Armut in Markranstädt: Jetzt kommt der Sozial-Slip mit Geruch

Explodierende Preise, Inflation, steigende Mieten: Immer mehr Markranstädter vegetieren unterhalb der Armutsgrenze vor sich hin. Was in Regierungskreisen Freude auslöst (Ricarda Lang: „Wer vegetiert, der lebt vegetarisch und das ist gesund!“Annalena Baerbock: „Ebend!“), hat aber längst das Stadium der Ernährung verlassen. Im Leipziger Speckgürtel kann man sich nicht nur Fleisch nicht mehr leisten, sondern inzwischen auch keine Klamotten mehr. Ein kleines Start-Up in Markranstädt hat das erkannt und die Chance beim Zwickel ergriffen.

„Da schau, Schatz“, strahlt Volker S. (48) und hält seiner Frau einen 58er Sloggy auf, den er vor zwei Tagen im Internet geschossen hat.

„Da hast du mal wieder was für untenrum, jetzt wo der Herbst kommt“, will er seiner Gattin den Slip schmackhaft machen.

Dass das Teil leicht zerschlissen ist, sei jetzt Mode, argumentiert S., als er in den Augen seiner Frau nur verhaltene Begeisterung zu lesen glaubt. Deshalb unterstreicht er die modischen Vorzüge mit den Worten: „Vintage-Look, ist jetzt voll in!“ Doch statt sich über die angepriesenen Merkmale zu freuen, deutet die Frau mit leicht verzogenem Antlitz auf die drei braunen Streifen im Innern des Textils. „Adidas“, kontert S. schlagfertig. „Im Retro-Style wird das mit einer künstlichen Patina dargestellt.“

Slip au four

Lassen wir den Vorhang der Barmherzigkeit vor dem Rest dieser familiären Szene herniederfallen und werfen statt dessen einen Blick auf den Ursprung der Tragödie. Unsere Gesellschaft ist im Niedergang begriffen.

Jeder Euro muss dreimal gewendet werden, bevor man ihn ausgibt. Die öffentlich-rechtlichen Handaufhalter ziehen sich ihren Teil ohnehin schon vorher ab, bleiben also noch jene Günstlinge der Politik, die sich privat am Elend anderer Menschen bereichern dürfen.

Was übrig bleibt, füllt den Magen der gesellschaftlichen Opfer und der verbleibende Cent wird angespart, bis es für einen gebrauchten Feinripp-Wimpel im Schritt reicht.

So lange sie noch warm sind

Aber die immer kleiner werdende Schicht der Reichen hat trotzdem berechtigte Gründe zu Klage. Wo ist die Dankbarkeit der niederen Promuchel dafür, dass sie die heißen Höschen jener Society, deren Leben sie in den sozialen Netzwerken geradezu frenetisch verfolgen, noch einmal auftragen dürfen?

Jede Krise birgt eine Chance, mann muss sie nur beim Zwickel fassen - auch wenn er hart wie ein Koffergriff ist.

Jede Krise birgt eine Chance, mann muss sie nur beim Zwickel fassen – auch wenn er hart wie ein Koffergriff ist.

Statt dessen schrauben die Abgestellten der Gesellschaft ihre Ansprüche immer weiter nach oben. Als ob es nicht schon genug der Solidarität wäre, dass den Bedürftigen in Sozialkaufhäusern gebrauchte Klamotten für ein paar Cent zur Verfügung gestellt werden, müssen die jetzt auch noch exklusive Merkmale aufweisen. Wenn schon gebraucht, dann wenigstens mit starkem Geruch.

Will heißen: Der Bremsstreifen im Zwickel muss nicht nur so aussehen wie ein solcher, sondern soll jetzt auch noch richtig nach Bremsflüssigkeit riechen. Wo sind wir nur hingekommen? Und wo soll das noch hinführen?

Das junge Start-Up aus Markranstädt hat allerdings genau darin die Chance erkannt. Die Geschäftsführerin kauft neue Slips für – sagen wir mal – 4,99 das Stück, lässt ihrer Inkontinenz (ob geistig oder körperlich, ist zu vernachlässigen) freien Lauf und verkauft das so veredelte Produkt schließlich für sage und schreibe 20 Öcken.

Fördermittel in Aussicht

Up-Cycling nennt man das, wenn ein Material im Rahmen des Stoffkreislaufs aufgewertet wird. Und weil es für solch ressourcenschonende Wirtschaftsprozesse sogar Fördermittel gibt, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis Robert „Insolvenzer“ Habeck mit einem dicken Scheck in Markranstädt aufschlägt und das Pilotprojekt „Getragene Wäsche für Dich“ als Start ins Zeitalter eines neuen Wirtschaftswunders feiert.

Der Synergie-Effekt reicht bis hinein ins Verteidigungsministerium. Bislang robben die deutschen Landser bekanntlich auch nur in den gebrauchten Klamotten ihrer Vorgänger über den Mutterboden. Aber wenigstens hat man die Kampfbuxen bisher noch gewaschen, bevor die neuen Sprutzer damit eingekleidet wurden..

4 Kommentare

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    • Bernhard auf 4. September 2023 bei 18:47
    • Antworten

    Köstlich geschrieben über ein unappetitliches Thema. Wortschöpfungen wie „Feinripp-Wimpel“ sind pulitzerpreisverdächtig! Danke für das Lesevergnügen mit, zum Glück, nur olfaktorischer Imagination.

    1. Das Problem bei diesen Feinripp-Wimpeln ist die Schnur. Beim Spaziergang hat man nach drei Metern das Gefühl, auf dem Bettgiebel zu reiten.

    • Leti auf 3. September 2023 bei 12:21
    • Antworten

    Naja- wer’s braucht…

    1. Brauchen wir doch alle.

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