Bundestagswahl: Der satirische Kandidaten-Check

Jetzt geht’s wieder los: Die Kino-Plakate werden aufgehängt. Obwohl sogar jeder Zirkusdirektor weiß, dass man die Papierlappen frühestens 14 Tage vor dem Ereignis präsentiert, lässt der parteiübergreifende Wettbewerb auch in diesem Jahr wieder sämtliche demografische Erkenntnisse über Bord gehen. Aber wer kandidiert da eigentlich und was haben wir Markranstädter von ihnen zu erwarten?

Es hat Tradition, dass bei überregionalen Wahlen kein Markranstädter antritt. Ob Landtags- oder Bundestagswahlen, Kandidaten aus Lallendorf scheitern beständig schon in der Vorrunde. Werfen wir also mal einen Blick auf die fernen Kandidaten, die unsere Interessen in Berlin vertreten wollen. Profile mit Plus und Minus und Prognose.

CDU: Katharina Landgraf

Foto: AG Gymnasium Melle (CC by sa 3.0)

Die 63-jährige Diplom-Ingenieurin aus Pegau ist nicht nur in optischer Hinsicht die graue Eminenz in der CDU Leipziger Land. Weil man mit einem feudal-adligen Namen wie Landgraf bei den Kommunisten und Sozialdemokraten kaum Chancen hat, blieb ihr 1988 nichts anderes übrig, als in die CDU einzutreten. Dort machte sie Karriere und ist seit 12 Jahren Mitglied im Deutschen Bundestag.

Minus: Gehört dem gleichen Jahrgang an wie Angela Merkel und damit der Generation, für die das Internet noch Neuland ist. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass ihr Werbevideo nicht auf youtube, sondern versehentlich auf yourporn [Rubrik: secret Milf] hochgeladen wird. Vorteil: Bringt mehr Seitenzugriffe.

Plus: Soll ihre Diplomarbeit noch selbst geschrieben haben. Außerdem: Kandidiert zum fünften Mal für den Bundestag und hat damit im Wahlkampf unter allen Bewerbern die besten Chancen, Markranstädt auch ohne Navi zu finden.

MN-Prognose: Wenn sie sich ihre Haare nicht kurz vor Schluss noch blau färben lässt, kann sie vor der Ziellinie sogar locker austrudeln.

SPD: Markus Bergforth

Mit grade mal 50 Jahren in der politischen Pubertät angekommen, will der Projektleiter aus Brandis schon in den Bundestag. Über Kindergarten und POS gelangte Bergforth 1996 schließlich in die Arme der Sozialdemokraten. Heute ist er Chef des Leipziger SPD-Kreisverbandes und sitzt im Stadtrat von Brandis.

Minus: Hat noch nicht mal einen Eintrag bei Wikipedia. Außerdem muss er nach der Panne des Schulz-Zuges alles zu Fuß laufen.

Plus: Verfügt über umfangreiche Kompetenzen in der Hochwasserhilfe und kann daher souverän mit der Situation umgehen, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht.

MN-Prognose: Zehrt von den alten Erinnerungen jener Sozialdemokraten, die noch nicht von Demenz befallen sind und hat Chancen auf einen Notsitz im Bundestag.

AfD: Lars Herrmann

Der Polizeioberkommissar aus Parthenstein (Klinga) ist mit 39 Jahren das absolute Kücken unter den Bewerbern und hat noch keinerlei politische Schambehaarung.

Nach einem längeren Auslandseinsatz in Frankfurt/Main wurde er im Jahr 2000 wieder an die sächsische Heimatfront versetzt. Hier qualifizierte er sich für den gehobenen Dienst und studierte Volkwirtschaftslehre.

Minus: Ist Gruppenleiter im Streifendienst und treibt sich als solcher auf dem Leipziger Hauptbahnhof rum.

Plus: Im Kampf gestählt. Hat von den Hamburger Chaostagen über Castor-Transporte bis hin zu unzähligen Einsätzen bei Fußball-Schlachten schon überall für Zucht und Ordnung gesorgt. Das will er jetzt auch im Berliner Regierungsviertel durchsetzen.

MN-Prognose: Die größten Gegner sind nicht seine Mitbewerber, sondern die Medien. Wenn er trotzdem durch kommt, hat Bergforth in ihm wahrscheinlich einen Abnehmer für die heimlich gebuchte Monatskarte nach Berlin.

LINKE: Dr. Axel Troost

Foto: Gerd Seidel (CC by sa 3.0)

Der Mann mit der Glaskugel. Diplom-Volkswirt Troost promovierte 1982 und damit bereits 26 Jahre vor der Finanzkrise mit einer Doktorarbeit über Staatsverschuldung und Kreditinstitute. Mangels Computertechnik in der DDR musste er dabei sogar ohne [copy] und [paste] auskommen.

Troost ist im Volksmund der Schatten von Landgraf. Auch er ist Jahrgang 54 und seit 2005 im Bundestag. Das wars dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten.

Minus: Mit Wohnsitz in Leipzig repräsentiert er quasi nur einen Vorort von Markranstädt. Um dem mehr Würde zu verleihen, wirbt die LINKE in Lallendorf mit Plakaten von Katja Kipping, die eigentlich in Dresden kandidiert.

Plus: Formatfüllendes Profil. Wahrscheinlich der einzige Kandidat, der die Papierverschwendung durch Wahlplakate in DIN A0 auch ökologisch rechtfertigen könnte.

MN-Prognose: Kommt durch. Aus Angst vor Ärger mit der SED-Kreisleitung oder dem Rat des Kreises werden sich noch genügend Bürger finden, die bei ihm ihr Kreuz setzen.

FDP: Katja Tavernaro

Mit 40 Jahren ist Katja Tavernaro die einzige Bewerberin in gebärfähigem Alter. Von Beruf ist sie FDP, also Rechtsanwältin. Sie wohnt in Colditz und hat daher zu Markranstädt eine genauso enge Bindung wie Recep Erdoğan zu Gunter Gabriel. Aber im Fahrwasser ihres populären Parteichefs Patrick Lindner werden ihr durchaus Chancen eingeräumt.

Minus: Bei einem Wahlergebnis von über 5 Prozent würde die FDP zwar in den Bundestag einziehen, hätte dort aber mehr Sitze als Mitglieder.

Plus: Hat den Hype um RB Leipzig widerstanden und ist Fan von Dynamo Dresden geblieben. Kann daher auch mit Niederlagen umgehen.

MN-Prognose: Wie es in den anderen Republiken des Landkreises aussieht, lässt sich schwer sagen. In Markranstädt zumindest haben die Freien Demokraten seit einigen Jahren abgegessen. Schwer vorstellbar, dass sie mit dem Endspurt was zu tun hat.

B90/DIE GRÜNEN: Dr. Gerd Lippold

Foto: Sandro Halank (CC by sa 3.0)

Seit sich die GRÜNEN nicht mehr um das kümmern, wovon sie Ahnung haben, sondern nur noch um bedingungsloses Welcome für alle, haben es ihre Kandidaten schwer. Das gilt auch für den promovierten Diplomphysiker Dr. Gerd Lippold, der zwei Tage vor der Wahl 56 wird. Bei der letzten Landtagswahl zog der Leipziger mit nur 2,3 Prozent der Stimmen über einen Listenplatz ins sächsische Parlament ein. Für den Bundestag muss er da wohl noch eine Schippe drauflegen.

Minus: Wird vor allem dem dunkelgrünen Klientel schwer erklären können, was der Kandidat einer Umweltpartei in der Geschäftsführung eines Chemiekonzerns macht.

Plus: Ähm … ja … Ach so, ja! Hat drei Töchter und damit seinen Beitrag für die Amortisation unserer Gesellschaft übererfüllt.

MN-Prognose: Seit die GRÜNEN in der vorletzten Legislatur nicht mal mehr ihren Sitz im Markranstädter Stadtrat wahrgenommen haben, ist deren Farbe dauerhaft aus der hiesigen Parteienlandschaft getilgt. Keine Chance für Dr. Lippold – jedenfalls nicht zwischen Floßgraben und Zschampert.

Schlussbemerkung:  Neuland Internet bietet die Möglichkeit zum Angebot von Pressefotos. Manche Kandidaten/Parteien nutzen das, andere nicht. Daher konnten hier leider nicht von allen Bewerbern Fotos veröffentlicht werden.

 

1 Kommentar

    • Olaf Karl auf 26. August 2017 bei 10:13
    • Antworten

    Hallo liebe MN,
    dieser Beitrag ist wirklich lesenswert und natürlich für mich sehr hilfreich, denn wie es bestimmt vielen Wählern, wie auch mir, geht kenne ich nur Katharina Landgraf. Alle anderen Kandidaten sehe ich zum ersten mal und nach der Wahl – Entschuldigung – nie wieder. Es gibt zwar den Wahl-O-Mat und auch das RTL Wahl-Navi, aber hier bekommt man Infos zu den Kandidaten die auf dem Wahlzettel der mir ausgehändigt wird stehen. Danke nochmal an die MN.

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