsche Publikum in Satire-Sendungen wie dem ARD-Brennpunkt mit der Wiederholung aufgewärmter Pointen zu Begeisterungsstürmen hinzureißen?

Die ganze Härte der Impotenz

Wer über Nancy Faesers Drohung mit „der ganzen Härte des Gesetzes“ nach Magdeburg oder Aschaffenburg noch nicht lachen konnte, musste sich doch spätestens am Donnerstag nach München auf die Schenkel hauen.

Und wie gut erst müssen die Leiter der Mimik-Seminare sein? Darsteller wie Olaf Scholz oder Robert Habeck können ihren betroffenen Gesichtsausdruck inzwischen nicht nur bis zum Ende einer jeden Pressekonferenz durchhalten, sondern auch bis kurz vor Beginn der bunten Regenbogenfeiern gegen Rechts an den von Blut gereinigten Tatorten.

Erste Hochrechnung: Linksruck in Markranstädt

Wenn angesichts dieses realsatirischen Treibens am 23. Februar in Markranstädt nicht mindestens 80 Prozent für die AfD zusammenkommen, muss man von einem deutlichen Linksruck sprechen.

Dreharbeiten in Großlehna: Neue Staffel wird zum Flop

Auch in Markranstädt hat der Wahlkampf in dieser Woche bunte Blüten getrieben. Ein Urheberrechtsstreit ist ausgebrochen.

Es geht darum, wer die Patentrechte an der Erfindung des Tante-Enso-Marktes in Großlehna hat. Wenn es ums Einkaufen geht, verstehen Frauen bekanntlich keinen Spaß.

Der Kampf um den Einkaufsspaß

Und so ist der Kampf um die Vermarktungsrechte der Idee zwischen Bundestagskandidatin Franziska Maschek und Bürgermeisterin Nadine Stitterich binnen Stunden nach der Uraufführung des Films eskaliert.

Zu den Dreharbeiten der neuen Staffel ihres Blockbusters „Die fleißige Angeordnete“ hatte sich Maschek an die A 9 begeben. Nur hier konnte der Titel der Folge „Ich bin in Großlehna – holt mich hier raus“ glaubhaft wirken.

Positioniert vor dem Einkaufszentrum in der Schwedenstraße ließ die Sozialdemokratin dann plötzlich wissen, dass sie es war, die Tante Enso hierher gelockt hatte. Kaum auf Instagramm uraufgeführt, meldeten sich allerdings sofort zahlreiche irritierte Zuschauer zu Wort.

Sie hatten die Enso-Ansiedlung wohl noch als Stitterichs Idee in Erinnerung und witterten jetzt eine KI-gesteuerte Verschwörung.

Es kam, wozu es in den asozialen Netzwerken immer kommt: Ein verbales Raufhändel entstand. Die Bürgermeisterin erklärte anhand einer glaubwürdigen Terminkette, dass sie die Idee lange vor Maschek hatte und Maschek wies anhand regen eMail-Verkehrs nach, dass sie es war, die Stitterich mit der Idee infiziert hatte.

Wie gesagt: Beim Thema Einkaufen verstehen Frauen keinen Spaß. Gerade hatte der Disput begonnen, ganz Markranstädt zu unterhalten und das Volk sehnsüchtig auf den nächsten Kommentar warten zu lassen, da war der Spuk auch schon vorbei. Alle Beiträge gelöscht, Kommentarfunktion gesperrt, in stillem Gedenken dem schwarzen Kanal.

Der Showdown läuft

Welche der beiden Erzählungen jetzt unwahr und welche gelogen ist, werden wir wohl nie erfahren und ehrlich gesagt, wird es auch kaum jemanden interessieren. Es ist Wahlkampf in Deutschland. Franziska Maschek will wieder Bundestagsabgeordnete werden und Nadine Stitterich kandidiert gar nicht erst. Und das, obwohl man auch als Bundestagsabgeordnete nicht gleichzeitig Bürgermeisterin sein kann. Das ist doch mal ein Zeichen.

Noch ist knapp eine Woche Zeit für den Endspurt im Wahlkampf. Freuen wir uns also auf all die Possen, die uns noch erwarten. Eine Demo für die Forderung „Puff ab 16“ hatten wir noch nicht, oder wie wär’s mit einem Polit-Talk unter dem Motto „Inhalte überwinden“?

17 Kommentare

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  1. „Erfolg hat viele Väter, Misserfolg ist ein Waisenkind“ ;-).

    Der erste Schritt ist geschafft. Jetzt heißt es, den Markt langfristig in Großlehna zu etablieren. Sicher werden all diejenigen, die sich den Erfolg zu eigen machen, dort einkaufen. Dann brauchen wir uns ja keine Sorgen über die Zukunft zu machen.

    1. Gute Idee: Mit dem Rufbus nach Großlehna. Da bekommt der Begriff „Verkaufsfahrt“ endlich einen seriösen Touch. Eier aus Bodenhaltung statt Rheumadecken aus Katzenhaar.

    • Hanni auf 15. Februar 2025 bei 22:31
    • Antworten

    Wer ist eigentlich Frau Maschek?
    Ich habe von der Frau bisher noch nichts erwähnenswertes oder konstruktives gehört. Aufmerksam auf die „fleißige „ Bundestagsabgeordnete wurde ich erst durch die unzähligen Konterfeis auf Plakaten.
    Wenn sie Tante Enso für sich generiert, wo war sie bei der Eröffnung oder kannte sie den Termin vielleicht gar nicht????

    1. Wenn’s so ist, dass nur die zählen, die bei der Eröffnung anwesend waren, dann gibt es an der Zeremonie nichts zu meckern.

    • Pieps auf 15. Februar 2025 bei 19:35
    • Antworten

    Wahlkampf oder Kampagne und wo werden gemeinsame Ziele ermöglicht? Die Lebensmittelversorgung sollte in allen Ortsteilen Priorität haben. Ist leider nicht so. Waren denn die Bemühungen für die Eröffnung Tante ENSO in Großlehna durch den Stadtratswahlkampf der Bürgermeisterin erfolgt?
    Wieso finde ich im demokratischen und menschenfreundlichen Amtsblatt der Stadt Markranstädt einen Werbeflyer der AFD. Werden dann Parteigelder der AFD in die Stadtkasse der Stadt Markranstädt gespült? Über Tierschutzpartei und andere Kleinstparteien findet man keine demokratischen Informationen in diesem kommunalen Blatt!

    1. Das wär doch mal ein Grund für ’ne zünftige Demo. Wo sind die Grauen Panther?

    • Lachlerche auf 15. Februar 2025 bei 17:41
    • Antworten

    Das Duell der beiden Damen um das Urheberrecht stelle ich mir auf der Bühne zum Karneval trefflich vor. Markranstädt oho, Großlehna oho… es passt einfach in die 5. Jahreszeit

    1. Eigentlich waren’s ja drei Damen. Ein paar Häuser weiter östlich wurde die Hauptarbeit geleistet. Davon spricht leider niemand, auch nicht beim Karneval. Tätäää!

    • wanderer auf 15. Februar 2025 bei 14:38
    • Antworten

    Satire hin – Satire her. Sprache entwickelt sich, oft aus gutem Grund. Neger hat sich historisch überlebt. Das Wort nicht mehr zu nutzen, steht auch dem Hofnarren besser. Dem Inhalt tut das keinen Abbruch.

    1. Aber dann wär’s doch kein Rassismus mehr.

    • wanderer auf 15. Februar 2025 bei 12:17
    • Antworten

    Eben Wahlkampf. Interessiert den jemand? Was zählt ist, dass man in Großlehna einkaufen kann. Das darf meinetwegen jeder erreicht haben. Ach nein, bitte nicht die AfD. Dann sollten wir den Laden meiden, um nicht in falsches Licht zu geraten. Sollten Politiker für das Gemeinwohl nicht zusammenarbeiten?
    Nicht dass ich Trump- oder Putinfreund bin, aber ich finde es doch recht aufschlussreich, wie aus der Ferne Europa erscheint. Markranstädt übt fleißig, sich da einzupassen. Nachdem der Sturz von Stitterich bisher nicht gelungen ist, könnte das Wahlgeschehen auf oberer Ebene vielleicht neue Wege eröffnen. Die Welt würde es ja schon nicht mehr verwundern, wenn wegen unzulässiger Wahlbeeinflussung von außen auch mal in Deutschland die Wahlergebnisse angezweifelt würden. Vernünftig nachvollziehbar verläuft hier vieles nicht mehr.

    1. Sie haben aber schon gecheckt, dass es hier um die humoristische Seite der Dramödie handelt?

    • Frank Meißner auf 15. Februar 2025 bei 10:59
    • Antworten

    Dem anderen nichts zu gönnen und vorzupreschen, um Erfolge für sich alleine zu beanspruchen, ansstatt ne Brücke zu bauen und gemeinsam zu feiern, das passt in die heutige Zeit. Unanständig und sehr traurig…

    1. Das passte schon früher in die heutige Zeit.

    • Mittelstürmer auf 15. Februar 2025 bei 10:02
    • Antworten

    Es ist in der Tat ein Trauerspiel. Aber wenigstens hat Franziska Maschek den Enso-Markt auch gefunden. Ich befürchte, dass manch anderer Bundestagsabgeordnete unseres Wahlkreises noch nicht mal weiß, dass es ihn gibt geschweige denn wo er sich befindet. SPD ist zwar auch nicht mein Ding, aber wenigstens hat sich Frau Maschek Gedanken gemacht. Was hat eigentlich der Andere inzwischen für Markranstädt getan oder wenigstens gedacht?

    1. Sie fragen sicher für einen Freund, oder?

        • simsalabim auf 17. Februar 2025 bei 20:07
        • Antworten

        Für einen Stadtrat 😉

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