Wir trauern

Bei der folgenden traurigen Nachricht verbietet sich jeder satirische Aspekt von selbst. Wir sehen uns dennoch in der Pflicht, sie weiterzutragen, weil sie eine bedeutende Tochter unserer Stadt betrifft und viele, wenn nicht gar alle Markranstädter diese Trauer teilen werden.

Ilse Pfannenberg ist verstorben. Nur wenige Tage vor ihrem 95. Geburtstag ist sie gestern in Hamburg eingeschlafen.

Viele Markranstädter kannten Ilse Pfannenberg persönlich. Diejenigen, die sie nicht kennenlernen konnten, kennen aber zumindest ihren Namen.

Den Respekt, die Dankbarkeit und Bewunderung, mit denen man ihn ausspricht, hat sie sich in einer ganz besonderen Weise verdient.

Obwohl Ilse Pfannenberg schon 1954 ihre Heimatstadt verlassen hat, ist ihr Herz hier geblieben. Hier in Markranstädt, wo sie zur Schule ging, Freunde und Familie hatte und in deren Nähe sie, bei Schimmel & Co., eine kaufmännische Lehre absolvierte.

In Bonn lernte Ilse Pfannenberg ihren späteren Mann Otto kennen, zog mit ihm nach Hamburg und gründete in einer kleinen Garage einen noch kleineren Elektrobetrieb. Aus ihm erwuchs die spätere „Pfannenberg Europe GmbH“, die heute mit mehreren hundert Mitarbeitern weltweit Elektrotechnik für Industrieanlagen entwickelt, fertigt und liefert.

Ihre Heimatstadt hat Ilse Pfannenberg immer in ihrem Herzen getragen. Kaum ein Jahr, in dem sie Markranstädt nicht besuchte und so auch den persönlichen Kontakt zu Freunden, Bekannten und Markranstädter Vereinen aufrecht erhielt.

Gerade in den nicht immer einfachen Jahren bis 1989 war es zu einem bedeutenden Teil dem Engagement und der Unterstützung Ilse Pfannenbergs zu danken, dass sich das musische, kulturelle und sportliche Leben, aber auch die Vereins- und Kirchenarbeit trotz der gesellschaftlichen Zwänge auf hohem Niveau entwickeln konnte.

Zeitlebens hatte sich die starke, sympathische Frau für den Erhalt und die Förderung der gesamten Vereinskultur in ihrer Heimatstadt Markranstädt eingesetzt.

So erhielt beispielsweise der Spielmannszug dringend benötigte Instrumente für die musikalische Ausbildung junger Nachwuchskräfte; auch der Kinderfestverein konnte sich in Zeiten der Not auf sie verlassen.

Ilse Pfannenberg im April 2014.

Ebenso wurden die Handballer unterstützt und auch der Aufstieg des MCC zur karnevalistischen Hochburg ist eng mit dem Namen Ilse Pfannenberg verknüpft. Ohne ihre Hilfe hätten auch die „Stammtischler“ wahrscheinlich nie den Sprung vom Stammtisch auf die Bühne geschafft.

Nicht zuletzt war Ilse Pfannenberg auch Fördermitglied im Verein zur Erhaltung der St. Laurentiuskirche und trug maßgeblich zum Gelingen der Restaurierung unserer – und ihrer – Stadtkirche bei. Ilse Pfannenberg hat sich für all das nie in den Vordergrund gestellt. Sie half um des Helfens Willen

Es gibt deshalb keine Pressefotos von öffentlichkeitswirksamen Scheckübergaben oder Dankesfeiern, wie es auch sonst nur ganz wenige Fotos mit ihr gibt. Die Show war nicht ihr Parkett. Ilse Pfannenberg war bodenständig, aufrichtig und zurückhaltend. Schlichtweg ein Vorbild.

Auch als im Jahre 2014 ein konzertierter Antrag vieler gesellschaftlicher Kräfte und Vereine, ihr die Ehrenbürgerschaft der Stadt Markranstädt zu verleihen, abgelehnt wurde, fühlte sie sich nicht gekränkt und es hat das Verhältnis zu ihrer Heimatstadt und den in ihr lebenden Menschen nicht beeinflusst. Ilse Pfannenberg war ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass menschliche Größe nicht in Zentimetern gemessen werden kann.

Gestern, am 27. Juni 2019 um 8 Uhr, hat Markranstädt eine bedeutende Tochter verloren. Jeder Mensch, jeder Verein, jede Institution wird ihren eigenen Weg finden, der Trauer Ausdruck zu verleihen. Wir haben den Titel der Markranstädter Nachtschichten für die kommenden Wochen auf die symbolische Farbe der Trauer umgestellt. Unsere Gedanken sind bei ihren Hinterbliebenen, insbesondere ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und ihrer Enkelin. Und natürlich bei Ilse Pfannenberg selbst, die in ihrer Heimatstadt nicht nur immerwährende Spuren hinterlässt, sondern sie zu einem beträchtlichen Teil mit geprägt hat.

 

9 Kommentare

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    • Die Stammtischler auf 1. Juli 2019 bei 13:59
    • Antworten

    Mit tiefer Betroffenheit und Trauer haben wir vom Ableben unserer lieben Freundin und Fördererin Ilse Pfannenberg erfahren.

    Die Stammtischler hatten schon die Ehre, zu ihrem 90. Geburtstag in Hamburg begrüßt zu werden. Leider ist uns das zum 95. Geburtstag nicht mehr vergönnt gewesen.

    Wir verneigen uns in ehrendem Gedenken vor Ilse Pfannenberg.

    Für das schnelle Reagieren, einen Nachruf für Ilse Pfannenberg zu veröffentlichen, möchten wir uns ganz herzlich bei den Nachtschichten bedanken.

    Die Stammtischler aus Markranstädt

    • Burkhard Schmidt auf 1. Juli 2019 bei 9:35
    • Antworten

    Wir gedenken Frau Ilse Pfannenberg, die uns bei unserer Arbeit sehr unterstützt hat. Sie hat damit für das Wahrzeichen von Markranstädt, die St.Laurentiuskirche, von der Ferne aus mehr getan als manche Ortsansässigen.

    Förderverein zur Erhaltung der St. Laurentiuskirche Markranstädt e.V.

    • Mitleser auf 30. Juni 2019 bei 20:35
    • Antworten

    JA, ABER …

    Zunächst möchte ich meine tiefe Betroffenheit und zugleich aufrichtige Anteilnahme den Hinterbliebenen versichern. Dann auch noch einen Dank an die Markranstädter Nachtschichten für diesen Nachruf.

    ABER! Entweder stimmt irgend etwas dem Inhalt dieses Nachrufes nicht oder mit den Menschen und Vereinen, die Frau Pfannenberg unterstützt hat. Ich war gestern und heute beim Kinderfest und habe viele dieser Menschen getroffen. Jeder hat diesen Nachruf gelesen. Aner nicht einer von ihnen, weder eine Person noch ein Verein, hat hier mal sein ehrendes Gedenken zum Ausdruck gebracht. Weder Überlebende vom Spielmannszug, noch von den Stammtischlern, Handballern oder Karnevalisten und all den anderen, die im Nachruf genannt wurden (auch die Kirche nicht oder der Förderverein). Das stimmt mich sehr, sehr nachdenklich und traurig.

    • Hiesigerin auf 29. Juni 2019 bei 13:37
    • Antworten

    Danke für diesen Nachruf. Er unterstreicht noch einmal das Wirken und dessen Bedeutung für die Stadt Markranstädt. Wenn ich vor allem an die DDR-Zeiten zurückdenke, glaube ich, dass heute das kulturelle Leben Markranstädts in der heutigen Form so nicht geben würde. Da rede ich ausdrücklich nicht von „Westgeld“ oder so. Sie haben es ja schon richtig beschrieben: Musikinstrumente, Karnevalsorden, technische Ausrüstung und so weiter.
    Frau Pfannenberg wusste, wo es fehlt, weil sie Kontakte zu denen hatte, denen es fehlte.
    Ich verneige mich in größtem Respekt vor Frau Pfannenberg und würde mir wünschen, dass sich viele Menschen ein Beispiel an ihr nehmen. Heute kann man ja leider schon sächsischer Unternehmer des Jahres werden, ohne in seiner Heimat Spuren zu hinterlassen.

    • Melchior auf 29. Juni 2019 bei 13:26
    • Antworten

    Bis ich den Kommentar von Brauer las, hatte ich mich zurückgehalten. Es war mir einfach peinlich, als Markranstädter noch nie etwas von dieser beeindruckenden Frau gehört zu haben. Ich dachte, ich war der einzige. Nun kann auch ich mich outen und im Geiste tief vor ihr verneigen. Dem Dank an die Markranstädter Nachtschichten für den erhellenden Nachruf schließe ich mich ebenfalls an.

    • Ein aufmerksamer Bürger auf 29. Juni 2019 bei 12:11
    • Antworten

    Ein großer Verlust für unser Markranstädt!

    Die Nachricht vom Tod von Ilse Pfannenberg hat mich als Bürger dieser Stadt, wohlwissend Ihrer großen Verdienste für unser Markranstädt, sehr betroffen gemacht!

    Ich kann mich noch gut erinnern wo in der 50. Stadtrat-Sitzung am 12.06.14 der Bürgermeister Spiske im TOP 3, die Ergebnisse des letzten Verwaltungsausschuss verkündete und die zahlreiche und in großer Erwartung anwesende Bürgerschaft sprachlos aber auch enttäuscht zur Kenntnis nehmen musste, dass die Vorlage 2014/BV/0644 vom 03.06.14, zur Verleihung des Ehrenbürgerrechts für Frau Ilse Pfannenberg, einfach durch die Stadt abgelehnt wurde!

    Ilse Pfannenberg hat sich m. E. durch Ihre selbstlose Unterstützung Ihrer Heimatstadt in unseren Herzen ein Denkmal gesetzt! Mir persönlich sind besonders Ihre guten Kontakte zu den „Stammtischlern“ und die Unterstützung der Restaurierung, der im nächsten Jahr 500 Jahre alten St. Laurentiuskirche in Markranstädt, in guter Erinnerung.

    Ein aufmerksamer Bürger

  1. Mit großem Respekt habe ich den Nachruf zu Ilse Pfannenberg gelesen. Ich bin in Markranstädt geboren und habe bis heute nie etwas vernommen von der Frau mit so einem großen Herz für ihre Heimat. Deshalb vielen Dank Markranstädter Nachrichten

  2. Ich verneige mich in Gedanken vor dieser außergewöhnlichen Frau und wünsche Ihrer Familie viel Kraft in der Zeit des Abschieds.

    Zugleich mache ich den Vorschlag, einen erneuten Versuch zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft zu unternehmen. Dies sollte wiederum für alle die, die von ihrem Engagement profitiert haben, eine Sache der Ehre sein.

    R.I.P.

      • der Mitdenker auf 1. Juli 2019 bei 12:59
      • Antworten

      dem Vorredner möchte ich mich als zugezogener voll anschließen und hoffe dass es eben die Vereine und sonstigen Personen die Frau Pfannenberg nahe standen nochmals versuchen und nicht aufgeben. Denn gerade in der heutigen Zeit sind solche Menschen auch die Stützen einer Gemeinde und dem gesellschaftlichem Leben.

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