Refugee-Monopoly: Wenn Du über Los kommst, kaufe ein Hotel

Es ist immer irgendwie blöd, wenn Gerüchte einer Entwicklung vorauseilen und sich dann auch noch bestätigen. Das schafft Misstrauen. Sind die scheinbaren Vorgänge um ein Hotel in der Stadt Markranstädt allein schon recht unglücklich, droht die inkontinente Krämerei des Landkreises die Zukunft der Immobilie nun gar zu einem Politikum werden zu lassen.

Die Hintergründe eines möglichen Hotelverkaufs – ganz gleich ob wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder privater Natur – sind eigentlich unerheblich. Auch die Frage, ob und mit wem Verhandlungen über den Eigentümerwechsel des Hotels in der Krakauer Straße geführt werden oder nicht, bewegt die Gemüter auf Lallendorfs Straßen wenig.

Bestenfalls „Die Welt“ hat sich unlängst mal für einen der jetzt in Rede stehenden Interessenten erwärmt und sich dabei mit dem Problem beschäftigt, dass ein Ex-Stasi-Offizier unter dem Deckmantel der Barmherzigkeit für Flüchtlinge sein Auskommen aus Steuergeldern generiert. Aber auch das lässt die Gemüter in Lallendorf bislang noch kalt. Lediglich was danach kommen soll, ist derzeit der Stoff, aus dem die Gespräche und Gerüchte gewebt sind. Das Hotel als Asylbewerberunterkunft. Aber der Reihe nach.

… 250 im Sinn

Die Stadt Markranstädt hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die ihr zugeteilten Asylbewerber dezentral unterzubringen und so deren Integration zu fördern. Das hat bislang auch ganz gut geklappt, wenngleich dies bei noch nicht einmal 45 Personen auch ein nicht gerade unlösbares Unterfangen war.

Nach letzten Angaben des Landkreises müsste sich Markranstädt jedoch auf die Ankunft von mindestens 210 weiteren Flüchtlingen vorbereiten und wer die Entwicklungen auf der Balkanroute verfolgt, wird leicht ausrechnen können, dass selbst diese Zahl nur ein marginaler Zwischenwert ist. Das ist wie im Matheunterricht: 250 geschrieben, 250 im Sinn, macht also… na ja, so ungefähr jedenfalls.

Der Schwarze Peter

Im Prinzip verhält es sich mit den Flüchtlingen wie mit dem Winterdienst. Beides ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die jedoch per Gesetz immer weiter nach unten delegiert wird. So, wie der Mieter als schwächstes Glied in der Kette auf dem Fußweg zum Schneeschieber greifen muss, hat die Kommune den Schwarzen Peter bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Und so, wie sich der Verkehrsminister in jedem Frühjahr für eisfreie Verkehrswege feiern lässt, erntet Mutti die Lorbeeren für ihr „Wir schaffen das!“ Wir, das sind in diesem Fall die Kommunen und Bürger.

Im Bemühen zur Lösung dieser Aufgabe hat die Stadt Markranstädt bereits allerhand Zwirn in die Nadeln gefädelt, um das vorne und hinten zu kurze Wams wenigstens an den wichtigsten Stellen zu stopfen. Darunter befindet sich sogar ein Flicken, der sowohl kommunale Gestaltungsmöglichkeiten als auch die Nutzung hier vorhandener wirtschaftlicher Ressourcen beinhaltet.

Eine Wiese in homöopathisch-zentrumsnaher Lage war dem Vernehmen nach in Abstimmung mit ihrem Eigentümer als Standort auserkoren und hätte einem in Markranstädt ansässigen Unternehmen sogar die Möglichkeit geboten, hier eine Art Musterprojekt errichten zu können. Aber bei der Behandlung dieses Vorschlags scheint man im Landratsamt das Posteingangsfach mit dem Schredder verwechselt zu haben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Jetzt könnte statt dessen das Hotel in der Krakauer Straße als zentrale Unterkunft herhalten.

Während einer Beratung der Bürgermeister seien diese erst jüngst darauf vorbereitet worden, dass Kommunen mit mehr als 5.000 Einwohnern solche Möglichkeiten vorzuhalten hätten. Nun also könnte die Stadt ein umgewidmetes Hotel verordnet bekommen, das für rund 90 Gäste zugelassen und in dem laut unterschiedlichen Quellen die Unterbringung von weitaus mehr Flüchtlingen vorgesehen sein soll.

Private Public Partnership?

Kann man ja machen. Blöd nur für die Stadt als Partner, dass sie von diesem Ansinnen wahrscheinlich auf dem gleichen Wege erfahren hat, wie ihre Bürger an den Ufern des Zschampert: Aus der Gerüchteküche. Inzwischen ist allerdings wohl auch eine offizielle Bestätigung im Rathaus eingetroffen. Demnach habe der Landkreis eine Interessenbekundung zur mehrjährigen Anmietung des Objekts als Gemeinschaftsunterkunft abgegeben.

Dass der Landkreis mit solchen Aktionen die Strategie der Stadt sowie vieler ehrenamtlich hier Wirkenden konterkarieren und damit aus dem „Wir schaffen das“ ein „Die haben das zu schaffen“ machen könnte, liegt angesichts solchen Treibens auf der Hand. Noch interessanter könnten die Hintergründe sein, mit denen sich demnächst sogar bislang Unbeteiligte herumzuschlagen haben, falls der Deal tatsächlich zustande kommt.

Wenn die Öffentliche Hand beim privaten Eigentümerwechsel eines Objektes sozusagen als Sicherheit eine mehrjährige Mietgarantie in Aussicht stellt – und sei es nur in Form einer Interessens- oder Absichtserklärung – darf man dann noch von freier Wirtschaft sprechen? Mit einer solchen Option in der Tasche wäre es wahrscheinlich jedem halbwegs integren Bürger möglich, der Bank die Entscheidung über eine Kreditvergabe zu erleichtern. Irgendwie hat der Vorgang ein Geschmäckle nach Peanuts aus der Schneider-Tüte, das noch für viel Aufregung am Snack-Näpfchen sorgen könnte.

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Nun will also scheinbar eintreten, was längst befürchtet wurde. Unternehmen sanieren sich mit Flüchtlingen auf Kosten des Steuerzahlers. Bekanntestes Beispiel für eine solche Strategie ist das Maritim-Hotel in Halle. Allerdings wurde dort nicht nur quasi über Nacht den Mitarbeitern gekündigt, sondern den eingemieteten Dienstleistungsbetrieben gleich mit.

Die Schatten einfacher Lösungen

Dass auf einem so vergifteten Nährboden gewünschte Blüten wie Akzeptanz und Integration bereits als Saat verdorren können, scheint vor dem finanziellen Hintergrund und Merkmalen wie Wachstum oder Aufschwung (wenn auch nur für Wenige) kaum zu interessieren.

Noch ist nichts entschieden in Sachen Hotel Gutenberg. Für Markranstädt bleibt zu hoffen, dass sich an der jetzigen Situation auch nichts ändert. Die Stadt wäre sonst angesichts eigener Alternativen und bestehender Unterbringungsmöglichkeiten eines großen Teils ihres individuellen Handlungs- und Gestaltungsspielraums beraubt. Aber die Hoffnung ist gering. Zu oft schon haben sich Gerüchte bewahrheitet und allein die Drohung, dass der Freistaat das Hotel mieten könne, wenn es der Landkreis nicht tut, charakterisiert die partnerschaftlichen Gefühle der Öffentlichen Hand untereinander. Am Ende siegt der Stärkere, auch wenn das Sprichwort dem Nachgebenden Klugheit unterstellt.

 

2 Kommentare

    • Bernd Schumann auf 9. Dezember 2015 bei 14:39
    • Antworten

    Die Bezeichnung „Mutti“ für die Frau an der Spitze der BRD ist (aus meiner Sicht) ein Attribut, welches tatsächliche Mütter deutlich herabwürdig. Mütter sorgen sich um ihre Kinder, um deren Sicherheit und deren Wohlbefinden! Wollen Sie behaupten, dass all dies auf die Frau an der Spitze der BRD zutrifft?

    1. Entschuldigung. Das kommt davon, wenn man nicht mehr hinhört und nur auf die Titten glotzt. Soll nicht wieder vorkommen.

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