Eishockey: Warum der neue Hype um Markranstädt einen Bogen macht

Letzten Sonntag, 5 Uhr morgens: Überall gehen die Lichter und Fernseher an. Vorsorglich müssen sogar zwei abgeschaltete Kernkraftwerke hochgefahren werden. Deutschland hat das olympische Finale im Eishockey erreicht. Historisch! Und obwohl sich die Russen bei Eis und Minusgraden auch 75 Jahre danach noch immer als eine Nummer zu groß erweisen, prophezeit der Reporter einen Eishockey-Hype in Deutschland. Auf Markranstädt kommt damit ein Problem zu.

Die gängige sportliche Aktivität unseres Nachwuchses sieht im Allgemeinen so aus, dass dieser in jungen Jahren auf den Fußballplatz geschickt wird. Das macht auch Sinn, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Jeden Tag wird uns prophezeit, dass wir in Altersarmut versinken, wenn wir nicht privat vorsorgen.

Da ist es durchaus verständlich, dass mache Eltern schon früh den Weg ebnen wollen, um den Sprössling zum Profi in der englischen Liga ausbilden zu lassen. Dort gibt es bekanntlich das meiste Geld zu verdienen.

So besteht die private Vorsorge darin, dass man den Jungfußballer viermal pro Woche zum Training und am Wochenende zum Spiel fährt, um sich dann bald den Sitz in der 5-Sterne Seniorenresidenz gönnen zu lassen.

Da kann man auch so manche Fußballmami verstehen, die am Spielfeldrand mit Begriffen um sich ruft, die selbst im Frauenknast für Entsetzen sorgen würden. Es sind die Altersexistenzängste, wenn sich der getunnelte Kevin-Thorben in der F-Jugend als „Zeig-ihm-die-Blutgrätsche“ bezeichnen lassen muss.

Puck statt Ball

Doch am Horizont tun sich seit letztem Sonntag Alternativen auf, falls Kevin-Thorben vielleicht doch nicht über den Status eines Wechselspielers bei Fortschritt Priesteblich hinauskommt.

Angesichts der aktuellen olympischen Erfolge nahm der ZDF-Reporter sogar eine Anleihe bei Heinz-Florian Oertel. Allerdings sollten wir die Neuankömmlinge des Sonntags nicht Waldemar nennen, sondern zum Eishockey schicken.

Humanoide Altersvorsorge hinter der Bande.

Klar, ob der Steppke nun Fußball in England oder Eishockey in Amerika spielt, macht am Ende auch keinen großen Unterschied. Die Verdienste dürften sich in ähnlichem Rahmen bewegen.

Zieht man dann noch die Kosten für den kompletten Zahnersatz und ein neues Nasenbein für den jungen Eishockeyprofi ab, bleibt immer noch genug für einen komfortablen Alterssitz der Eltern.

Klimawandel im Sport

Nun kann so mancher daher kommen und argumentieren, dass die in unseren Breiten vorherrschenden klimatischen Bedingungen nicht ideal sind, um neuen Eishockeynachwuchs zu produzieren. Doch Tief Hartmut, das sinnstiftend auch noch aus Russland über uns kommt, straft solch pessimistisches Gedankengut gerade eben Lügen.

Leider ist diese Kälte, die beim Starten des Motors selbst den Feinstaub im Diesel als Briketts aus dem Auspuff poltern lässt, nicht die einzige Voraussetzung für ein gepflegtes Eishockeyturnier. Versuchen wir also mal, die Möglichkeiten der umliegenden Binnengewässer auszuloten.

Flutlicht, aber mangels Wasser kein Eis.

Schmiedeteich Schkeitbar: Auf den ersten Blick ideal. Mitten im Zentrum von Schkeitbar gelegen, kann die Sportstätte sogar eine Flutlichtanlage aufweisen. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist mit gleich zwei Bushaltestellen mehr als geeignet. Was fehlt, ist allerdings das Eis.

Das hängt damit zusammen, dass vorher kaum Wasser drin war. Seit Schkeitbar anno 2012 klärtechnisch auf Vollbiologie umrüsten musste, kommt es kaum noch vor, dass der Dorfteich durch natürliche Hindernisse eingestaut wird. Also weiter zur nächsten Arena.

Thronitzer Dorfteich: Hier bietet sich eine schöne Eisfläche an. Auch die Banden sind perfekt ausgemauert. Allerdings befindet sich in Sichtweite ein Spielplatz mit zwei Toren. Da ist die Gefahr, dass der Nachwuchs fußballtechnisch gesehen rückfällig wird, sehr groß. Das Risiko sollte man nicht eingehen.

Perfekt, aber für Puckjagd zu nah am Ball.

Schkölener Dorfteich: Herrliches Eis, perfekte Banden aber auch hier gibt es ein Problem: Man sieht zwar weit und breit keinen Fußballplatz, aber leider auch keine Kneipe.

Spätestens bei der Suche nach einem Lokal, in dem man beim Après-Eishockey die Niederlage zünftig zu einem verwonnenen Spiel umtrinken kann, wird man des infrastrukturellen Defizits gewahr. Vielleicht sollte man etwas weiter denken und nicht nur den klassischen Dorfteich ins Auge fassen?

Schkölen fällt auch durch: Zu weit zur Kneipe.

Die um Kulkwitz und Gärnitz befindlichen Vernässungsflächen haben durchaus auch ihre Reize. Das Eis scheint gut zu sein und selbst wenn man einbricht, steht man höchsten bis zum Knie im eiskalten Wasser. Das kann man sich dann sogar noch als Kneipp-Kur schönreden.

Seebenisch: Gefahr durch ornithologische Ultras.

Allerdings gibt es auch hier einige Unabwägbarkeiten. Wenn man auf der Vernässungsfläche seinen Gegner an der Bande wegchecken will, geht die Aktion ins Leere oder bestenfalls ins Schilf. Das ist aber nicht das Schlimmste.

Fragwürdige Fankultur

Das größte Problem besteht darin, dass sich die flachen Wasserzonen als Vogelparadies entpuppt haben. Da kann es schon mal passieren, dass man nicht den Puck, sondern eine seltene Drosselart per Schlagschuss mit Vmax über die blaue Linie ins gegnerische Drittel schickt.

Es muss dann damit gerechnet werden, dass der gesamte Fanblock ornithologischer Ultras aus dem Gebüsch springt und den in den Maschen hängenden Piepmatz mit blanken Fäusten im Infight rächt. Seebenisch ist also auch ungeeignet.

Lustiges Vogelschießen auf den Kulkwitzer Lachen?

 

Frankenheim: Ruhe im Bodenrichtwert eingepreist.

Also weiter zum Dorfteich Frankenheim. Klein aber fein, könnte man sagen. Allerdings ist die Zufahrtsstraße für die Anreise größerer Fangruppen ungeeignet.

Auch Schlachtgesänge sind in dieser Wohnlage, in der die Ruhe und Abgelegenheit einen guten Teil des Bodenrichtwerts ausmachen, unerwünscht.

Nicht zuletzt lässt das Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ sämtliche Träume von einem olympischen Qualifikationsturnier in Frankenheim bereits im Vorfeld platzen.

Blick in die Kernstadt

Werfen wir also schlussendlich einen Blick in die Kernstadt. Hier muss man leider feststellen, dass die Möglichkeiten der Jagd nach dem Puck schlichtweg verbaut wurden.

Der Krakauer Teich wurde schon vor Jahrzehnten mit Asche verfüllt, was bekanntlich nicht unbedingt die beste Voraussetzung für ein gepflegtes Passspiel auf dem Eis ist.

Hätte die perfekte Eishalle werden können.

Verpasst wurde auch die einmalige Chance, Eishockey in der Halle zu spielen. Hätte man das kaputte Dach des Sportcenters nicht in einem völlig überhasteten Akt vorauseilenden Bürgergehorsams geflickt, bräuchte man angesichts der vorherrschenden Temperaturen aktuell nur die Fenster auf Durchzug zu stellen. Schon hätte man eine ökologisch nachhaltige Eis-Arena mit Tribünen, Umkleiden und Verpflegungsmöglichkeiten.

Leider bietet auch der Kulki trotz anhaltender Minusgrade im zweistelligen Bereich keine Möglichkeiten für aktiven Eissport. Die dem Mangel an Toiletten geschuldeten Einträge körperwarmer Abwässer in den Sommermonaten lassen den See auch bei solch sibirischen Temperaturen nicht zufrieren. Da nützt es auch wenig, dass sogar das Ordnungsamt sein Penalty-Schießen auf den Parkplätzen vorübergehend eingestellt hat.

Körperwarme Ausscheidungen verhindern die Eisbildung auf dem Kulki selbst bei sibirischen Temperaturen.

Fazit: Auch wenn man aktuell sehr geneigt scheint, ist es doch nicht so leicht, seinen Steppke bei uns auf die Härten der Nordamerikanischen Eishockeyliga vorzubereiten.

So bleibt der einzig ernsthaft betriebene Wintersport bei uns wahrscheinlich weiterhin nur das frühmorgendliche Freikratzen der Windschutzscheibe. Sollten Sie trotzdem den Versuch wagen, Ihren Spross auf’s Eis zu schicken, dann gehen sie mit und passen sie gut auf alles auf. So ein Schläger ist teuer und wenn der erstmal untergegangen ist, dann ist das Geschrei groß…

 

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