Wort für(s) Wort: Wollte Joseph aussteigen?

Mit der Weihnachtszeit rückt regelmäßig auch die biblische Geschichte etwas näher. Obwohl man schon das ganze Jahr über mit dem unbefleckten Verhängnis Annalena Bearbock konfrontiert ist, beschäftigen sich jetzt sogar Atheisten und Satiriker wieder freiwillig mit der unbefleckten Empfängnis Marias. Aber wussten Sie, dass Joseph kurz davor war, zum Aussteiger zu werden? Der Frage, ob Joseph der eigentliche Gründungsvater der letzten Generation war oder doch nur von dem getrieben wurde, was uns in diesen Tagen auch umtreibt, ist Pfarrer Michael Zemmrich nachgegangen.

„Es sieht nicht rosig aus“, sagen wir und meinen: unser Vertrauen in die Zukunft ist stark erschüttert. Wohin wir auch blicken: Krisen. Ja, eine besorgte Atemlosigkeit hat uns fest im Griff und keiner kann sagen, wohin die Reise geht.

Weihnachten wird kommen. Aber die Umstände sind für viele in nur 1000 km Entfernung katastrophal, in nächster Nähe mindestens besorgniserregend. Keiner glaubt, dass wir alles mit Energieeinsparung, Zinserhöhung und Waffenlieferungen zum Guten wenden können. Die Frage wird immer dringender: Wodurch und wovon leben wir? Und vor allem: Wie sollen wir uns verhalten? Auch Joseph stellte sich diese Frage. Für ihn sah es nicht rosig aus.

Die Umstände waren besorgniserregend, besonderes die „anderen Umstände“ Marias. „Joseph gedachte aber, sie heimlich zu verlassen.“ heißt es im Matthäusevangelium.

Josephs Lösung lautete: Ich steige aus den Umständen aus. Wie auch immer – es gilt alles nicht für mich oder ich wandere aus oder mein Widerstand heißt: ich akzeptiere nicht, was sich da anbahnt oder ich will einfach nichts mehr wissen, lasst mich in Ruhe.

Joseph wird von einem Engel in die Umstände hineingeführt, aus denen er aussteigen will: „Fürchte dich nicht, Maria zu dir zu nehmen.“ Das wird ihn einiges gekostet haben. Dass Joseph sein Problem annahm, ist die Voraussetzung dafür, dass trotz aller krisenhaften Umstände – damals Massenwanderung zur Volkszählung und Wohnungsnot – Neues, ein Kind, das Kind geborgen ist – wenn auch nur in einer Krippe.

Weihnachtlich zu leben, führt nicht aus unserer Misere hinaus, sondern Gott kommt in unsere Misere hinein. Nichts ist gewonnen, wenn wir gehen, während Gott kommt. Was geschehen wäre, wenn Joseph sein Problem verlassen hätte, wissen wir nicht. Sicher ist, dass er in allen miserablen Umständen durch seinen Entschluss die winzige Hoffnungsgeburt mit ermöglichte.

Zu keiner Zeit sind Menschen gefragt worden, in welchen geschichtlichen Umständen sie leben wollen. Die Hoffnung besteht darin, dass mitten in der Geschichte Gottes Geschichte mit uns geschieht.

Gott will, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten Entscheidungen treffen, wenn Gott kommt – wie Joseph. Der Stall zu Bethlehem ist keine Idylle, sondern eine hart errungene Chance für neues Leben. Das gibt uns Mut.

Der Lieddichter Jochen Klepper, der an den Umständen zerbrach, hat es in unübertroffen wunderbare Worte gefasst: „Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld, doch wandert nun mit allen, der Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte hält euch kein Dunkel mehr, von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.“

Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit Ihnen allen.

1 Kommentar

    • Biker auf 1. Dezember 2022 bei 20:54
    • Antworten

    Danke!

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