Mit der dritten und letzten Abendvorstellung des Faschingsclubs Räpitz fand am Samstag die 5. Jahreszeit in der Närrischen Republik Markranstädt ihren endgültigen Abschluss. Und wie es sich für ein zünftiges Finale gehört, brannten die Jecken in Franks Bierstube ein wahres Feuerwerk karnevalistischer Hochkultur ab.
Unter den Gästen im rappelvollen Saal befanden sich wie immer auch Narren befreundeter Vereine. So gaben sich unter anderem Würdenträger aus Großkorbetha, Kulkwitz und Thesau die Ehre.
Wie vier Wochen zuvor in Kulkwitz, nahm auch in Räpitz der Präsident des Förderkomitees Leipziger Karneval gemeinsam mit Löwin Leila, dem Wappentier des närrischen Treibens in der Messestadt, an der Gala teil. Eine sympathische Geste internärrischer Solidarität.
Es war somit alles angerichtet fürs finale grande der 22. Session in Räpitz. „Lange nicht so viel wie beispielsweise in Großkorbetha, die bereits ins 50. Jahr gehen“, meinte der Narr am Mikro. Dafür sei die 22 eine Schnapszahl und entsprechend wolle man feiern.
So gab es gleich zu Beginn einen Rückblick ins Jahr 1996. Da trafen sich ein paar Frauen einmal wöchentlich zur Leibesertüchtigung. „Damals nannte man das Aerobic, heute würde man das eher als betreutes Bewegen bezeichnen“, erklärte der sichtlich aufgeräumte Moderator. Als den Frauen zu langweilig wurde, hätten sie bei einer Flasche Wein (pro Person!) die Idee des Faschings entbunden.
Höchste Zeit, denn die Situation spitzte sich damals in Räpitz gefährlich zu. So sei der Fasching in der Stadt Markranstädt sowohl inhaltlich als auch räumlich viel zu weit entfernt vom Dorfe gewesen; wer in Kulkwitz „nich schon frieh um neine bei Tretschocks Brigitt’n geklingelt hat“, habe für den Groitzscher keine Karte mehr bekommen und die Plätze in Thesau respektive Werben würden traditionell nicht verkauft, sondern vererbt. Die Zeit war also überreif, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Und auch 22 Jahre später blieben die Räpitzer Jecken bei ihren bewährten Leisten. Es ist nicht die perfekte Glitzer-Show, mit der man in Franks Bierstube punktet, sondern die Lust am Spaß mit ganz, ganz viel Herz.
Hier reicht es, wenn die Tänzerinnen ihre Beine so weit hochschmeißen, wie sie können und nicht qualvoll-einheitlich bis zu einer imaginären Zweikommadrei-Meter-Marke. Den Rest bis zur Ekstase des Publikums machen die Ausstrahlung und das Lächeln der Damen. Einfach nur sympathisch und wunderschön.
Auch das hat Tradition: In keiner Narrenhochburg des Lallendorfer Landes sonst gibt es so viel Sketche und satirischen Wortwitz wie in Räpitz. Allerdings kann man wohl auch nirgendwo sonst so überschwänglich aus dem Vollen schöpfen. Da ist zum Beispiel die Nähe zum „Kurbad Meuchen“.
Der Nachbarort befindet sich bekanntlich drüben in Sachsen-Armut und weil da jetzt immer mehr Zuwanderer von dort nach Räpitz kämen, müsse man darüber nachdenken, wie man der Übervölkerung entgegenwirken oder die Anhaltiner zumindest integrieren könne.
„Die jehen in den Jarten und tun im Jurkenbeet jäten. Danach jehen se in den Jeräteschuppen. Das jeht ja joar nich!“ Also zeigte man dem begeisterten Publikum, wie ein Sprachkurs „made in räpitz“ aussieht.
Zwei anhaltinische Handwerker wurden mit sächsischem Bier abgefüllt und als diese plötzlich merkten, was das „for ä guhdes Zeich is“ war die Freude groß. „Na siehste“, hieß es ob dieses Erfolges, „reden gennse jetzt schon ma wie mir. Jetzt missmer denen bloß noch es Arbeetn beibring‘ und dann gennse och hierbleim.“
Fast schon TV-Qualität hatte eine Talk-Runde frei nach Maischberger und Anne Will. Es ging um die ausufernde Population der Waschbären. Gäste waren ein geplagter Kleingärtner als Mut-Bürger, ein Jäger als zielsicherer Problemlöser und … natürlich … eine GRÜNE als Gutwaschbär/in.
Die verbale Auseinandersetzung führte im Publikum zu Tränen der Heiterkeit und Muskelkater im Zwerchfell. Es war wie im wahren Leben: Viele große Worte, aber keine Lösung.
Auf die GRÜNEN schien sich zunächst auch der mit tosendem Beifall bedachte Büttenredner einschießen zu wollen. Vor allem deren veganer Ernährungswahn bereite ihm Bauchschmerzen im Hirn.
Doch spätestens als er dann aus seinem Leben als Rentner zu erzählen begann, krümmte sich auch das unpolitische Publikum auf Stühlen. Als Rentner allein, das sei ja noch gut gegangen. Jetzt aber sei auch seine Hilde zu Hause…
Und weil es im Alter nicht mehr ohne das eine oder andere Hilfsmittel geht, lauert nun die Gefahr sogar im Badezimmer.
Die Gefahr aus dem Badezimmer
Wenn man bei all der Vielfalt ohne Lesebrille in den Spiegelschrank greift, kann man statt des Gleitgels schnell mal die Tube mit dem Finalgon erwischen. Da wird die Frau anschließend so heiß, dass man im tiefsten Winter sogar die Filzstiefel-Nummer im Freien praktizieren könne.
Mit fast vier Stunden war das Räpitzer Faschingsprogramm eines der längsten auf dem Markranstädter Globus. Aber es war in keiner Sekunde langweilig und so hatte das Publikum eher das Gefühl, Zeuge eines Kurzprogramms gewesen zu sein, als mit dem Einmarsch der Aktiven das letzte Tätäää der Session ertönte.
Es sollte eine kurze Nacht werden in Räpitz. Die Tanzfläche platzte aus allen Nähten, die Bar war bis in die Morgenstunden belagert und nicht wenige Närrinnen und Narren machten gleich durch bis zum Anpfiff des olympischen Sensationsfinales im Eishockey. Von Franks Bierstube direkt vor den heimischen Fernseher – so ein Programm gibt’s selbst in Räpitz alle 22 Jahre nur einmal.
4 Kommentare
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Das hat sich bereits herumgesprochen, die tolle Stimmung und unerreichter
Faschingsblödsinn wie er sein muss!
Klasse Artikel auch noch, welcher dem gerecht wird.
Gefällt mir, war leider nicht selbst vor Ort, danke für den Artikel!
Ich stimme Walli61 zu und damit auch dam, was in dem Artikel steht. Ich war zwar dieses Jahr in Räpitz nicht dabei, weiß das aber aus den vergangenen Jahren. In den anderen Sälen in Markranstädt und auch in Kulkwitz wird meiner Meinung nach zu sehr auf Perfektion geachtet. In Kulkwitz vielleicht nicht ganz so, aber dort zumindest auch bei den Tänzen. Aber wir sind nun mal in der Provinz und da darf es auch mal etwas unprofessioneller zugehen. Wir sind in der Provinz und nicht im Fernsehen. Daher gerne auch mal etwas derber und mit Lokalcolorit. Fürs Fernsehballett muss ich mein Wohnzimmer nicht verlassen, für sowas wie den Räpitzer Fasching gern.
P.
Ihr habt den Nagel auf den Kopf getroffen. Fasching mit viel Herz. Da kann man auch mal den Text vergessen oder in ein ausgeschaltetes Mikro sprechen. Egal, auf den Spaß kommts an und der stimmt da immer.
Scheeeeen! Gefälld mor.