Weihnachtsmännin ohne Sack, Friedenstauben und echter Schnee

Über den diesjährigen Markranstädter Weihnachtsmarkt muss man keine großen Worte mehr verlieren. Gefühlt die ganze Stadt war da und hat am Samstag ein richtig unterhaltsames, vor allem aber entschleunigtes und auf wahre zwischenmenschliche Werte reduziertes Event erlebt. Sogar das satirisch lechzende Herz weitete sich dabei zu einem saftigen Steak.

Alles Bio, alles Natur, alles bodenständig. Echter Schnee auf Fichte und Dächern, die Lichter nicht von russischem Gas betrieben und sogar der Qualm für das Bühnenprogramm kam nicht aus einer energiefressenen Nebelmaschine, sondern live vom Grillstand nebenan.

Dazwischen immer mal Gelächter, ein paar Weihnachtslieder aus echten Kehlen und in der Luft waberten Duftschwaden, die aus den Kochern heimischen Glühweins stiegen. Perfekter geht’s kaum.

„Liebe gute Weihnachtmännin…“

Selbst so manch ungewöhnliche Einlage im Bühnenprogramm sorgte für Schmunzeln auf den Gesichtern. So wurden die Kids eines Kindergartens zeitgemäß von einer Weihnachtsmännin begrüßt. Diese Abkehr vom unerträglich stereopypen Sexismus postkolonialer Prägung wurde freilich nicht extra betont.

Was'n Damenbart! Die Weihnachtsmännin der Waldknuffel-Brigade sang nicht nur drei Oktaven höher als der sexistische Alte, der sonst die Kinderzimmer unsicher macht, sondern hatte auch keinen Sack dabei.

Was’n Damenbart! Die Weihnachtsmännin der Waldknuffel-Brigade sang nicht nur drei Oktaven höher als der sexistische Alte, der sonst die Kinderzimmer unsicher macht, sondern hatte auch keinen Sack dabei.

Die Besucher erkannten das bestenfalls an der ungewöhnlich hohen Stimme des in Rot gekleideten Wesens, was allgemein auf den fehlenden Sack zurückgeführt wurde. Wie eine LBGTQ-Ruprechtin ohne Testosteron in den Eierstöcken allerdings zu einem solch eindrucksvollen Damenbart kommt, blieb ungeklärt. Wie bei allen alten Zöpfen, gibts wohl auch hier noch viel abzuschneiden.

Schön auch, dass man sich in den Kitas wieder alten Liedgutes erinnert hat und dieses auch auf die Bühne brachte. Spätestens als das Lied von der kleinen weißen Friedenstaube erklang, schienen die Vorbereitungen auf einen neuerlichen Einmarsch der Russen in Markranstädt auf einem guten Weg zu sein.

Der Glühwein war in Markranstädt um fast ein Viertel günstiger als in Leipzig. Für 3,50 Euro hatte man zugleich auch mehr Qualität im Becher als an so mancher Bude in der Messestadt.

Alles Bio, sogar der "Stino-Glühwein": Karin Kraft hatte sich mit Anet Brandes vom Seebenischer Bio-Lädchen kompetente Verstärkung mitgebracht.

Alles Bio, sogar der „Stino-Glühwein“: Karin Kraft hatte sich mit Anet Brandes vom Seebenischer Bio-Lädchen kompetente Verstärkung mitgebracht.

Karin Kraft, die mit ihrem Reisebüro das Markranstädter Bürgertum sonst ganz real in weite Fernen bringt, nutzte die Gunst der Stunde. Mit ordentlich Amaretto versehen, schickte sie gemeinsam mit Anet Brandes vom Seebenischer Bio-Laden die Besucher am Samstag per Glühwein in vorweihnachtliche Parallelwelten.

Stino-Glühwein nach  Amaretto-Aus

Dabei erfuhren die beiden Schankmaiden auch, was „Stino-Glühwein“ ist. Weil sie ihre Kunden mit den Amaretto-Zuschüssen anfangs gar zu sorglos abfüllten, war diese kreislauffördernde Zutat bald alle und so lallte es aus den durstigen Kehlen schließlich: „Dann nehm’sch ähm den Stinknormalen!“ Die Geburtsstunde des Stino-Glühweins.

Lustig ging’s auch am Stand der Käserei Lehmann zu. Geschäftsführerin Beate Lehmann hatte Verstärkung in Form einer Namensvetterin mitgebracht. So standen Beate Lehmann und Beate Lehmann gemeinsam hinter der Käse-Theke.

Das doppelte Beatchen am Käsestand: Beate Lehmann (l.) und Beate Lehmann (m.) sind weder verwandt noch verschwägert. Nur für Tilo Lehmann (r.) ist es (über)lebenswichtig, beide auseinanderzuhalten.

Das doppelte Beatchen am Käsestand: Beate Lehmann (l.) und Beate Lehmann (m.) sind weder verwandt noch verschwägert. Nur für Tilo Lehmann (r.) ist es (über)lebenswichtig, beide auseinanderzuhalten.

Nicht wenige Besucher attestierten der Ex-Beigeordneten dabei sogar einen beruflichen Aufstieg. „Im Gegensatz zu ihren letzten Monaten im Rathaus hat sie hier sogar die Chance, etwas über die Vorgänge in der Stadt zu erfahren“, lachte ein Mitbürger mit kommunalpolitischem Migrationshintergrund.

„Wir feiern erst mal…“

Nun rätselt man draußen im Rest der Welt wieder einmal, warum es auf dem Markranstädter Weihnachtsmarkt so entspannt und unterhaltsam zugeht, obwohl man hier weder von den Top 1000 der weihnachtlichen Hitparade zugedröhnt wird, noch erzgebirgische Nussknacker aus China von den Regalen grinsen oder der Luftraum von blinkenden LED-Mützen erleuchtet wird. Die Antwort auf alles erschall aus einer Gruppe Markranstädter, die sich am Rande des Marktes mit Glühwein und dem Psalm „Hoch die Tassen, jetzt feiern wir“ zuprostete. Nach dem Runterschlucken meinte einer: „Genau. Zum Kotzen ist ab morgen wieder genug Zeit.“

2 Kommentare

    • Beate Lehmann auf 5. Dezember 2022 bei 22:23
    • Antworten

    Der Markranstädter Weihnachtsmarkt, der Lebendige Adventskalender, die Markranstädter Unternehmermesse MUM, das Mehrgenerationenhaus, die Jahrgangspflanzungen für die Neugeborenen, das Unternehmerfrühstück, das Unternehmerinnenfrühstück … gehen auf die Ära der Bürgermeisterin Carina Radon a.D. zurück. Sie war selbst kreativ und hat den Ideenreichtum des Rathausteams gefördert und geschätzt. Der Erfolg vieler dieser Initiativen ist in einer dynamischen Stadtgesellschaft, getragen von einer starken Wirtschaft und einem gewaltigen Ehrenamt begründet. Zum heutigen Tag des Ehrenamtes darf den über 150 ehrenamtlichen Akteuren, die dem Weihnachtsmarkt seinen Glanz verliehen haben, noch einmal dick gedankt werden. Nicht zu vergessen dabei sind die Nachtschichtler!

  1. Die Andacht und die Kirchenenglocken zum Auftakt- weißer Beistand von Oben. Das positive Lallendorf hat sich gesammelt auf dem Weihnachtsmarkt getroffen! „Wir sind eben das (Bürger) Volk“- vor allem wenn viele Kita`s, Einrichtungen, Musikanten, Stadträte, Chöre und Schulen mit regionalen Bewirtschaftern von Versorgungsständen sich sooo viel Zeit nehmen um ein Miteinander vor dem Rathaus in Gemeinsamkeit aufzuzeigen! Die „dunkle Jahreszeit“ hat in Markranstädt ein helles Bürger-Licht! Danke 1. Beigeordnete für Deine Schaffung z.B. des lebendigen Adventkalenders, dem MGH, der MUM… u.a.m. Das behalten wir zum Andenken. Ist eben doch nicht alles Käse was vo(r)m Rathaus kommt! Schöne Weihnachten allen Markranstern und …innen. WIR brauchen uns und sind füreinander da! Das bedarf keine vielen Fotos…

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