Meine Hand für mein Produ … Wir schaffen das!

Es war bereits die achte Auflage der MUM, die am Freitag in der Stadthalle veranstaltet wurde. Dass die Messe eine Metamorphose von der alleinigen Widmung der Berufsorientierung von Schülern auch hin zur Unternehmermesse vollzogen hat, war wohl in diesem Jahr ihre Ehrenrettung. Denn die Zielgruppe der Schüler war anno 2016 augenscheinlich dünner gesät in der Halle.

Vielleicht lags daran, dass der Veranstalter vergessen hatte, bei Nintendo rechtzeitig einen Poké-Stop für den kommunalen Kulturpalast zu beantragen? Kann auch sein, dass sich ganz einfach nur ein Akt der natürlichen Auslese vollzog, weil so mancher Schüler noch genug Schreibblöcke und Kugelschreiber aus den letzten Jahren zu Hause rumliegen hat.

Wie auch immer: Die Chefs der beteiligten Unternehmen konnten die entstandenen Freiräume zumindest effektiv ausfüllen, indem sie Netzwerkpflege mit den anwesenden Vertretern anderer Firmen betrieben.

Für die Meckerer, deren Gläser bekanntlich immer halb leer sind, war es ein quantitativer Rückschritt, was sich auf der 8. MUM zeigte. Was bei der oberflächlichen Betrachtung eher nicht zu sehen war: Zugleich hat sich ein qualitativer Sprung nach oben vollzogen.

frank

Von wegen Herdprämie und so. Auch angehende weibliche Fachkräfte zeigten großes Interesse an Technik – nicht nur hier am Stand von Frank Fahrzeugbau.

Punktete die MUM bei ihrer Zielgruppe noch vor Jahren mit eben jenen Kugelschreibern und Notizblöcken, aber auch mit Flyern, Schlüsselbändern oder Lutschern, so hat man in diesem Jahr auf den Souvenirhandel weitestgehend verzichtet und lockte mit praktischen Angeboten.

Das hat zwei Vorteile: Erstens zieht man damit wirklich nur Interessierte an seinen Stand und zweitens kann man als Ausbilder gleich an Ort und Stelle in Erfahrung bringen, ob der junge Eleve schon mal eine Zange in der Hand hatte oder weiß, was ein Nagel ist.

So beispielsweise am Stand des Markranstädter Palettenbauers HVP. Da konnte man unter den kritischen Augen von Firmenchef Mahmoud Maslem seiner Kreativität in Sachen Holz mit dem entsprechenden Werkzeug freien Lauf lassen.

paletten

Hammer, Zange, Schraubzwinge und Säge lagen am Stand bereit, um Kreatives aus Paletten-Holz zu fertigen. Zufall, dass auch das DRK einen Stand in der Halle hatte?

Beim Anblick von Säge, Hammer, Kneifzange und Schraubzwinge sorgte mitunter auch die Tatsache, dass der Stand des DRK nicht weit weg war, für ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit.

Es war vor allem das in Markranstädt ansässige Handwerk, das die 8. MUM nachhaltig geprägt hat. Handwerksmeister Mike Schärschmidt stellt mit seiner Firma schon seit MUM-Stunde null den Leuchtturm der Messe. Maschinenbauer Dr. Oette, Fahrzeugbauer Frank oder der Maler- und Ausbaubetrieb Heinrich Schmid komplettierten das Portfolio.

Getreu dem Motto „Handwerk hat goldenen Boden“ war neben Ersterem auch wieder das Markranstädter Unternehmen präsent, dass sich seit Jahren verantwortungsbewusst um eben jenen Boden kümmert.

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Auch LAV-Chef Matthias Hoger (rechts) nutzte die MUM, um Kontakte zu anderen Ausstellern zu pflegen.

LAV-Chef Matthias Hoger hätte die Talente der Interessenten sicher auch praxisnah testen können, indem er einen Spaten vor den Stand gestellt hätte. Nicht mit der Aufforderung, mal eben umzugraben, sondern allein mit der Quiz-Frage, was dieses Gerät darstellt und was man damit machen kann. Aber es kamen auch ohne dieses prähistorische Pokémon genügend Interessenten an den Stand. Um Nachwuchskräfte, so schien es, muss man sich bei der LAV keine Sorgen machen.

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KSM Mike Schärschmidt zählt von Beginn an zu den MUM-Ausstellern und hat hier schon viele Nachwuchskräfte gewinnen können.

Übrigens haben sich bei der MUM auch die grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Aussagen zur Situation in unserem Land bestätigt.

Es müssen in der Tat fast ausnahmslos gut ausgebildete Fachkräfte sein, die da in den letzten Jahren in das Einzugsgebiet der Zschampert-Metropole kamen. Das Stadium der Berufsorientierung und Ausbildung längst hinter sich habend, ist demzufolge auch ein Besuch auf einer solchen Veranstaltung wie der MUM entbehrlich.

Interessant war auch ein Blick auf die Pinnwand, an der die ganz konkreten Ausbildungsstellen angeheftet waren. Wie bei den Kleinanzeigen im Supermarkt, konnte man sich hier bei Interesse die Kontaktdaten abreißen.

zettel

Mechatroniker, Lageristen, Kaufleute, Berufskraftfahrer …. alles fand sprichwörtlich „reißenden Absatz“. Nur die/der Verwaltungsfachangestellte entpuppte sich aus unerfindlichen Gründen als Ladenhüter.

Bildhafter kann man die Nachfrage kaum darstellen. Während die Angebote der ansässigen Ausbildungsbetriebe im wahrsten Sinne des Wortes reißenden Absatz fanden, blieb die Offerte der Stadtverwaltung geradezu jungfräulich unberührt.

Und das bei einem, wie der Volksmund so schön sagt, Job auf Lebenszeit. Das wirft zwangsläufig Fragen nach den Gründen auf. Nicht einmal Merkmale wie eine mittlere fünfstellige Abfindungssumme, ein dreiviertel Jahr Heimarbeit ohne Aufgaben und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis konnte MUM-Gäste zur Versuchung locken, sich die Telefonnummer abzureißen und mitzunehmen.

Rathaus-Job als Ladenhüter?

Hat sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt tatsächlich so gedreht, dass jetzt sogar wieder Kriterien wie das Arbeitsklima eine Rolle spielen? Die Zukunft wird es zeigen.

karimum

Mit Zukunft in erweitertem Sinne beschäftigte sich bisweilen auch das Rahmenprogramm. So referierte beispielsweise Dr. Eddy Donat von der GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH in einem ebenso bemerkenswerten wie gut besuchten Vortrag (das Publikum musste teilweise stehen) zum Thema „Neues Zentrum Markranstädt“

Vortrag weckt Sehnsüchte

Darin eröffnete er interessante „Perspektiven und Chancen mit Blick auf die aktuellen Erkenntnisse des bisherigen Standes des Einzelhandelskonzeptes“. Da lagen seit langem endlich mal wieder sowas wie greifbare Visionen in der Markranstädter Luft.

donat

Vortrag mit bemerkenswerten Inhalten.

Schlussendlich zog die 8. MUM auch in gesellschaftsökonomischer Hinsicht einige sinnstiftende Synergieeffekte nach sich.

Der temporäre Hallenboden konnte gleich liegen bleiben. Schon kurz nach Ende der Messe und dem Abbau der Stände bezog der Veranstalter der Second Dance Night das Domizil und richtete den Tempel für das heiße Tanz- und Unterhaltungsevent am Samstagabend her.

Fliegender Wechsel

Auch inhaltlich sind gewisse Parallelen nicht auszuschließen. Feinmotorik ist nicht nur bei der MUM im Umgang mit Pinsel und Farbe oder Hammer und Nagel gefragt, sondern auch beim Schwingen des Tanzbeins.

Aber auch hier haben sich die Zeiten geändert. Hieß es früher noch „Jeden Tag an jedem Ort – einmal in der Woche Sport“, so gilt heute auch auf der Tanzfläche: „Wir schaffen das!“

 

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