Markranstädt steht eine heiße Woche bevor. Nein, nicht meteorologisch, sondern politisch. Neben dem Bericht des Untersuchungsausschusses zur zurückliegenden Kostenentwicklung des Grundschul-Anbaus steht am Donnerstag in der vierten Etage gleich danach schon eine neue geheimnisvolle Vermehrung der Kosten zur Diskussion. Diesmal geht es um die Kita am Bad. Für die 82 dort geplanten Plätze werden inzwischen 2,035 Millionen Euro aufgerufen. Das hat aber wichtige Gründe und bitteschön – hier sind sie!
Ganz Deutschland ächzt unter der Last des demografischen Wandels. Auch (oder gefühlt: gerade) in Markranstädt werden die Menschen immer älter.
Jede Stunde eine Stunde und jeden Tag einen Tag. Das betrifft demnach nicht nur Greise, Senioren und Best-Ager, sondern auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger. Jawollja, auch unsere Kinder werden immer älter!
Schon gibt es Berichte über Kids, die bereits in frühen Jahren von Diagnosen wie einpullern, sabbern und sogar Altersstarrsinn heimgesucht werden. Auch senile Bettflucht ist keine Einzelerscheinung mehr und die Lehrer an den Markranstädter Schulen haben beim Abrufen des Lehrstoffs schon seit Jahren die Vermutung, dass unter den Jugendlichen eine spezielle Form der Demenz grassiert.
Neue Zeit braucht neue Antworten
Das Fazit ist ebenso logisch wie erschütternd: Es ist mit herkömmlichen Konzepten einfach nicht mehr planbar, Menschen eine Perspektive im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge zu bieten.
Hier muss man individuell entscheiden und bei solchen Bauch-Entscheidungen ist man in Markranstädt traditionell sehr progressiv aufgestellt. Nur im Falle der Kita verfiel man wieder in die alten, längst überholten Denkmuster zurück.
Planungszeit heißt Lebenszeit
Hier wurde bereits im Jahre 2014 der Beschluss zu deren Errichtung gefasst. Vorausgesetzt man schafft es trotz aller Rückschläge, das Bauensemble am Bad anno 2017 fertigzustellen, sind bis dahin drei Jahre vergangen. In der Entwicklung eines deutschen Norm-Kindes entspricht das in etwa der Etappe vom Krippen- zum Kita-Kind.
Da der demografische Wandel bekanntlich immer schneller voranschreitet, wäre es vor diesem Hintergrund gar nicht so abwegig gewesen, die Kita gleich als Seniorenheim zu planen.
Dieses Versäumnis muss nun in den Amtsstuben möglichst lautlos nachgeholt werden. Waschbecken mit Gebissablagen, größer dimensionierte Wickeltische, Abstellräume für Rollatoren und so weiter. Das kostet!
Schwund unter der Bettdecke
Natürlich könnte man auch den Kleinen etwas bieten, aber da kommt ja kaum noch was nach. Rein statistisch legt eine Markranstädterin in ihrem Leben nur 1,56 Kinder. Da Eltern in unserer Gesellschaft immer paarig angeordnet sind, ist dadurch nicht einmal die Reproduktion einer Beziehung gewährleistet.
Mindestens ein Perspektiv-Elternteil läuft in der folgenden Generation schon im kindlichen Stadium als Torso durch die Gegend und erfordert daher in einer Kita einen wesentlich erhöhten Betreuungsaufwand.
Mathematisch betrachtet, schrumpft die Population an den Ufern des Zschampert pro Generation um rund 25 Prozent. Und wenn dann mal was neu dazu kommt, dann sind die meist schon erwachsen. Wozu braucht man da noch neue Kindergärten?
Es ist ein schleichender Prozess, der sich da durch unseren Alltag zieht. Wir nehmen den demografischen Wandel schon gar nicht mehr wahr!
Schleichender Prozess
Fast schon im Blindflug gleitet unser Blick über die Online-Ausgabe der LVZ, ohne die wirkliche Tragweite der darin enthaltenen Information zu erfassen. Unter der Überschrift „Viel Kinderspaß…“ werden wir in einer homöopathischen Dosis damit vertraut gemacht, dass eben auch die Kinder in unserer Gesellschaft immer älter werden.
Ganz gleich, ob sie nun Heike, Mandy oder Carolin heißen und noch viel ganz gleicher, ob nach diesem Schnappschuss auch noch Jens, Volker oder Helge fröhlich tollend auf die Spielstraße kamen: Der demografische Wandel ist auch bei unseren Kindern unübersehbar.
Da ist nix mehr mit Holzbauklötzen, Kasperletheater oder Gummihixe. Hier sind völlig neue Inhalte der vorschulischen Erziehung gefragt und die kann man heutzutage für 20.000 Euro pro Kita-Platz nicht mehr bieten. Da muss man ordentlich Geld in die Hand nehmen und den Mut dazu haben sie in der vierten Etage.
Okay, man hätte die seinerzeit beim Schnick-Schnack-Schnuck am Reißbrett des Bauamtes ausgeknobelten Kosten von 25.000 Euro für die Errichtung eines Regenwasser-Rückhaltebeckens und den Neubau eines Mischwasserkanals vielleicht auch einen Tick genauer kalkulieren können.
Bissl verschätzt, aber halb so schlimm
Zeit war vor zwei Jahren noch genug vorhanden. Aber letztendlich hat man gegenüber den nun zur Disposition stehenden 220.000 Euro auch nicht sooo weit daneben gelegen. Mein Gott, 195.000 Euro Unterschied: Das bisschen Peanuts hat nicht mal gereicht, um als Kündigungsgrund auf dem Richtertisch zu landen. Da musste der Bürgermeister erst noch 50.000 Euro drauflegen, um am Arbeitsgericht überhaupt ernst genommen zu werden.
Nicht zuletzt kann man wohl auch Wetten darauf abschließen, dass da am Donnerstag die historische Standortdiskussion per Mund-zu-Mund-Beatmung wieder reanimiert wird.
Schlechte Zeiten für Buchmacher
Die Quoten stehen allerdings nicht so hoch wie bei der Frage, ob der von der Opposition favorisierte Standort am See noch vor dem Richtfest am Bad zum Wohngebiet umgewidmet wird und damit provisionsverheißend veräußert werden kann. Aber gut Ding will Weile haben. Das gilt hierfür ebenso wie für Satire. Die hat auch erstmal nichts mit Wahrheit zu tun. Wahr wird’s immer erst später.
Blockbuster in der 4. Etage
Auf alle Fälle wird das eine unterhaltsame Woche, an deren Beginn es sich lohnt, den freien Einheitstag zum Spitzen der Stifte zu nutzen. Na ja, vielleicht nicht nur.
Wenn sich auch nur ein paar von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wenigstens an diesem Tag mal zu etwas Sex zwingen könnten, würden wir im nächsten Jahr vielleicht bei 1,8 Kindern liegen und da lohnt ein Kita-Neubau dann schon eher. Jedes Kind mehr senkt die Baukosten pro Kindskopf. Es liegt also an uns. Packen wir’s an!
1 Kommentar
„…noch 50.000 Euro drauflegen, um am Arbeitsgericht überhaupt ernst genommen zu werden.“ Ich hab Bauchschmerzen vor lachen. Ihr seid einfach Spitze.
Schade dass die immer älter werdenden Kinder nicht mehr mit Holzbauklötzen spielen. Auf der Baustelle liegen so viele ungenutzte Ressourcen dafür rum. Aber wahrscheinlich liegt es eher daran, dass niemand mehr mit den für die Verarbeitung erforderlichen Werkzeugen umgehen kann, oder habe ich Euern Artikel über die MUM falsch verstanden?